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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AllgLeitsatz
VerfGG §87 Abs1; Art144 Abs1 B-VG; keine Zuständigkeit des VfGH zu einer reformatorischen Entscheidung in der Verwaltungssache selbst nach Art einer Rechtsmittelinstanz; der VfGH hält sich nicht für befugt, über einen ausdrücklichen Beschwerdeantrag hinauszugehen und einen bloß teilweise in Beschwerde gezogenen Bescheid zur Gänze zu überprüfen und - gegebenenfalls - aufzuhebenSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. entschied mit Bescheid vom 8. Juli 1985 über die Berufungen des Bf., welche er gegen die an ihn ergangenen Bescheide des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bezirk in Wien betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 1979 - 1982 erhoben hatte. Der Spruch dieses Berufungsbescheides hat folgenden Wortlaut:
"Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die festgesetzten Abgaben betragen:
Bemessungsgrundlagen Abgaben
Jahr Art Höhe Art Höhe
1979 steuerpflichtige
Umsätze S 3464568,83 Umsatzsteuer S 211789,-
1980 steuerpflichtige
Umsätze S 3092179,31 Umsatzsteuer S 119116,-
1981 steuerpflichtige
Umsätze S 3425168,57 Umsatzsteuer S 119650,21
1982 steuerpflichtige
Umsätze S 2956719,94 Umsatzsteuer S 103401,-
1979 steuerpflichtiges Einkommensteuer S 523640,-
Einkommen S 1040395,- - Lohnsteuer S 118269,40
-----------
Abgabenschuld S 405371,-
1980 steuerpflichtiges Einkommensteuer S 387344,-
Einkommen S 806808,- - Lohnsteuer S 128989,60
-----------
Abgabenschuld S 258354,-
1981 steuerpflichtiges Einkommensteuer S 552140,-
Einkommen S 1087861,- - Lohnsteuer S 148615,80
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Abgabenschuld S 403524,-
1982 steuerpflichtiges Einkommensteuer S 213732,-
Einkommen S 510417,- - Lohnsteuer S 153795,60
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Abgabenschuld S 59936,-"
In der Bescheidbegründung legte die Finanzlandesdirektion insbesondere dar, daß jene Honorare des Bf. der Umsatzbesteuerung zu unterziehen seien, welche er als Abteilungsvorstand an einem Krankenhaus der Stadt Wien aufgrund von Sondergebühren bezogen hatte, die von Patienten der Sonderklasse entrichtet worden waren.
II. Dieser Bescheid der Finanzlandesdirektion ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
Der Bf. erklärt, der Bescheid werde "nur insofern bekämpft, als er die Einnahmen aus Sondergebühren
für 1979 in der Höhe von S 3,033.090.94
für 1980 in der Höhe von S 2,666.500.45
für 1981 in der Höhe von S 2,965.353.34
für 1982 in der Höhe von S 2,401.758.24
der Besteuerung durch die Umsatzsteuer unterwirft; der übrige Teil des Bescheides bleibt ausdrücklich unbekämpft."
Die Beschwerde enthält folgende Sachanträge:
"Der VfGH wolle
1. den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom 8. 7. 1985 (GZ: 6/1-1013/6/85, FA/St. Nr. 800/0676) was die Umsatzbesteuerung der Sondergebühren
für 1979 in der Höhe von S 3,033.090.94,
für 1980 in der Höhe von S 2,666.500.45,
für 1981 in der Höhe von S 2,965.353.34,
für 1982 in der Höhe von S 2,401.758.24
betrifft, wegen Verletzung des Gleichheitsrechtes dahingehend abändern, daß die genannten Einnahmen aus Sondergebühren als nicht steuerbarer Umsatz festgestellt werden;
in eventu
2. den genannten Bescheid hinsichtlich der Umsatzbesteuerung der Einnahmen aus Sondergebühren
für 1979 in der Höhe von S 3,033.090.94,
für 1980 in der Höhe von S 2,666.500.45,
für 1981 in der Höhe von S 2,965.353.34,
für 1982 in der Höhe von S 2,401.758.24
wegen Verletzung des Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums dahingehend abändern, daß die genannten Sondergebühren als nicht steuerbarer Umsatz festgestellt werden; ..."
III. Der VfGH hat erwogen:
Nach §87 Abs1 VerfGG hat das (vom VfGH zu fällende) Erkenntnis auszusprechen, ob eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte stattgefunden hat oder ob der Bf. wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt worden ist, und hat gegebenenfalls den angefochtenen Verwaltungsakt aufzuheben. Zu einer - wie vom Bf. angestrebt - reformatorischen Entscheidung in der Verwaltungssache selbst nach Art einer Rechtsmittelinstanz ist der VfGH hingegen nicht berufen (zB VfSlg. 10586/1985). Das demnach verfahrensrechtlich nicht zulässige Beschwerdebegehren kann auch nicht etwa - in Abkehr vom völlig klaren Wortlaut - dahin umgedeutet werden, daß der Bf. der Sache nach die gänzliche Aufhebung des Berufungsbescheides (im umsatzsteuerlichen Teil) beantragt, weil dies seiner (unter II. wiedergegebenen) ausdrücklichen Erklärung zuwiderliefe, daß der Bescheid der Finanzlandesdirektion im nicht kritisierten Teil unbekämpft bleibt. Diese Wertung des erörterten Beschwerdeinhalts entspricht im übrigen auch der ständigen Rechtsprechung des VfGH, daß er sich nicht für befugt hält, über einen ausdrücklichen Beschwerdeantrag hinauszugehen und einen bloß teilweise in Beschwerde gezogenen Bescheid zur Gänze zu überprüfen und - gegebenenfalls - aufzuheben (VfSlg. 10391/1985 mit Bezugnahme auf VfSlg. 9225/1981; vgl. in diesem Zusammenhang auch VfSlg. 8986/1980, 9440/1982, 9833/1983).
Die Beschwerde war sohin wegen der - hier offenbaren - Nichtzuständigkeit des VfGH gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Zuständigkeit, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Antrag, Auslegung eines AntragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B780.1985Dokumentnummer
JFT_10138871_85B00780_00