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41 Innere AngelegenheitenNorm
EMRK Art8 Abs1, Abs2Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes über einen straffällig gewordenen Fremden der 2. Generation; Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Recht auf Privatleben angesichts der Art und Schwere der begangenen (Jugend)StraftatenRechtssatz
Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nur dann unter den Schutz des Art8 Abs1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen. In Anbetracht des Beschwerdevorbringens, wonach der Beschwerdeführer (ein serbischer Staatsangehöriger, geboren am 30.01.85) nun "vollständig auf eigenen Beinen steht und ... sich von der elterlichen Hilfe gelöst" hat, liegen somit keine Anhaltspunkte für eine besondere familiäre Bindung in Österreich vor. Die Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbots greift daher nur unwesentlich in sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Achtung des Familienlebens ein.
Angesichts der Art und Schwere der begangenen Straftaten (teils versuchter, teils vollendeter Raub bzw Drogendelikt), des Umstandes, dass der Beschwerdeführer innerhalb von drei Jahren zweimal zu teilbedingten Freiheitsstrafen verurteilt wurde, sowie der Tatsache, dass er zum Zeitpunkt der zweiten Verurteilung wegen eines Suchtmitteldelikts bereits volljährig war, kann der belangten Behörde - aus verfassungsrechtlicher Sicht - nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf das legitime Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit den Eingriff in das Recht auf Privatleben, der durch die Verhängung des unbefristeten Aufenthaltsverbots erfolgt ist, gemäß Art8 Abs2 EMRK für verhältnismäßig hält. Schon aufgrund des Alters des Beschwerdeführers und der zweifachen strafgerichtlichen Verurteilung unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von dem der Entscheidung des EGMR vom 22.04.04, Fall Radovanovic, Appl Nr 42703/98 = Newsletter 2004/2, zugrunde liegenden Sachverhalt.
Bei dieser Abwägungsentscheidung war auch zu berücksichtigen, dass auch ein unbefristet verhängtes Aufenthaltsverbot nach Maßgabe des §65 Abs1 iVm §125 Abs3 und Abs4 FremdenpolizeiG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 157/2005, (der §44 FremdenG entspricht) mit Blick auf Art8 EMRK aufgehoben werden kann.
Schlagworte
Fremdenrecht, Privat- und FamilienlebenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B1277.2004Dokumentnummer
JFR_09939391_04B01277_2_01