TE Vfgh Beschluss 1986/11/28 B767/86

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Veröffentlicht am 28.11.1986
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
StPO §33 Abs2
VfGG §19 Abs3 Z2 lita
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; ZPO §63 Abs1; keine Zuständigkeit des VfGH zur Überprüfung gerichtlicher Akte (Anhaltung in Haft und richterliche Verweigerung der Akteneinsicht); Nichterhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gemäß §33 StPO durch den vom Bf. angerufenen Generalprokurator beim OGH - kein vor dem VfGH gemäß Art144 B-VG bekämpfbarer Verwaltungsakt; Abweisung des Verfahrenshilfeantrages wegen Aussichtslosigkeit

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit seinen nicht von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebrachten und der Sache nach auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Schreiben vom 25. und 30. Juli 1986 zog der im landesgerichtlichen Gefangenenhaus Wien inhaftierte Einschreiter H K ersichtlich

a) Akte der Gerichtsbarkeit, und zwar seine Anhaltung in Haft und die richterliche Verweigerung der Akteneinsicht, sowie

b) die Nichterhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gemäß §33 StPO durch den - von ihm angerufenen - Generalprokurator beim Obersten Gerichtshof in Beschwerde.

Unter einem wurde die Bewilligung der Verfahrenshilfe für diese Rechtssachen begehrt.

2.1. Nach Art144 Abs1 B-VG erkennt der VfGH über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden (Art144 Abs1 Satz 1 B-VG) und gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person (Art144 Abs1 Satz 2 B-VG).

2.2. Derartige Verwaltungsakte bekämpft der Bf. jedoch überhaupt nicht:

2.2.1. Keine Bestimmung der Bundesverfassung räumt dem VfGH die Zuständigkeit zur Überprüfung gerichtlicher Akte ein; das Akten der Gerichtsbarkeit gewidmete Beschwerdevorbringen (Punkt 1. lita) konnte somit auf sich beruhen.

2.2.2. Soweit die Beschwerde das Nichttätigwerden des Generalprokurators rügt, genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des VfGH, wonach das Unterbleiben einer Amtshandlung für sich allein keinesfalls als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren ist, der gemäß Art144 B-VG bekämpfbar wäre (vgl. zB VfSlg. 6384/1971, 9813/1983).

Dies abgesehen davon, daß die Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach dem klaren Wortlaut des §33 Abs2 StPO das ausschließliche Recht des Generalprokurators ist, das er von Amts wegen oder im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz ausübt. Die Weigerung, eine solche Nichtigkeitsbeschwerde einzubringen, ist daher, wie der VfGH wiederholt aussprach (vgl. VfSlg. Anh. 2/1955, 5071/1965), auch aus dieser Überlegung kein vor dem VfGH gemäß Art144 B-VG bekämpfbarer Verwaltungsakt (vgl. VfSlg. 6384/1971; VfGH 28. September 1982 B325/82, 9. Dezember 1982 B497/82, 537/82 ua).

2.3. Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung offenbar aussichtslos ist, mußte der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe - als unbegründet - abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm. §35 Abs1 VerfGG 1953).

2.4. Aus den zu Punkt 2.2. dargelegten Gründen war zugleich die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des VfGH - als unzulässig - zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Zuständigkeit, Gerichtsakt, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B767.1986

Dokumentnummer

JFT_10138872_86B00767_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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