§ 186 StGB reguliert in strafrechtlicher Hinsicht den Bereich der Gefährdung der Sicherheit, sowohl während eines Fluges als auch des Luftfahrzeuges selbst. Unter einem Luftfahrzeug werden nicht nur klassische Flugzeuge, sondern auch Hubschrauber (sog. Drehflügler), Raumfahrzeuge oder Segelflugzeuge subsumiert. Die genaue Begriffsdefinition kann aus § 11 Abs. 1 LFG abgeleitet werden: „Luftfahrzeuge sind Fahrzeuge, die sich zur Fortbewegung von Personen oder Sachen in der Luft ohne mechanische Verbindung mit der Erde eignen, gleichgültig, ob sie schwerer als Luft (zum Beispiel Flugzeuge, Segelflugzeuge, Hänge- oder Paragleiter, Schwingenflugzeuge, Hubschrauber, Tragschrauber und Fallschirme) oder leichter als Luft (zum Beispiel Luftschiffe und Freiballone) sind.“ Voraussetzung für die Strafbarkeit nach § 186 StGB auf subjektiver Tatseite ist vorsätzliches Agieren, bloße Fahrlässigkeit reicht nicht aus. In der juristischen Praxis ist § 186 StGB (= „Vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt“) unbedeutend und kann als sog. „totes Recht“ klassifiziert werden. Der gegenwärtig sich in Gültigkeit befindliche § 186 StGB wurde in Anbetracht unterschiedlicher Interessen mit der Einführung des österreichischen Strafgesetzbuches im Jahr 1975 eingeführt (Stichwort: „Große Strafrechtsreform“) und wurde seither nicht novelliert. In den vergangenen Jahren konnten nur wenige Rechtsfälle iZm § 186 StGB beobachtet werden, wobei solche zum Status quo wieder an Aktualität gewinnen. Beispiele für eine mögliche zukünftige Anwendung der Strafnorm stellen einerseits das Gefährden von Flugobjekten mittels Laserpointer[1] dar oder das Gefährden von Starts oder Landungen von Luftfahrzeugen aufgrund unterschiedlicher Handlungen von Gruppierungen der sog. „Klimakleber:innen“[2], die diverse Klima-Protestaktionen direkt auf der Flugpiste veranstalten.
Konkret regelt § 186 Abs. 1 Z 1 StGB vorsätzliche Handlungen in Bezug auf die Gefährdung der Sicherheit während eines Fluges. Das Agieren muss hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale auf eine Weise geschehen, die tatsächlich dazu geeignet ist, die Sicherheit des Luftfahrzeuges während des Fluges zu gefährden. Unter Strafe gestellt ist sowohl die Ausübung von Gewalt gegenüber anderen Personen an Bord (z. B. Passagier:innen, Flugbegleiter:innen, Pilot:innen) als auch die Drohung mit Gewalt. Ebenso normiert § 186 Abs. 1 Z 2 StGB die Bestrafung iRd Beschädigung eines Luftfahrzeuges während der Inbetriebnahme (bspw. im Flug an Bord). Darüber hinaus wird mittels § 186 Abs. 1 Z 3 StGB auch jenes Verhalten unter Strafe gestellt, das dazu dienen soll, die Einrichtungen der Luftfahrt (bspw. den Flughafen und dessen Infrastruktur) zu zerstören, zu beschädigen oder in ihren Funktionsabläufen zu beeinträchtigen. Für strafbare Handlungen, die auf § 186 Abs. 1 Z 1 bis 3 StGB basieren, sieht das Gesetz eine Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Zu beachten ist hierbei, dass der Lex-specialis-Grundsatz (= Subsidiarität) gilt. § 186 Abs. 2 Z 1 StGB regelt in weiterer Folge die Strafbarkeit von Zerstörungen und/oder Beschädigungen, die während des Fluges in einer Weise herbeigeführt werden, die dazu dient, die Flugunfähigkeit des Luftfahrzeuges herbeizuführen (bspw. infrastrukturelle Zerstörungen/Beschädigungen an Bord, Sabotage, Störung der Flugsicherungssysteme). § 186 Abs. 2 Z 2 StGB stellt zusätzlich das wissentlich[3] falsche Informieren unter Strafe (= Dolus directus II), sofern diese Mitteilungen dazu geeignet sind, eine Gefahr für die Sicherheit eines Luftfahrzeuges im Flug zu verursachen. Als Beispiel kann diesbezüglich eine falsche Bombendrohung angeführt werden, die zu chaotischen Zuständen bei den Passagier:innen bzw. beim Bordpersonal führt, die Pilot:innen in weiterer Folge zu einer Notlandung zwingt und dadurch als eine Gefahr für die Sicherheit des Luftfahrzeuges während des Fluges beurteilt werden kann. Auch eine Person im Kontrollturm oder in einer Flugüberwachungszentrale kann wissentlich falsche Informationen hinsichtlich der Flugdaten an das Personal des Luftfahrzeuges weitergeben (bspw. iZm mit der Flugposition oder Flughöhe). Auch die Behauptung, eine Schusswaffe bei sich zu tragen, kann unter § 186 Abs. 2 Z 2 StGB kategorisiert werden. Sowohl § 186 Abs. 2 Z 1 als auch Z 2 StGB stützen sich auf die Strafdrohung des § 186 Abs. 1 StGB, während bei der Herbeiführung von schweren Körperverletzungen (nach § 84 Abs. 1 StGB) einer größeren Anzahl von Menschen oder bei der Herbeiführung des Todes eines Menschen die höhere Strafdrohung des § 186 Abs. 3 StGB (= Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren) Anwendung findet. Sofern der Tod einer größeren Anzahl von Menschen eintritt, so greift gem § 186 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder eine lebenslange Freiheitsstrafe. Für den Fall des Todes oder der Körperverletzung einer „größeren Anzahl von Menschen“, wird nach hM davon ausgegangen, dass eine solche Anzahl mit etwa zehn Personen erfüllt ist.
De lege lata kann betreffend die Protestaktionen der Klimakleber:innen jedenfalls angenommen werden, dass diese die Funktionsabläufe und den Gesamtbetrieb von Flugeinrichtungen (ua jene des Flugverkehrskontrollturmes) insofern beeinträchtigen, da das Verhalten der Protestierenden (wie etwa das Festkleben der Protestierenden auf der Rollbahn) die Bewegungskontrolle der Flugzeuge bei Start, Landung und in der Luft als auch am Boden erschwert bzw. beeinträchtigt. Zudem kann es ua zu Not- und Gefährdungssituationen bei Verkehrssteuerungsfreigaben durch den Air-Traffic-Control-Tower und zu Beeinträchtigungen bei der Koordination von An- und Abflügen kommen. Auch diverse Beschädigungen der Fluginfrastruktur durch Klima-Protestierende (z. B. das Beschädigen von Geräten mit Farbe und eine damit verbundene Außerbetriebnahme der Anlagen) können als Beschädigung (oder Zerstörung, je nach Anlassfall) nach § 186 Abs. 1 Z 3 StGB eingeordnet werden. Aufgrund der getroffenen Planungen der Klimaprotestierenden kann außerdem die in § 186 StGB geforderte Vorsätzlichkeit auf subjektiver Tatseite angenommen werden. Ähnlich verhält es sich bei Personen, die, anders als die Klimakleber:innen, den Flugbetrieb und die Flugobjekte mittels Laserstrahlen und elektromagnetischen Wellen beeinträchtigen bzw. zu beeinträchtigen versuchen und dadurch ein erhebliches Risiko und eine Gefährdung sowohl für die Luftfahrzeuge als auch den Flugverkehrsbetrieb darstellen. Durch ein ebensolches Verhalten können Leib und Leben der in den verschiedenen Luftfahrzeugen befindlichen Personen akut und konkret gefährdet werden, sofern Pilot:innen bestimmte Notmanöver in Anbetracht der Proteste durchführen müssen. Die Handlung muss lediglich dazu geeignet sein, Gefahren nach § 186 StGB herbeizuführen, selbst wenn es nicht zu einem tatsächlichen Schadenseintritt kommt.
Summa summarum kann festgehalten werden, dass der Gesetzgeber mit den Strafbestimmungen des § 186 StGB sicherstellen möchte, dass vorsätzliche Handlungen, die die Sicherheit der Luftfahrt konkret gefährden, streng geahndet werden. Die verhältnismäßig hohen Strafdrohungen können mit dem Schutz von Menschenleben und mit dem Schutz der kritischen Infrastruktur des Flugbetriebes erklärt werden.
[1] Siehe hierzu: Kleine Zeitung (2020): Polizeihubschrauber mit Laserpointer geblendet. Online: https://www.kleinezeitung.at/oesterreich/5817843/Taeter-ausgeforscht_Polizeihubschrauber-mit-Laserpointer-geblendet [zuletzt abgerufen am: 28.07.2024]
[2] Siehe hierzu: Frankfurter Rundschau (2024): „Letzte Generation“ blockiert Flughafen Frankfurt. Online: https://www.fr.de/panorama/polizei-demonstration-frankfurter-flughafen-klimaaktivisten-letzte-generation-zr-93205956.html [zuletzt abgerufen am: 28.07.2024]
[3] Auf subjektiver Tatseite greift hier Wissentlichkeit nach § 5 Abs. 3 StGB: „Der Täter handelt wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiß hält.“