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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 2005 §13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des J M, geboren am 11. Jänner 1968, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 8. August 2008, Zl. E1/237.674/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien (der belangten Behörde) vom 8. August 2008 wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 15. September 2002 illegal in das Bundesgebiet gelangt. Sein am 18. September 2002 gestellter Asylantrag sei im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates gemäß § 7 Asylgesetz (1997) - AsylG abgewiesen worden. Diese Entscheidung sei am 7. März 2008 in Rechtskraft erwachsen, und es sei mit demselben Datum die ihm erteilte vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG widerrufen worden. Die Behandlung der im Asylverfahren gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde sei abgelehnt worden. Da sich der Beschwerdeführer sohin ohne entsprechenden Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalte, lägen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vor.
Laut seinen Angaben sei er verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig. Seine Familie lebe in Indien. Er mache geltend, dass sich in Österreich mittlerweile sein gesamter Freundes- und Bekanntenkreis befände und er seit März auf Basis eines Werkvertrages die Tätigkeit eines Zeitungskolporteurs ausübte, vorher Leistungen von der Caritas bzw. Bundesbetreuung bezogen hätte, über einen mündlichen Untermietvertrag verfügte und sozialversichert wäre.
Im Hinblick darauf sei von einem mit der Ausweisung verbunden Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße der unrechtmäßige weitere Aufenthalt im Anschluss an ein negativ beschiedenes Asylverfahren gravierend. Der Beschwerdeführer sei während seines anhängigen Asylverfahrens nur zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen und habe nur auf Grund des letztlich erfolglosen Asylantrages eine Berufstätigkeit aufnehmen können. Außerdem habe er sich während des anhängigen Asylverfahrens in Wien bei der indischen Botschaft einen Reisepass ausstellen lassen. Die Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an seiner Ausreise. Die Ausweisung sei daher dringend geboten und im Sinn des § 53 (offensichtlich gemeint: § 66) Abs. 1 FPG zulässig.
Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe für die belangte Behörde auch keine Veranlassung bestanden, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass das Verfahren über den vom Beschwerdeführer am 18. September 2002 gestellten Asylantrag rechtskräftig negativ beendet und die ihm erteilte vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG widerrufen wurde sowie dass er über keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt, und behauptet auch nicht, dass ihm auf Grund des laut dem Beschwerdevorbringen von ihm (mittlerweile) neuerlich gestellten Asylantrages ein asylrechtliches Aufenthaltsrecht zukomme. Im Hinblick darauf kann die Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
2. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 66 Abs. 1 FPG hat die belangte Behörde den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 15. September 2002 und seine Erwerbstätigkeit als Zeitungskolporteur auf Basis eines Werkvertrages seit März (offensichtlich gemeint: 2008) berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben angenommen. Die aus der Dauer seines inländischen Aufenthaltes resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser Aufenthalt bis zum Widerruf der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG mit 7. März 2008 nur auf Grund eines Asylantrages, der sich als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt war und seither unrechtmäßig war. Im Hinblick darauf kommt auch der von ihm ausgeübten Erwerbstätigkeit als Zeitungszusteller keine wesentliche Bedeutung zu.
Entgegen der Beschwerdeansicht führt die Dauer des inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers als Asylwerber seit 2002 nicht zu einer "Aufenthaltsverfestigung" (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2008/18/0585, mit weiteren Hinweisen auf die hg. Vorjudikatur und die Judikatur des EGMR, so etwa hinsichtlich des Nichtbestehens eines "Bleiberechtes" von Fremden, die sich - etwa auf Grund eines Asylantrages - im Aufnahmeland ohne Erlaubnis zur Niederlassung aufgehalten haben, die Entscheidung des EGMR vom 11. April 2006, Nr. 61262/00, Useinov gegen die Niederlande, sowie zum "legitimate public interest in effective immigration control" das Urteil des EGMR vom 8. April 2008, Nr. 21878/06, Nnyanzi gegen The United Kingdom, RN 76).
Auch mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer neben dem Betreuungsgeld der Caritas auch über einen Freundeskreis, wodurch ihm ein Einkommen ermöglicht werde, und einen aufrechten Kranken- und Unfallsversicherungsschutz bei der Wiener Gebietskrankenkasse verfüge sowie unbescholten sei, macht er keine Umstände geltend, die seine persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich maßgeblich verstärken können. Im Übrigen bestreitet die Beschwerde nicht die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers und seine zwei Kinder nicht in Österreich, sondern in Indien leben.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht höher zu bewerten seien als das gegenläufige öffentliche Interesse an der Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2007/18/0261), und die Erlassung der Ausweisung dringend geboten, somit gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, begegnet daher keinem Einwand. Von daher erweisen sich auch die in der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen, dass die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung nach § 66 Abs. 1 FPG den Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt und den angefochtenen Bescheid nicht hinreichend begründet habe, als nicht zielführend.
3. Wie oben (II.1.) bereits ausgeführt, behauptet die Beschwerde nicht, dass dem Beschwerdeführer auf Grund des (laut dem Beschwerdevorbringen) neuerlich gestellten Asylantrages - wobei die Beschwerde auch den Zeitpunkt dieser Antragstellung nicht konkretisiert hat - ein (asylrechtliches) Aufenthaltsrecht zukomme. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass, sollte der Beschwerdeführer nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, der nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt dessen Erlassung zu beurteilen war, ein asylrechtliches Aufenthaltsrecht erhalten, im Hinblick darauf die Ausweisung gegenstandslos würde (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0484, mwN).
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 2. Oktober 2008
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltBesondere RechtsgebieteIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2008180670.X00Im RIS seit
12.11.2008Zuletzt aktualisiert am
23.06.2010