Kommentar zum § 126 UGB

Mathias Walch1 am 14.07.2012

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Inhalt
Einleitende Bemerkungen Anm 1
Umfang der Vertretungsmacht Anm 2
Grenzen der Vertretungsmacht Anm 6
Zweigniederlassungen Anm 9
Missbrauch der Vertretungsmacht Anm 10
Anscheinsvollmacht Anm 11
Vertretung gegenüber Gesellschaftern Anm 12




Einleitende Bemerkungen

Anm 1
§ 126 regelt den Umfang der Befugnisse, die den organschaftlichen Vertretern zustehen. Während die Geschäftsführungsbefugnisse gem § 116 auf den gewöhnlichen Betrieb beschränkt sind, erstreckt § 126 den Anwendungsbereich auf alle gerichtlichen sowie außergerichtlichen Rechtshandlungen. Der Umfang der organschaftlichen Vertretung ist weiter als jener der Prokura, weil sie nicht auf jene Geschäfte beschränkt ist, die der Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt. Schenkungen, die regelmäßig nicht zum Betrieb des Unternehmens gehören, sind daher erlaubt (Hueck, OHG4 291). Auch sind die Einschränkungen betreffend der Liegenschaften, die § 49 Abs 2 dem Prokuristen auferlegt, dem organschaftlichen Vertreter nach § 126 Abs 1 erlaubt. Dieser Umfang kann mit einer Ausnahme bei Zweigniederlassungen gegenüber Dritten nicht eingeschränkt werden. § 126 gilt für alle Beschränkungen gleich welcher Art, seien sie räumlich, zeitlich oder nur für bestimmte Geschäfte (Hueck, OHG4 295). Der Zweck der Norm besteht darin, „den Umfang der Vertretungsmacht im Interesse des Verkehrs und der Funktionsfähigkeit der OG als Form unternehmerischer Organisation eindeutig festzulegen“ (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 2). Daher ist eine Beschränkung im Innenverhältnis durchaus zulässig (Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht4 II 198).


Umfang der Vertretungsmacht

Anm 2
Der Umfang der Vertretungsmacht ist denkbar weit. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um gewöhnliche oder außergewöhnliche Geschäfte handelt (OGH 26.02.1980 , 5 Ob 515/80). Sie müssen nicht unternehmensbezogen sein. Zulässig sind Bürgschaftserklärungen zugunsten eines Privatkredits des Gesellschafters (OGH 10.07.1985 1 Ob 576/85 SZ 58/123 = EvBl 1985/159). Auch dinglich wirkende Rechtshandlungen sind zulässig, was sich schon daran zeigt, dass Gesellschafter Grundstücke veräußern und belasten dürfen. Gesellschafter können Sachen sogar derelinquieren (OGH 17.02.1954, 3 Ob 783/53 EvBl 1954/97 = HS 1298).
Gesellschafter können Prozesshandlungen setzen, selbst gegen den Widerspruch anderer vertretungsbefugter Gesellschafter (Ris-Justiz RS0062160). Nicht umfasst sind familien- und erbrechtliche Rechtsgeschäfte (Westermann  in Westermann, Handbuch der Personengesellschaften4 § 16 Rz I 299).

Anm 3
Da dem Gesellschafter das Recht auf Erteilung und Widerruf der Prokura zusteht, darf er auch andere (weniger weit reichende) Vollmachten erteilen (Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht, 2/420). Auch der nicht allein vertretungsbefugte Gesellschafter kann die Prokura widerrufen(OGH 7.7.1954, 2 Ob 473, 474/54 NZ  1955, 11).

Anm 4
Die Geschäftsführungsbefugnis hat auf das Außenverhältnis keine Wirkung. Dritte müssen sich nur um die Vertretungsbefugnis des handelnden Gesellschafters kümmern, nicht aber um interne Absprachen (OGH 2.06.1954, 2 Ob 121/54 HS 1304 = ÖBA 1954, 276). Angestellte einer Gesellschaft sind im Verhältnis zu dieser Dritte, brauchen sich demnach nicht um die Geschäftsführungsbefugnis zu kümmern (OGH 5.10.1965, 4 Ob 85/65 SZ 38/154). Weisungen sind Vertretungshandlungen (OGH 21.02.1978 4 Ob 503/78 SZ 51/21 = GesRZ 1978,124), daher müssen Angestellte einer Gesellschaft Weisungen jedes vertretungsbefugten Gesellschafters befolgen, selbst wenn diese keine Geschäftsführungsbefugnis haben (OGH 5.10.1965, 4 Ob 85/65 SZ 38/154).

Anm 5
Die Vertretungsbefugnis gilt auch im Verwaltungsverfahren (Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 11).


Grenzen der Vertretungsmacht

Anm 6
Von der Vertretungsmacht nicht erfasst ist die gesellschaftsfreie Sphäre. Teil dieser Sphäre sind einerseits Angelegenheiten, die nur den Gesellschafter betreffen und ohne Bezug zum Gesellschaftsverhältnis sind, andererseits Grundlagengeschäfte, die das gesellschaftsvertragliche Verhältnis der Gesellschafter untereinander betreffen (Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 12). Ein Grundlagengeschäft bewirkt die Änderung des Gesellschaftsvertrages. Mittelbare Grundlagengeschäfte, die nur eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Änderung des Gesellschaftsvertrages, etwa die Verpflichtung zur Aufnahme eines Gesellschafters, beinhalten, sind ebenfalls nicht von der Vertretungsmacht gedeckt (Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 13; Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht, 2/425). Zu den Grundlagengeschäften zählen die Änderung der Firma, des Unternehmensgegenstandes oder des Zwecks der Gesellschaft (Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht, 2/425 mwN), die Einräumung oder Entziehung der Vertretungsmacht oder Geschäftsführungsbefugnis (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 5; OGH 5 Ob 515/80 GesRZ 1980, 88, EvBl 1980/121), die Auflösung oder Umwandlung der Gesellschaft (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 5; OGH 5 Ob 515/80 GesRZ 1980, 88, EvBl 1980/121) sowie die Aufnahme eines neuen Gesellschafters (OGH 1.10.1974, 8 Ob 153/74, GesRZ 1975, 60; Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht4 II 197). Doch kann das Recht zur Aufnahme eines Gesellschafters uU der Gesellschaft bzw dem geschäftsführenden Gesellschafter eingeräumt werden, etwa bei einer Publikums-KG (Westermann  in Westermann, Handbuch der Personengesellschaften4 § 16 Rz I 300). Kein Grundlagengeschäft ist die Aufnahme eines (typischen) stillen Gesellschafters. Parteien dieses Schuldverhältnisses sind nämlich die Gesellschaft einerseits und der aufzunehmende stille Gesellschafter andererseits. Der stille Gesellschafter tritt nicht in das Rechtsverhältnis zwischen den Gesellschaftern ein (Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 15; Westermann  in Westermann, Handbuch der Personengesellschaften4 § 16 Rz I 302). Werden dem stillen Gesellschafter aber Kontroll- oder sonstige Teilhaberechte eingeräumt und nähert sich die Stellung der eines Kommanditisten an, ist die Aufnahme nicht von der Vertretungsmacht gedeckt (Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 15).

Anm 7
Zweifelhaft ist, ob die Veräußerung des gesamten Unternehmens von der Vertretungsmacht gedeckt ist. Wird die Firma mit dem Unternehmen mit veräußert, so ist die Veräußerung als Grundlagengeschäft zu sehen (Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 16; Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht, 2/427; vorsichtig zustimmend Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 9). Wird das gesamte Unternehmen (ohne Firma) veräußert, so ist nach der älteren Rsp zu prüfen, ob mit dieser Übertragung die Auflösung der Gesellschaft bewirkt werde oder die Übertragung einer solchen zumindest gleichkomme (EvBl 1957/253, HS 1301; JBl 1963, 320, HS 3006). Nunmehr stellt der OGH darauf ab, ob dem Dritten anhand der Umstände des Einzelfalls bekannt war oder bekannt sein musste, dass die Übertragung das Gesellschaftsverhältnis berührt (OGH 26.02.1980, 5 Ob 515/80 EvBl 1980/121 = GesRZ 1980, 88). Dem wird entgegengehalten, dass es nicht Sache des Dritten sein könne, sich um Belange des Innenverhältnisses Sorgen zu machen, zumal es gerade Zweck des  § 126 UGB sei, den Dritten vor Restriktionen des Innenverhältnisses zu schützen (Ostheim, GesRZ 1980, 99 (100); Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht, 2/427; Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 9). Die in D hM stützt sich auf § 179a dAktG (entspricht § 237 AktG) und will dessen Rechtsgedanken auch auf die OG angewendet wissen (K. Schmidt in MünchKomm HGB3 § 126 Rz 13; Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 16; aA Hadding, Einschränkungen des Umfangs organschaftlicher Vertretungsmacht bei OHG und KG entsprechend § 179a AktG? in Lutter-FS (2000) 851), wobei Einstimmigkeit der Gesellschafter gefordert wird (Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 16). Diese Lösung wäre wohl auch in Ö denkbar (Sympathisierend Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht, 2/427; abw Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 6; krit Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 9: fehlende Rechtsgrundlage).

Anm 8
Die Gesellschaft hat ein Klagerecht auf Unterlassung von Vertretungshandlungen eines Gesellschafters, die durch die Vertretungsbefugnis nicht gedeckt sind (OGH 21.02.1978 4 Ob 503/78 GesRZ 1978,124 = SZ 51/21).


Zweigniederlassungen

Anm 9
§ 126 Abs 3 ermöglicht es den Gesellschaftern, die Vertretungsmacht auf eine Zweigniederlassung anzuwenden. Der Gesetzgeber verweist auf die entsprechende Regelung der Prokura. Folglich müssen die Zweigstellen unter verschiedenen Firmen geführt werden, wobei ein Zusatz zur Firma ausreicht, der die Zweigstelle als solche ausweist.
Die Beschränkung auf eine oder mehrere Zweigniederlassungen stellt eine Abänderung der vom Gesetzgeber vorgegebenen Einzelvertretungsbefugnis dar und bedarf daher der Regelung im Gesellschaftsvertrag und einer Anmeldung im Firmenbuch (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 8). Für die Anmeldung ist das Gericht der Hauptniederlassung zuständig (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 8).
Die Vertretungsbefugnis des Niederlassungsvertreter unterliegt nur der Einschränkung, dass diese zum Betrieb der Niederlassung gehören muss, wobei die Betriebszugehörigkeit gem § 343 UGB (analog) zu beurteilen ist (Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht, 2/458). Es handelt sich um eine funktionale und nicht um eine inhaltliche Beschränkung der Vertretungsmacht (Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht, 2/458; Vgl dazu Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 20, die eine wirksame Zeichnung bloß für die eigene Niederlassung zulassen will).


Missbrauch der Vertretungsmacht

Anm 10

Siehe RIS-Justiz RS0061587:

4Ob544/90; 1Ob600/94; 4Ob2078/96h; 2Ob2146/96v; 3Ob117/03g; 9Ob25/08d (9Ob26/08a)
Die institutionell gesicherte Vertretungsmacht soll nur den redlichen Geschäftsverkehr erleichtern und die redlich an ihm Beteiligten schützen, nicht aber unredliche Geschäfte ermöglichen. Erkennt der Geschäftspartner im einzelnen Fall, dass der Vertreter zum Nachteil des von ihm Vertretenen und damit pflichtwidrig handelt, dann verdient nicht er, sondern der Vertretene Schutz; das gilt insbesondere dann, wenn der Vertreter und der Dritte absichtlich zusammengewirkt haben, um den Vertretenen zu schädigen, also bei Kollusion.


Ein Missbrauch der Vertretungsmacht hat zur Folge, dass die Gesellschaft das Rechtsgeschäft nicht gegen sich gelten lassen muss. Ein Missbrauch liegt jedenfalls vor, wenn Dritter und Gesellschafter arglistig zusammenwirken, um die Gesellschaft zu schädigen (sog Kollusion) (OGH 4.6.1958, 6 Ob 127/58 EvBl 1958/276). Handelt der Gesellschafter bewusst missbräuchlich, so liegt ebenfalls ein Missbrauch vor, wenn besondere Umstände dem Dritten diesen nahelegen (OGH 19.4.1978, 8 Ob 505/78 GesRZ 1978,131 = HS 10377). Der Missbrauch muss sich dem Dritten geradezu aufdrängen und für jeden Einsichtigen evident sein (OGH 10.07.1985, 1 Ob 576/85). Eine im Vordringen und mittlerweile wohl als herrschend anzusehende Lehre stellt zutreffend nur noch auf eine objektive Pflichtwidrigkeit des Vertreters ab, die sich dem Dritten gleichsam aufdrängt, also evident ist (Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 25f; Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 9f; Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 12 mwN; aA Jabornegg in Jabornegg, HGB § 126 Rz 11 ff). § 126 soll den Dritten davor schützen, aus seinem Informationsdefizit, an dem er bezüglich des Innenverhältnisses der Gesellschafter leidet, Schaden zu erleiden. Hat er allerdings positive Kenntnis von der Pflichtwidrigkeit, ist er nicht mehr schützenswert (Eingehend P. Bydlinski, Der sogenannte „Mißbrauch“ unbeschränkter Vertretungsmacht, in Bydlinski-FS (2002) 19). Evidenz genügt deshalb, weil innere Tatsachen und damit Kenntnis nur schwer beweisbar sind (Vgl Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 9f; aA P. Bydlinski in Bydlinski-FS, 19 [43 f]). Wenn der Vertragspartner auf massive Verdachtsmomente stößt, die  auf eine Pflichtwidrigkeit des Vertreterhandelns deutlich hinweisen, und er diese ignoriert, so ist dieser nicht schutzwürdig (Vgl K. Schmidt in MünchKomm HGB3 § 126 Rz 21).Der OGH stützt sich auf § 879(OGH 25.09.1990 4 Ob 544/90 RdW 1991,76; OGH 11.06.2002 5 Ob 99/02y). Zutreffend wäre es wohl, den Missbrauch der Vertretungsmacht als eine der Vertretung immanente Schranke anzusehen (vorsichtig zustimmend Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 13). Allerdings dürfte dies von geringer praktischer Relevanz sein (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 11).

 

Anscheinsvollmacht

Anm 11

RIS-Justiz RS0020448:„Auch gegen das Handelsregister gibt es ein Vertrauen auf den äußeren Tatbestand. Gegen die im Handelsregister eingetragene Tatsache der Kollektivvertretung kann der Beweis der ursprünglichen oder späteren Unrichtigkeit, aber auch der Erregung ihres Anscheines, also eines äußeren Tatbestandes, geführt werden (Vgl Entscheidung des RG von 11.05.1881, Band 34 S 16 ff.). Handelt es sich darum, daß trotz eingetragener kollektiver Vertretung ein Gesellschafter als allein vertretungsbefugt aufgetreten ist, so kann ein Vertragspartner sich nur dann auf einen dieses Verhalten des Gesellschafters anscheinend rechtfertigenden äußeren Tatbestand berufen, wenn dieser Gesellschafter nicht nur bei dem einem Geschäft als allein vertretungsbefugt aufgetreten ist, sondern dies fortgesetzt geschehen ist und die Gesellschaft die früher von dem einen Gesellschafter abgeschlossenen Geschäfte immer für sich gelten ließ, ohne daß sie erkennbar machte, daß sie die einzelnen Geschäfte nur wegen ihrer Nützlichkeit für die Gesellschaft anerkannt hat.“

Vgl zur Anscheinsvollmacht auch die aktuelle E OGH 17. 1. 2012, 4 Ob 199/11k (Privatstiftung).

 

Vertretung gegenüber Gesellschaftern

Anm 12

Während Grundlagengeschäfte von § 126 UGB ohnehin nicht umfasst sind, weil nicht die Gesellschaft, sondern die Gesellschafter kontrahieren, käme leg cit bei Geschäften zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern grundsätzlich zur Anwendung. Der Gesellschafter tritt der OG wie ein Dritter gegenüber. Er muss sich aber, weil er im allgemeinen die internen Beziehungen der Gesellschafter zueinander kennt, Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis des die OHG vertretenden Gesellschafters entgegenhalten lassen (OGH 27.06.1979, 1Ob589/79 (1Ob590/79) SZ 52/104).

Anm 13
§ 126 ordnet die Interessen der Gesellschafter jenen des Rechtsverkehrs unter und erlaubt daher keine nach außen wirksamen internen Absprachen. Sind nur Interessen der Gesellschaft und der Gesellschafter betroffen, besteht insoweit kein schützenswertes Interesse des Rechtsverkehrs, sodass § 126 UGB teleologisch zu reduzieren ist. Str ist, wie weit diese reichen soll. Nach einem Teil der Lehre kommt es auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen der Geschäftsführungsregel oder - praktisch bedeutsamer - des Widerspruchs eines dritten Gesellschafters, an (Hueck, OHG4 298f; aA Ostheim, GesRZ 1980, 99 (102); Habersack in Großkomm HGB5 § 126 Rz 28; Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 13). Dem wird entgegengehalten, dass nach der ratio der teleologischen Reduktion nicht zwischen schutzwürdigen Dritten und schutzunwürdigen „Insidern“ unterscheiden soll, sondern zwischen schutzwürdigen und nicht schutzwürdigen Geschäften (Vgl Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 13; vgl auch K. Schmidt in MünchKomm HGB3 § 126 Rz 17). Dem kann mE so nicht gefolgt werden. Wenn der Zweck des § 126 Abs 2 darin besteht, den Rechtsverkehr zu schützen und ihm keine Überlegungen hinsichtlich innerer Belange der Gesellschaft auferlegen will, dieses Bedürfnis aber bei Gesellschaftern nicht anerkannt wird, ist es nur konsequent, den Schutz des § 126 Abs 2 zur Gänze wegfallen zu lassen

Anm 14
Schließt die Gesellschaft Rechtsgeschäfte mit den Gesellschaftern ab, so stellt sich die Frage des Insichgeschäfts. Ein Gesellschafter kann ein Geschäft mit der Gesellschaft abschließen, bei dem er auf der einen Seite  namens der Gesellschaft und auf der anderen im eigenen Namen tätig wird. In dieser Konstellation besteht augenscheinlich die Gefahr einer Interessenskollision. Mangels spezieller Vorschriften muss auf das allgemeine Zivilrecht zurückgegriffen werden. Im Gegensatz zu D (§ 181 BGB) hat das Selbstkontrahieren in Ö keine eigene Regelung erfahren(OGH 9.4.1981, 7 Ob 538/81 SZ 54/57), denn § 271 ABGB gilt nur für die gesetzliche Stellvertretung. Nach L und Rsp sind Insichgeschäfte nur unter bestimmten Umständen zulässig. Das Geschäft darf dem Vertretenen nur Vorteile bringen, keine Gefahr der Schädigung des Vertretenen nach sich ziehen oder bedarf dessen Einwilligung (OGH 23.9.2008, 5 Ob 153/08y). Die Interessen des Vertretenen werden wohl nicht beeinträchtigt, wenn Waren zum Börsen- oder Marktpreis verkauft werden (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 14). Die Gefahr einer Schädigung besteht dennoch, denn durch geschickte Auswahl des Zeitpunktes kann der Vertreter bei schwankenden Kursen zum Nachteil des Vertretenen handeln (Wünsch, Zur Lehre vom Selbstkontrahieren im Gesellschaftsrecht, in Hämmerle-FS (1972) 451 (456). Der Abschlusswille muss derart geäußert werden, dass er unzweifelhaft feststeht und nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (OGH 31.08.2010  5 Ob 39/10m Zak 2010/712). Diese Grundsätze gelten auch für das Gesellschaftsrecht. Aus § 25 Abs 4 GmbHG folgt nichts anderes (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 14), denn § 25 Abs 4 GmbHG verbietet dem Geschäftsführer grundsätzlich Geschäfte mit der Gesellschaft einschließlich des Selbstkontrahierens (OGH 29.4.1998 , 9 ObA 86/98g; 6.10.2005, 6 Ob 56/05m; OGH 31.08.2010  5 Ob 39/10m Zak 2010/712; aA noch OGH 16.09.1971 , 1 Ob 243/71; Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 16).

Bedarf es einer Einwilligung, so kann diese schon im Gesellschaftsvertrag erfolgen oder durch Gesellschafterbeschluss (Wünsch in Hämmerle-FS 451 (458ff); vgl OGH 9.4.1981 7 Ob 538/81), „wenigstens“ aber durch schlüssige Zustimmung (OGH 24.05.1984, 7 Ob 718/83 JBl 1985, 618).

Anm 15

Str ist, ob ein gesamtvertretungsbefugter Gesellschafter einen anderen bevollmächtigen kann, im Namen der Gesellschaft mit ihm ein Rechtsgeschäft abzuschließen (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB34 § 126 Rz 9 mwN auch zu krit Äußerungen; VGL OGH 16.09.1981, 1Ob715/81 [Liquidatoren]). Dagegen spricht nach einem Teil der Lehre, dass die Interessenkollision damit nicht ausgeschlossen wird (Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 126 Rz 13).Eigene Stellungnahme: Die Interessenkollision ist allerdings entschärft, weil ein Gesellschafter an dem Rechtsgeschäft mitwirken muss, der schon kraft der Treuepflicht gehalten ist, nicht wider die Interessen der Gesellschaft zu handeln. Die Problematik verlagert sich vom Insichgeschäft hin zu jener des Zusammenwirkens von Gesellschaftern zum Schaden der Gesellschaft. Ausschlaggebend dürfte sein, dass niemand mehr Rechte übertragen kann, als er selbst hat. Wenn ein Gesellschafter nicht befugt ist, mit sich selbst Geschäfte zu schließen, hat er keine Befugnis, die er weitergeben könnte.

Anm16
Ist in einer Gesellschaft einer von zwei gesamtvertretungsberechtigten Gesellschaftern Prozessgegner der Gesellschaft, liegt ein Vertretungsmangel vor und ein Kollisionskurator muss bestellt werden (OGH 15.02.1978, 8 Ob 557/77 SZ 51/16). Dies gilt immer, wenn die Gesellschaft ohne den prozessführenden Gesellschafter nicht vertreten werden kann und dessen Beteiligung unbedingt notwendig ist (Koppensteiner/Auer in Straube,  UGB4 § 126 Rz 15). Sind die Gesellschafter demnach einzelvertretungsbefugt, ist die Gesellschaft ausreichend vertreten (Vgl OGH 12.03.1982, 6 Ob 708/81 [GmbH & Co KG]).
Siehe auch OGH 06.06.1928 1 Ob 534/28 SZ 10/147:
In dem Aktivprozeß einer OHG gegen einen ihrer vertretungsberechtigten Gesellschafter kann dieser nicht namens der Gesellschaft die Einstellung der gegen ihn geführten Exekution beantragen.


§ 126 UGB | 1. Version | 1585 Aufrufe | 14.07.12
Informationen zum Autor/zur Autorin dieses Fachkommentars: Mathias Walch1
Zitiervorschlag: Mathias Walch1 in jusline.at, UGB, § 126, 14.07.2012
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