RS Vfgh 2002/2/28 B1408/01

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Veröffentlicht am 28.02.2002
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77 Kunst, Kultur
77/01 Kunst, Kultur

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1 Z11
F-VG 1948 §6
KunstförderungsbeitragsG 1981 §1 Abs1
KunstförderungsbeitragsG 1981 §3
Künstler-SozialversicherungsfondsG §5

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Vorschreibung von Abgaben nach dem KunstförderungsbeitragsG 1981 an die gewerbliche Betreiberin einer Kabelrundfunkanlage; Qualifizierung des Kabelrundfunkbeitrags als (ausschließliche) Bundesabgabe trotz vorgesehener Einhebung dieser Abgabe durch den Künstler-Sozialversicherungsfonds und Zweckwidmung für die Pensionsversicherung von Künstlern; kein Einfluß dieser Zweckwidmung auf die kompetenzrechtliche Zuordnung; keine Gleichheitsbedenken gegen den als Ergänzung zum Kunstförderungsbeitrag von den Kabelrundfunkbetreibern zu entrichtenden Kabelrundfunkbeitrag

Rechtssatz

Qualifizierung des Kabelrundfunkbeitrags nach §1 Abs1 Z2 KunstförderungsbeitragsG 1981 idF BGBl I 132/2000 als ausschließliche Bundesabgabe.

Die Judikatur (vgl VfSlg 3670/1960, 3961/1961, 12843/1991, 10451/1985, 15174/1998) läßt erkennen, daß es für die Qualifizierung einer Geldleistung als Abgabe im finanzverfassungsrechtlichen Sinn in erster Linie darauf ankommt, ob die Ertragshoheit, dh die primäre Verfügungsberechtigung über den Ertrag der Geldleistung, bei einer Gebietskörperschaft liegt. Die primäre Verfügungsberechtigung kann auch in Form einer (vom Träger der Ertragshoheit vorgenommenen) generellen Vorausverfügung, insbesondere einer gesetzlichen Zweckbindung, zum Ausdruck kommen.

Der Gesetzgeber wollte mit dem Kabelrundfunkbeitrag die Einführung einer (zusätzlichen) Abgabe erreichen, deren Ertrag ausschließlich dem Bund zustehen soll, wobei der Bund von seiner Ertragshoheit (§6 F-VG 1948) durch eine gesetzliche Zweckwidmung (Finanzierung von Zuschüssen des Künstler-Sozialversicherungsfonds (KSVF) zur Künstler-Sozialversicherung) Gebrauch gemacht hat. Daran ändert der Umstand nichts, daß mit der Einhebung der Beiträge der KSVF betraut ist, weil der Fonds in dieser Funktion als beliehenes Unternehmen tätig wird, die fraglichen Beiträge somit für den Bund und nicht von vornherein für fremde Rechnung eingehoben werden, mag über den vereinnahmten Ertrag auch (bereits) im Wege einer Zweckbindung verfügt worden sein. Aus der Zweckwidmung, aber auch aus dem Fehlen jeglicher Aufteilungsregel ergibt sich, daß es sich nur um eine ausschließliche Bundesabgabe handeln kann.

Die Widmung einer Geldleistung für einen bestimmten Zweck führt nicht dazu, daß die Regelung der Geldleistungsverpflichtung nunmehr kompetenzrechtlich dem aus der Zweckwidmung abzuleitenden Materienbereich zuzurechnen ist.

Wenn in den Materialien davon die Rede ist, daß für den Bund Einnahmen nicht zu erwarten seien, weil es sich um Einnahmen des KSVF handle, wird damit offenbar nur der Effekt der gesetzlich verfügten Zweckbindung beschrieben, nicht aber eine Aussage über die rechtliche Natur der Geldleistung getroffen.

Keine Gleichheitsbedenken gegen §1 Abs1 Z2 KunstförderungsbeitragsG 1981 idF BGBl I 132/2000.

Gegen den Kunstförderungsbeitrag in seiner ursprünglichen Form bestehen unter dem Aspekt des aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebotes keine Bedenken: Der Gesetzgeber überschreitet (zumindest beim bisherigen Belastungsausmaß) den ihm bei steuerpolitischen Belastungsentscheidungen eingeräumten Spielraum nicht, wenn er den Inhabern einer Rundfunk-Hauptbewilligung eine Abgabe auferlegt und damit im Ergebnis den Aufwand für die Möglichkeit des Konsums von Rundfunksendungen im Wege einer selektiven Abgabe besteuert, die wirtschaftlich den Charakter einer Verbrauch- oder Aufwandsteuer trägt. Ebensowenig kann es dann aber auf Bedenken stoßen, wenn der Gesetzgeber als Ergänzung zu diesem ursprünglichen Beitrag, der von jedem Rundfunkteilnehmer zu entrichten ist, einen (zusätzlichen) Beitrag vom Empfangsberechtigten bei Kabelrundfunkanlagen vorsieht.

Daß als Abgabenschuldner dieser (zusätzlichen) Beiträge nicht der Empfangsberechtigte selbst, sondern der gewerbliche Betreiber der Kabelrundfunkanlage herangezogen wird, kennzeichnet den Beitrag lediglich als indirekte Abgabe, begegnet aber an sich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da der Gesetzgeber bei einer Durchschnittsbetrachtung davon ausgehen kann, daß dieser Beitrag auf die Empfangsberechtigten überwälzbar ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Beleihung, Finanzverfassung, Abgabenbegriff, Abgabenwesen, Kompetenz Bund - Länder, Sozialversicherung, Pensionsversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B1408.2001

Dokumentnummer

JFR_09979772_01B01408_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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