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81 Wasserrecht, WasserbautenNorm
AVG §38Leitsatz
WRG 1959; keine Bedenken gegen §34 Abs4 und §117; keine denkunmögliche Anwendung dieser BestimmungenSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid vom 18. April 1977 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land den Beschwerdeführern über deren Antrag die "wasserrechtliche Bewilligung der Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage" für ihr Anwesen bzw. die "wasserrechtliche Bewilligung zur Erneuerung des Quellschachtes" hinsichtlich einer auf dem Grundstück 153/8 der EZ 66 KG P. entspringenden Quelle befristet bis zur Möglichkeit des Anschlusses an eine öffentliche Wasserversorgungsanlage - unter verschiedenen Bedingungen und Auflagen; insbesondere wurde im Abschnitt II. des Spruches zum Schutze der bewilligten Wasserversorgungsanlage ein Schutzgebiet festgelegt (Ziffer 1) und ua. in diesem die animalische Düngung und die Viehweide verboten (Ziffer 2), sowie bestimmt, daß die Beschwerdeführer den Eigentümern der Gp. 153/8 KG P. für die Errichtung dieses Schutzgebietes entsprechend den Richtlinien der Landwirtschaftskammer für OÖ jeweils am 1. Juni eines jeden Jahres eine Entschädigung zu zahlen haben (Ziffer 4).
2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, daß sich die Grundeigentümer des Grundstückes 153/8 anläßlich der Veräußerung von Grundflächen, die nunmehr das Grundstück 162/2 bilden, mit Kaufvertrag vom 19. Jänner 1952 ausdrücklich verpflichtet hätten, alles zu unterlassen, was zu einer Schmälerung oder Unterbindung oder etwa zu einer Verunreinigung des Quellwassers führen könnte. Diese - ursprünglich die Voreigentümer des Grundstückes 162/2 begünstigende - Vertragsbedingung sei auf Grund eines am 14. Mai 1957 abgeschlossenen Notariatsaktes gemeinsam mit dem Grundeigentum an der Parzelle auf sie übergegangen, da sie das genannte Grundstück mit allen Rechten und Vorteilen, mit denen die Verkäufer das Kaufobjekt zu besitzen und zu benützen berechtigt waren, mit diesem Notariatsakt erworben hätten. Demnach seien die Eigentümer der Grundparzelle 153/8 schon auf Grund dieser privatrechtlichen Regelung verpflichtet, "entschädigungslos alles zu unterlassen, was zu einer Verunreinigung der Quelle bzw. des Quellwassers führen könnte". Mit der Festlegung eines Schutzgebietes und den festgelegten Verbotsmaßnahmen sei lediglich in öffentlich-rechtlicher Hinsicht durch die Wasserrechtsbehörde eine Konkretisierung dessen erfolgt, wozu die Liegenschaftseigentümer bereits privatrechtlich verpflichtet gewesen seien. Die Beschwerdeführer beantragten daher, die unter Ziffer 4 des Spruchabschnittes II. des erstinstanzlichen Bescheides erfolgte Vorschreibung einer Entschädigungszahlung "ersatzlos aufzuheben".
3. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ vom 8. September 1977, Z Wa-2627/2-1977-Pes/Kep, wurde der angefochtene Ausspruch des erstinstanzlichen Bescheides dahin gehend ergänzt, daß dem Spruch im Abschnitt II. der Satz angefügt wurde: "Gemäß §117 WRG wird die Nachprüfung der Entschädigung vorbehalten", im übrigen der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit bestätigt, als er mit der Berufung bekämpft worden war.
4.1. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Für den Fall der Abweisung wird die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
4.2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.
5. Der VfGH hat erwogen:
5.1. Die Beschwerdeführer behaupten, der angefochtene Bescheid verletze sie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums. Der angefochtene Bescheid greift tatsächlich in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
5.2. Der angefochtene Bescheid stützt sich ua. auf §34 Abs4 und §117 Wasserrechtsgesetz 1959 in der Fassung der Nov. BGBl. 207/1969 (im folgenden: WRG); er ist somit nicht ohne jede Rechtsgrundlage ergangen. Bedenken gegen diese Rechtsgrundlagen sind weder geäußert worden noch beim VfGH entstanden (s. auch VfSlg. 6443/1971, 6664/1972 und 8832/1980). Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums könnte daher nur im Falle einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung stattgefunden haben. Auch dies ist jedoch nicht der Fall.
5.3. Gemäß §34 Abs1 WRG kann zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit die zur Bewilligung dieser Anlage zuständige Wasserrechtsbehörde - zum Schutze nicht bewilligungspflichtiger Wasserversorgungsanlagen die Bezirksverwaltungsbehörde - durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen. Nach Abs4 leg. cit. ist, wer nach den vorausgehenden Bestimmungen der Abs1 bis 3 seine Grundstücke und Anlagen nicht weiter auf die Art oder in dem Umfang nutzen kann, wie es ihm auf Grund bestehender Rechte zusteht, vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen (§117).
5.3.1. Die Beschwerdeführer vermeinen, daß die belangte Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet habe, da ihnen die Zahlung einer Entschädigung nicht für etwas auferlegt werden könne, worauf ihnen bereits auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen ein Rechtsanspruch zugestanden wäre. Sie berufen sich darauf, daß nach Punkt VII. des Kaufvertrages vom 19. Jänner 1952 von den Eigentümern des Grundstückes 153/8 als dienende Liegenschaft im eigenen Namen und namens aller Besitznachfolger anläßlich der Veräußerung des Grundstückes 162/2 den jeweiligen Eigentümern dieses - herrschenden - Grundstückes das unentgeltliche Wasserbezugs- und Wasserleitungsrecht eingeräumt worden sei, mit der weiteren Verpflichtung der Eigentümer der dienenden Liegenschaft, alles zu unterlassen, was zu einer Verunreinigung des Quellwassers führen könnte. Mit dem angefochtenen Bescheid seien dem Eigentümer der dienenden Liegenschaft nur solche Auflagen erteilt worden, die eine Verunreinigung des Quellwassers verhindern sollen, womit von der Behörde nur jene Maßnahmen konkretisiert worden seien, die gegenüber den Beschwerdeführern als Eigentümer der herrschenden Liegenschaft nach den bestehenden vertraglichen Bestimmungen ohnehin einzuhalten gewesen seien.
5.3.2. Die belangte Behörde begründete im angefochtenen Bescheid die Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Zahlung einer wiederkehrenden Entschädigungsleistung damit, daß von ihr die Frage, wie die zivilrechtliche Vertragslage auszulegen sei, als Vorfrage gemäß §38 AVG 1950 beantwortet werden muß. Gemäß §914 ABGB sei bei Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspreche. Da nach Inhalt der Verträge nur eine Verpflichtung der Eigentümer der dienenden Liegenschaft als vereinbart anzusehen sei, Beeinträchtigungen des Quellwassers durch außerordentliche Maßnahmen ohne Einschränkung der bis dahin geübten Nutzung hintanzuhalten, die Anordnungen des angefochtenen Bescheides jedoch weit über diese vertraglich übernommenen Pflichten der Eigentümer der dienenden Liegenschaft hinausgingen, da durch sie die auf Grund bestehender Rechte geübte Nutzung der dienenden Liegenschaft eingeschränkt werde, sei die Entschädigungspflicht festzulegen gewesen.
5.3.3. Der VfGH kann nicht finden, daß der belangten Behörde bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ein denkunmögliches Vorgehen vorgeworfen werden kann. Es ist jedenfalls denkmöglich, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß von ihr §38 AVG anzuwenden sei und die Ermittlung des Inhaltes der privatrechtlichen Verträge als von ihr zu beurteilende Vorfrage betrachtet hat. Es ist jedenfalls auch denkmöglich davon auszugehen, daß die Parteienabsicht bei Abschluß des hier maßgeblichen Vertrages vom 19. Jänner 1952 auf ein Unterlassen aller abträglichen Handlungen nur insoweit gerichtet war, als dies nicht eine Einschränkung der bisherigen Bewirtschaftungs- und Nutzungsweisen durch die Eigentümer der dienenden Liegenschaft zur Folge hätte. In dem Verbot der animalischen Düngung und der Weide konnte die belangte Behörde demnach eine durch die vertraglichen Verpflichtungen nicht erfaßte Einschränkung der bisherigen Nutzungen erblicken, welche gemäß §34 Abs4 WRG abgeltungspflichtig ist. Zur Prüfung der Richtigkeit des Vorgehens der belangten Behörde ist der VfGH nicht berufen, diese obliegt vielmehr dem VwGH, in dessen Zuständigkeit die Beurteilung der Rechtmäßigkeit verwaltungsbehördlichen Handelns fällt.
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.
5.4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Wasserrecht, WasserversorgungsanlageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1981:B415.1977Dokumentnummer
JFT_10188999_77B00415_00