RS Vfgh 2002/3/6 V114/01 ua

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Veröffentlicht am 06.03.2002
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
Bebauungsplan der Gemeinde St. Jakob in Defereggen. Ergänzung vom 09.03.1999 .und 05.05.1999.
Flächenwidmungsplanänderung der Gemeinde St. Jakob in Defereggen vom 09.03.1999
Tir BauO 1998 §6 Abs1
Tir Plangrundlagen- und PlanzeichenV, LGBl 123/1994 §4 Abs1
Tir RaumOG 1997 §43 Abs1 lita
Tir RaumOG 1997 §60 Abs4
Tir RaumOG 2001 §67, §68

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit eines ergänzenden Bebauungsplanes hinsichtlich der Festlegung einer besonderen Bauweise für Grundstücke unter Unterschreitung der in der Tir BauO 1998 geregelten Mindestabstände; keine Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung betreffend Umwidmung der Grundstücke in Sonderfläche Kirche; Verstoß gegen das in der Tir Plangrundlagen- und Planzeichenverordnung normierte Gebot der Durchnummerierung von Änderungsplänen kein wesentlicher, auf die Rechtmäßigkeit der Änderungsverordnung durchschlagender Fehler

Rechtssatz

Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens hinsichtlich der Flächenwidmungsplanänderung.

Die Beschwerdeführer haben im Baubewilligungsverfahren Einwendungen hinsichtlich der Einhaltung der Mindestabstände gemäß §6 Abs1 Tir BauO 1998 erhoben und haben daher ihre Parteistellung im Baubewilligungsverfahren behalten.

Die Baubehörden I. und II. Instanz, ebenso wie die Aufsichtsbehörde, haben den Flächenwidmungsplan, zwar nicht zur Begründung der Abweisung der Einwendungen der Nachbarn, wohl aber zur Begründung der Erteilung bzw. Bestätigung der Baubewilligung angewendet. Bei der Überprüfung der Frage, ob die Baubewilligung (unter Abweisung der Nachbareinwendungen) zu Recht erteilt wurde, hat deshalb auch der Verfassungsgerichtshof den Flächenwidmungsplan anzuwenden.

Da eine Verordnung gemäß Art18 Abs2 B-VG nicht nur zum Zeitpunkt ihrer Erlassung, sondern in jedem Zeitpunkt ihrer Geltung eine gesetzliche Deckung aufweisen muss, wäre allenfalls zu untersuchen, ob der in Prüfung gezogene ergänzende Bebauungsplan vom 09.03.1999 durch die 5. Tir RaumOG-Novelle, LGBl 73/2001, eine nachfolgende gesetzliche Deckung erhalten oder seine gesetzliche Grundlage verloren hat. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, weil der Inhalt des §60 Abs4 4. Satz Tir RaumOG 1997 durch die 5. Tir RaumOG-Novelle nicht verändert wurde.

Keine Gesetzwidrigkeit des ergänzenden Bebauungsplanes der Gemeinde St. Jakob in Defereggen vom 09.03.99 (und 05.05.99) betr. Festlegung für Bereiche mit besonderer Bauweise.

Der 5. Satz des §60 Abs4 Tir RaumOG 1997 bezieht sich im Zusammenhang mit dem 4. Satz auf die Festlegung der besonderen Bauweise gegenüber Grundstücken, für die die offene Bebauungsweise festgelegt ist.

Für diese Auslegung spricht auch §6 Abs1 Tir BauO 1998, wonach die dort aufgezählten Abstände nur gelten, sofern nicht auf Grund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise ein anderer Abstand einzuhalten ist. Der in Prüfung gezogene Bebauungsplan ist somit nicht an §60 Abs4 4. Satz Tir RaumOG 1997 zu messen. Der Verfassungsgerichtshof hält daher eine Auslegung, wonach die Mindestabstände des §6 Tir BauO 1998 auch über den Bestand hinaus gegen Grundstücke mit besonderer Bauweise unterschritten werden dürfen, für geboten.

Keine Gesetzwidrigkeit der Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Jakob in Defereggen vom 09.03.99 betr. Umwidmung von Grundstücken in Sonderfläche Kirche (für die Errichtung einer Leichenhalle - Totenkapelle bzw Sakristei).

Die Umwidmungsfläche und der Inhalt der neuen Widmung sind aus der Plandarstellung eindeutig zu entnehmen. Zwar führt eine Durchnummerierung der Änderungen eines Flächenwidmungsplanes zu einer übersichtlicheren Chronologie der Entwicklung eines solchen, jedoch ist bei Fehlen der Durchnummerierung der einzelnen Änderung für den Eigentümer eines Grundstückes die Kontrolle der Aktualität an Hand der Veröffentlichungen der Änderungspläne durch öffentliche Kundmachung gemäß §67 Abs1 iVm §68 Abs1 Tir RaumOG 2001 möglich. Bei einem Verstoß gegen das Gebot der Durchnummerierung von Änderungsplänen (vgl §4 Abs1 der Tir Plangrundlagen- und PlanzeichenV) handelt es sich daher um keinen wesentlichen, auf die Rechtmäßigkeit der Änderungsverordnung durchschlagenden, Fehler.

(Ablehnung der Beschwerde im Anlaßfall: B v 06.03.02, B1320/00).

Entscheidungstexte

  • V 114/01 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 06.03.2002 V 114/01 ua

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, Nachbarrechte, Novellierung, Verordnung Kundmachung, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:V114.2001

Dokumentnummer

JFR_09979694_01V00114_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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