Kommentar zum § 25b IO

Dr. Johannes N. Saeaef am 15.04.2014

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Teleologische Reduktion des  § 25b Abs 2 Insolvenzordnung (IO)

OGH 21.11.2013, 1Ob157/13

                       

 

Die Bestimmung des § 25b IO wurde anläßlich der letzten Insolvenzrechtsnovelle 2010 eingeführt, um schuldnerischen Unternehmen das Überleben in der Sanierungsphase nach Konkurseröffnung zu ermöglichen und „automatische"  Vertragsauflösungen durch Lösungsklauseln zu verhindern. Der Inhalt der Regelung entsprach weitgehend dem bis 2010 gültigen § 20e Abs 2 AO, der die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts oder Vertragsauflösung für den Fall der Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens als unzulässig statuierte.

In dem zu entscheidenden Fall hatten mehrere Banken nach mehrwöchigen Verhandlungen einen Forderungsverzicht für den unbesicherten Teil ihrer Forderungen erklärt, wobei für den Fall der Nichtzahlung bei Fälligkeit Wiederaufleben vereinbart war. Durch diesen teilweisen Verzicht der beteiligten Banken sollte der Einstieg eines Aktionärs und die Produktionsfinanzierung des schuldnerischen Unternehmens, folgend kurz „Schuldnerin", erreicht werden. Vor Eröffnung des Konkursverfahrens erfolgte keine qualifizierte Mahnung, nach Anmeldung der Forderungen der klagenden Bank wurde der beklagte Masseverwalter aufgefordert, sämtliche fälligen Forderungen innerhalb von 14 Kalendertagen zu überweisen. Im folgenden Prüfungsprozess wurde die Feststellung des Bestehens einer Konkursforderung  im Ausmaß jenes Teiles der Forderung, für die seitens der Bank ein Verzicht abgegeben worden war, begehrt. Der Masseverwalter bestritt die Klagsforderung mit der Begründung, dass die anläßlich des Forderungsverzichtes vereinbarte Bedingung des Wiederauflebens nach

§ 25b Abs 2 IO unzulässig sei.

Während das Erstgericht die Klage wegen Vorliegens einer  nach der zitierten Gesetzesstelle unzulässigen insolvenzabhängigen Lösungsklausel abwies, verwarfen sowohl das Berufungsgericht als auch in der Folge der OGH die Nichtigkeitsberufung und Revision des beklagten Masseverwalters mit der Begründung, dass Zweck des § 25b Abs 2 IO keineswegs ein allgemeines Verbot von Bestimmungen, die an die Insolvenzeröffnung anknüpfen, sei, sondern ein solches Verbot nur für solche Klauseln gelten könne, die eine Aufrechterhaltung des Vertrages für die Masse wirtschaftlich unmöglich machten und für den Insolvenzverwalter wesentlich erschwerten.

Mit dieser Entscheidung, die nicht einer wortgetreuen Interpretation des § 25b IO entspricht, sohin im Widerspruch zu § 6 ABGB steht, nahm der OGH eine teleologische Reduktion der zitierten Gesetzesstelle mit der durchaus nachvollziehbaren Begründung vor, dass eben nicht jede für den Fall der Insolvenzeröffnung vereinbarte Vertragsauflösung - hier Wiederaufleben eines Forderungsverzichtes - unzulässig ist und der Anwendungsbereich des § 25b Abs 2 IO derart zu reduzieren ist, dass er eine Vertragsklausel, wonach der zum Zweck der Sanierung de Schuldnerin erklärte Verzicht eines Gläubigers auf fällige unbesicherte Forderungen, auflösend bedingt durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin, nicht unzulässig macht.

 

Die Entscheidung ist begrüßenswert, da sie Sanierungsbemühungen von Banken erleichtert und aufgrund der Zulässigkeit eines vereinbarten Wiederauflebens von Kreditforderungen, auf die verzichtet wird, keine Schlechterstellung der verzichtenden Bank gegenüber jenen Gläubigern vornimmt, die keinen solchen Beitrag zur Sanierung eines schuldnerischen Unternehmens leisten.

 


§ 25b IO | 1. Version | 932 Aufrufe | 15.04.14
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: Dr. Johannes N. Saeaef
Zitiervorschlag: Dr. Johannes N. Saeaef in jusline.at, IO, § 25b, 15.04.2014
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