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37 Geld-, Währungs-und KreditrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags einer Vermögensberatungs- und Versicherungsmaklergesellschaft auf Aufhebung einer Bestimmung des Bankwesengesetzes betreffend die Berechtigung zur Führung bestimmter Bezeichnungen (zB Bank) und der dazu gehörigen Strafbestimmung mangels Legitimation; strafbares Verhalten bereits gesetzt, Verwaltungsstrafverfahren anhängigSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Österreich, ist zur "gewerblichen Vermögensberatung mit Berechtigung zur Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten" berechtigt. Sie übt ihre Tätigkeit unter der Bezeichnung "Die Banckenmakler" aus und möchte diese Bezeichnung auch in Zukunft verwenden. Mit Vertrag vom 28. April 2006 hat die Antragstellerin die im Markenregister eingetragene Wortbildmarke "Die Banckenmakler" (mit blauer Schrift und rot geschriebenen "c") sowie die Domain "www.diebanckenmakler.at" von der BM Finanzdienstleistungs GmbH gekauft. Mit Antrag vom 26. Mai 2006 (beim Verfassungsgerichtshof am 29. Juni 2006 eingelangt) begehrte die antragstellende Gesellschaft, §94 Abs1 Bankwesengesetz (im Folgenden: BWG) in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2003 und §99 Z15 BWG in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001 jeweils zur Gänze gemäß Art140 B-VG wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG) sowie gegen das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit (Art6 Abs1 StGG) als verfassungswidrig aufzuheben. Sie begründet die behauptete Ungleichbehandlung im Wesentlichen damit, dass Personen, die Versicherungen vermitteln als Versicherungsmakler auftreten dürften, Bankenmaklern dies jedoch verwährt sei, da gemäß §94 Abs1 BWG Verwechslungsgefahr bestünde. Dadurch käme Banken eine Sonderstellung zu. Beide Branchen - Banken und Versicherungen - würden jedoch Geldbeträge entgegen nehmen und seien als wichtige Teile des Finanzsektors gleichermaßen schützenswert.
2. Die angefochtenen Bestimmungen lauten:
§94 Abs1 BWG, BGBl. Nr. 532/1993 idF BGBl. I Nr. 35/2003, lautet:
"(1) Die Bezeichnungen 'Geldinstitut', 'Kreditinstitut', 'Kreditunternehmung', 'Kreditunternehmen', 'Bank', 'Bankier' oder eine Bezeichnung in der eines dieser Wörter enthalten ist, dürfen - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - nur Unternehmen, die zum Betrieb von Bankgeschäften berechtigt sind, führen. Unternehmen, die ausschließlich zum Betrieb von Finanzdienstleistungsgeschäften gemäß §1 Abs1 Z19 oder des Finanztransfergeschäftes gemäß §1 Abs1 Z23 berechtigt sind, dürfen jedoch die im ersten Satz genannten Bezeichnungen nicht führen. Unternehmen, die ausschließlich zum Wechselstubengeschäft berechtigt sind, dürfen sich nur als Wechselstuben bezeichnen."
§99 Z15 BWG lautet im Zusammenhang mit der Einleitung und dem Schluss des §99, BGBl. Nr. 532/1993 idF BGBl. I Nr. 48/2006:
"Wer
[...]
15. ohne hiezu berechtigt zu sein die Bezeichnung [...] 'Bank', 'Bankier' [...] oder eine Bezeichnung in der eines dieser Wörter enthalten ist, entgegen §94 führt [;] begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu 30.000 Euro zu bestrafen."
3. Die Antragstellerin begehrt mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten Antrag, die zitierten Gesetzesbestimmungen jeweils zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben, und regt die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wegen Verstoßes der o.a. Bestimmungen gegen Wettbewerbs- und Kartellrecht an. Sie stellt ferner den "Zwischenantrag", der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass die Verwendung der Bezeichnung "Die Banckenmakler" im Rahmen der Ausübung ihres Gewerbes im Einklang mit §94 Abs1 BWG stehe.
4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung des Antrags, in eventu dessen Abweisung begehrt.
Zur Zulässigkeit des Antrags führt sie aus, dass die Antragstellerin nicht aktuell betroffen sei, dass das Antragsbegehren zu weit gefasst sei, dass die bekämpften Gesetzesstellen nicht genau und eindeutig bezeichnet seien und dass ein anderer zumutbarer Weg bestehe, die behauptete Verfassungswidrigkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Unter anderem führte die Bundesregierung aus, dass gegen den Geschäftsführer und Alleingesellschafter bereits ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig sei und legt zum Nachweis eine von der Finanzmarktaufsichtsbehörde an Herrn B.L. gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung bei. Aus dem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Firmenbuchauszug vom 11. September 2006 ergibt sich, dass diese Person nunmehr Alleingesellschafter und Geschäftsführer der antragstellenden Gesellschaft ist.
II. Der Antrag ist nicht zulässig:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Gesetze nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).
Dem Antragsteller ist es jedoch nicht zumutbar, sich (straf- oder zivilrechtlich) rechtswidrig zu verhalten, um - durch Provozierung eines Verfahrens zur Ahndung seines rechtswidrigen Verhaltens - eine Normprüfung durch den Verfassungsgerichtshof zu initiieren (VfSlg. 8396/1978, 8464/1978, 13.659/1993 uva), es sei denn, ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren ist oder war schon anhängig (VfSlg. 8890/1980, 11.481/1987, 11.684/1988 uva).
Aus dieser Rechtsprechung ist für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen, da jenes Verhalten der Geschäftsführung der Antragstellerin, das gemäß ihrem Vorbringen zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gemäß §99 Z15 BWG führen könnte, bereits von der Geschäftsführung gesetzt worden ist (vgl. etwa die Internet-Homepage der Antragstellerin: www.diebanckenmakler.at) und diese sich daher nicht erst rechtswidrig verhalten müsste, nur um die Frage an den Verfassungsgerichtshof herantragen zu können, ob die angefochtenen Bestimmungen verfassungswidrig sind (vgl. VfSlg. 17.093/2003). Nach Einbringung des Antrages wurde auch bereits ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den (nunmehr) alleinigen Geschäftsführer eingeleitet. Diesem ist es zumutbar, im bereits anhängigen Verfahren im Wege einer Beschwerde nach Art144 B-VG die von der Antragstellerin relevierten verfassungsrechtlichen Fragen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
2. Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Antragstellung nach dem letzten Satz des Art140 Abs1 B-VG sind daher nicht gegeben. Bei diesem Ergebnis war nicht näher zu untersuchen, ob der Antrag nicht auch aus anderen von der Bundesregierung angeführten Gründen oder wegen Fehlens der Betroffenheit einer Kapitalgesellschaft in einem (drohenden oder bereits anhängigen) Verwaltungsstrafverfahren gegen ihre Organe zurückzuweisen ist.
3. Die Zurückweisung des vorliegenden Antrages konnte ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, BankwesenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:G117.2006Dokumentnummer
JFT_09938996_06G00117_00