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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der I M, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 20. Dezember 2004, Zl. Fr-143/04, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 20. Dezember 2004 wurde der an die Bundespolizeidirektion Salzburg gerichtete Erstantrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom 5. Februar 2004 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck "privat - quotenfrei" gemäß § 19 Abs. 5 iVm § 19 Abs. 2 Z. 5 Fremdengesetz 1997 - FrG als unzulässig zurückgewiesen.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung zugrunde, dass die Beschwerdeführerin mit D.M., einem serbischen Staatsangehörigen, verheiratet sei, dessen Mutter österreichische Staatsbürgerin sei. Am 17. November 2003 habe D.M. bei der Bundespolizeidirektion Salzburg einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zum Zweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger von Österreicher" gemäß § 49 Abs. 1 FrG gestellt; in Entsprechung dieses Antrags sei D.M. eine bis 27. November 2004 befristete Niederlassungsbewilligung erteilt worden. Er genieße somit als Angehöriger einer Österreicherin Niederlassungsfreiheit "gemäß § 49 iVm § 47 Abs. 3 iVm § 30 FrG".
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass gemäß § 89 Abs. 2 FrG die Zuständigkeit der Bundespolizeidirektion Salzburg als Erstbehörde nicht gegeben gewesen sei. Als Folge der Novelle des Fremdengesetzes mit 1.1.2003 ergebe sich "nach dem Gesetzeswortlaut eigentlich auch eine nunmehr geänderte Zuständigkeit der erkennenden Behörden". Nach dieser Novelle gebe es keine quotenfreien Aufenthaltstitel für Angehörige von begünstigten Angehörigen von Österreichern mehr, weil gemäß § 19 Abs. 2 Z. 4 FrG die Ableitung der Niederlassungsfreiheit aus einem Staatsvertrag oder einem Rechtsakt der EU vorausgesetzt werde, während bei Angehörigen von Österreichern die Niederlassungsfreiheit aus § 49 FrG iVm § 47 und § 30 FrG abgeleitet werde.
Nach dem "eigentlichen Willen des Gesetzgebers, in Übereinstimmung mit der Auslegung des Gesetzes durch den VfGH," liege ein planwidriges Versehen des Gesetzgebers vor, sodass die Zuständigkeit "nach der Systematik des Fremdengesetzes auch in diesem Fall beim Landeshauptmann" liege und nicht bei der Bundespolizeidirektion Salzburg.
Gegen diesen Bescheid richtete die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 29. November 2005 die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass der vorliegende Fall im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 - FrG zu beurteilen ist.
Die belangte Behörde hat den gegenständlichen Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. Februar 2004 mit der wesentlichen Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass die sachliche Zuständigkeit für dessen Behandlung und Erledigung nicht bei der Bundespolizeidirektion Salzburg, sondern beim Landeshauptmann von Salzburg gelegen sei.
§ 89 FrG betreffend die "sachliche Zuständigkeit im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen" hatte auszugsweise den folgenden Wortlaut:
"§ 89. (1) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen und Niederlassungsnachweisen trifft der Landeshauptmann. Der Landeshauptmann kann, wenn dies im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit der Verwaltung gelegen ist, die Bezirksverwaltungsbehörden mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden.
(...)
(2) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen und Niederlassungsnachweisen trifft jedoch die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, wenn es sich um den Aufenthaltstitel
1. für einen Drittstaatsangehörigen handelt, der nach dem 4. Hauptstück Niederlassungsfreiheit genießt;
2. für einen der in § 19 Abs. 2 Z. 1 und 2 genannten Drittstaatsangehörigen handelt;
3. für Ehegatten oder minderjährige Kinder eines unter Z. 1 und 2 fallenden Drittstaatsangehörigen handelt, sofern diese Ehegatten und Kinder nicht erwerbstätig sein wollen."
Aus § 89 Abs. 2 Z. 3 FrG ergibt sich, dass für Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen eine Bundespolizeibehörde im Rahmen ihres örtlichen Wirkungsbereiches zuständig ist, wenn es sich um den Aufenthaltstitel (u.a.) für den Ehegatten eines unter § 89 Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG fallenden Drittstaatsangehörigen handelt, sofern dieser Ehegatte nicht erwerbstätig sein will.
Dem Ehemann der Beschwerdeführerin, einem serbischen Staatsangehörigen mit österreichischer Mutter, wurde - was auch die belangte Behörde nicht in Zweifel zieht - gemäß § 49 Abs. 1 FrG eine Niederlassungsbewilligung als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 47 Abs. 3 FrG erteilt. Damit aber handelte es sich bei dem Ehemann der Beschwerdeführerin um einen Drittstaatsangehörigen, der nach dem 4. Hauptstück des FrG Niederlassungsfreiheit genoss, sodass er unter die Regelung des § 89 Abs. 2 Z. 1 FrG fiel (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 2005, Zl. 2004/18/0229, sowie vom 14. Mai 1999, Zl. 98/19/0228).
Die Beschwerdeführerin hat einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck "privat - quotenfrei, § 19 Abs. 5 FrG" gestellt und im Administrativverfahren wiederholt vorgebracht, dass sie beabsichtige, in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen (vgl. etwa die Stellungnahme vom 13. Juli 2004). Damit aber konnte sich die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die sachliche Zuständigkeit auf die Bestimmung des § 89 Abs. 2 Z. 3 FrG stützen.
Die örtliche Zuständigkeit der Bundespolizeidirektion Salzburg stand schon aufgrund des im gegenständlichen Antrag angegebenen beabsichtigten Wohnsitzes außer Zweifel (§ 91 Abs. 1 zweiter Satz FrG).
Da die belangte Behörde die Zuständigkeit der durch die Beschwerdeführerin angerufenen Bundespolizeidirektion Salzburg somit zu Unrecht verneint hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. August 2008
Schlagworte
sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenBesondere Rechtsgebieteörtliche ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008220262.X00Im RIS seit
15.10.2008Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011