TE Vfgh Erkenntnis 2008/6/27 B375/07

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2008
beobachten
merken

Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
  1. B-VG Art. 144 heute
  2. B-VG Art. 144 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  3. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 8/1999
  5. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  6. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1984 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 296/1984
  7. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1981 bis 31.07.1984 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 350/1981
  8. B-VG Art. 144 gültig von 01.07.1976 bis 31.07.1981 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  9. B-VG Art. 144 gültig von 25.12.1946 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 144 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 144 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.829,04 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige derrömisch eins. 1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der

Dominikanischen Republik, verfügt zumindest seit 26. November 2004 über einen Aufenthaltstitel für den Aufenthaltszweck "selbständig, §7 Abs4 Z4 FrG [1997]", zuletzt gültig vom 29. November 2005 bis 29. Mai 2006.

2. Am 20. Juni 2006 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen gemäß §72 Abs1 des Bundesgesetzes über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (im Folgenden: NAG). Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 29. Juni 2006 wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass Aufenthaltsbewilligungen aus humanitären Gründen nur von Amts wegen erteilt werden können.

3. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 2007 abgewiesen, weil die Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen gemäß des Wortlautes des §72 Abs1 NAG gesetzlich nicht vorgesehen sei.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der Art2, 3 und 8 EMRK behauptet, die Prüfung der Wortfolge "von Amts wegen" und "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" in §72 Abs1 NAG sowie die Wortfolge "von Amts wegen" in §73 Abs2 NAG angeregt und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird. Begründend wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei im Dezember 2003 an einem lebensbedrohlichen Tumor erkrankt, weshalb eine Chemotherapie erforderlich sei. Auch nach der Therapie benötige sie intensive medizinische Betreuung.

5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdeausführungen entgegentritt.

II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete derrömisch II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der

Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "von Amts wegen" in §72 Abs1 NAG, BGBl. I 100/2005 ein. Mit Erkenntnis vom 27. Juni 2008, G246,247/07 ua., hob er unter anderem die Wortfolge "von Amts wegen" in §72 Abs1 NAG als verfassungswidrig auf.Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "von Amts wegen" in §72 Abs1 NAG, Bundesgesetzblatt Teil eins, 100 aus 2005, ein. Mit Erkenntnis vom 27. Juni 2008, G246,247/07 ua., hob er unter anderem die Wortfolge "von Amts wegen" in §72 Abs1 NAG als verfassungswidrig auf.

III. Die Beschwerde ist begründet.römisch III. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohnerömisch IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne

mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-, eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,- sowie die Reisekosten in Höhe von € 240,64 für die Teilnahme an der öffentlichen mündlichen Verhandlung und die Reisekosten in Höhe von € 258,40 für die Teilnahme an der Verkündung im Gesetzesprüfungsverfahren enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B375.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten