Index
40 VerwaltungsverfahrenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
AVG 1950; keine Bedenken gegen §69 Abs1 litb; keine denkunmögliche und keine gleichheitswidrige AnwendungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 29. Jänner 1974 wurde festgestellt, daß die Erhaltung des Hauses Wien 6, M-straße 45, beschränkt auf die im 18. Jhdt. errichteten und im 19. Jhdt. aufgestockten Trakte um den ersten Hof unmittelbar an der M-straße und ohne die Erscheinung des Inneren des vierten Geschoßes, gemäß §1 und §3 des Denkmalschutzgesetzes, BGBl. 533/1923, im öffentlichen Interesse gelegen ist, da diesem Haus, in dem im Jahre 1790 der Dichter Ferdinand Raimund geboren wurde, als wichtigste Raimund-Gedenkstätte Wiens besondere kulturelle Bedeutung zukommt.
Die gegen diesen Bescheid unter Berufung auf Art144 B-VG von den Miteigentümern des genannten Hauses erhobene Beschwerde hat der VfGH mit dem Erk. VfSlg. 7446/1974 als unbegründet abgewiesen; auch die an den VwGH abgetretene Beschwerde führte zu keinem Erfolg für die Beschwerdeführer (VwSlg. 8950 A/1975).
2. a) Mit Schriftsatz vom 31. Mai 1976 stellten Miteigentümer des Hauses M-straße 45, unter ihnen der nunmehrige Beschwerdeführer, den Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 29. Jänner 1974 abgeschlossenen Verfahrens. Die Antragsteller wiesen daraufhin, daß ihnen durch einen Nachbarn anläßlich von Bauarbeiten Einsicht in bestimmte Bauakten von Häusern aufbenachbarten Grundstücken ermöglicht worden sei; die Beischaffung dieser Akten sei von ihnen bereits im seinerzeitigen Verfahren erfolglos beantragt worden. Aus diversen Urkunden dieser Bauakten hätten sie wesentliche Feststellungen treffen können. Zur weiteren Begründung des Wiederaufnahmsantrages wurden eine (vom Beschwerdeführer verfaßte) historische Studie "Raimunds Geburtshaus" sowie Ablichtungen sonstiger Urkunden und Pläne vorgelegt; es wurde damit zu begründen versucht, daß das unter Denkmalschutz gestellte Haus M-straße 45 nicht das Geburtshaus Ferdinand Raimunds sein könne.
b) Nach Einholung eines Gutachtens des Bundesdenkmalamtes zu den von den Antragstellern vorgelegten Unterlagen hat der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit dem Bescheid vom 20. März 1978 den Wiederaufnahmsantrag gemäß §69 Abs1 litb AVG 1950 abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wird unter Hinweis auf den von den Wiederaufnahmswerbern im seinerzeitigen Verfahren gestellten Antrag auf Beischaffung bestimmter Bauakten (Pkt. 2.a) festgestellt, daß die Existenz dieser Akten den Antragstellern keineswegs unbekannt gewesen sei. Weiters wird "grundsätzlich festgestellt, daß die Wiederaufnahmswerber in ihrem Antrag keineswegs glaubhaft gemacht haben, daß Gründe vorgelegen seien, aus denen heraus sie iS des §69 Abs1 litb AVG 1950 die 'neuen Tatsachen oder Beweismittel' nicht schon im seinerzeitigen Verfahren hätten geltend machen können". Daß sie erst anläßlich einer Bauverhandlung mit dem Vertreter des Eigentümers des Nachbargrundstückes über die Möglichkeit einer Einsicht in die Bauakten gesprochen hätten, reiche als Begründung keinesfalls aus. Die Wiederaufnahmswerber hätten sich lediglich dann auf die Unmöglichkeit der Kenntnis von Urkunden aus dem Bauakt des Nachbargrundes berufen können, wenn der Eigentümer des Nachbargrundes den Wiederaufnahmswerbern die Akteneinsicht trotz eines entsprechenden Ersuchens seinerzeit verweigert, nunmehr aber erstmals gestattet hätte. Eine derartige Weigerung sei aber von den Antragstellern nicht einmal behauptet worden.
Dennoch habe das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung die vorgelegten Beweismittel auch daraufhin geprüft, ob sie bei einem Vorliegen im seinerzeitigen Verfahren zu einem im Hauptinhalte des Spruches anderslautenden Bescheid hätten führen können und ob nicht daher auch allenfalls Gründe vorlägen, die eine Aufhebung des Bescheides von Amts wegen gemäß §68 Abs2 AVG 1950 nahelegten.
Nach der Wiedergabe von Ausführungen in den eingeholten Gutachten des Bundesdenkmalamtes wird in der Begründung des Bescheides sodann ausgeführt, daß die von den Wiederaufnahmswerbern vorgelegten Unterlagen zum Beweis dafür, daß das Haus M-straße 45 nicht das Geburtshaus Ferdinand Raimunds gewesen sei, jeder Beweiskraft iS dieser Behauptung entbehrten.
3. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 20. März 1978 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG vom Beschwerdeführer als Miteigentümer des Hauses M-straße 45 erhobene Beschwerde. Er behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Es wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben. Im Fall der Abweisung wird die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid ist das Vorliegen von Wiederaufnahmsgründen verneint worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 8124/1977 und die dort angeführte Vorjudikatur) wird durch einen solchen - verfahrensrechtlichen - Bescheid das Eigentum nicht berührt.
Der VfGH sieht auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles keine Veranlassung zu einer Prüfung, ob die bisherige Judikatur in ihrer Allgemeinheit aufrechterhalten bleiben kann (vgl. VfSlg. 9069/1981); denn selbst bei der Annahme, daß durch den vorliegenden Bescheid in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers eingegriffen würde, wäre dieses Recht nicht verletzt. Eine Verletzung des Eigentumsrechtes durch den angefochtenen Bescheid könnte nämlich nur dann bewirkt worden sein, wenn dieser auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhte oder wenn er gesetzlos wäre, wobei die denkunmögliche Anwendung des Gesetzes einer Gesetzlosigkeit gleichzuhalten wäre (vgl. VfSlg. 8143/1977).
Gegen die Verfassungsmäßigkeit des §69 Abs1 litb AVG 1950 als der tragenden Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides bestehen keine Bedenken (vgl. VfSlg. 7865/1976).
Die Annahme der belangten Behörde, daß die Antragsteller schon im vorangegangenen Verfahren Kenntnis von den Bauakten der umliegenden Häuser gehabt haben, weil sie deren Beischaffung schon im vorangegangenen Verfahren beantragt haben (Pkt. I.2.b), und daß die - später erfolgte - bloße Erörterung der Möglichkeit einer Einsichtnahme in diese Bauakten für eine Begründung des Vorliegens von Wiederaufnahmsanträgen nicht hinreicht, ist jedenfalls nicht denkunmöglich. Ob sie auch richtig ist, hat der VfGH nicht zu prüfen.
2. Im Gleichheitsrecht könnte der Beschwerdeführer bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte (vgl. VfSlg. 8605/1979).
Eine Begründung für die behauptete Gleichheitsverletzung ist in der Beschwerde nicht enthalten; daß die belangte Behörde durch ihr Verhalten den Beschwerdeführer in diesem Recht verletzt hätte, ist im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.
3. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes ist vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden und im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.
Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides ist der Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Verwaltungsverfahren, WiederaufnahmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B268.1978Dokumentnummer
JFT_10189376_78B00268_00