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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit von Teilen der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Anteile an Pensionsinvestmentfonds hinsichtlich des Ausschlusses einer Verpfändung, Veräußerung oder Rückgabe der Anteile sowie der Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplanes auch bei geänderter Geschäftsgrundlage im Hinblick auf den Pensionsvorsorgezweck der gesetzlichen Grundlage; keine über die Sorgfaltspflicht nach dem BankwesenG und dem Aktiengesetz hinausgehende Verpflichtung der depotführenden BankenRechtssatz
Zulässigkeit des Hauptbegehrens des Handelsgerichtes Wien auf Aufhebung des §1 Abs2 hinsichtlich der Wortfolgen "auch bei geänderter Geschäftsgrundlage", "Verpfändung, Veräußerung, Rückgabe" sowie des §1 Abs3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Anteile an Pensionsinvestmentfonds, BGBl II 447/1999 (= PIF-VO); im Übrigen Zurückweisung der Anträge.
Der Verfassungsgerichtshof vermag der Ansicht des Gerichtes nicht entgegenzutreten, dass es bei Entscheidung der bei ihm anhängigen Verfahren §1 Abs2 Z2 und Abs3 anzuwenden hat. Im Verfahren 10 Cg 169/01k begehrt der Kläger die Rücklösung eines Teiles seines Depotbestandes sowie die Depotübertragung des restlichen Bestandes, sodass schon nach dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtes die Worte "Verpfändung" und "und Schenkung" denkmöglich nicht präjudiziell sein können. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass das antragstellende Gericht unter "Depotübertragung" einen Veräußerungsvorgang versteht und nicht eine nach §23g Abs2 Z2 InvestmentfondsG zulässige Übertragung des Gegenwertes der Anteile an ein Versicherungsunternehmen als Einmalprämie. Im Verfahren 27 Cg 195/01a ist auch das Wort "Verpfändung" präjudiziell, da die Klägerin im Anlassverfahren eine Verpfändung ihrer Fondsanteile anstrebt.
Das antragstellende Gericht äußert Bedenken gegen die Regelung, die eine Verfügung über die Fondsanteile selbst bei geänderter Geschäftsgrundlage ausschließt, also auch eine außerordentliche Kündigung nicht zulässt. Demgemäß sind im Einleitungssatz des §1 Abs2 PIF-VO nur die Worte "auch bei geänderter Geschäftsgrundlage" präjudiziell.
Wenn das Gericht vermeint, dass §1 Abs3 PIF-VO in gesetzwidriger Weise der beklagten Partei als anteilsdepotführende Stelle in beiden Verfahren Pflichten auferlege und das Gericht daher gehindert sei, dem Klagsbegehren stattzugeben, ferner dass mit den angefochtenen steuerrechtlichen Verordnungsbestimmungen auch zivilrechtliche Folgen verbunden seien, so vermag der Verfassungsgerichtshof dem Gericht nicht entgegenzutreten.
Abweisung der Hauptbegehren des Handelsgerichtes Wien hinsichtlich der Wortfolgen "auch bei geänderter Geschäftsgrundlage", "Verpfändung, Veräußerung, Rückgabe" sowie hinsichtlich des §1 Abs3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über Anteile an Pensionsinvestmentfonds, BGBl II 447/1999 (= PIF-VO).
Der Erwerb von PIF-Anteilen ist nicht bloß eine von vielen Sparformen; die Anteile sind zweckgebunden, da sie der weiteren Pensionsvorsorge dienen sollen. Der Gesetzgeber wollte ein neues Produkt für die Pensionsvorsorge neben der staatlichen Pension und den Pensionskassen schaffen und verband dieses neue Produkt mit steuerlichen Anreizen. Es ist daher unter diesem Gesichtspunkt auch sachlich gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber diese steuerlichen Anreize mit Verpflichtungen verbindet, die sicherstellen sollen, dass die angesparten Beträge auch tatsächlich der Pensionsvorsorge dienen.
§108b Abs2 EStG 1988 nennt den Abschluss eines "unwiderruflichen Auszahlungsplanes" als eines der unerlässlichen Kriterien für prämienbegünstigte Pensionsinvestitionsfonds. Er verweist in diesem Zusammenhang auf §23g Abs2 Z2 InvestmentfondsG, welcher bestimmt, dass die Ausgabe von Anteilen unter anderem nur zulässig ist, wenn der Anteilserwerber zuvor einen unwiderruflichen Auszahlungsplan mit dem depotführenden Kreditinstitut abgeschlossen hat.
Der Gesetzgeber hat ein Vorsorgemodell geschaffen, das auf die persönlichen Verhältnisse und Bedürfnisse des Steuerpflichtigen Bedacht nimmt und den Auszahlungsplan in Verbindung mit der abzuschließenden Pensionszusatzversicherung auf diese Verhältnisse und Bedürfnisse abstimmt (vgl §108b Abs1 Z2 EStG 1988). Vor dem Hintergrund dieses Konzeptes ist §23g Abs2 Z2 InvestmentfondsG so zu verstehen, dass der Auszahlungsplan für den betreffenden Steuerpflichtigen selbst zwingend in eine Pensionszusatzversicherung zu münden hat und Übertragungen und sonstige Verfügungen, die diesen höchstpersönlichen Charakter des Vorsorgemodells verändern (können), ausgeschlossen sein sollen. Der Nachversteuerungstatbestand des §41 Abs1 leg cit bezieht sich bei diesem Verhältnis daher auf jene Fälle, bei denen der Auszahlungsplan wegen des Todes des ursprünglichen Vertragspartners nicht erfüllt wird.
Wenn der Verordnungsgeber die Verpfändung, Veräußerung und Rückgabe ausdrücklich ausschließt, präzisiert er nur die gesetzgeberische Absicht, sodass §1 Abs2 Z2 PIF-VO nicht gesetzwidrig ist.
Berücksichtigt man den klar erkennbaren Zweck des Gesetzes, so verbietet sich eine einschränkende Interpretation des Begriffes "unwiderruflicher Auszahlungsplan" auf das bloße Verbot einer ordentlichen Kündigung. Auf Grund der erwähnten sachlichen Rechtfertigung ergibt sich auch keine Notwendigkeit, aus verfassungsrechtlichen Gründen, etwa dem Schutz des Eigentums oder der Gleichheit, den Begriff "unwiderruflicher Auszahlungsplan" einschränkend auszulegen. Der Sinn des Gesetzes besteht darin, das angesparte Kapital zu thesaurieren, also so lange zu binden, bis es zur Auszahlung von Pensionsleistungen kommt oder durch andere Maßnahmen der Erhalt des Kapitals für spätere Pensionsauszahlungen gesichert ist (vgl §23g Abs2 InvestmentfondsG). Wenn der Verordnungsgeber daher in §1 Abs2 PIF-VO Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplans auch für den Fall der geänderten Geschäftsgrundlage vorsieht, so präzisiert er damit nur die schon aus dem Gesetzestext hervorleuchtende Absicht des Gesetzgebers.
Vollständigkeit des vom Bundesminister für Finanzen unterschriebenen Ministerexemplars der PIF-VO; auch §1 Abs3 enthalten.
Der Verfassungsgerichtshof vermag weiters die Ansicht des antragstellenden Gerichtes, das depotführende Kreditinstitut werde durch §1 Abs3 PIF-VO in die Pflicht genommen, ohne dass es hiefür eine gesetzliche Grundlage gäbe, nicht zu teilen. Die in den Anlassverfahren beklagte depotführende Bank ist eine Aktiengesellschaft, die bereits nach dem §39 Abs1 BankwesenG und iVm §84 AktienG verpflichtet ist, die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (vgl auch §23 Abs4 InvestmentfondsG) und sich daher auch nicht an rechtswidrigen Handlungen ihrer Kunden zu beteiligen. Eine solche rechtswidrige Handlung wäre aber die Missachtung der Unwiderruflichkeit des Auszahlungsplanes.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Einkommensteuer, Pensionsvorsorge, Bankwesen, VfGH / Präjudizialität, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:V1.2002Dokumentnummer
JFR_09969697_02V00001_01