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64 Besonderes Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
RDG; BG BGBl. 136/1979; Feststellung der dem Bf. als Präsident eines Gerichtshofes erster Instanz gebührenden Monatsbezüge; besoldungsrechtlicher Charakter der Dienstalterszulage; unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes kein Messen des neu geschaffenen Besoldungssystems am Maßstab des ihm vorangegangenen; keine Verletzung im Gleichheitsrecht; der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz betrifft nicht öffentlich-rechtliche Ansprüche; der Verfassungsordnung ist ein "Grundrecht wohlerworbener Rechte" fremdSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Auf Antrag des Bf. stellte der Bundesminister für Justiz mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 24. Juni 1981 die dem Bf. als Präsident eines Gerichtshofs erster Instanz für den Monat Juli 1979 und den Monat Juli 1980 gebührenden Monatsbezüge fest. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Bf. die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ("Gleichheit, Eigentum, Entzug wohlerworbener Rechte") behauptet und die Bescheidaufhebung, weiters die Aufhebung bestimmter Gesetzesstellen des Richterdienstgesetzes idF der Nov. BGBl. 136/1979 (im folgenden: RDG) bzw. des eben angeführten BG als verfassungswidrig (der Sache nach jedoch die amtswegige Einleitung von Gesetzesprüfungsverfahren) begehrt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die Beschwerde leitet die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ausschließlich daraus ab, daß den angefochtenen Bescheid tragende Stellen des RDG bzw. des BG BGBl. 136/1979 mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot und weiteren Verfassungsgrundsätzen nicht vereinbar seien. Ihre Vorwürfe sind jedoch, wie die folgenden Ausführungen zeigen, nicht gerechtfertigt.
a) ArtV des BG BGBl. 136/1979 verfügte mit Wirkung vom 1. Juli 1979 die Überleitung der Richter in das durch die RDG-Nov. geschaffene neue Besoldungssystem und bestimmte in diesem Zusammenhang in Abs6:
"(6) Ist der nach den Abs1 bis 5 gebührende Gehalt (einschließlich einer allfälligen Dienstzulage und Dienstalterszulage) niedriger als der Gehalt (einschließlich der Dienstzulage und einer allfälligen Dienstalterszulage), der dem Richter für den Monat Juni 1979 gebührt hat (Vergleichsbezug), so hat der Richter Anspruch auf eine nach Maßgabe des Erreichens eines höheren Gehaltes (einschließlich einer allfälligen Dienstzulage und einer allfälligen Dienstalterszulage) einzuziehende ruhegenußfähige Ergänzungszulage in der Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen diesen Beträgen."
Der Bf., dem nach dem Inhalt des bekämpften Bescheides im Monat Juli 1979 (nicht jedoch im Monat Juli 1980) eine Ergänzungszulage nach der wiedergegebenen Gesetzesbestimmung gebührte, kritisiert die Regelung insofern, als die jeweilige Dienstalterszulage bei der Errechnung des Unterschiedsbetrages in den gebührenden Gehalt und in den Vergleichsbezug einzurechnen ist. Er erblickt darin im Ergebnis eine Kürzung der Dienstalterszulage, welche er "als eine Art Belohnung für langjährige Dienste" wertet; es liege ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot ("gegenüber den anderen Beziehern der Dienstalterszulage"), gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und das "Grundrecht ... wohlerworbener Rechte" vor.
Was den behaupteten Verstoß gegen das Gleichheitsgebot anlangt, geht die Beschwerde jedoch von einer unzutreffenden Prämisse aus. Sie unterstellt der Dienstalterszulage (sowohl nach der kritisierten als auch der vorangegangenen Regelung) nachweislos eine ihr überhaupt nicht zukommende besoldungsrechtliche Bedeutung; die Dienstalterszulage hat nicht den Charakter einer Belohnung, sondern hat ausschließlich eine der Gehaltsstufenvorrückung vergleichbare Bedeutung.
Auch die weiteren Beschwerdevorwürfe gehen fehl, weil einerseits der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz öffentlich-rechtliche Ansprüche nicht betrifft (zB VfSlg. 9329/1982) und andererseits der österreichischen Verfassungsordnung ein "Grundrecht ... wohlerworbener Rechte" fremd ist.
b) Dem Präsidenten eines Gerichtshofs erster Instanz (abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen) gebührt gemäß §68a Abs1 Z2 lita RDG eine ruhegenußfähige Verwendungszulage in bestimmter Höhe. Nach Abs2 dieses Paragraphen gelten durch die Verwendungszulage alle Mehrleistungen des Richters in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten; jeweils die Hälfte der Verwendungszulage gilt als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen.
Der Bf., welcher eine Verwendungszulage nach der wiedergegebenen Vorschrift bezog, stellt die Regelung jener über die Pauschalierung der Überstundenvergütungen für Richter (die keinen Anspruch auf eine Verwendungszulage haben) - §16 iVm. §15 Abs1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. 54, idF BGBl. 214/1972 sowie die V des Bundesministers für Justiz, BGBl. 240/1979 - gegenüber und kritisiert, daß sie eine "Nettolohnverkürzung" bewirke. Diese führt die Beschwerde darauf zurück, daß nunmehr die Hälfte der Verwendungszulage - gegenüber früher 3/5 - Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen sei, wodurch eine ungünstigere (einkommen-)steuerliche Behandlung der Zulage bewirkt werde.
Zu diesem Vorwurf genügt der Hinweis, daß er sich in Wahrheit nicht gegen die bemängelte Vorschrift, sondern gegen die einkommensteuerliche Behandlung der Verwendungszulage richtet, die aber nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist.
c) Die Beschwerde wendet sich schließlich dagegen, daß die RDG-Nov. dadurch "Relationsverschiebungen" vorgenommen habe, daß die Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz in die Gehaltsgruppe I unter Zuerkennung einer Dienstzulage in der Höhe des Differenzbetrages zur Gehaltsgruppe II (Richter des Oberlandesgerichtes) eingeordnet worden seien, während die bisher besoldungsrechtlich gleichgestellten Richter des OGH und die Oberstaatsanwälte (diese durch Dienstzulagen) Bezüge der Gehaltsgruppe III erhielten; die Leiter der Staatsanwaltschaften hingegen seien den Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz gleichgestellt worden. Diese "Relationsverschiebung" entbehrt nach Auffassung der Beschwerde, welche die Aufgabenbereiche der Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz und der Leiter der Staatsanwaltschaften umrißartig gegenüberstellt, "jeder sachlichen Begründung".
Diesem Vorwurf liegt jedoch offenkundig eine nicht zutreffende Auffassung vom Gleichheitsgebot zugrunde, denn er enthält der Sache nach bloß eine rechtspolitische Kritik am neu geschaffenen Besoldungssystem. Dieses darf nämlich nicht am Maßstab des ihm vorangegangenen ("Relationsverschiebungen") gemessen, sondern muß ausschließlich in sich beurteilt werden; und zwar nicht etwa danach, ob die gleiche oder unterschiedliche besoldungsrechtliche Einstufung von Organwaltern der Justizbehörden nach einer Abwägung aller Für und Wider eine bestimmte Regelung sprechenden Umstände - wie zB den Aufgabenbereich und die Verantwortung - als richtig zu bezeichnen ist, sondern ob innerhalb des dem Gesetzgeber freistehenden Wertungs- und Gestaltungsspielraums eine Lösung gewählt wurde, die sachlich, dh. aus der Regelungsmaterie heraus begründbar ist (vgl. zB VfSlg. 9583/1982). So gesehen ist es aber nach Ansicht des VfGH nicht zweifelhaft, daß die kritisierte besoldungsrechtliche Einordnung der Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz im Vergleich zu anderen Funktionsträgern unbedenklich ist, weil sie schon aus dem organisatorischen Aufbau der Justizbehörden heraus unter Bedachtnahme auf die Leitungsfunktionen erklärt werden kann.
Bei diesem Ergebnis kann es auf sich beruhen, welchen Bestimmungen des RDG (die Beschwerde nennt den letzten (zweiten) Satz im §68 RDG und (hilfsweise) die 16. Gehaltsstufe der Gehaltsgruppen I und II im §66 Abs2 RDG) die von der Beschwerde bemängelten normativen Wirkungen zuzurechnen wären.
d) Der Vollständigkeit wegen ist festzuhalten, daß auch im übrigen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des bekämpften Bescheides nicht entstanden.
2. Daß der angefochtene Bescheid mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler im Bereich der Vollziehung belastet sei, wird von der Beschwerde nicht behauptet. Das Beschwerdeverfahren ergab hiefür auch keinen Anhaltspunkt.
3. Die Beschwerde war sohin aus den dargelegten Gründen abzuweisen.
Schlagworte
Dienstrecht, Richter, Rechte wohlerworbeneEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B393.1981Dokumentnummer
JFT_10148998_81B00393_00