Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Oö. Raumordnungsgesetz 1972; keine Bedenken gegen den Änderungsplan vom 10. August 1973 zum Teilbebauungsplan Nr. 4a der Stadt Traun Oö. Bauordnung; Erteilung einer Baubewilligung, Abweisung von Anrainereinwendungen; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Eigentumsverletzung; keine GleichheitsverletzungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Im Zuge des beim Gemeindeamt Traun, Bezirk Linz-Land, geführten Verfahrens über ein Bauansuchen der A. B., betreffend die Errichtung eines Zubaues zu einem bestehenden Gebäude auf dem Grundstück Nr. 713/36 des Grundbuches der Katastralgemeinde Traun, erhob Th. H. vor der Bauverhandlung schriftlich die Einwendung, es werde zu ihrer Nachbarliegenschaft (Grundstück Nr. 713/12 desselben Grundbuches) ein zu geringer Abstand eingehalten.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Traun vom 20. Oktober 1971, Z 153/9-230/1971/Hu., wurde die beantragte Baubewilligung erteilt und die Einwendung der Anrainerin gemäß ArtIX Abs1 Bauordnungsnov. 1946, LGBl. 5/1947, zufolge des geänderten Teilbebauungsplans Nr. 4a abgewiesen.
Der dagegen von Th. H. ergriffenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Traun vom 23. Februar 1972, Z 153/9-230-1971-S/La, auf Grund des erwähnten Teilbebauungsplanes keine Folge gegeben.
Einer von Th. H. eingebrachten Vorstellung nach §102 Oö. Gemeindeordnung 1965, LGBl. 45, gab die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Bescheid vom 14. Juni 1972, Z BauR-61/21/26-1972, gleichfalls nicht Folge, wobei sie sich, wie schon die Gemeindeinstanzen, auf den Teilbebauungsplan in der geänderten Fassung berief.
Diesen Bescheid bekämpfte Th. H. mit Berufung, die mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 9. Oktober 1972, Z BauR-1203/4-1972, in Anwendung der §§102, 109, und des §111 Abs3 litc Oö. Gemeindeordnung 1965 abgewiesen wurde, und zwar aus ähnlichen Erwägungen, wie sie die Aufsichtsbehörde erster Instanz angestellt hatte.
1.2. Gegen diesen Bescheid der Landesregierung führte Th. H. zur Z 2004/72 Beschwerde beim VwGH. Auf Antrag des VwGH (in diesem Beschwerdeverfahren) gemäß Art139 Abs1 B-VG wurde der vom Gemeinderat der Gemeinde Traun (am 19. April 1968) beschlossene Abänderungsplan zum Teilbebauungsplan Nr. 4a der Gemeinde Traun mit Erk. des VfGH vom 5. Oktober 1973, VfSlg. 7146/1973 (wegen eines Kundmachungsmangels) als gesetzwidrig aufgehoben.
Daraufhin hob der VwGH im fortgesetzten Beschwerdeverfahren mit Erk. vom 27. November 1973, Z 2004/72, den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 9. Oktober 1972 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Begründend wurde dazu ua. ausgeführt:
"Die Aufhebung der Verordnung hat im vorliegenden Beschwerdefall, der ja den Anlaß zur Antragstellung beim VfGH bildete, zur Folge, daß der VwGH bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides die Rechtslage so zu beurteilen hat, als ob die Verordnung bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde Traun vom 23. Februar 1972 nicht mehr gegolten hätte. Daraus ergibt sich, daß der im Instanzenzug mit dem Rechtsmittel der Vorstellung bekämpfte, vorzitierte Berufungsbescheid des Gemeinderates auf keine gesetzliche Grundlage gestützt war, insbesondere auch hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin im Baubewilligungsverfahren geltend gemachten subjektiven öffentlichen Nachbarrechtes, für dessen Beurteilung der Bebauungsplan maßgebend war."
Die Oö. Landesregierung hob mit Bescheid vom 18. Jänner 1974, Z BauR-1203/17-1974 Wö/Bo, in Entsprechung der Rechtsansicht des VwGH den bei ihr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Juni 1972 ihrerseits auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Traun.
In der Begründung legte die Aufsichtsbehörde dar, die Aufhebung der Verordnung habe zur Folge, daß bei der Überprüfung des Bauvorhabens die Rechtslage so zu beurteilen sei, als ob die Verordnung (Abänderung zum Teilbebauungsplan Nr. 4a) bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides nicht mehr gegolten hätte.
Mit Beschluß des Gemeinderates der Stadtgemeinde Traun vom 22. Februar 1974, den Parteien des Verwaltungsverfahrens mitgeteilt mit Bescheid vom 4. März 1974, Z 153/9-230-1971-S/0, wurde sodann der Bescheid des Bürgermeisters vom 20. Oktober 1971 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen.
Nach Durchführung einer Verhandlung und Vorlage eines Austauschplanes über die Dachkonstruktion und die damit zusammenhängende Änderung der Fassaden des Zubaues erteilte der Bürgermeister mit Bescheid vom 19. Dezember 1974, Z 153/9-230-1971-Ai., neuerlich die erbetene baubehördliche Bewilligung. Die Einwendung der Nachbarin Th. H., daß das gegenständliche Bauvorhaben dem Teilbebauungsplan zuwiderlaufe, wurde mit der Begründung abgewiesen, seit Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates durch den VfGH sei der vorher rechtswirksame (Teilbebauungs-)Plan Nr. 4a nicht wieder in Kraft getreten und es bestehe daher "derzeit kein rechtskräftiger Teilbebauungsplan". Da somit bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens lediglich die Bestimmungen der Bauordnung für Oberösterreich heranzuziehen seien und das (Bau-)Vorhaben diesen Regeln nicht widerspreche, habe der Bauwerber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baubewilligung; der Einwand der Nachbarin sei abzuweisen.
Der Berufung der Th. H. gab der Gemeinderat der Stadtgemeinde Traun mit Beschluß vom 28. Februar 1975, der Berufungswerberin mitgeteilt mit Bescheid vom 6. März 1975, Z 153/9-230-1971-Ai/AS, keine Folge.
Die Vorstellung dieser Partei wies die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Vorstellungsbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 15. Juli 1975, Z BauR-61/21/38-1975, als unbegründet ab.
Auf Grund der dagegen von Th. H. eingebrachten Berufung wurde der Bescheid der Aufsichtsbehörde erster Instanz mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 16. Februar 1976, Z BauR-1203/20-1975 Wö/Pl, dahin abgeändert, daß der Bescheid der Gemeindebehörde zweiter Instanz aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Traun verwiesen wurde.
In der Begründung wurde ausgeführt, der Teilbebauungsplan Nr. 4a, ursprünglich vom Gemeindeausschuß der Gemeinde Traun beschlossen, sei im Jahr 1965 durch einen ebenfalls als Teilbebauungplan Nr. 4a bezeichneten Plan ersetzt worden, der jedoch ein größeres Gebiet erfaßt habe. Zu diesem Teilbebauungsplan seien in der Folge Abänderungspläne ergangen, die jeweils nur einen Teil des Planbereiches erfaßt hätten. So auch der vom Gemeinderat am 19. April 1968 beschlossene und nunmehr in Rede stehende Änderungsplan, der den Fundamentalbebauungsplan Nr. 4a im Hinblick auf einige "geplante Objekte" ergänzt, die übrigen Festlegungen bzw. Ausweisungen aber unberührt gelassen habe, und der in der Folge vom VfGH wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben worden sei. Dem ursprünglichen Teilbebauungsplan Nr. 4a sei durch den späteren Änderungsplan - zumindest in seinen elementaren Feststellungen - aber nicht derogiert worden, vielmehr nehme der Änderungsplan lediglich eine planerische Ergänzung vor, der, verglichen mit dem "Mußinhalt" eines Bebauungsplanes (iS des §20 Oö. Raumordnungsgesetz), untergeordnete Bedeutung zukomme. Die Aufhebung des Änderungsplanes zum Gesamtbebauungsplan Nr. 4a hätte nur dann die von der Gemeinde angenommene rechtliche Relevanz, wenn dieser Änderungsplan früheren Plänen in den maßgeblichen Festlegungen bzw. Ausweisungen derogiere, was aber - wie ausgeführt - nicht zutreffe. So gesehen, habe der bekämpfte Bescheid nach Auffassung der Aufsichtsbehörde zweiter Instanz die Einwendung der Einschreiterin, bei Beurteilung des Bauvorhabens seien die Bestimmungen des ursprünglichen Teilbebauungsplanes zu berücksichtigen, zu Unrecht verworfen und rechtsirrig allein auf Grund der Bauvorschriften entschieden.
1.3. Der VwGH wies die von der Stadtgemeinde Traun gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 16. Februar 1976 erhobene Beschwerde mit Erk. vom 14. September 1976, Z 861/76, als unbegründet ab, weil das von der Gemeindebehörde genehmigte Bauvorhaben im Hinblick auf die vom VfGH verfügte Aufhebung der Änderung des Teilbebauungsplanes Nr. 4a (Verordnung des Gemeinderates vom 19. April 1968) nicht zulässig sei.
In den Entscheidungsgründen heißt es ua. wörtlich:
"... Der VwGH (vertritt) ... die ... Rechtsanschauung, daß auch auf
dem Gebiet des Raumordnungsrechtes, mangels ausdrücklicher sonstiger
gesetzlicher Anordnung, im Verhältnis zwischen einem früheren und
einem späteren Raumordnungsplan der Grundsatz 'lex posterior derogat
legi priori' Anwendung zu finden hat. Die ... Regel 'lex
fundamentalis derogat legi speciali', die in den Raumordnungsgesetzen bisher keine Verankerung gefunden hat, kann im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil nur die Frage des Verhältnisses zweier Raumordnungspläne gleicher Qualität, nämlich von Bebauungsplänen, zu erörtern ist. Der Umstand, daß der Teilbebauungsplan Nr. 4a ein größeres Gebiet erfaßt als die vom VfGH aufgehobene Verordnung (betreffend Abänderung dieses Teilbebauungsplanes) hat zunächst zur Folge, daß jedenfalls jene Teile des Teilbebauungsplanes 4a als nicht aufgehoben betrachtet werden können, die in der späteren Verordnung nicht dargestellt werden. Im übrigen wurde in der Verordnung des Gemeinderates vom 19. April 1968 (betreffend die Abänderung des Teilbebauungsplanes 4a) in keiner Weise die Anordnung getroffen, daß der Teilbebauungsplan 4a aufgehoben werde. Diese Verordnung ist daher lediglich als eine Ergänzung des Teilbebauungsplanes 4a anzusehen, wie ... auch dem Inhalt der Verordnung entnommen werden kann. Nach dieser Verordnung aus dem Jahre 1968 sollten nämlich lediglich drei weitere Bauvorhaben entgegen dem Teilbebauungsplan 4a ermöglicht werden, darunter das Bauvorhaben der Bauwerberin. Die Aufhebung dieser Verordnung durch den VfGH wegen nicht gesetzmäßiger Kundmachung zieht daher nach Auffassung des VwGH nur die Rechtsfolge nach sich, daß diese drei Bauvorhaben, die der Teilbebauungsplan 4a noch nicht ermöglichte, zulässigerweise nicht zur Ausführung gelangen können. Diese Auffassung hatte aber im Ergebnis auch die belangte Behörde vertreten und sie kam daher zu Recht zu einer Behebung des bei ihr angefochtenen Bescheides der Aufsichtsbehörde erster Instanz ..."
Der Gemeinderat der Stadt Traun war daher zur Erlassung eines neuerlichen Berufungsbescheides verpflichtet.
Die Stadtgemeinde teilte im fortgesetzten Administrativverfahren der Anrainerin Th. H. mit Schreiben vom 30. Juni 1977 mit, es sei ein vom Gemeinderat der Stadt Traun am 10. August 1973 beschlossener Änderungsplan zum Bebauungsplan Nr. 4a mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 3. Juni 1975 aufsichtsbehördlich genehmigt und im Juni 1975 gemäß den Bestimmungen der Oö. Gemeindeordnung 1965 als Verordnung kundgemacht worden. Daher werde der Anrainerin Gelegenheit gegeben, sich hiezu innerhalb von zwei Wochen zu äußern.
Th. H. brachte in ihrer Eingabe vom 13. Juli 1977 ua. vor, das zu verbauende Grundstück sei auf Grund seiner Größe und Lage zur Verbauung ungeeignet. So betrage der Abstand des Gebäudes zur Grundgrenze einen Meter und es werde der Einschreiterin durch den Bau Licht, Luft und Sonne entzogen. Auch die Erfordernisse der Feuersicherheit seien nicht berücksichtigt worden.
Mit Beschluß des Gemeinderates der Stadtgemeinde Traun vom 22. September 1977, ausgefertigt mit Bescheid vom 27. September 1977, Z III/1-1311-1-1976/As, wurde der Berufung der Nachbarin Th. H. keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Die Gemeindebehörde zweiter Instanz nahm den Standpunkt ein, der Bebauungsplan in Form des Abänderungsplanes Nr. 4a sehe auf dem Grundstück das Bauwerk (welches Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens ist) in der beantragten Situierung vor. Diese neue Rechtslage sei der Entscheidung zugrunde zu legen gewesen. Das Vorbringen der Anrainerin anläßlich der Bauverhandlung, auf Grund des (früheren) Bebauungsplanes sei eine Baubewilligung wegen des bestehenden Bauverbotes zu untersagen, treffe daher nicht mehr zu. Die späteren Einwendungen seien aber als präkludiert anzusehen.
Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gab einer abermaligen Vorstellung der Th. H. mit Bescheid vom 25. Jänner 1978, Z BauR-61/21/47-1978, keine Folge.
Auf Grund der dagegen von Th. H. ergriffenen Berufung behob die Oö. Landesregierung mit Bescheid vom 14. März 1979, Z BauR-1136/1-1978 Fa/Wi, den Bescheid der Aufsichtsbehörde erster Instanz, indem sie ihn dahin abänderte, daß der Vorstellung der Berufungswerberin gegen den Bescheid der Stadtgemeinde vom 27. September 1977 stattgegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen wurde.
Die Aufsichtsbehörde ging dabei davon aus, daß die Gemeindebehörde an die aufsichtsbehördliche Entscheidung vom 16. Februar 1976 gebunden gewesen sei.
1.4. Den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 14. März 1979 bekämpfte die Stadtgemeinde Traun mit Beschwerde beim VwGH. In Stattgebung dieser Beschwerde hob der VwGH mit Erk. vom 13. Mai 1980, Z 1396/79, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Die Entscheidungsgründe lauten ua. wie folgt:
"Für die Rechtmäßigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides ist allein entscheidend, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen durfte, die vom Gemeinderat der Stadtgemeinde am 10. August 1973 beschlossene Abänderung des Teilbebauungsplanes 4a, welche von der Oö. Landesregierung als Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 3. Juni 1975 genehmigt wurde, sei rechtlich unerheblich. Dies begründete die belangte Behörde damit, aus dem aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 16. Februar 1976 und dem Erk. des VwGH vom 14. September 1976 gehe zweifelsfrei hervor, daß für die rechtliche Beurteilung des Bauvorhabens die Rechtslage nach dem seinerzeitigen Teilbebauungsplan 4a maßgeblich sei. Die Beschwerdeführerin führt nun aus, daß im Zeitpunkt der Abweisung der Berufung der Mitbeteiligten durch Beschluß des Gemeinderates am 28. Februar 1975 dieser Abänderung des Teilbebauungsplanes keinesfalls Rechtswirksamkeit zugekommen war, erfolgte doch die Kundmachung erst in der Zeit vom 4. Juni bis 19. Juni 1975. Im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides mit Datum 22. September 1977 sei aber der neue Bebauungsplan für das hier zur Debatte stehende Bauvorhaben anzuwenden gewesen. Nach diesem Plan sei das Bauvorhaben zulässig.
Der VwGH teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin jedenfalls insoweit, als der Gemeinderatsbeschluß, betreffend die Abänderung des Teilbebauungsplanes 4a, seinem Inhalt und seiner Form nach sich als eine Verordnung darstellt. Da diese Verordnung dem Verfahren vor dem VwGH, welches mit Erk. vom 14. September 1976 abgeschlossen wurde, noch nicht zugrunde lag, wäre es Aufgabe der belangten Behörde als Vorstellungsbehörde gewesen, die Berechtigung der Berufung unter Zugrundelegung dieser Verordnung zu überprüfen. Hat aber diese Verordnung den Teilbebauungsplan 4a abgeändert - und daran kann ihrem Inhalt nach kein Zweifel bestehen -, erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, der seinerzeitige Teilbebauungsplan sei für das Vorhaben (allein) maßgeblich, als rechtsirrig. Der Gemeinderat hatte vielmehr seiner neuerlichen Entscheidung diese Verordnung zugrunde zu legen. Schon aus diesem Grunde erweist sich der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. ...
Aus verwaltungsökonomischen Gründen sei noch bemerkt, daß bei einer Änderung der Rechtslage neuen Einwendungen der Nachbarn ganz allgemein jedenfalls nicht Präklusion entgegengehalten werden kann, weil dies nur für jene Einwendungen gilt, die zum Zeitpunkt der Bauverhandlung (im Hinblick auf die damalige Rechtslage) erhoben werden konnten (vgl. Erk. des VwGH vom 12. Oktober 1970, Z 1386/69, vom 27. Juni 1979, Z 2433 und 2434/77 sowie das Erk. des VfGH vom 2. März 1978 B497/76, V41/76).
Auf Grund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß §42 Abs2 lita VwGG 1965 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben."
1.5. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 10. November 1980, Z BauR-4503/1-1980 Fa/Ko, wurde daraufhin der Berufung der Th. H. gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Jänner 1978 gemäß §66 Abs4 AVG 1950 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid - mit Beziehung auf §63 VwGG 1965 - bestätigt.
1.6.1. Gegen diesen Bescheid der Oö. Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde der Th. H. an den VfGH, in der sachlich eine Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen sowie die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG), auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, ferner hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
1.6.2. Die Oö. Landesregierung als belangte Behörde und die Stadtgemeinde Traun als Beteiligte des Beschwerdeverfahrens erstatteten Gegenschriften und begehrten darin die Zurückweisung bzw. die Abweisung der Beschwerde.
2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:
2.1.1. Da der angefochtene Bescheid nach einem stattgebenden Erk. des VwGH iS des §63 Abs1 VwGG 1965 erging, hatte die belangte Behörde dem Gesetz den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Inhalt beizumessen: Von diesem Inhalt muß auch der VfGH bei Entscheidung über die Beschwerde gegen den Ersatzbescheid ausgehen. Die grundsätzliche Bindung des VfGH an das Erk. des VwGH, in dessen Folge der Ersatzbescheid erlassen wurde (vgl. VfSlg. 1894/1949, 4250/1962, 4806/1964, 7330/1974, 8536/1979), ist jedoch keine umfassende: Im Erk. VfSlg. 7330/1974 legte der VfGH in Abkehr von seiner früheren Judikatur dar, daß er auch im Fall einer Beschwerde gegen den Ersatzbescheid auf Grund eines Erk. des VwGH nicht gehindert ist, die verfassungsrechtliche Bedenklichkeit des angewendeten Gesetzes ohne Bindung an die Rechtsanschauung des VwGH zu beurteilen. Im Erk. VfSlg. 8536/1979 lehnte der VfGH eine Bindung auch dann ab, wenn er zum Ergebnis kommt, daß ein Gesetz infolge des Erfordernisses verfassungskonformer Interpretation einen anderen als den ihm vom VwGH unterstellten Inhalt haben muß.
2.1.2. Der VfGH erachtet sich demnach, wie sich aus seiner nunmehr ständigen Judikatur ergibt (s. zuletzt auch VfSlg. 8782/1980, 9166/1981), bei Prüfung eines Ersatzbescheides auf Grund unveränderter Rechtslage an die im Erk. des VwGH zum Ausdruck kommende Interpretation der von der Verwaltungsbehörde anzuwendenden generellen Normen gebunden, es sei denn, daß er verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtsvorschriften hegt oder daß dem Gesetz ausschließlich aus Gründen verfassungskonformer Interpretation ein anderer als der ihm vom VwGH zugemessene Inhalt zukommen muß.
2.2.1. Aus dem Blickwinkel dieses Beschwerdefalls entstanden indes keine Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften, und zwar insbesondere auch nicht gegen die vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Traun am 10. August 1973 beschlossene - und nach der ständigen Judikatur des VfGH (VfSlg. 5794/1968, 7146/1973) als Verordnung zu wertende - Abänderung des Teilbebauungsplans Nr. 4a (s. VwGH 13. 5. 1980, Z 1396/79), deren Gesetzmäßigkeit die Beschwerdeführerin allein in Zweifel zu ziehen sucht:
So vermeint die Beschwerdeführerin zunächst, diese Verordnung sei deshalb gesetzwidrig, weil sie das bereits bestehende strittige Bauobjekt als Ist-Bestand behandle. Dem ist jedoch zu erwidern, daß gemäß der zwingenden Norm des §20 Abs1 Z7 Oö. Raumordnungsgesetz, LGBl. 18/1972 (ROG), in den Bebauungsplänen - nach Maßgabe des §19 leg. cit. - "die bestehenden Bauten und Anlagen" festzulegen bzw. auszuweisen sind. Ferner bringt die Beschwerdeführerin vor, daß es hier an den Voraussetzungen des §23 Abs1 und 2 ROG fehle, doch ist auch dieser Einwand nicht zielführend. Nach §23 Abs1 ROG sind Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder wenn es das Gemeinwohl erfordert, zu ändern. Gemäß der Vorschrift des §23 Abs2 ROG können Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne geändert werden, wenn öffentliche Interessen, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes bei der Aufstellung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, und Interessen Dritter nicht verletzt werden. Gegen die - hier ersichtlich auf §23 Abs2 ROG gestützte - Planänderung sprechende öffentliche Interessen werden von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt und sind den Umständen nach auch nicht zu erkennen. Das Beschwerdevorbringen reicht unter Berücksichtigung der Aktenlage - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - aber auch nicht aus, Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der den Bebauungsplan abändernden Verordnung unter dem Gesichtspunkt der Verletzung privater Interessen zu erwecken. Wenn die Beschwerdeführerin sich insoweit ganz allgemein auf eine (auch) das zu 1.1. genannte Baugrundstück erfassende Schutzzone für eine Hochspannungsleitung und die mit einer derartigen Leitung (üblicherweise) einhergehenden Gefahren beruft, so ist festzuhalten, daß nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Gemeinde Traun der (von den ÖBB) bekanntgegebene Sicherheitsabstand im Zug der Planerstellung strikt eingehalten wurde.
2.2.2. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten nicht verletzt wurde.
2.3.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH durch einen verwaltungsbehördlichen Bescheid ua. dann verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (vgl. VfSlg. 8053/1977; VfGH 29. 6. 1981 B57/77).
2.3.2. Daß die belangte Oö. Landesregierung zur Entscheidung über die in Rede stehende Berufung an sich unzuständig gewesen sei, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. In der Beschwerdeschrift wird die geltend gemachte, aber nicht näher ausgeführte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nur mit einem Hinweis auf das Erk. VfSlg. 6669/1972 belegt: Diese Entscheidung des VfGH handelte jedoch nicht vom Grundrecht nach Art83 Abs2 B-VG, sondern befaßte sich bloß mit dem - im gegebenen Zusammenhang nicht relevanten - Umfang der verfassungsgerichtlichen Prüfung eines Ersatzbescheides nach einem stattgebenden Erk. des VwGH (s. hiezu 2.1.2.). Keineswegs bringt das zitierte Erk. - wie der Vollständigkeit halber ausdrücklich bemerkt werden soll - zum Ausdruck, daß ein allfälliger Verstoß der belangten Behörde gegen die Bindungsvorschrift des §63 Abs1 VwGG 1965 (auch) das Grundrecht des Art83 Abs2 B-VG verletzt. Wenn die Beschwerdeführerin überdies - sinngemäß - allgemein einwendet, der angefochtene Bescheid sei unzulänglich begründet und unrichtig, so bleibt ihr entgegenzuhalten, daß es unter dem Aspekt des Art83 Abs2 B-VG nicht darauf ankommen kann, ob die für die Sachentscheidung zuständige Behörde Rechtsvorschriften richtig oder unrichtig anwendete; denn das Grundrecht des Art83 Abs2 B-VG gewährleistet nur das Verfahren vor der zuständigen Behörde, nicht auch die Gesetzmäßigkeit des Inhalts des betreffenden Verwaltungsaktes (s. die ständige Rechtsprechung des VfGH: zB VfSlg. 5472/1967, 5616/1967).
2.3.3. Die Beschwerdeführerin wurde infolgedessen im Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt.
2.4.1. Auf die Behauptung einer Verletzung des Rechtes nach Art5 StGG brauchte der VfGH nicht weiter einzugehen, weil der angefochtene Bescheid - der lediglich aus der Bauordnung erfließende subjektive Anrainerrechte gestaltet - in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin überhaupt nicht eingreift; denn diese Anrainerrechte sind nicht verfassungsgesetzlich gewährleistet und gehören überdies der Sphäre des öffentlichen Rechtes an. Über die Verletzung solcher Rechte hat ausschließlich der VwGH zu erkennen (Art129 B-VG).
2.4.2. Die Beschwerdeführerin wurde somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht nicht verletzt (vgl. VfSlg. 7591/1975, 8113/1977, 9203/1981).
2.5.1. Da gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen (s. 2.2.1. und 2.2.2.) und es auch an jeglichen Anhaltspunkten dafür fehlt, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte das Gleichheitsrecht nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7466/1974, 8238/1978) nur dann verletzt sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre.
Es finden sich jedoch keine wie immer gearteten Hinweise dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person der Beschwerdeführerin gelegenen Momenten bestimmt oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden sei.
2.5.2. Aus all dem ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht gleichfalls nicht verletzt wurde.
2.6. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren nicht hervor.
2.7. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Raumordnung, Bebauungsplan, Baurecht, Nachbarrechte, Bindung (des VfGH an VwGH), VfGH / Zuständigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1982:B651.1980Dokumentnummer
JFT_10179389_80B00651_00