Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AlVG 1977 §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Malte Berlin, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Arenbergstraße 2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom 3. Oktober 2006, Zl. LGS SBG/2/0566/2006, betreffend Einstellung des Bezugs der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 18. August 2006 stellte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg (in der Folge: AMS Salzburg) den Bezug der Notstandshilfe des Beschwerdeführers ab dem 17. August 2006 ein. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, nicht nachgekommen sei.
Mit Schriftsatz vom 22. August 2006 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid eine als Einspruch bezeichnete Berufung. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 28. August 2006 führte der Beschwerdeführer ergänzend unter anderem aus, dass er die Zuweisung zu einer ärztlichen Untersuchung nie erhalten habe. Diese Zuweisung sei vom AMS Salzburg an die Anschrift B-Straße 49 adressiert worden, diese gelte jedoch nicht als Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte die belangte Behörde - nach Darlegung des Sachverhaltes sowie der maßgebenden Bestimmungen des AlVG - aus, dass beim AMS Salzburg Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers aufgetreten seien und eine Abklärung der Arbeitsfähigkeit durch eine ärztliche Untersuchung als erforderlich erachtet worden sei. Mit Schreiben vom 27. Juli 2006 habe das AMS Salzburg dem Beschwerdeführer mitgeteilt, aus welchen - näher dargelegten - Gründen Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit aufgetreten seien. Der Beschwerdeführer sei in diesem Schreiben auch eingeladen worden, allfällige Einwände gegen eine ärztliche Untersuchung persönlich an einem näher bestimmten Termin vorzubringen oder bis dahin ärztliche Zeugnisse vorzulegen, mit denen Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit zerstreut werden könnten. Weiters sei dem Beschwerdeführer mit dem Schreiben vom 27. Juli 2006 auch der Termin für die ärztliche Untersuchung beim arbeitsmedizinischen Dienst (17. August 2006 um 10.00 Uhr) mitgeteilt worden. Dieses Schreiben sei dem Beschwerdeführer an die Adresse B-Straße 49, S, zugesandt worden. Der Beschwerdeführer sei laut Meldebestätigung aus dem "lokalen Melderegister" vom 14. September 2006 seit 5. Juli 2006 bis laufend an dieser Adresse B-Straße 49 mit der Wohnsitzqualität "obdachlos" gemeldet gewesen.
Nach Wiedergabe von § 19a Abs. 1 und Abs. 2 Meldegesetz führte die belangte Behörde aus, dass Frau P. von der allgemeinen integrativen Sozialbetreuung gegenüber der belangten Behörde am 14. September 2006 mitgeteilt habe, der Beschwerdeführer habe am 5. Juli 2006 erstmals bei ihr vorgesprochen und sich obdachlos gemeldet. Weitere Vorsprachen seien am 10. August 2006, am 17. August 2006 und am 22. August 2006 erfolgt. Der Beschwerdeführer habe dies nicht bestritten. Die belangte Behörde sehe es daher auf Grund der Aussage der Mitarbeiterin der allgemeinen integrativen Sozialberatung als erwiesen an, dass diese Einrichtung die Zustimmung zur Meldung des Beschwerdeführers an dieser Adresse gegeben habe, da der Beschwerdeführer in Betreuung genommen worden sei. Auf Grund der zumindest damals bestehenden Obdachlosigkeit des Beschwerdeführers handle es sich bei der Adresse "B-Straße 49" um eine Kontaktstelle im Sinne des § 19 a Abs. 1 Z. 2 Meldegesetz, die gemäß § 19 a Abs. 2 Meldegesetz als Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes gelte.
Aus dem der belangten Behörde vorliegenden Rückschein der RSb-Zustellung gehe hervor, dass die Verständigung über den Zustellversuch am 28. Juli 2006 an der Abgabestelle "B-Straße 49" zurückgelassen worden sei. Die Hinterlegung sei am Postamt 5020 erfolgt, der Brief sei aber vom Beschwerdeführer nicht abgeholt worden, weshalb er am 15. August 2006 an die belangte Behörde retourniert worden sei. Die Mitarbeiterin der allgemeinen integrativen Sozialberatung habe der belangten Behörde weiters mitgeteilt, dass dem Beschwerdeführer bei seinen Vorsprachen jedes Mal seine Post ausgehändigt worden sei, zum Zeitpunkt des Telefonats mit der belangten Behörde am 14. September 2006 sei die Postmappe des Beschwerdeführers leer gewesen. Bei einer RSb-Zustellung an die Adresse "B-Str. 49" händige der Zusteller die Verständigung persönlich dem zuständigen Berater aus; die Verständigung werde dann in der Postmappe des betreffenden Kunden abgelegt. Frau P. sei am 28. Juli 2006 in Urlaub gewesen, die Verständigung sei von einem Kollegen entgegen genommen worden.
Dieser Sachverhalt sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. September 2006 mitgeteilt worden. Der Beschwerdeführer habe in seinem Schreiben vom 19. September 2006 dazu allerdings keine Stellungnahme abgegeben. Auf Grund der Angaben auf dem Rückschein der RSb-Zustellung und der unbestrittenen Aussage von Frau P. sei es für die belangte Behörde erwiesen, dass dem Beschwerdeführer die Verständigung über die Hinterlegung des Schreibens des AMS Salzburg bei seiner Vorsprache in der Sozialberatungsstelle am 10. August 2006 ausgehändigt worden sei.
Die Zustellung sei daher gemäß § 17 Abs. 3 ZustG am 11. August 2006 wirksam geworden. Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer den vorgeschriebenen Termin für die ärztliche Untersuchung nicht wahrgenommen habe. Es sei im vorliegenden Zusammenhang auch irrelevant, dass mit der Zustellung am 11. August 2006 der Termin für die persönliche Vorsprache beim Arbeitsmarktservice am 8. August 2006 bereits abgelaufen gewesen sei, da der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt hätte, rechtzeitig vor dem Untersuchungstermin mit dem Arbeitsmarktservice Kontakt aufzunehmen, um einen neuen Termin für eine persönliche Vorsprache bzw. für die Einbringung von ärztlichen Zeugnissen, welche die Zweifel an der Arbeitsfähigkeit zerstreuen hätten können, zu vereinbaren.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 8 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) ist der Arbeitslose, wenn sich Zweifel über die Arbeitsfähigkeit ergeben, verpflichtet, sich auf Anordnung der regionalen Geschäftsstelle ärztlich untersuchen zu lassen. Weigert er sich, dieser Anordnung Folge zu leisten, so erhält er für die Dauer der Weigerung kein Arbeitslosengeld.
Diese Bestimmung ist gemäß § 38 AlVG sinngemäß auf die Notstandshilfe anzuwenden.
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass weder im erstinstanzlichen noch im angefochtenen Bescheid ausreichende objektivierte Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit angeführt worden seien.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt es § 8 AlVG nicht in das freie Belieben des Arbeitsmarktservice, Arbeitslose ärztlichen Untersuchungen zuzuführen. Der Arbeitslose ist gemäß § 8 Abs. 2 AlVG vielmehr nur dann verpflichtet, sich einer Untersuchung zu unterziehen, wenn sich Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit ergeben. Es versteht sich von selbst, dass es sich dabei um objektiv begründete Zweifel handeln muss, aber auch dass diese Zweifel der Partei gegenüber konkretisiert werden müssen, einerseits, damit auch ihr gegenüber klargestellt ist, dass ein Fall des § 8 Abs. 2 AlVG eingetreten ist und daher nunmehr die Verpflichtung zur Vornahme der Untersuchung besteht, und andererseits, damit ihr im Sinne des § 37 iVm § 45 Abs. 3 AVG allenfalls Gelegenheit gegeben wird, diese Zweifel durch Vorlage bereits vorhandener geeigneter Befunde zu zerstreuen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 98/08/0357).
Im Beschwerdefall hat die erstinstanzliche Behörde in ihrem Schreiben an den Beschwerdeführer vom 27. Juli 2006 zur Begründung ihrer Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit insbesondere darauf verwiesen, dass er mehrmals Beratungsgespräche abgebrochen und einen vereinbarten Termin bei einer Einrichtung zur beruflichen Integration abgesagt habe, dass er angebotene Unterstützung bei der Wiedereingliederung mehrmals ohne konkrete Gründe verweigert habe und dass seine Dienstverhältnisse überwiegend nur von kurzer Dauer gewesen seien, was ein Indiz dafür sei, dass er Probleme habe, sich in ein Betriebsmilieu zu integrieren. Die erstinstanzliche Behörde hat damit ein Verhalten des Beschwerdeführers, das einer erfolgreichen Integration in den Arbeitsmarkt evident im Wege steht, nicht als Zeichen mangelnder Arbeitswilligkeit im Sinne des § 9 AlVG beurteilt, sondern zunächst zum Anlass genommen, die daraus möglicherweise ableitbaren Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens abzuklären. Die Umstände, die objektiv geeignet waren, Zweifel an der Arbeitsfähigkeit zu begründen, wurden in dem an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben dargelegt und dem Beschwerdeführer wurde ausdrücklich - auch unter Bekanntgabe eines konkreten Vorsprachetermins bei der erstinstanzlichen Behörde - die Möglichkeit eingeräumt, zu diesem Vorhalt noch vor Durchführung der ärztlichen Untersuchung Stellung zu nehmen und gegebenenfalls die Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit zu zerstreuen. Die Bedenken des Beschwerdeführers im Hinblick auf das Vorliegen objektiver Gründe für die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung bestehen daher nicht zurecht.
3. Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass die Zuweisung zur Untersuchung beim Arbeitsmedizinischen Dienst Salzburg eine nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässige Anordnung der Untersuchung bei einem Facharzt darstelle, weil dieser - neben anderen Tätigkeiten - auch "fachärztliche psychologische Untersuchungen" durchführe und nach Ansicht des Beschwerdeführers keine andere Untersuchung beim arbeitsmedizinischen Dienst in Frage kommen könne.
Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, Sachverhalte betraf, in denen vom Arbeitsmarktservice ärztliche Untersuchungen unmittelbar bei Fachärzten für Psychiatrie und Neurologie angeordnet worden waren. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der auf § 8 Abs. 2 AlVG gestützten Anordnung einer medizinischen Untersuchung gegen den Willen der betroffenen Partei die Prüfung, ob überhaupt und bejahenden Falles welche medizinischen Untersuchungen erforderlich sind, grundsätzlich nicht von betreuenden Bediensteten des Arbeitsmarktservice vorgenommen werden darf, da diese medizinisch nicht fachkundig sind und daher die Gefahr besteht, dass Untersuchungen angeordnet werden, die entweder überflüssig oder angesichts der zu beantwortenden medizinischen Fachfrage unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Untersuchungs- und Diagnosemethoden unverhältnismäßig sind. Eine Zuweisung zur Untersuchung hat daher (vorerst) nur an einen Arzt für Allgemeinmedizin zu erfolgen. Soweit dieser die Frage der Arbeitsfähigkeit nicht abschließend zu beurteilen vermag, wäre es seine Sache darzutun, dass und welche weiteren Untersuchungen durch Fachärzte oder - gegebenenfalls - welche die Partei in höherem Maß belastenden Untersuchungen, wie z. B. bildgebende Verfahren oder invasive Maßnahmen, zur Abklärung des Leidenszustandes aus medizinischer Sicht erforderlich sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2003/08/0271).
Im vorliegenden Beschwerdefall erfolgte die Zuweisung zur ärztlichen Untersuchung an ein arbeitsmedizinisches Zentrum im Sinne des § 80 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, wobei im Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom 27. Juli 2006 allgemein darauf hingewiesen wird, dass die Untersuchung zur Feststellung der "Arbeitsfähigkeit und Potentiale" erforderlich sei. Auch im Akt findet sich kein Hinweis darauf, dass eine besondere fachärztliche Untersuchung oder eine psychologische Abklärung (die keine ärztliche Untersuchung im Sinne des § 8 Abs. 2 AlVG darstellen würde) erfolgen solle. Anders als die Zuweisung direkt an einen Facharzt kann die Zuweisung an ein arbeitsmedizinisches Zentrum weder als vorweggenommene medizinische Einschätzung durch dafür nicht qualifizierte Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice verstanden werden, noch kann dies vom Betroffenen - anders als eine Zuweisung an einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie - mit Grund als erniedrigend oder schockierend angesehen werden. Vor diesem Hintergrund kann aber die Zuweisung zur ärztlichen Untersuchung an ein "arbeitsmedizinisches Zentrum" den Beschwerdeführer nicht zu weiterreichenden Duldungen verpflichten als die Zuweisung an einen Allgemeinmediziner.
Der Beschwerde kann daher nicht darin gefolgt werden, dass die Zuweisung zur ärztlichen Untersuchung entsprechend dem Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom 27. Juli 2006 rechtswidrig gewesen wäre.
4. Der Beschwerde kommt jedoch Berechtigung zu, wenn sie sich gegen die von der belangten Behörde angenommene rechtswirksame Zustellung des Schreibens der erstinstanzlichen Behörde vom 27. Juli 2006 (mit dem der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, sich einer ärztlichen Untersuchung beim arbeitsmedizinischen Dienst zu unterziehen) richtet. Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe zwar die Meldedaten aus dem Melderegister abgefragt, sie habe jedoch nicht erhoben, ob es sich bei der erfolgten Meldung als "obdachlos" um eine "Meldung im Sinne des § 19a MeldeG" gehandelt habe. Er bestreitet, dass er bei der Kontaktstelle, unter deren Anschrift das Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom 27. Juli 2006 an ihn gerichtet wurde, eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes gehabt habe.
§ 19a Meldegesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 28/2001 lautet:
"§ 19a. (1) Die Meldebehörde hat einem Obdachlosen auf Antrag
nach dem Muster der Anlage D in zwei Ausfertigungen zu bestätigen,
dass er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in dieser
Gemeinde hat (Hauptwohnsitzbestätigung), wenn er
1. glaubhaft macht, dass er seit mindestens einem
Monat den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen ausschließlich im
Gebiet dieser Gemeinde hat, und
2. im Gebiet dieser Gemeinde eine Stelle bezeichnen
kann, die er regelmäßig aufsucht (Kontaktstelle).
(2) Die Kontaktstelle gilt als Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, sofern der Obdachlose hiezu die Zustimmung des für diese Stelle Verfügungsberechtigten nachweist.
(3) Die Hauptwohnsitzbestätigung wird ungültig, wenn der Betroffene gemäß §§ 3 oder 5 bei einer Meldebehörde angemeldet wird oder wenn von einer anderen Meldebehörde eine Bestätigung gemäß Abs. 1 ausgestellt wird. § 4 Abs. 4 gilt mit der Maßgabe, dass an Stelle der Abmeldung die Ungültigkeit zu bestätigen ist.
(4) Für Zwecke des 2. Abschnittes sind Bestätigungen gemäß Abs. 1 Anmeldungen und die Ungültigkeitserklärung gemäß Abs. 3 Abmeldungen gleichzuhalten.
(5) § 9 gilt für Hauptwohnsitzbestätigungen entsprechend."
Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, dass das Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom 27. Juli 2006 dem Beschwerdeführer tatsächlich zugekommen ist. Eine Heilung von Zustellungsmängeln gemäß § 7 ZustG kommt daher nicht in Betracht.
Die von der belangten Behörde angenommene Zustellung durch Hinterlegung im Sinne des § 17 ZustG konnte nur wirksam werden, wenn der Beschwerdeführer an der in der Zustellverfügung genannten Anschrift "B-Straße 49" über eine Abgabestelle verfügte.
Die belangte Behörde stützt ihre Annahme, dass es sich bei dieser Anschrift um eine Abgabestelle im Sinne des § 19a Abs. 2 Meldegesetz gehandelt habe, nur auf die Aussage einer Mitarbeiterin der allgemeinen integrativen Sozialberatung, wonach der Beschwerdeführer sich bei dieser Einrichtung "obdachlos gemeldet" habe. Diese Aussage vermag jedoch die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer bei dieser Einrichtung über eine Abgabestelle verfügt habe, nicht zu tragen.
Eine Kontaktstelle im Sinne des § 19a Abs. 1 MeldeG, die Voraussetzung für die Ausstellung einer Hauptwohnsitzbestätigung durch die Meldebehörde ist, gilt nach § 19a Abs. 2 MeldeG (nur) dann als Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes, wenn der Obdachlose hiezu die Zustimmung des für diese Stelle Verfügungsberechtigten nachweist. Ob ein derartiger Nachweis gegenüber der Meldebehörde erfolgt ist (vgl. dazu das Formular für die Hauptwohnsitzerklärung nach dem Muster der Anlage D zum MeldeG in der Fassung BGBl. I Nr. 28/2001), lässt sich aus den von der belangten Behörde zitierten Aussagen der Mitarbeiterin der Sozialberatung nicht ableiten, sondern wäre, sofern die Hauptwohnsitzbestätigung nicht durch den Beschwerdeführer selbst vorgelegt wird, bei der Meldebehörde zu ermitteln gewesen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer im Zuge des von ihm gestellten Antrags auf Verfahrenshilfe die Kopie der Hauptwohnsitzbestätigung vorgelegt hat, aus der sich ergibt, dass die Kontaktstelle nicht als Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes gelten solle.
Da somit die Feststellungen, welche die Grundlage dafür bilden, dass die belangte Behörde von einer wirksamen Zustellung durch Hinterlegung ausging, nicht mängelfrei getroffen wurden, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 11. September 2008
Schlagworte
Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007080049.X00Im RIS seit
28.10.2008Zuletzt aktualisiert am
08.01.2013