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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Verordnungsqualität einer Kundmachung des Bürgermeisters über die beabsichtigte Aufstellung eines Bebauungsplanes für ein bestimmtes Gebiet angesichts ihres normativen Inhaltes wegen des damit verbundenen Bestehens einer Bausperre; Gesetzwidrigkeit dieser - nach Ausschöpfung der Möglichkeit der Erlassung einer Bausperre nach dem Sbg RaumOG 1977 - getroffenen Maßnahme zur Verhinderung der Bebauung von im Bauland gelegenen, für die Rückwidmung in Grünland vorgesehenen Grundflächen; Aufhebung der Änderung eines Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Umwidmung eines Gebietes in "Grünland-Erholungsgebiete" wegen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot infolge völliger Außerachtlassung der Interessenlage der Grundstückseigentümer bei Rückwidmung einer BauflächeRechtssatz
Da die Nummer des Grundstückes Nr 3008/3 im Teilflächenwidmungsplan Salzburg-West nicht aufscheint, ist der Verfassungsgerichtshof genötigt, den Bereich der präjudiziellen Grünlandwidmung anhand anderer planlicher Merkmale abzugrenzen.
Es ist möglich, analog dem E v 05.10.94, V7/94, die Abgrenzung der präjudiziellen Grünlandwidmung in der Weise vorzunehmen, daß nur die Widmung "Grünland-Erholungsgebiete", die im Teilflächenwidmungsplan Salzburg-West zwischen der Eduard-Baumgartner-Straße im Norden, der Riedenburger Straße im Nordwesten und Westen sowie der Mölkhofgasse im Osten und Südosten ausgewiesen ist, iS des Art139 Abs1 B-VG präjudiziell ist.
Die Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 17.12.90 über die beabsichtigte Aufstellung eines Bebauungsplanes ist eine Verordnung iS des Art139 Abs1 B-VG. Dies ist mit Rücksicht darauf der Fall, daß nach der (inzwischen durch das Gesetz LGBl 34/1991 aufgehobenen) Vorschrift des §4 Abs3 Sbg BebauungsgrundlagenG die Kundmachung ohne weiteres das Bestehen einer Bausperre in der Dauer von (längstens) sechs Monaten zur Folge hatte. Ein normativer Inhalt - und damit Verordnungsqualität - kommt nur dem Punkt 1. der Kundmachung zu.
Die Übergangsbestimmung des ArtIII Abs2 des Gesetzes LGBl 34/1991 erhöhte die - gesetzlich festgelegte - Geltungsdauer der Bausperre auf ein Jahr, ließ aber den Verordnungscharakter der Kundmachung unberührt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber keineswegs eine Verordnung erlassen - was verfassungsrechtlich unzulässig wäre.
Die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck kommende Auffassung der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg, daß die von der beschwerdeführenden Gesellschaft beantragte Gewährung einer Ausnahme von der Bausperre gesetzlich nicht (mehr) vorgesehen sei, beruht auf der Prämisse des Bestehens einer - auch die Baufläche betreffenden - Bausperre, welche die iS des §4 Abs2 Sbg BebauungsgrundlagenG vorgenommene Kundmachung des Bürgermeisters vom 17.12.90 zur Voraussetzung hat. Damit aber erweist sich diese Kundmachung als iS des Art139 Abs1 B-VG präjudiziell.
Punkt 1. der Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 17.12.90 über die beabsichtigte Aufstellung eines Bebauungsplanes für ein Gebiet im Bereich zwischen Eduard-Baumgartner-Straße, Bayernstraße und Almkanal war insoweit gesetzwidrig, als er sich auf das aus der verwiesenen planlichen Darstellung ersichtliche Grundstück Nr 3008/3 bezog.
Die in Rede stehende Kundmachung diente nicht dazu, um die unbeeinträchtigte Aufstellung bzw Änderung eines Bebauungsplanes zu gewährleisten, sondern wurde entgegen dem Sbg BebauungsgrundlagenG dazu verwendet, um die Bebauung von zwar (noch) im "Bauland" gelegenen, aber für die Rückwidmung in "Grünland" vorgesehenen Grundflächen zu verhindern, und damit eine Maßnahme zu treffen, für die das Sbg RaumOG 1977 keine Handhabe mehr bot, weil die in diesem Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Erlassung einer Bausperre bereits ausgeschöpft war.
Die Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 31.01.91 über die 31. Änderung des Flächenwidmungsplanes (Teilflächenwidmungsplan Salzburg-West) wird insoweit als gesetzwidrig aufgehoben, als darin zwischen der Eduard-Baumgartner-Straße im Norden, der Riedenburger Straße im Nordwesten und Westen sowie der Mölkhofgasse im Osten und Südosten die Widmung "Grünland-Erholungsgebiete" ausgewiesen ist.
Selbst wenn man davon ausgeht, es sei infolge der seit dem Inkrafttreten der Stammfassung des Flächenwidmungsplanes eingetretenen Entwicklung in dem vom Teilflächenwidmungsplan Salzburg-West erfaßten Planungsgebiet ein Bedarf an zusätzlichen Grünflächen aufgetreten, wenn man ferner diesen Umstand als einen die Änderung des räumlichen Entwicklungskonzeptes rechtfertigenden wichtigen Grund iS des §18 Abs1 Sbg RaumOG 1977 wertet, darin außerdem eine Änderung der Planungsgrundlagen erblickt und demnach die Voraussetzungen für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes für gegeben erachtet, folgt daraus noch nicht, daß die Rückwidmung gerade der Baufläche in Grünland rechtmäßig war.
Da die Baufläche der Allgemeinheit nicht zugänglich ist und auch nach ihrer Umwidmung in "Grünland-Erholungsgebiet" nicht gegen den Willen der Eigentümer allgemein zugänglich gemacht werden kann, könnte sie iS des §14 Z3 Sbg RaumOG 1977 nur als "sonstige für die Gesundheit und Erholung notwendige Grünanlage" in Betracht kommen. Dem steht gegenüber, daß die Baufläche nicht nur als Bauland gewidmet, sondern durch rechtskräftigen Bescheid auch zum Bauplatz erklärt war.
Die in Rede stehende Umwidmung erweist sich als unsachlich. Sie widerspricht, da hiebei die Interessenlage der beschwerdeführenden Gesellschaft als Grundstückseigentümerin völlig außer acht gelassen und insbesondere die durch die Umwidmung bedingte wirtschaftliche Entwertung ihrer Liegenschaft nicht berücksichtigt wurde, dem - auch den Verordnungsgeber bindenden - Gleichheitsgebot.
(Anlaßfall B1254/91, E v 02.03.95, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsgegenstand, Verordnungsbegriff, Verordnungserlassung, Übergangsbestimmung, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, BausperreEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:V144.1994Dokumentnummer
JFR_10049698_94V00144_01