TE Vfgh Beschluss 1986/11/29 B648/84

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Veröffentlicht am 29.11.1986
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §86, §88

Leitsatz

VerfGG §§86, 88; Beschwerde der Anrainer gegen eine Baubewilligung; nach Rechtskraft der Baubewilligung abgegebene Verzichtserklärung der Bauwerber - Bauwerber kann aus der Bewilligung keine Rechte mehr ableiten; dies gilt auch für den Bereich der Wr. BauO; Einstellung des Verfahrens in sinngemäßer Anwendung des §86; kein Kostenzuspruch, da keine Klaglosstellung iS des §88

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Prozeßkosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

I. Der Magistrat der Stadt Wien erteilte dem Rechtsvorgänger der beiden Beteiligten mit Bescheid vom 22. Feber 1984 die baubehördliche Bewilligung zum Umbau eines zweistöckigen Studentenheimes und wies die von den bf. Anrainern erhobenen Einwendungen teils zurück und teils ab. Ihre Berufung blieb erfolglos. Gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Juni 1984, mit dem das Rechtsmittel abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt wurde, richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde.

II. Die Beteiligten teilten dem Magistrat mit Schreiben vom 23. Mai 1986 mit, daß sie auf die (mit Geschäftszahl und Datum des erstinstanzlichen Bescheides bezeichnete) Baubewilligung verzichten. Während die Bauoberbehörde im Hinblick auf diese Erklärung der Meinung ist, daß eine rechtskräftige, konsumierbare Baubewilligung nicht mehr vorliege und daher Klaglosstellung eingetreten sei, erachten sich die Bf. nicht als klaglosgestellt, weil der Verzicht erst nach Rechtskraft der Baubewilligung abgegeben wurde.

III. 1. Die vorliegende Beschwerdesache bietet dem VfGH keinen Anlaß, die in der Rechtsprechung für den Bereich des öffentlichen Rechts grundsätzlich bejahte Möglichkeit eines wirksamen Verzichts auf Ansprüche (s. zB VfSlg. 8726/1980 mit weiteren Judikaturhinweisen) näher zu erörtern. Schon aus der allgemein anerkannten freien Dispositionsbefugnis eines Bauwerbers, der für denselben Bauplatz mehrere Baubewilligungen erwirkt hat, nach seinem Gutdünken von einer der mehreren ihm zur Verfügung stehenden Bewilligungen Gebrauch zu machen (s. zB VwSlg. 7586/A/1969), wird nämlich deutlich, daß auch in beliebiger Weise ein Verzicht auf die Rechte aus einer baubehördlichen Bewilligung geleistet werden kann. So hat der VwGH in einem auf dem Boden der Oö Bauordnung zu beurteilenden Beschwerdefall angenommen, der in bezug auf eine Baubewilligung abgegebene Verzicht sei gültig und bewirke, daß der Bauwerber aus dieser keine Rechte mehr ableiten könne (VwGH 20. September 1983 Z 83/05/0056, 0057). Der VfGH schließt sich dieser Meinung an, die auch für den Bereich der Wr. Bauordnung (welche gleichfalls keine einer Verzichtleistung entgegenstehende Vorschriften enthält) zutrifft.

2. Da der angefochtene Bescheid nach dem Vorgesagten eine Baubewilligung betrifft, der keine Rechtswirkungen mehr zukommen, können die Bf. durch ihn in ihren Rechten nicht mehr verletzt sein. Das Beschwerdeverfahren war aus diesem Grund in sinngemäßer Handhabung des §86 VerfGG einzustellen.

3. Ein Zuspruch von Prozeßkosten kam nicht in Betracht, weil eine Klaglosstellung iS des §88 VerfGG nicht vorliegt.

Schlagworte

Baurecht, Baubewilligung, VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B648.1984

Dokumentnummer

JFT_10138871_84B00648_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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