Gerissene Träger an der Handtasche eines Opfers, lassen klar die Bildung eines Sachbehauptungswillen erkennen, der durch das gewaltsame Entreißen der Handtasche vom Täter gebrochen wurde. Es liegt somit Raub nach § 142 Abs 1 (allenfalls Minderschwerer Raub nach Abs 2) StGB und kein Diebstahl nach § 127 StGB vor.
Sind die Träger der Handtasche nicht gerissen, ist das Überschanungsmoment dem Sachbehauptungswillen des Opfers zuvor gekommen, weshalb Diebstahl nach § 127 StGB anzunehmen ist.
Formt der Täter den Vorsatz zur Sachwegnahme erst nach der Gewaltanwendung, ist häufig ebenso Diebstahl in Betracht zu ziehen.
Wer einen anderen im Streit bewusstlos schlägt und danach erst beschließt diesem die Geldbörse wegzunehmen, der begeht eine Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und einen Bedrängnisdiebstahl nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB und keinen Raub nach § 142 Abs 1 StGB, da der Vorsatz zur Sachwegnahme erst nachträglich geformt wurde und ein nachträglich gefasster Vorsatz nicht schadet (dolus superveniens non nocet).
Konkurrenzen:
Nötigungen und Drohungen am selben Tatobjekt zum selben Tatzeitpunkt sind von § 142 Abs 1 StGB erfasst. § 142 ist die lex specialis zu §§ 105, 107 StGB.
Nötigt der Täter durch eine einzige Drohhandlung mehreren Opfern fremde bewegliche Sachen ab, so begeht er an jedem Tatopfer in echter gleichartiger Idealkonkurrenz das Verbrechen des Raubes, da in ein höchstpersönliches Rechtsgut (Willensfreiheit) eines jeden Rechtsgutsträgers gesondert eingegriffen wird (siehe Anmerkung zu § 28 StGB).
Erneute Nötigungshandlungen gegen das Opfer, die bloß die Flucht sichern sollen, sind von § 142 Abs 1 StGB in der Regel mitabgegolten. Wenn sich die Nötigung aber gegen eine andere Person als die zum Personenkreis der zuvor anwesenden Tatopfer gehörenden -von den Tathandlungen des § 142 Abs 1 bereits betroffenen Personen- richtet, steht diese in echter Realkonkurrenz. Hier: Nötigung zum Anhalten mit dem Fahrzeug an einem nicht vom zuvor geschehenen Raub betroffenen Tatopfer.
Das Merkmal "Gewalt gegen eine Person" konsumiert leichte Körperverletzungen nach § 83 StGB (sofern diese in Idealkonkurrenz begangen werden).
Inszenierung:
Bei einer inszenierten Tat entfällt die besondere Sozialschädlichkeit des Raubes, auf die § 142 Abs 1 StGB in seinen Tatbildmerkmalen abzielt. Ein echtes Opfer, das den Täter nicht kennt und über dessen Vorhaben nicht Bescheid weiß und ein gespieltes Opfer, das den Täter kennt und mit seinem Vorhaben sogar einverstanden ist, kann in seiner Rechtsgutsbeeinträchtigung niemals gleichgesetzt werden, da im zweiten Fall kein Bruch eines Sachbehauptungswillens stattfindet.
Ist das geplante Tatopfer also ein Komplize des Täters und der am Vermögen Geschädigte aber eine nicht eingeweihte dritte Person für die der Komplize arbeitet, so ist Raub nach § 142 Abs 1 StGB wegen Einwilligung des Opfers in seine Rechtsgutsbeeinträchtigung "Willensfreiheit" zu negieren. Zum Schutz des Dritten, der dennoch durch dieses Verhalten am Vermögen geschädigt wird, ist § 133 Abs 1 StGB zu bejahen. Eine Beteiligung des „Räubers“ an diesem Sonderdelikt ist unproblematisch (§ 14 StGB).
Resultiert aus der inszinierten Tat eine schwere KV am Opfer, so ist diese (auch bei einer Einwilligung des Opfers) sittenwidrig, da sie der Begehung einer inszinierten Straftat diente (§ 90 StGB). Eine Einwilligung in eine leichte KV (§ 83 StGB) bedarf nach hM keiner Überprüfung des Sittenwidrigkeitskorrektivs, es wäre denn der Täter hätte sie zwar nur objektiv erfüllt und subjektiv jedoch eine schwere (wenn auch mit dolus eventualis nach § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB) im Sinn gehabt (§§ 15, 84 Abs 4 StGB).