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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Bgld. Flurverfassungs-Landesgesetz; keine Bedenken gegen §56 Abs2 litc erster Satz unter dem Gesichtspunkt des Art7 Abs1 B-VG sowie des Art4, 5 und 6 StGGSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Das Amt der Bgld. Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz hat mit Bescheid vom 6. September 1979 gemäß §56 des Flurverfassungs-Landesgesetzes (FLG), LGBl. 40/1970, der aufgrund eines Kaufvertrages (bei dem die Bf. als Käufer auftraten) beabsichtigten Übertragung der bei der EZ 128 KG St ersichtlich gemachten zwei Anteile an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ 154 desselben Grundbuches die agrarbehördliche Genehmigung versagt.
Der Landesagrarsenat beim Amt der Bgld. Landesregierung hat mit Bescheid vom 3. Jänner 1980 die von den Bf. dagegen erhobene Berufung gemäß §1 AgrVG 1950 und §66 Abs4 AVG 1950 iVm. §56 FLG idF der Nov. LGBl. 55/1979 als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen den Bescheid des Landesagrarsenates richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Die Bf. regen überdies an, §56 Abs2 FLG idF der Nov. LGBl. 55/1979 auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Abs2 des Beschränkungen der Verfügung über Anteilsrechte enthaltenden §56 FLG idF der Nov. LGBl. 55/1979 hat folgenden Wortlaut:
"(2) Die Verfügung über Anteilsrechte ist unbeschadet der Bestimmung des Abs3 nur zu genehmigen, wenn
a) das Anteilsrecht von einem Mitglied der Agrargemeinschaft erworben wird und die Agrargemeinschaft vom Vorkaufsrecht gemäß §57 Abs1 nicht Gebrauch macht,
b) die Agrargemeinschaft als Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundbesitzes das Anteilsrecht erwirbt oder
c) falls es von einem Nichtmitglied erworben werden soll, die Agrargemeinschaft zustimmt. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn die Übertragung an Personen erfolgen soll, die zur gesetzlichen Erbfolge nach dem Verfügenden berufen wären."
Die bel. Beh. stützt den angefochtenen Bescheid ausschließlich darauf, daß die hier betroffene Urbarialgemeinde St. mit Beschluß des Verwaltungsausschusses vom 17. Juni 1979 ausdrücklich der Übertragung nicht zugestimmt habe; die Bf. seien nicht Mitglied dieser Urbarialgemeinde. Die agrarbehördliche Genehmigung sei daher im Hinblick auf §56 Abs2 litc FLG zu versagen.
2. In der Beschwerde wird ausgeführt, die Bf. seien Landwirte, welche zu ihrer Landwirtschaft auch Agraranteile erwerben wollten, die zur Ausübung der Landwirtschaft erforderlich seien. §56 Abs2 FLG basiere "nicht auf demokratischer Grundlage", da es der Willkür einzelner Personen vorbehalten bleibe, Bauern in die Gemeinschaft aufzunehmen oder abzulehnen. Der Umstand, daß nur gewissen Personen das Recht zur Erwerbung von Agraranteilen eingeräumt werde, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ferner sei durch §56 Abs2 FLG die Freizügigkeit des Vermögens (Art4 StGG) beschränkt; die Bf. hätten die gegenständlichen Grundstücke und die Agraranteile gekauft und könnten darüber nicht frei verfügen.
3. Im Hinblick darauf, daß die bel. Beh. im angefochtenen Bescheid die Genehmigung der Verfügung über die Anteilsrechte nur auf die Verweigerung der Zustimmung seitens der Agrargemeinschaft gestützt hat, ist im vorliegenden Fall lediglich der erste Satz der litc des §56 Abs2 FLG anzuwenden und somit präjudiziell.
Wenn der Gesetzgeber in dieser Bestimmung die Übertragung von Anteilsrechten an Nichtmitglieder an die Zustimmung der Agrargemeinschaft knüpft, ist dies schon im Hinblick auf die möglichen Rückwirkungen der Übertragung des Nutzungsrechtes auf die übrigen Nutzungsberechtigten nicht unsachlich.
Der VfGH ist daher unter dem Blickwinkel dieses Beschwerdefalles nicht der Auffassung, daß §56 Abs2 litc erster Satz FLG dem auch den Gesetzgeber bindenden Sachlichkeitsgebot widerspricht.
Das durch Art4 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freizügigkeit des Vermögens bezieht sich nur auf die örtliche Bewegung des Vermögens, die bei Liegenschaften nicht in Betracht kommt (zB VfSlg. 8876/1980).
Der VfGH kann unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles auch nicht finden, daß §56 Abs2 litc FLG anderen Verfassungsbestimmungen (etwa Art5 oder 6 StGG, wozu die Bf. keinerlei nähere Ausführungen gemacht haben) widerspräche.
4. Das Beschwerdevorbringen stützt sich ausschließlich auf die behauptete Verfassungswidrigkeit des §56 Abs2 FLG. Daß der Behörde bei Vollziehung des Gesetzes in die Verfassungssphäre reichende Fehler unterlaufen wären, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Auch im Zuge des Verfahrens beim VfGH ist derartiges nicht hervorgekommen. Die Beschwerde ist daher gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Schlagworte
Bodenreform, FlurverfassungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B65.1980Dokumentnummer
JFT_10159695_80B00065_00