TE Vfgh Erkenntnis 2003/6/25 V9/03

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Veröffentlicht am 25.06.2003
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art18 Abs2
ÄrzteG 1998 §132 Abs2
ÄrzteG 1998 §195 Abs3
Beschluss der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte vom 18.04.01 betreffend die Höhe der Kurienumlage
UmlagenO der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte vom 05.12.01 betreffend die Vorschreibung einer einmaligen Umlage an die Länderkurien §2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit eines die Umlagenordnung der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte präzisierenden Beschlusses betreffend die Höhe einer von den Ländern zu entrichtenden einmaligen Bundeskurienumlage mangels der auf Grund des Ärztegesetzes erforderlichen aufsichtsbehördlichen Genehmigung

Spruch

Der Beschluss der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte der Österreichischen Ärztekammer, gefasst in der Sitzung vom 18. April 2001, mit dem den Länderkurien eine einmalige Kurienumlage in der Höhe von ATS 500,-- [€ 36,34] pro niedergelassenem Arzt vorgeschrieben wird (Punkt 3. des Protokolls über die Sitzung der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte am 18. April 2001), wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1075/02 eine Beschwerde der Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer für Wien gegen den Bescheid der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte der Österreichischen Ärztekammer anhängig, mit dem das gegen die Vorschreibung einer Umlage in der Höhe von € 100.371,08 zur Bestreitung der kurienspezifischen Maßnahmen für das Jahr 2002 erhobene Rechtsmittel als unbegründet abgewiesen wurde.

2. Aus Anlass dieser Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des in der Sitzung der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte vom 18. April 2001 gefassten, in Punkt 3. des Protokolls über diese Sitzung enthaltenen Beschlusses entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher mit Beschluss vom 7. Dezember 2002 - vorläufig davon ausgehend, dass es sich bei dem Umlagenbeschluss zur Bestreitung kurienspezifischer Maßnahmen um eine Verordnung iSd. Art139 Abs1 B-VG handle - auf diese Verfassungsbestimmung gestützt ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des genannten Rechtsaktes eingeleitet.

Seine Bedenken umschrieb der Verfassungsgerichtshof wie folgt:

"Nach den Regelungen des ÄrzteG 1998 hat die - nach vorläufiger Annahme - als Verordnung zu qualifizierende Umlagenordnung wohl auch - unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen - die Höhe der Umlage zu enthalten. §2 Abs1 der Kurien-Umlagenordnung sieht (vorsorglich) vor, dass die Art und die Höhe der Umlage von der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte mit (gesondertem) Beschluss festzulegen sind. Dies kann wohl nur so interpretiert werden, dass ein entsprechender Beschluss erst dann getroffen zu werden braucht, wenn die Einhebung der Umlage im Sinne der Vorgaben des Gesetzes erforderlich ist.

Dass dieser Beschluss jedoch nach der Intention der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte anscheinend keine die Kurien-Umlagenordnung ergänzende ranggleiche Regelung darstellen soll, wird nicht zuletzt aus der Gegenschrift der belangten Behörde deutlich, wenn sie folgendes ausführt: 'Demgegenüber existiert aber keine Bestimmung, dergemäß der Beschluss über die Höhe der Kurienumlage in der Umlagenordnung seinen Niederschlag finden und jedes Mal vom zuständigen Bundesministerium genehmigt werden müsste.'

Der Verfassungsgerichtshof ist vorerst der Auffassung, dass - entgegen der Annahme der belangten Behörde - auch der Berechnungsmodus der Umlage im Verordnungsweg festzulegen ist, weil erst damit jene Vorgaben normiert werden, die die konkrete Ermittlung der den Landeskurien vorzuschreibenden und sodann von diesen zu entrichtenden Umlagen ermöglicht. Daraus folgt aber auch, dass auch diese 'Beschlüsse' nach den Regelungen des ÄrzteG 1998 von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen sein dürften. Gemäß §195 Abs3 ÄrzteG 1998 ist die Genehmigung 'der Umlagen- und Beitragsordnung' durch die Aufsichtsbehörde jedoch eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass die Kurien-Umlagenordnung wirksam werden kann.

Dies dürfte auch für den eine konkrete Umlage und deren spezifische Höhe festsetzenden Beschluss gelten.

Dass der dem Bescheid (auch) zugrunde liegende Beschluss der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte vom 18. April 2001 betreffend die Festlegung der Höhe der von den Landeskurien an die Bundeskurie zu leistenden Umlage zur Bestreitung näher bezeichneter kurienspezifischer Maßnahmen von der Aufsichtsbehörde genehmigt wurde, ist für den Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich.

Der Verfassungsgerichtshof hegt somit zusammengefasst das Bedenken, dass es der in Prüfung gezogenen Regelung entgegen der Vorschrift des §195 Abs3 ÄrzteG 1998 an der für ihre Wirksamkeit erforderlichen Genehmigung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen mangelt."

3. Die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte hat im vorliegenden Verfahren eine Äußerung erstattet, in der sie Folgendes erklärt:

"Die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte hat in ihrer Sitzung vom 18.4.2001 beschlossen, zur Bestreitung kurienspezifischer Maßnahmen den Länderkurienversammlungen niedergelassener Ärzte eine Bundeskurienumlage in der Höhe von ATS 500,- pro niedergelassenem Arzt vorzuschreiben. Dieser Beschluss wurde in der Sitzung vom 5.12.2001 im Rahmen des Beschlusses für das Bundeskurienbudget 2002 nochmals nachvollzogen.

Zur Regelung der Grundsätze, Zuständigkeiten und des formalen Procederes der Umlagenberechnung und -vorschreibung wurde weiters eine Bundeskurien-Umlagenordnung beschlossen, welche vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen mit Schreiben vom 15.2.2002 für aufsichtsbehördlich genehmigt erklärt wurde.

...

Nach unserer Meinung existiert keine Bestimmung, dergemäß der Beschluss über die Höhe der Kurienumlage in der Umlagenordnung seinen Niederschlag finden und jedes Mal vom zuständigen Bundesministerium genehmigt werden müsste. Das Aufsichtsrecht des BMSG umfasst nämlich ausschließlich eine Kontrolle in rein rechtlicher Hinsicht; die konkrete Höhe einer beschlossenen Bundeskurienumlage ist - sofern letztere den gesetzlichen Determinanten ('zur Bestreitung kurienspezifischer Maßnahmen') entspricht - davon nicht umfasst. Die staatliche Aufsicht darf grundsätzlich 'nur der Sicherung der Rechtmäßigkeit, nicht Fragen der Zweckmäßigkeit des Selbstverwaltungshandelns dienen' (Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht (1998) Rz 391). Dementsprechend könnte die Aufsichtsbehörde eine Bundeskurienumlage in Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen Zielsetzungen einer solchen ('Bestreitung kurienspezifischer Maßnahmen') prüfen; eine Kontrolle hinsichtlich der konkreten Höhe der Umlage steht ihr aber gerade nicht zu.

Die gegenteilige Rechtsansicht könnte - wie sich an einem einfachen Beispiel zeigen lässt - rechtspolitisch höchst unerwünschte Folgen nach sich ziehen: Die Aufsichtsbehörde (also das zuständige Bundesministerium) hätte andernfalls die Möglichkeit, etwa eine Bundeskurienumlage, die zum Zwecke der Durchführung von Protestmaßnahmen gegen die gesundheitspolitischen Zielsetzungen im niedergelassenen Bereich desselben Bundesministeriums eingehoben werden soll (eindeutig eine kurienspezifische Maßnahme und damit den Vorgaben des §132 Abs2 ÄrzteG entsprechend!), aus dem Titel der Zweckmäßigkeit zu verhindern. Dieses Verständnis wäre aus unserer Sicht mit den Grundsätzen der Selbstverwaltung und der staatlichen Aufsicht absolut unvereinbar.

Schließlich sei noch auf §131 Abs2 ÄrzteG hingewiesen. Nach dieser Bestimmung können die Bundeskurien hinsichtlich ihrer finanziellen Erfordernisse alljährlich rechtzeitig vor der Vollversammlung einen Jahresvoranschlag für das nächste Jahr beschließen. Dieser Voranschlag ist von der Vollversammlung in den Kammerjahresvoranschlag ohne Beschlussfassung einzubeziehen. Dementsprechend hat die Bundeskurie niedergelassene Ärzte der Vollversammlung für deren Sitzung am 14.12.2001 einen Kurienvoranschlag für das Jahr 2002 vorgelegt, welcher unter Z1 der voraussichtlichen Erträge die Kurienumlage (Beiträge der Landeskurien) in der Höhe von ATS 500,- sowie die zu ihrer Berechnung erforderliche Anzahl der niedergelassenen Ärzte (11.454) ausweist. Dieser Kurienvoranschlag wurde sodann ohne Beschlussfassung in den Kammerjahresvoranschlag aufgenommen. Letzterer wurde dem BMSG zur Genehmigung vorgelegt und mit Bescheid vom 6.5.2002 aufsichtsbehördlich genehmigt. Im Ergebnis kann man daher, würde man - trotz obiger Ausführungen - die geltend gemachten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes teilen, davon ausgehen, dass die Bundeskurienumlage sowohl der Höhe nach, als auch hinsichtlich des angewandten Berechnungsmodus vom BMSG im Rahmen des Gesamtkammervoranschlages genehmigt wurde."

4. Der in der Sache gleichfalls befasste Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, welcher die von der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte beschlossene Umlagenordung gemäß §195 Abs3 ÄrzteG 1998 aufsichtsbehördlich genehmigt hatte, gab gleichfalls eine Dußerung ab.

Darin wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"... Dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen wurde mit Schreiben der Österreichischen Ärztekammer vom 13. Dezember 2001 die in der Sitzung vom 5. Dezember 2001 beschlossene Umlagenordung der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegt. Da die Umlagenordnung aus damaliger Sicht des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen nicht im Widerspruch mit dem Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, stand, war diese gemäß §195 Abs3 leg.cit. zu genehmigen. Zum Genehmigungszeitpunkt bestanden aus der Sicht des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen keine verfassungsmäßigen Bedenken."

II. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. §71 Abs1 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idF BGBl. I Nr. 110/2001, (im Folgenden: ÄrzteG 1998) lautet:

"§71. (1) In den Ärztekammern sind eingerichtet

1.

die Kurie der angestellten Ärzte (Abs2),

2.

die Kurie der niedergelassenen Ärzte (Abs3) sowie

3.

die Kurie der Zahnärzte (Abs5)."

              2.              §84 Abs4 ÄrzteG 1998 lautet:

"(4) Der Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte obliegt die Wahrnehmung und Förderung der gemeinsamen beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der niedergelassenen Ärzte, insbesondere

1. die Vertretung der Arbeitgeberinteressen der kurienangehörigen Ärzte, insbesondere der Abschluß von Kollektivverträgen gemeinsam mit dem Präsidenten (§66 Abs2 Z11),

2. der Abschluß und die Lösung von Gesamtverträgen mit den Trägern der Sozialversicherung und Krankenfürsorge einschließlich Vereinbarungen über die Zahl und Verteilung der Vertragsärzte,

3. der Abschluß und die Lösung von Vereinbarungen über die Honorierung vorübergehender ärztlicher Leistungen in Krankenanstalten,

4. die Erlassung von Honorarrichtlinien für privatärztliche Leistungen,

5. die Erlassung von Richtlinien betreffend Maßnahmen zur Qualitätssicherung ärztlicher Versorgung durch niedergelassene Ärzte, sofern keine durch die Österreichische Ärztekammer erlassenen bundeseinheitlichen Richtlinien bestehen,

6. die Schaffung von Einrichtungen zur Schulung des ärztlichen Hilfspersonals,

7. die Einrichtung eines ärztlichen Notdienstes,

8. die Begutachtung einschlägiger Gesetzes- und Verordnungsentwürfe,

9. die Erstattung von Berichten und Vorschlägen an die gemeinsamen Organe der Ärztekammer,

10. die Bestellung von Referenten für bestimmte Kurienaufgaben,

11. die Festsetzung einer Kurienumlage zur Bestreitung der kurienspezifischen Maßnahmen (§91 Abs2)."

3. §91 ÄrzteG 1998 lautet auszugsweise:

"§91. (1) Zur Bestreitung des Sachaufwandes, des Aufwandes für die Organe, des Personalaufwandes und der anderen finanziellen Erfordernisse für die Durchführung der den Ärztekammern übertragenen Aufgaben (§84), ausgenommen für den Wohlfahrtsfonds, sowie zur Erfüllung der gegenüber der Österreichischen Ärztekammer bestehenden Umlageverpflichtung heben die Ärztekammern von sämtlichen Kammerangehörigen die Kammerumlage ein.

(2) Die Kurienversammlung kann zur Bestreitung der finanziellen Erfordernisse für kurienspezifische Maßnahmen eine Kurienumlage von den Kurienmitgliedern einheben.

(3) Die Umlagen sind unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und unter Berücksichtigung der Art der Berufsausübung der Kammerangehörigen festzusetzen. Die Höchstgrenze der Kammerumlage beträgt 3 vH der Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit. Die Umlagenordnung kann einen Mindestsatz für die Kammerumlage vorsehen.

(4) bis (10) ...".

4. Die Bundeskurien nach §126 leg. cit. sind eines der Organe der Österreichischen Ärztekammer (§120 Z4 leg. cit.).

5. §126 Abs4 ÄrzteG 1998 lautet:

"(4) Der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte obliegt, sofern die Interessen der Angehörigen von zwei oder mehr Landeskurien der niedergelassenen Ärzte berührt sind, die Wahrnehmung und Förderung der gemeinsamen beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der niedergelassenen Ärzte. Dazu zählen insbesondere

1. die Vertretung der Arbeitgeberinteressen der niedergelassenen Ärzte, insbesondere der Abschluß von Kollektivverträgen gemeinsam mit dem Präsidenten (§118 Abs2 Z18),

2. der Abschluß und die Lösung von Gesamtverträgen mit den Trägern der Sozialversicherung und Krankenfürsorge einschließlich der Vereinbarungen über die Zahl und Verteilung der Vertragsärzte,

3. der Abschluß und die Lösung von Vereinbarungen über die Honorierung vorübergehender ärztlicher Leistungen in Krankenanstalten und gegebenenfalls deren Aufteilung,

4. die Erlassung von Richtlinien betreffend Maßnahmen zur Qualitätssicherung ärztlicher Versorgung durch niedergelassene Ärzte,

5. die Erlassung von Honorarrichtlinien für privatärztliche Leistungen,

6. die Begutachtung einschlägiger Gesetzes- und Verordnungsentwürfe,

7. die Erstattung von Berichten und Vorschlägen an die gemeinsamen Organe der Österreichischen Ärztekammer,

8. die Festsetzung einer Bundeskurienumlage zur Bestreitung der kurienspezifischen Maßnahmen der Bundeskurie (§132 Abs2),

9. die Bestellung von Referenten für bestimmte Bundeskurienaufgaben,

10. die Schaffung von Einrichtungen zur Schulung des ärztlichen Hilfspersonals."

6. §132 ÄrzteG 1998 lautet auszugsweise:

"§132. (1) ...

(2) Die Bundeskurien können zur Bestreitung der kurienspezifischen Maßnahmen eine Bundeskurienumlage von den Landeskurien einheben.

(3) ...

(4) Erste Instanz für Verfahren über die Kammerumlage gemäß Abs2 ist der Bundeskurienobmann. Gegen Beschlüsse des Bundeskurienobmannes steht das Recht der Beschwerde an die Bundeskurie zu.

(5) ..."

7. §195 ÄrzteG 1998 lautet unter der Überschrift "Aufsichtsrecht" auszugsweise:

"§195. (1) Die Ärztekammern in den Bundesländern unterstehen der Aufsicht der örtlich zuständigen Landesregierung. Die Österreichische Ärztekammer untersteht der Aufsicht des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

(2) Die von den Ärztekammern in den Bundesländern beschlossenen Kammersatzungen, Satzungen des Wohlfahrtsfonds, Geschäftsordnungen, Jahresvoranschläge, Rechnungsabschlüsse sowie die Umlagen- und Beitragsordnungen bedürfen für ihre Wirksamkeit der Genehmigung der örtlich zuständigen Landesregierung. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die zu genehmigenden Akte diesem Bundesgesetz nicht widersprechen. Dienst-, Bezugs- und Pensionsordnungen, Kammersatzungen, Satzungen des Wohlfahrtsfonds, Geschäftsordnungen, Jahresvoranschläge, Rechnungsabschlüsse sowie die Umlagen- und Beitragsordnungen sind in den Mitteilungen der Ärztekammern unter Angabe des Zeitpunktes ihres In-Kraft-Tretens kundzumachen; die genehmigten Akte werden unbeschadet der Abs4 und 5 mit dem Datum der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde wirksam. Die Genehmigung hinsichtlich der Satzungen des Wohlfahrtsfonds, Jahresvoranschläge, Rechnungsabschlüsse sowie die Umlagen- und Beitragsordnungen gilt als erteilt, wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten nach Einlangen des Beschlusses hierüber entscheidet; die Genehmigung hinsichtlich der Kammersatzungen und Geschäftsordnungen gilt als erteilt, wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen des Beschlusses hierüber entscheidet.

(2a) ...

(3) Die von der Österreichischen Ärztekammer beschlossene Satzung, Geschäftsordnung, Umlagen- und Beitragsordnung, ferner der Jahresvoranschlag sowie der Rechnungsabschluss bedürfen für ihre Wirksamkeit der Genehmigung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die zu genehmigenden Akte diesem Bundesgesetz nicht widersprechen. Die genehmigten Akte werden unbeschadet der Abs4 und 5 mit dem Datum der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde wirksam. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb von drei Monaten nach Einlangen des Beschlusses hierüber entscheidet. Abs2a ist auf genehmigungspflichtige Akte der Österreichischen Ärztekammer sinngemäß anzuwenden.

(4) Als Zeitpunkt für die Wirksamkeit der von den Ärztekammern erlassenen Umlagenordnungen und der Festsetzung des Beitrages für einen gemeinsamen Wohlfahrtsfonds bei der Österreichischen Ärztekammer (§134) gilt ungeachtet des Zeitpunktes der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde jedenfalls der 1. Jänner des Kalenderjahres, für welches die Umlagenordnung erlassen bzw. der Beitrag festgesetzt wurde.

(5) bis (7) ...

(8) Beschlüsse der Organe der Ärztekammern in den Bundesländern bzw. der Österreichischen Ärztekammer, die gegen bestehende Vorschriften verstoßen, sind von der zuständigen Aufsicht[s]behörde aufzuheben. Die Ärztekammern in den Bundesländern und die Österreichische Ärztekammer haben auf Verlangen der zuständigen Aufsichtsbehörde die von ihr bezeichneten Beschlüsse vorzulegen.

(9) bis (10) ..."

8. Die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte der Österreichischen Ärztekammer hat in ihrer Sitzung vom 5. Dezember 2001 die "Umlagenordnung der Bundeskurie niedergelassene Ärzte" beschlossen. Diese wurde vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen als Aufsichtsbehörde gemäß §195 Abs3 ÄrzteG 1998 in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. I Nr. 16 und 81/2000 sowie BGBl. I Nr. 110/2001 mit Schreiben vom 15. Februar 2002 für aufsichtsbehördlich genehmigt erklärt.

Die §§1 und 2 der "Umlagenordnung der Bundeskurie niedergelassene Ärzte" lauten:

"§1

Gemäß §132 Abs2 ÄrzteG können die Bundeskurien zur Bestreitung der kurienspezifischen Maßnahmen eine Bundeskurienumlage von den Landeskurien einheben.

§2

(1) Die Art und die Höhe der Umlage ist von der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte mit Beschluss festzulegen.

(2) Die Anzahl der umlagepflichtigen Ärzte wird nach dem Stand der Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer bestimmt. Als Stichtag für die Berechnung der Anzahl gelten der 1. Februar und der 1. August jedes Jahres."

Gemäß §2 Abs1 dieser Umlagenordnung wurde die Höhe der Umlage in der ordentlichen Sitzung der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte vom 18. April 2001 ("sowie nochmals nachvollzogen im Rahmen des Budgetbeschlusses für das Jahr 2002 in der ordentlichen Sitzung der Bundeskurie vom 5. Dezember 2001") festgesetzt. Die Protokolle der betreffenden Sitzungen vom 18. April 2001, vom 5. Dezember 2001 sowie vom 20. Februar 2002 wurden jeweils mit Bundeskurien-Rundschreiben allen Bundeskurienmitgliedern zur Kenntnis gebracht.

9. Der in Prüfung gezogene Punkt 3. des am 18. April 2001 von der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte gefassten Beschlusses lautet wie folgt (Hervorhebung dieses in Prüfung gezogenen Beschlusses im Fettdruck):

"3. ERGEBNISSE DER KLAUSUR-SITZUNG AM 2./3.3.2001 IN KREMS

UND ABSTIMMUNG DER WEITEREN VORGANGSWEISE: PR-KONZEPT, KURIENUMLAGE,

GRUPPENPRAXEN, REIHUNGSRICHTLINIEN

Dr. P referiert nochmals die im BKNÄ-Telegramm 9/2001 zusammengefassten Ergebnisse der Klausur.

Insbesondere verweist er auf den bereits in Krems gefassten Beschluss, der heute nochmals nachzuvollziehen ist:

Antrag (Dr. P): Gemäß §132 Abs2 ÄrzteG ist es den Bundeskurien möglich zur Bestreitung der kurienspezifischen Maßnahmen eine Bundeskurienumlage von den Landeskurien einzuheben. Zur Umsetzung des anlässlich der BKNÄ-Klausur vorgestellten Programms 'SOS Gesundheit' und zur PR-mäßigen Aufarbeitung des 'BKNÄ-Konzepts zur Weiterentwicklung des österr. Gesundheitswesens mit Schwerpunkt auf dem niedergelassenen Bereich' wird den Länderkurien von der Bundeskurie eine einmalige Kurienumlage in der Höhe von ATS 500,- pro niedergelassenem Arzt vorgeschrieben. Die Vorfinanzierung erfolgt durch die Bundessektion Fachärzte.

Beschluss: Namentliche Abstimmung mit geteilten Stimmen:

... mehrheitlich angenommen."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Verfahren ist weder vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen, dass die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofs zur Zulässigkeit der anlassgebenden Beschwerde und zur Präjudizialität des in Prüfung gezogenen Beschlusses der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte unzutreffend wäre. Gleichfalls hat sich die Annahme als zutreffend erwiesen, dass es sich bei diesem Beschluss um eine Rechtsverordnung handelt. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hält an dem in seinem Prüfungsbeschluss aufgeworfenen Bedenken gegen den in Prüfung gezogenen Beschluss der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte fest. Die Bundeskurie führt in ihrer Äußerung aus, dass keine Bestimmung existiere, dergemäß der Beschluss über die Höhe der Kurienumlage in der Umlagenordnung seinen Niederschlag finden und jedes Mal vom zuständigen Bundesministerium genehmigt werden müsse. Ferner umfasse das Aufsichtsrecht des Bundes ausschließlich eine Kontrolle in rein rechtlicher Hinsicht; die konkrete Höhe einer beschlossenen Bundeskurienumlage sei - sofern letztere den gesetzlichen Determinanten ("zur Bestreitung kurienspezifischer Maßnahmen") entspreche - davon nicht umfasst. Unter Berufung auf Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, hebt die Bundeskurie hervor, dass die staatliche Aufsicht grundsätzlich nur "der Sicherung der Rechtmäßigkeit, nicht Fragen der Zweckmäßigkeit des Selbstverwaltungshandelns dienen" dürfe.

2.2. Mit diesen Ausführungen sind die im Prüfungsbeschluss aufgeworfenen Bedenken aber nicht zu zerstreuen. Wie der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss deutlich gemacht hat, geht es darum, dass der Berechnungsmodus der Kurienumlage im Verordnungsweg festzulegen ist, weil damit jene Kriterien normiert werden, die die Grundlage für die konkrete Berechnung der den Länderkurien vorzuschreibenden und somit von diesen konkret zu entrichtenden Umlagen schaffen. Dass die Voraussetzungen der gesetzlichen Grundlage des §132 Abs2 ÄrzteG 1998 - zur Einhebung der Umlage - gegeben sein müssen, bedarf keiner Erörterung, weil der Verfassungsgerichtshof deren Vorhandensein gar nicht in Zweifel gezogen hat.

In dem dem Prüfungsbeschluss zugrunde liegenden Fall wurde als Berechnungsmodus zur Bestreitung kurienspezifischer Maßnahmen festgelegt, dass "den Länderkurien von der Bundeskurie eine einmalige Kurienumlage in der Höhe von ATS 500,-- pro niedergelassenem Arzt vorgeschrieben" wird. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner Auffassung, dass diese durch Beschluss vom 18. April 2001 erfolgte Festlegung eine den §2 der "Umlagenordnung der Bundeskurie niedergelassene Ärzte" präzisierende und dieser Umlagenordnung ranggleiche Regelung darstellt, die folglich auch dem gleichen Verfahren wie die Umlagenordnung selbst unterliegt.

Gemäß §195 Abs3 ÄrzteG 1998 ist u.a. die Umlagen- und Beitragsordnung durch die Aufsichtsbehörde zu genehmigen, wenn die "zu genehmigenden Akte" dem Ärztegesetz nicht widersprechen. Die von der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte gehegte Befürchtung, "[d]ie Aufsichtsbehörde ... hätte ... die Möglichkeit ... eine Bundeskurienumlage, die zum Zwecke der Durchführung von Protestmaßnahmen gegen die gesundheitspolitischen Zielsetzungen im niedergelassenen Bereich desselben Bundesministeriums eingehoben werden soll ..., aus dem Titel der Zweckmäßigkeit zu verhindern", geht ins Leere: Dem im 4. Hauptstück des Ärztegesetzes 1998 geregelten Aufsichtsrecht (§195) sind Grenzen gesetzt.

Bereits in der Entscheidung VfSlg. 14.394/1995 hat der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Regelung des Aufsichtsrechtes im ÄrzteG 1984 ausgeführt:

"Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis VfSlg. 3632/1959 - ihm lag die Beschwerde einer Gemeinde gegen einen in Ausübung des Aufsichtsrechts ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung zugrunde - ausgesprochen, daß die Mittel der Aufsicht nur so weit zulässig sind, als sie nicht über das zur Verwirklichung der gesetzlich anerkannten Aufsichtsziele erforderliche Maß hinausgehen. ... Dies entspricht auch dem Wesen des Aufsichtsrechtes, wonach die Aufsichtsbehörde grundsätzlich von der Eigenständigkeit des Handelns des dem Aufsichtsrecht unterliegenden Selbstverwaltungskörpers auszugehen hat. ..."

Der Verfassungsgerichtshof sieht keinen Anlass, hinsichtlich der nunmehrigen Regelung des §195 Abs3 ÄrzteG 1998 von dieser grundlegenden Rechtsauffassung abzugehen.

2.3. Auch das Vorbringen der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte, dass im Rahmen des Kurienvoranschlages (für das Jahr 2002) gleichsam implizit auch die Vorschreibung der Kurienumlage in der Höhe von ATS 500,-- [€ 36,34] pro niedergelassenem Arzt aufsichtsbehördlich genehmigt worden sei, geht ins Leere. Wie bereits im Prüfungsbeschluss dargelegt wurde, ist auch der Berechnungsmodus der Kurienumlage im Verordnungsweg festzulegen, weil damit jene Kriterien normiert werden, die die Grundlage für die konkrete Berechnung der den Länderkurien vorzuschreibenden und von diesen zu entrichtenden Umlagen schaffen.

2.4. Da der die Umlagenordnung präzisierende und somit dem §195 Abs3 ÄrzteG 1998 unterfallende Beschluss der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte vom 18. April 2001 der Aufsichtsbehörde nicht vorgelegt und folglich von dieser nicht genehmigt wurde, mangelt es ihm an der für seine Wirksamkeit erforderlichen Genehmigung.

2.5. Daraus ergibt sich, dass der Beschluss der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte, mit welchem den Länderkurien eine Kurienumlage in der Höhe von ATS 500,-- [€ 36,34] pro niedergelassenem Arzt vorgeschrieben wurde (in Punkt 3. des Protokolls über diese Sitzung enthaltener Beschluss), von der Aufsichtsbehörde nicht genehmigt worden und daher als gesetzwidrig (zustande gekommen) aufzuheben ist (vgl. etwa VfSlg. 13.277/1992).

3. Der Ausspruch über die Kundmachungspflicht gründet sich auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 (iVm §61) VfGG.

4. Dies konnte ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).

Schlagworte

Ärzte, Ärztekammer, Beiträge, Selbstverwaltung, Aufsichtsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:V9.2003

Dokumentnummer

JFT_09969375_03V00009_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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