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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
Krnt BauO 1969 §6 ffLeitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Gd. Weißenstein, mit dem ua. eine Parzelle der Bf. von "Grünland-Steinbruch" in "Grünland-Forstwirtschaft" umgewidmet wurde; Möglichkeit eines förmlichen Antrages auf Erteilung einer Baubewilligung nach §6 Abs1 Ktn. BauO - für das nach der Ktn. BauO vorgesehene Vorprüfungsverfahren sind (kostspielige) Planunterlagen nicht erforderlich; notwendige Beibringung eines Beleges über das Eigentum und einer skizzenhaften zeichnerischen Darstellung des Vorhabens zumutbar; Mangel der AntragslegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Weißenstein vom 25. Oktober 1985, Z 610-1/85/Sta - genehmigt mit Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 3. Feber 1986, Z Ro 116/3/1986 -, wurde ua. die im Eigentum der E Z stehende Parzelle .../7, KG Weißenstein, von "Grünland-Steinbruch" in "Grünland-Forstwirtschaft" umgewidmet.
1.2. E Z stellte in der Folge beim VfGH den der Sache nach auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag, die einleitend bezeichnete Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Weißenstein zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Über die Zulässigkeit des Antrages nach Art139 Abs1 B-VG wurde erwogen:
2.1. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG idF BGBl. 302/1975 erkennt der VfGH "über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; ..."
2.2.1. Wie der VfGH in ständiger Judikatur - beginnend mit seinen Beschl. VfSlg. 8009/1977 zu Art140 B-VG und VfSlg. 8058/1977 zu Art139 B-VG - ausführte, erfordert die Antragslegitimation nicht nur, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch die als verfassungs-(gesetz-)widrig angefochtene Gesetzes-(Verordnungs-)Bestimmung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern sie setzt auch voraus, daß dieses Gesetz (diese V) für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz (die angefochtene V) die Rechtssphäre der betreffenden (natürlichen oder juristischen) Person berührt und - im Fall der Verfassungs-(Gesetz-)widrigkeit - verletzt. Jedoch nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsberechtigung zu; es ist vielmehr auch notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz (die V) selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Ein solcher, die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person muß jedenfalls nach Art und Ausmaß durch das Gesetz (die V) eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen. Ein derartiger "unmittelbarer" Eingriff ist aber dann nicht gegeben, wenn dem Antragsteller zur Abwehr der - ihm durch die angebliche Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Gesetzes (Gesetzwidrigkeit der angefochtenen V) entstandenen - Rechtsverletzung ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht. Dazu legte der VfGH bereits in wiederholten Entscheidungen (vgl. etwa VfSlg. 8890/1980 und die dort zitierte Judikatur) dar, daß das mit Art139 Abs1 und Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen Normunterworfenen eingeräumte Rechtsinstrument dafür bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen - gleichsam lückenschließend - nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht in Betracht kommt; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit der grundsätzlichen Aufgabe des Individualantrages, bloß subsidiärer Rechtsbehelf zu sein, keineswegs im Einklang stünde.
2.2.2. Im vorliegenden Fall steht der Antragstellerin - welche ua. der Sache nach einwendet, die besagte Parzelle in Hinkunft nicht gewerblich als Steinbruch nutzbar machen zu können - allerdings ein ihr zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit des - als Verordnung zu qualifizierenden (s. VfSlg. 8697/1979, 9135/1981) - Flächenwidmungsplanes zur Verfügung, wie folgende Erwägungen zeigen:
Nach §6 Abs1 der Ktn. Bauordnung, LGBl. 48/1969 idF LGBl. 56/1985 (im folgenden: KBO), hätte die Antragstellerin nämlich die Möglichkeit, einen förmlichen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung (für die Errichtung oder Abänderung eines entsprechenden Gebäudes oder einer sonstigen baulichen Anlage) einzubringen (vgl. §3 Abs2 und 3 (Ktn.) Gemeindeplanungsgesetz 1982). Ein Antrag dieser Art hat zwar gemäß §6 Abs2 KBO Art, Lage, Umfang und Verwendung des Vorhabens anzugeben; auch sind ihm gemäß §8 KBO ein Beleg über das Eigentum (oder über die Zustimmung des Eigentümers) sowie skizzenhafte zeichnerische Darstellungen anzuschließen, die eine Beurteilung des Vorhabens nach Lage, Größe und Form ermöglichen. Doch bedarf es in diesem Verfahren nicht der Beibringung der für eine umfassende Beurteilung erforderlichen Pläne und Beschreibungen (§7 Abs1 Z4 iVm. §8 KBO). Über einen solchen Antrag hätte gemäß §9 KBO zunächst eine behördliche Vorprüfung stattzufinden, bei der gemäß §9 Abs2 litb KBO ua. festzustellen ist, ob dem Vorhaben der Flächenwidmungsplan entgegensteht. Träfe dies zu, so hätte die Behörde den Antrag gemäß §11 Abs1 KBO mit Bescheid abzuweisen.
Der Antragstellerin stünde es frei, gegen diesen Bescheid nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes Beschwerde zu führen, im Beschwerdeverfahren vor dem VfGH die Gesetzwidrigkeit der (dort im Hinblick auf die Versagung nach §9 Abs2 litb KBO jedenfalls präjudiziellen) Änderung des Flächenwidmungsplanes geltend zu machen und auf diese Weise eine gegebenenfalls von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung der Verordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit zu erwirken (VfSlg. 9135/1981, 9987/1984; VfGH 24. September 1983 V25/81, V16/83).
2.2.3. Soweit in anderen Verfahren Individualanträge gegen Flächenwidmungspläne für zulässig erachtet wurden (vgl. zB VfSlg. 8463/1978 und VfSlg. 8697/1979), ging der VfGH dabei davon aus, daß - in diesen Fällen - ein förmliches Baubewilligungsansuchen deshalb nicht in Betracht komme (nicht zumutbar sei), weil von den Antragstellern nicht erwartet werden könne, daß sie allein zu diesem Zweck alle für eine Baubewilligung erforderlichen (kostspieligen) Planunterlagen anfertigen lassen. Wie jedoch bereits oben dargetan, sind für das Vorprüfungsverfahren nach der KBO Planunterlagen gar nicht erforderlich. Die allein notwendige Beibringung eines Beleges über das Eigentum und einer skizzenhaften zeichnerischen Darstellung des Vorhabens aber ist jedenfalls zumutbar (VfSlg. 9135/1981, 9987/1984).
2.3. Aus all dem folgt daß der Antragstellerin schon aus dem dargelegten Grund die Legitimation zur Stellung des in Behandlung stehenden Antrages nach Art139 Abs1 B-VG fehlt. Ihr Antrag war darum gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 - in nichtöffentlicher Sitzung - als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß es einer weiteren Prüfung bedurfte, ob hier alle übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:V22.1986Dokumentnummer
JFT_10138797_86V00022_00