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55 WirtschaftslenkungNorm
B-VG Art18 Abs2Beachte
Kundmachung am 19. Juni 1986, BGBl. 315/1986Leitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Antrag eines Gerichtes auf Aufhebung der V des Milchwirtschaftsfonds vom 22. März 1983 zu §57e Abs5 Z2 MOG; mangelnde Präjudizialität der Z1 der V (betreffend Verpachtung von Futterflächen) V des Milchwirtschaftsfonds vom 22. März 1983 zu §57e Abs5 Z2 MOG idF BGBl. 309/1982; keine gesetzliche Grundlage für die bekämpften Teile der V; Verordnungsermächtigung des §57e Abs5 Z2 MOG bezieht sich nur auf Pachtverträge über Futterflächen, nicht jedoch auf Eigentumsübertragungen; keine planwidrige Gesetzeslücke; Feststellung der Gesetzwidrigkeit der die Eigentumsübertragung von Futterflächen betreffenden VerordnungsbestimmungenSpruch
I. Die Z2 ("Eigentumsübertragung von Futterflächen") sowie die Worte "... und Eigentumsübertragungen ...", jeweils in den Abs1 und 2 der Z4 der V des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. März 1983 betreffend den Übergang der Einzelrichtmenge auf einen anderen Betrieb im Falle der Verpachtung oder der Eigentumsübertragung von Futterflächen, kundgemacht im amtlichen Teil der "Österreichischen Milchwirtschaft" vom 7. April 1983, Beilage 4 (zu Heft 7), S 41 f., waren gesetzwidrig.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im BGBl. verpflichtet.
II. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Das Bezirksgericht Klagenfurt beantragt gemäß Art139 Abs1, 89 Abs2 B-VG die Aufhebung der V des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. März 1983 betreffend Übergang der Einzelrichtmenge auf einen anderen Betrieb im Falle der Verpachtung oder der Eigentumsübertragung von Futterflächen, kundgemacht im amtlichen Teil der "Österreichischen Milchwirtschaft" vom 7. April 1983, Beilage 4 (zu Heft 7), S 41 f., wegen Gesetzwidrigkeit. Der Antrag wird wie folgt begründet:
"Mit der gegenständlichen Klage begehrt die klagende Partei ein Feststellungsurteil, dem zufolge ihr die beklagte Partei für alle zukünftigen Schäden haftet, welche aus dem Partnerschaftsvertrag der beklagten Partei vom 25. Jänner 1984, abgeschlossen mit einer Landwirtin in Maria Saal zukünftig entstehen.
Mit diesem Partnerschaftsvertrag nach §57e Abs5 Z1 MOG (BGBl. 309/82) habe die beklagte Partei, die ebenso wie die klagende Partei Milchlandwirt sei und ihre Milchviehhaltung seit 1982 zur Gänze eingestellt habe, das ihrem Betrieb zustehende Milchkontingent von 200.004 kg Milch (= Einzelrichtmenge) eben dieser Landwirtin in Maria Saal übertragen. Dies obwohl die beklagte Partei dieselbe Einzelrichtmenge mit Kaufvertrag vom 16. bzw. 22. 2. 1983 (Verkauf der Futterfläche Parzellennummer ... KG Thon) an die klagende Partei übertragen habe. Dieses letztgenannte Rechtsgeschäft sei erst auf Grund der Durchführungsverordnung des Milchwirtschaftsfonds vom 6. 10. 1982 zu §57e Abs5 Z2 MOG möglich geworden. Diese Verordnung sei aber durch die nach Ansicht des Milchwirtschaftsfonds rückwirkende 2. Durchführungsverordnung zu §57e Abs5 Z2 MOG außer Kraft gesetzt und daher auch der vorzitierte Kaufvertrag der Streitteile hinfällig; diese 2. Durchführungsverordnung erlaube nämlich eine Übertragung einer Einzelrichtmenge nur zwischen Landwirten benachbarter Gerichtsbezirke, während die landwirtschaftlichen Betriebe der Streitteile durch den Gerichtsbezirk Völkermarkt getrennt wären. Da des weiteren nur ein Teil der Futterfläche der beklagten Partei veräußert worden sei, könne pro Hektar verkaufter Futterfläche maximal eine Einzelrichtmenge von 5.000 kg Milch übertragen werden. Die beklagte Partei habe daher auf Grund der neuen Rechtslage durch die 2. Durchführungsverordnung zur Verhinderung des Totalverlustes ihrer Einzelrichtmenge (§57e Abs3 MOG) handeln müssen und dabei eben die Übertragung der Einzelrichtmenge durch Partnerschaftsvertrag (§57e Abs5 Z1 MOG) mit der Landwirtin in Maria Saal gewählt. Diese nütze die Einzelrichtmenge seit 1. 7. 1984 aus, weshalb tatsächlich der klagenden Partei seither die Möglichkeit genommen ist, Milch in Anrechnung auf das mit Kaufvertrag vom 16. bzw. 22. 2. 1983 von der beklagten Partei erworbene Kontingent zu verkaufen.
Der gesamte vorerwähnte Sachverhalt wurde außer Streit gestellt. Die beklagte Partei hat lediglich den Eintritt eines zukünftigen Schadens durch den Abschluß ihres Partnerschaftsvertrages bestritten.
Des weiteren stellt die klagende Partei den Antrag, wonach das Gericht beim VfGH nach Art139 Abs1 B-VG zur Aufhebung der Verordnung des Milchwirtschaftsfonds vom 22. 3. 1983 ein Anfechtungsverfahren einleiten wolle. Diesem Antrag hat sich auch die beklagte Partei angeschlossen.
Begründung:
Die Verordnung des Milchwirtschaftsfonds vom 22. 3. 1983 war vom Gerichte anzuwenden. Sie ist in Geltung und hat offensichtlich die beklagte Partei zum Abschluß des Partnerschaftsvertrages vom 25. 1. 1984 veranlaßt, zumal der Milchwirtschaftsfonds nach §57e Abs1 MOG Verfügungen und Entscheidungen hinsichtlich des Unterabschnittes §57a ff in erster und letzter Instanz trifft und bereits mit Schreiben vom 26. 4. 1983 an die für das Milchkontingent der beklagten Partei zuständige Unterkärntner Molkerei seine Rechtsmeinung kundtat, wonach die Übertragung der Einzelrichtmenge von der beklagten Partei an die klagende Partei nicht möglich erscheint.
Bei der anzuwendenden Verordnung vom 22. 3. 1983 fällt auf, daß sie knapp 5 Monate nach der Verordnung vom 6. 10. 1982 erlassen wurde, welche ihrerseits bis 30. 6. 1984 befristet war. Während die Gesetzesgrundlage nämlich der §57e Abs5 Zif 2 MOG (BGBl. Nr. 307/1982) den Milchwirtschaftsfonds beauftragt, die 'näheren Voraussetzungen' festzusetzen, fällt auf, daß in der Verordnung vom 6. 10. 1982 diese 'näheren Voraussetzungen' gar nicht angeführt sind, während in der Durchführungsverordnung vom 22. 3. 1983 diese sehr detailliert vorliegen, und zwar dergestalt, daß als 'weitere Voraussetzungen' der Übertragung eines Milchkontingentes zwischen Landwirten die Bedingung erfüllt sein muß, daß
a) die landwirtschaftlichen Betriebe der Vertragspartner im selben oder unmittelbar angrenzenden Gerichtsbezirk gelegen sein müssen,
b) für den Fall, daß der Verkäufer nur einen Teil seiner Futterfläche verkauft, pro Hektar übergebener Futterfläche maximal 5.000 kg Einzelrichtmenge übergeben werden können.
Unabhängig der Prüfung der vom Kläger gerügten Rückwirkung dieser Verordnung auf einen bereits vorher gegebenen Sachverhalt und des Umstandes, daß die Einzelrichtmenge erst mit Beginn eines Wirtschaftsjahres übergeht, während §57e Abs5 Zif 2 MOG lediglich von 'der Dauer des Pachtverhältnisses' spricht, ergeben sich dem Gericht allein hinsichtlich Art18 Abs2 B-VG erhebliche Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Verordnung vom 22. 3. 1983, wonach der jeweilige wesentliche Verordnungsinhalt durch das Gesetz voraus bestimmt sein müsse. Hinsichtlich der in der Durchführungsverordnung vom 22. 3. 1983 erforderlichen 'weiteren Voraussetzungen', wonach die landwirtschaftlichen Betriebe der Vertragspartner in denselben oder unmittelbar angrenzenden Gerichtsbezirken gelegen sein müssen und im Falle eines Teilverkaufes von Futterflächen pro Hektar übergebener Futterfläche höchstens 5.000 kg Einzelrichtmenge übertragen werden könne, erscheint dem Gericht im Gesetz, welches lediglich von 'näheren Voraussetzungen' spricht, das Mindestmaß der hinreichenden materiell rechtlichen Determinierung zu fehlen, zumal der Gesetzeswortlaut kein objektives Moment zur Umschreibung des Begriffes 'nähere Voraussetzungen' enthält und sicherlich dieser Begriff als solcher aus seinen Merkmalen heraus nicht hinreichend meßbar ist und daher erlaubt, daß die gegenständliche Verordnung derart einschränkende weitere Voraussetzungen wie die zu oben a) und
b) erwähnten fordert."
2. Der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds hat in einer Äußerung die Abweisung des Antrages begehrt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Mit der bekämpften V des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds vom 22. März 1983 wurden unter Berufung auf §57e Abs5 Z2 des Marktordnungsgesetzes 1967 (MOG) umfangreiche Bestimmungen darüber erlassen, unter welchen Voraussetzungen die Einzelrichtmenge auf einen oder mehrere andere Betriebe übergeht, wenn die Milcherzeugung eines landwirtschaftlichen Betriebes eingestellt wird. In der Z1 der V wurden Regelungen über den Übergang der Einzelrichtmenge für den Fall der Verpachtung von Futterflächen, in der Z2 für den Fall der Eigentumsübertragung von Futterflächen getroffen. In der Z3 ist festgelegt, daß die V bis 30. Juni 1984 befristet ist. In der Z4 ist geregelt, ab wann die Bestimmungen der V gelten. Mit der Z5 werden bisher geltende Bestimmungen aufgehoben.
Die Z2 der V hat folgenden Wortlaut:
"2. Eigentumsübertragung von Futterflächen
a) Im Falle der Eigentumsübertragung von Futterflächen geht die Einzelrichtmenge an den oder die neuen Eigentümer über, soferne folgende weiteren Voraussetzungen erfüllt sind:
aa) Die landwirtschaftlichen Betriebe des bisherigen und des neuen Eigentümers müssen im selben oder unmittelbar angrenzender Gerichtsbezirke gelegen sein.
bb) Soferne der bisherige Eigentümer nur einen Teil der Futterflächen (einschließlich Ackerland) jemandem anderen ins Eigentum überträgt, kann pro ha übergebener Futterfläche höchstens 5000 kg Einzelrichtmenge (jedoch nicht mehr als die bisherige Einzelrichtmenge) an den neuen Eigentümer übergehen, wobei die Einzelrichtmenge eine zur Gänze durch 12 teilbare Zahl sein muß; diese Einschränkung gilt nicht, wenn der bisherige Eigentümer alle Futterflächen (einschließlich Ackerland) übergibt und sich (höchstens) Bauflächen, Weingärten, Wald, Ödland, Hausgarten, Obstgarten und dgl. zurückbehält.
cc) Soferne das Eigentum über Futterflächen an mehrere übertragen wird, ist weitere Voraussetzung, daß vereinbart wird, wie die Einzelrichtmenge aufgeteilt wird, wobei die einzelnen Teilmengen jeweils zur Gänze durch zwölf teilbare Mengen sein müssen und in Summe die bisherige Einzelrichtmenge nicht übersteigen dürfen.
b) Zur Überprüfung der Einhaltung dieser Bestimmungen wird festgelegt, daß die in lita genannten Eigentumsübertragungen durch das in der Beilage enthaltene Formblatt an den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb zu melden sind. Dieses Formblatt kann von den Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieben selbst aufgelegt oder beim Milchwirtschaftsfonds bestellt werden.
Nach Vorlage des Formblattes an den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb mit vollständig ausgefüllten und von der zuständigen Landwirtschaftskammer (Bezirksbauernkammer, Bezirksstelle) und dem zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb vollständig bestätigten Angaben geht die Einzelrichtmenge an den oder die neuen Eigentümer mit dem der Eigentumsübertragung und der Einstellung der Milcherzeugung auf dem landwirtschaftlichen Betrieb des bisherigen Eigentümers folgenden Wirtschaftsjahr (frühestens 1. Juli 1982) über.
Soferne jedoch vom landwirtschaftlichen Betrieb des bisherigen Eigentümers im Wirtschaftsjahr der Eigentumsübertragung keine Milch übernommen wurde, kann die Einzelrichtmenge über Antrag bereits mit Beginn des laufenden Wirtschaftsjahres (frühestens 1. Juli 1982) übergehen, in welchem die Eigentumsübertragung wirksam geworden ist und am landwirtschaftlichen Betrieb des bisherigen Eigentümers die Milcherzeugung eingestellt wurde.
Die Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe haben diese Formblätter gesammelt aufzubewahren. Die Formblätter werden von den Fondsprüfern anläßlich der jährlichen Revision daraufhin überprüft, ob für alle vorgenommenen Übertragungen von Einzelrichtmengen vollständig ausgefüllte und bestätigte Formblätter vorliegen.
c) Der landwirtschaftliche Betrieb des bisherigen Eigentümers ist innerhalb von vier Jahren ab Verlust seiner Einzelrichtmenge vom Erwerb einer neuen Einzelrichtmenge gemäß §57g Abs4 MOG ausgeschlossen."
2. Der VfGH kann unter Berücksichtigung seiner ständigen Rechtsprechung betreffend die Präjudizialität bei Normenprüfungsanträgen von Gerichten der Auffassung des Bezirksgerichtes Klagenfurt nicht entgegentreten, die bekämpfte V deshalb anwenden zu müssen, weil es zur Beurteilung der Schadenshaftung der beklagten Partei maßgeblich sei, ob die Übertragung der Einzelrichtmenge von der beklagten an die klagende Partei infolge der angefochtenen V nicht (mehr) möglich erscheine. Da der beim antragstellenden Gericht eingebrachten Klage ein Verkauf an einer Futterfläche von der Beklagten an den Kläger zugrunde liegt, ist es aber offenbar denkunmöglich, daß das Bezirksgericht Klagenfurt auch die Z1 der V (betreffend die Verpachtung von Futterflächen) anzuwenden hat, weshalb der Antrag insoweit nicht zulässig ist.
Daraus ergibt sich, daß der Antrag hinsichtlich der Z2 sowie hinsichtlich der sich auf Eigentumsübertragungen beziehenden Worte ("... und Eigentumsübertragungen ...") in den Abs1 und 2 der Z4 zulässig, im übrigen aber zurückzuweisen ist.
3. Der VfGH interpretiert die Bedenken des antragstellenden Gerichtes dahin, daß sie sich vor allem gegen jene Bestimmungen der Z2 der angefochtenen V richten, wonach die landwirtschaftlichen Betriebe der Vertragspartner in denselben oder unmittelbar angrenzenden Gerichtsbezirken gelegen sein müssen und im Falle eines Teilverkaufes von Futterflächen pro Hektar übergebener Futterfläche höchstens 5000 kg Einzelrichtmenge übertragen werden können, sowie dagegen, daß die Einzelrichtmenge erst mit Beginn eines Wirtschaftsjahres übergeht; schließlich wird die "vom Kläger gerügte Rückwirkung dieser Verordnung auf einen bereits vorher gegebenen Sachverhalt" kritisiert.
4. Die bekämpfte V stützt sich nach ihrer Präambel auf die - im Zeitraum des Inkraftstehens der V in Geltung gestandene - Bestimmung des §57e Abs5 Z2 MOG idF der Nov. BGBl. 309/1982 (vor der Nov. BGBl. 263/1984). Der hier maßgebliche erste Satz dieser Gesetzesbestimmung lautet wie folgt:
"Der Milchwirtschaftsfonds hat durch allgemein verbindliche Anordnung die näheren Voraussetzungen festzusetzen, unter denen Pachtverträge, die Futterflächen betreffen und die für mindestens sechs Jahre schriftlich abgeschlossen worden sind, zur Wirkung haben, daß die Einzelrichtmenge des die Milcherzeugung einstellenden Verpächters ganz oder teilweise für die Dauer des Pachtverhältnisses auf den oder die Pächter übergeht."
Die in dieser Gesetzesbestimmung enthaltene Ermächtigung an den Verordnungsgeber erstreckt sich nach ihrem Wortlaut nur auf Pachtverträge an Futterflächen, nicht jedoch auf Eigentumsübertragungen. Der Verordnungsgeber war sich dieses Umstandes durchaus bewußt. Er weist in seiner Äußerung im verfassungsgerichtlichen Verfahren darauf hin, daß er dies als unbeabsichtigte Gesetzeslücke angesehen und daher nicht nur in der Z1 seiner DurchführungsV die Verpachtung von Futterflächen, sondern in der Z2 auch die Eigentumsübertragung geregelt hat. Dies erscheine schon deshalb gerechtfertigt, weil nach den im Milchwirtschaftsfonds aufliegenden Unterlagen bei den Beratungen über die MOG-Novelle 1982 in einem Textentwurf noch am 1. Juni 1982 Eigentumsübertragungen erwähnt und in einem korrigierten Gesetzesentwurf am 2. Juni 1982 ohne ersichtlichen Grund nur mehr Pachtverträge erwähnt gewesen seien. Dies sei auf die offensichtliche Zeitnot anläßlich der Gesetzeswerdung zurückzuführen.
Zunächst ist festzuhalten, daß sowohl der Wortlaut als auch der Sinngehalt der Z2 des §57e Abs5 MOG (s. die für Eigentumsübertragungen völlig unanwendbare Frist von sechs Jahren) auch iZm. dem Abs2 dieses Paragraphen (s. den folgenden Punkt 5.) ihre Anwendung auf Eigentumsübertragungen ausschließt.
Der VfGH kann es daher dahingestellt lassen, wie die Bestimmung des §57e Abs5 Z2 MOG auszulegen wäre, wenn tatsächlich eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke vorläge; es ist im gegebenen Zusammenhang auch entbehrlich, des näheren auf die Rechtsprechung des VfGH zu verweisen (s. VfSlg. 10179/1984), wonach es nicht darauf ankommt, was einzelne, im Gesetzgebungsvorbereitungsprozeß beteiligte Personen subjektiv allenfalls gemeint haben mögen, sondern darauf, was das Gesetz objektiv zum Ausdruck bringt.
Im übrigen ist die Argumentation des Verordnungsgebers auch in sich nicht schlüssig:
Der Gesetzgeber hat nämlich durch sein späteres Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben, daß keine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt:
Anläßlich der Neufassung der Z2 des §57e Abs5 MOG durch die - mit 1. Juli 1984 in Kraft getretene - Nov. BGBl. 263/1984 (s. den ArtII Z41 dieser Novelle) wurde das Gesetz in dem hier maßgeblichen Punkt nicht geändert; auch in der neuen Fassung dieser Bestimmung ist ausschließlich von Pachtverträgen über Futterflächen die Rede. Eine planwidrige oder unbeabsichtigte Gesetzeslücke (welche voraussetzt, daß eine bestimmte Regelung den Intentionen des Gesetzgebers zuwider unterblieben ist, was hier den am Entstehen der nachfolgenden Regelung Interessierten zugegebenermaßen bekannt war) kann aber dann nicht angenommen werden, wenn eine derartige Lücke trotz dieses Umstandes anläßlich einer späteren Novellierung der betreffenden Bestimmung neuerlich offenbleibt.
§57e Abs5 Z2 MOG bietet somit keine gesetzliche Grundlage für die Z2 der bekämpften V. Der VfGH hat daher auch nicht zu beurteilen, ob diese Gesetzesbestimmung als hinreichend determiniert iS des Art18 B-VG qualifiziert werden kann.
5. Als gesetzliche Grundlage für die Verordnungsregelung des Überganges der Einzelrichtmengen bei Eigentumsübertragungen an Futterflächen kommt an sich allerdings der Abs2 des §57e MOG idF BGBl. 309/1982 in Betracht.
Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"Die Einzelrichtmenge steht - nach Maßgabe des Abs5 - dem jeweiligen Verfügungsberechtigten über einen milcherzeugenden Betrieb zu. Geht das Verfügungsrecht auf einen andern über, so bleibt die Einzelrichtmenge bestehen, sofern der Betrieb weiterhin selbständig bewirtschaftet wird oder bewirtschaftbar ist. Wenn ein bisher einheitlich bewirtschafteter Betrieb in mehrere selbständig bewirtschaftete Betriebe aufgeteilt wird oder wenn bisher gemeinsam bewirtschaftete Betriebe aufgeteilt werden, ist die Einzelrichtmenge entsprechend einer Vereinbarung aufzuteilen, die spätestens ein Jahr nach dieser Aufteilung geschlossen wurde; sie wird mit dem auf die Bekanntgabe der Vereinbarung an den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb folgenden Monatsersten wirksam. Bis dahin oder mangels einer solchen Vereinbarung ist die Einzelrichtmenge gleichmäßig aufzuteilen. Sofern im folgenden nicht anderes bestimmt wird, bleibt die Einzelrichtmenge von Wirtschaftsjahr zu Wirtschaftsjahr gleich (Wahrungsmenge). Ist die Gesamtrichtmenge eines Wirtschaftsjahres niedriger als die Gesamtrichtmenge des Wirtschaftsjahres 1978/79, so unterliegt jedoch die Wahrungsmenge in diesem Jahr einer Änderung im selben Verhältnis."
Der Abs2 des §57e MOG regelt somit, was - abgesehen von den Fällen eines Partnerschaftsverhältnisses (Abs5 Z1) oder eines Pachtvertrages (Abs5 Z2) - bei Übergang des Verfügungsrechtes über einen milcherzeugenden Betrieb (also auch bei einer Eigentumsübertragung) hinsichtlich der Einzelrichtmenge rechtens ist. Die allgemeine Regelung des Abs2 bietet jedoch keine gesetzliche Handhabe für einschränkende Bedingungen wie die vom antragstellenden Gericht kritisierten, insbesondere die in den sublitaa) und bb) der Z2 lita der V festgelegten. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die übrigen vorgebrachten Bedenken.
Da auch keine andere Bestimmung des MOG als gesetzliche Grundlage für die mit der Z2 der bekämpften V getroffene Regelung in Betracht kommt, erweisen sich die Bedenken des Bezirksgerichtes Klagenfurt im Ergebnis als zutreffend.
6. Es ist daher gemäß Art139 Abs4 B-VG auszusprechen, daß die - hier präjudiziellen - Verordnungsbestimmungen betreffend die Eigentumsübertragung an Futterflächen (welche nicht mehr in Kraft stehen) gesetzwidrig waren, und zwar wegen ihres untrennbaren inhaltlichen Zusammenhanges zur Gänze.
Der Ausspruch über die Kundmachung stützt sich auf Art139 Abs5 zweiter Satz B-VG.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Gesetzeslücke, MarktordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:V4.1985Dokumentnummer
JFT_10139682_85V00004_00