Kommentar zum § 7 WaffGebrG

LexStig am 27.07.2022

Lebensgefährdender Waffengebrauch

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Das ist jeder Waffengebrauch, der typischerweise mit Lebensgefahr für einen Menschen verbunden ist. Der Gebrauch einer Schusswaffe (Pistole, Gewehr) gegen einen Menschen ist, unabhängig von der Ziel- bzw. Trefferzone, immer als mit Lebensgefahr verbunden zu beurteilen. Somit ist also auch der in Medien fälschlicherweise oft als mindergefährlich dargestellte Schuss gegen die Beine eines Menschen potentiell lebensgefährlich, nicht bloß Torso- oder Kopftreffer!

Nicht bloß der Schusswaffeneinsatz an sich ist potentiell lebensgefährlich, sondern auch jeder andere Einsatz einer Dienstwaffe, bei deren Einsatz von einer Lebensgefahr für einen Menschen ausgegangen werden kann, beispielhaft der gezielte Einsatz eines Teleskopschlagstockes gegen den Kopf eines Menschen. Ob ein Dienstwaffengebrauch mit Lebensgefahr verbunden ist, ist eine Einzelfallentscheidung und so unterliegt jeder Einsatz einer Dienstwaffe für sich selbst einer strengen Beurteilung.

Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist der lebensgefährdende Gebrauch einer Dienstwaffe gegen Menschen zulässig, nämlich:

  1. Wie aus dem Gesetzestext ersichtlich ist, zielt der Notwehrbegriff auf die Verteidigung eines Menschen ab (Leben, Gesundheit, Freiheit), nicht aber auf Vermögenswerte.
  2. Aufstand und Aufruhr sind historisch gewachsene Begriffe, die heutzutage kaum bis keine rechtliche Bedeutung haben. Sie wurden aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entlehnt und bezeichnen den offenen, gewaltsamen und organisierten Widerstand mehrerer Personen gegen die Staatsgewalt (Aufstand) bzw. die tumultartige Störung der öffentlichen Ordnung durch eine (widerrechtlich) zustandegekommene Menschenmenge (Aufruhr). Siehe dazu auch Artikel 2 Abs. 2 lit. C der EMRK.
  3. Das gilt nicht zur Erzwingung jeder Festnahme (jedes Materiengesetz), sondern sind die Voraussetzungen dafür eine mit Vorsatz begangene gerichtlich strafbare Handlung, mehr als einjährige Strafdrohung, überwiesen oder zumindest dringend verdächtig und eine als allgemein gefährlich* gekennzeichnete Person.
  4. Eine Person die aufgrund ihrer Geisteskrankheit als allgemein gefährlich* anzusehen ist. Hier wird wohl Bezug dazu herzustellen sein, ob diese Person in der Vergangenheit Verbrechen** begangen hat, die die Annahme allgemeiner Gefährlichkeit rechtfertigen - z.B. der Geisteskranke, der versucht hat, einen vollbesetzten Personenzug entgleisen zu lassen. Der lebensgefährdende Waffengebrauch gegen selbstgefährdende oder suizidale Menschen ist nicht zulässig.

*Als eine allgemein gefährliche Person gilt:

·          wer ein und dasselbe Verbrechen** wiederholt oder mehrere verschiedene Verbrechen begangen hat oder eine Wiederholung erwarten lässt

·          ein oder mehrere Verbrechen willkürlich gegen beliebige Einzelpersonen begangen hat (z.B. der mehrfache Räuber)

·          wer durch sein Verbrechen eine Gemeingefahr beabsichtigt oder herbeigeführt hat (z.B. Herbeiführung einer Feuersbrunst, Sprengstoffanschlag etc.)

**Was ein Verbrechen ist, wird in § 17 StGB definiert: Verbrechen sind vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind. Alle anderen Handlungen sind Vergehen.

 


§ 7 WaffGebrG | 1. Version | 1188 Aufrufe | 27.07.22
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: LexStig
Zitiervorschlag: LexStig in jusline.at, WaffGebrG, § 7, 27.07.2022
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