TE Vfgh Erkenntnis 1986/12/6 B787/84

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Veröffentlicht am 06.12.1986
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Index

60 Arbeitsrecht
60/04 Arbeitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art133 Z4
HeimarbeitsG 1960 §34 Abs1
HeimarbeitsG 1960 §40

Leitsatz

HeimarbeitsG; Heimarbeitstarif für die Herstellung oder Bearbeitung von Korb- und Bastwaren; Festsetzung der Mindeststückentgelte durch die Berufungskommission für Heimarbeit beim Bundesministerium für soziale Verwaltung zT nach diesem Heimarbeitstarif; die Berufungskommission für Heimarbeit beim Bundesministerium für soziale Verwaltung ist eine Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG; keine Bedenken gegen die Höhe des Heimarbeitstarifes; Entscheidung der Berufungskommission in einer §40 HeimarbeitsG entsprechenden Zusammensetzung - kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die bf. Gesellschaft erzeugt kunstgewerbliche Gegenstände in Holz, Feinflechtmaterialien, Korb und Textilien. Die Erzeugung wird zT in Heimarbeit durchgeführt. Die Bf. entlohnte ihre Heimarbeiter hinsichtlich der im Verwaltungsverfahren streitgegenständlichen Arbeitsstücke nach dem Heimarbeitstarif für die nichtqualifizierte Herstellung oder Bearbeitung von kunstgewerblichen Artikeln aller Art.

Nach Durchführung eines Entgeltberechnungsverfahrens, in dem Verfahrensgegenstand die Frage der Berechnung der Stückzeit, insbesondere aber die qualitative Zuordnung der Arbeitsleistung zum Anwendungsbereich verschiedener Heimarbeitstarife war, wurden mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Berufungskommission für Heimarbeit beim Bundesministerium für soziale Verwaltung vom 28. August 1984 die Mindeststückentgelte zT nach dem Heimarbeitstarif für die nichtqualifizierte Herstellung oder Bearbeitung von kunstgewerblichen Artikeln aller Art auf Basis eines Stundenlohnes ab 1. September 1983 von 31,50 S, zT aber nach dem Heimarbeitstarif für die Herstellung oder Bearbeitung von Korb- und Bastwaren auf Basis eines Stundenlohnes ab 1. Mai 1983 von 45,80 S festgesetzt.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und eine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer für gesetzwidrig erachteten Verordnung, des Heimarbeitstarifs für das Herstellen und Bearbeiten von Korb- und Bastwaren, dessen amtswegige Überprüfung angeregt wird, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheids beantragt wird.

Die bel. Beh. hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Die Berufungskommission für Heimarbeit beim Bundesministerium für soziale Verwaltung ist eine Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG (VfSlg. 3574/1959). Ihre Bescheide unterliegen gemäß §40 Abs4 HeimarbeitsG nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Der Instanzenzug ist daher erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

2. a) §34 Abs1 HeimarbeitsG ermächtigt die Heimarbeitskommissionen, für die ihrer Zuständigkeit unterworfenen Zweige Heimarbeitstarife zu beschließen, durch die Arbeits- und Lieferungsbedingungen für Heimarbeiter, Zwischenmeister und Mittelspersonen geregelt werden. Darin liegt, wie der VfGH in VfSlg. 3573/1959 erkannt hat, keine schrankenlose Ermächtigung zur Bestimmung von Entgelten für Leistungen; vielmehr ist diese Bestimmung so zu verstehen, daß sie die Heimarbeitskommissionen ermächtigt, die Höhe einer angemessenen Entlohnung zu ermitteln und festzustellen. Diese Feststellung ist nachprüfbar (vgl. auch VfSlg. 5487/1967).

b) Von diesem Verständnis des §34 Abs1 HeimarbeitsG geht auch die Beschwerde aus und nimmt sie zum Anknüpfungspunkt für ihre Auffassung, daß der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Heimarbeitstarif für die Herstellung oder Bearbeitung von Korb- und Bastwaren unangemessen hoch sei. Sie vertritt die Ansicht, daß das Heimarbeitsrecht in weiten Bereichen eine Angleichung der Rechtspositionen der Heimarbeiter an die der Arbeitnehmer vornimmt und folgert daraus:

"Bei der Prüfung der Angemessenheit eines Heimarbeitstarifes wird daher ein Vergleich mit der den Betriebsarbeitern gebührenden Entlohnung durchzuführen sein, wobei zu berücksichtigen sein wird, daß Heimarbeiter keine Kosten für die Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte zu tragen haben, keine Zeit für diese Fahrt aufwenden müssen und keine Kosten für die Einnahme einer Mahlzeit außerhalb ihrer Wohnung zu tragen haben.

Weiters wird bei der Überprüfung der Angemessenheit eines Heimarbeitstarifes ein Vergleich mit den Heimarbeitstarifen durchzuführen sein, die ähnliche Tätigkeiten regeln, insbesondere Tätigkeiten, die vorwiegend in Betrieben, die demselben Kollektivvertrag zugehörig sind, geleistet werden."

Der in Rede stehende Heimarbeitstarif schreibe als Berechnungsgrundlage für die Stückentgelte bei einem in Heimarbeit Beschäftigten einen Stundenlohn von 45,80 S vor. Dieser Stundenlohn gelte unabhängig von der Schwierigkeit der in Auftrag gegebenen Arbeit und der vorausgesetzten Qualifikation.

Die Beschwerde vergleicht nun diesen Stundenlohn mit den in den einschlägigen Heimarbeitstarifen vorgesehenen Stundenlöhnen für die Herstellung oder Bearbeitung von Bürsten und Pinseln sowie von Drechsler- und sonstigen Holzwaren in der Höhe von 41 S, für die qualifizierte Herstellung von kunstgewerblichen Artikeln aller Art in der Höhe von 42 S und für die nichtqualifizierte Herstellung oder Bearbeitung von kunstgewerblichen Artikeln aller Art in der Höhe von 31,50 S. Sie folgert daraus, daß der für sie angewandte Heimarbeitstarif überhöhte Stundenlöhne vorsehe.

Sodann vergleicht die Beschwerde den im Heimarbeitstarif vorgesehenen Stundenlohn mit dem entsprechenden Stundenlohn für Betriebsarbeiter und führt dazu aus:

Aus der "Tatsache, daß bei Geltungsbeginn des Tarifes T V/7/22-1983 für die Betriebsarbeiter in Mitgliedsbetrieben der Innung der Korb- und Möbelflechter in der Lohngruppe V ein Stundenlohn von S 45,80 (Kollektivvertrag für das holzverarbeitende Gewerbe Österreichs) in Geltung war, war eine Angemessenheit des als Berechnungsgrundlage vorgeschriebenen Stundenlohnes in dieser Höhe nicht zu begründen. Bei Berücksichtigung des geringen Aufwandes, der den Heimarbeitern erwächst, da sie die Arbeitsstätte selbst wählen können, muß der der Berechnung der Heimarbeitsentgelte zugrunde zu legende Stundenlohn, soll er angemessen sein, unter dem für die Betriebsarbeiter geltenden Stundenlohn liegen. Dies ist auch bei anderen Heimarbeitstarifen der Fall. Ein Stundenlohn von S 45,80 bei Vergabe von Korb- und Bastwaren in Heimarbeit ist, wenn man einen Vergleich mit dem zuletzt in Geltung gestandenen Betriebsarbeitermindestlohn und den Heimarbeitstarifen für die Herstellung und Bearbeitung von kunstgewerblichen Artikeln und von Drechsler- und sonstigen Holzwaren durchführt, nicht angemessen."

c) Zu dem von der Beschwerde angestellten Vergleich zwischen Heimarbeitern und Betriebsarbeitern führt die bel. Beh. in der Gegenschrift u.a. folgendes aus:

"Die Bf. meint zu Recht, daß bei der Prüfung der Angemessenheit eines Heimarbeitstarifes ein Vergleich mit der den Betriebsarbeitern gebührenden Entlohnung durchzuführen sei. Im ggst. Heimarbeitstarif ist die Orientierung an den Betriebsarbeiterlöhnen besonders geboten, da die von den Heimarbeitern verrichteten Arbeiten auch im Betrieb durchgeführt werden. Nach dem Kollektivvertrag für das holzverarbeitende Gewerbe (Beilage A), der auch das Korbflechtergewerbe erfaßt, beträgt der Stundenlohn eines Hilfsarbeiters S 45,80, der eines Facharbeiters S 52,20.

Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, daß es sich bei der Entlohnung der Heimarbeiter um eine Stückentlohnung handelt und ihr Lohn somit ein reiner Leistungslohn ist, der unabhängig von der vom Heimarbeiter tatsächlich für die Stückherstellung oder -bearbeitung aufgewendeten Zeit gezahlt wird. Der Unternehmer hat daher auch kein Risiko, wenn der Heimarbeiter langsamer arbeitet und für die Fertigung des Stückes mehr Zeit, als die Vorgabezeit beträgt, benötigt. Dieser Ähnlichkeit mit der Akkordarbeit wurde in anderen Heimarbeiterregelungen durch Festsetzung von Akkordzuschlägen auf die jeweiligen Kollektivvertragslöhne Rechnung getragen; so sieht etwa der Metall-Heimarbeitsgesamtvertrag vor, daß die Stückentgelte der Heimarbeiter aufgrund der jeweiligen Kollektivvertragslöhne für die eisen- und metallerzeugende Industrie bzw. das eisen- und metallverarbeitende Gewerbe zusätzlich eine Zulage von 20% für die Normalleistung zu errechnen sind.

Im Hinblick darauf, daß die Heimarbeitskommission im Heimarbeitstarif für die Herstellung oder Bearbeitung von Korb- und Bastwaren nicht nur keinen Akkordzuschlag vorsah, sondern sich darüber hinaus bei der Festsetzung des Stundenlohnes am Hilfsarbeiterlohn - und nicht am Facharbeiterlohn - des Kollektivvertrages für das holzverarbeitende Gewerbe orientierte, obwohl dieser Tarif auf Arbeiten Anwendung findet, die qualifizierte Tätigkeiten in sich schließen und zT auf kreativen Eigenschöpfungen beruhen, kann von der Festsetzung eines unangemessen hohen Stundenlohnes keine Rede sein."

Zur Entwicklung der in den einschlägigen Heimarbeitstarifen festgelegten Stundenentlohnungen und ihrer Relation zu den kollektivvertraglichen Regelungen wird ausgeführt:

"Da die Löhne der Betriebsarbeiter in Mitgliedsbetrieben der Bundesinnung der Bürsten- und Pinselmacher, Drechsler, Holzbildhauer und Spielzeughersteller kollektivvertraglich geregelt sind, wurden den Stundenlöhnen der von der Bf. ebenfalls zum Vergleich herangezogenen Heimarbeitstarife für die Herstellung oder Bearbeitung von Bürsten und Pinseln sowie von Drechsler und sonstigen Holzwaren die Kollektivvertragslöhne der Betriebsarbeiter zugrundegelegt.

Für diese ist - wie für die Korb- und Möbelflechter - der Kollektivvertrag für das holzverarbeitende Gewerbe maßgebend, durch den mit Wirksamkeit ab 1. 5. 1981 für beide Gewerbegruppen ein Hilfsarbeiterstundenlohn von S 41,- festgelegt wurde. Dementsprechend wurden in den Heimarbeitstarifen für die Herstellung oder Bearbeitung von Korb- und Bastwaren, T V/7/19-1981, für die Herstellung oder Bearbeitung von Bürsten und Pinseln, T V/7/17-1981, und für die Herstellung oder Bearbeitung von Drechsler- und sonstigen Holzwaren, T V/7/16-1981, die Stundenlöhne mit jeweils S 41,- ab 1. 5. 1981 festgesetzt.

Mit Wirksamkeit ab 1. 5. 1983 wurde der kollektivvertragliche Hilfsarbeiterstundenlohn auf S 45,80 erhöht, doch sind vom Geltungsbereich dieses Kollektivvertrages nur die Mitgliedsbetriebe der Innung der Binder, Korb- und Möbelflechter, nicht jedoch die der Innung der Bürsten- und Pinselmacher, Drechsler, Holzbildhauer und Spielzeughersteller erfaßt. Entsprechend dieser Erhöhung des Kollektivvertragslohnes wurde der Stundenlohn des Korb- und Bastwarentarifes ebenfalls auf S 45,80 erhöht (T V/7/22-1983). Durch den Heimarbeitstarif für die Herstellung oder Bearbeitung von Bürsten und Pinseln, T V/7/27-1984, und den Heimarbeitstarif für die Herstellung von Drechsler- und sonstigen Holzwaren, T V/7/26-1984, wurden die Stundenlöhne dem Kollektivvertragsniveau entsprechend erneut mit S 41,- festgesetzt, da die früheren Heimarbeitstarife bereits außer Kraft getreten waren.

Zur unterschiedlichen Kostensituation zwischen Betriebsarbeitern und Heimarbeitern verweist die Gegenschrift darauf, daß hinsichtlich des Weges zur Betriebsstätte der Heimarbeitstarif vom Regelfall ausgehe, daß sich die Heimarbeiter ihre Arbeit vom Auftraggeber selbst abholen und zurückbringen, sodaß für Heimarbeiter ein Zeit- und Kostenaufwand für die Fahrt von der Wohnung zum Auftraggeber gegeben sei. Auch der Hinweis darauf, daß Heimarbeiter keine Kosten für die Aufnahme einer Mahlzeit außerhalb ihrer Wohnung zu tragen hätten, treffe in dieser Allgemeinheit nicht zu, da es für Betriebsarbeiter häufig vom Unternehmen unterstützte Betriebskantinen uä. gäbe.

Zu dem von der Beschwerde angestellten Vergleich mit anderen Heimarbeitstarifen, die ähnliche Tätigkeiten regeln, führt die bel. Beh. zunächst aus, daß die Tätigkeit des Korb- und Möbelflechters an sich eine qualifizierte Tätigkeit sei und daß die unter den Heimarbeitstarif für die Herstellung oder Bearbeitung von Korb- und Bastwaren fallenden Tätigkeiten Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern, die im Berufsbild der Korb- und Möbelflechter, bei denen es sich um einen Lehrberuf mit entsprechender Lehrabschlußprüfung handle, aufscheinen. Daraus folgert die bel. Beh.:

"Aus diesen Gründen kommt der von der Bf. angeführte Heimarbeitstarif für die nichtqualifizierte Herstellung oder Bearbeitung von kunstgewerblichen Artikeln, der einen Stundenlohn von nur S 31,50 vorsieht, für einen Vergleich nicht in Betracht.

Der im Heimarbeitstarif für die qualifizierte Herstellung oder Bearbeitung von kunstgewerblichen Artikeln festgesetzte Stundenlohn von S 42,- ist nicht wesentlich niedriger als der Stundenlohn des Korb- und Bastwarentarifes. Der Unterschied zum Korbmacherlohn ist schon dadurch sachlich begründet, daß Kunstgewerbe im Gegensatz zur Korb- und Möbelflechterei kein Lehrberuf ist und außerdem ein großes Spektrum an unterschiedlichen Tätigkeiten erfaßt."

d) Die bf. Gesellschaft geht - entsprechend der oben zitierten Judikatur des VfGH von der richtigen Prämisse aus, daß die Frage, ob ein Heimarbeitstarif das Entgelt in angemessener Höhe festlegt, vom VfGH im Rahmen eines Verordnungsprüfungsverfahrens überprüft werden kann. Auch ist ihr zuzustimmen, daß die Methode des Vergleichs eines Heimarbeitstarifs mit den kollektivvertraglichen Vereinbarungen von Mindestlöhnen, die Betriebsarbeitern für vergleichbare Arbeiten zu bezahlen sind, an sich tauglich ist, um die Angemessenheit der Festlegungen im Heimarbeitstarif zu überprüfen. Auch ist es richtig, daß im Regelfall der Heimarbeitstarif - wohl im Hinblick auf die in der Beschwerde genannten Gründe - unter den vergleichbaren Stundenlöhnen für Betriebsarbeiter liegt.

In der Beschwerde wird aber übersehen, daß die Heimarbeitskommission bei der konkreten Festlegung der Höhe des Stundenlohns für Heimarbeiter berechtigt ist, neben den Umständen, deren Berücksichtigung für die Heimarbeiter kostensparend wirkt, auch andere Faktoren ins Kalkül zu ziehen: Wenn die Heimarbeitskommission bei der Festlegung des angemessenen Stundenlohnes jenen Momenten, die sich für die Heimarbeiter im Vergleich zu Betriebsarbeitern kostensparend auswirken, auch Momente gegenüberstellt, die sich auf seiten des Unternehmers kostensparend auswirken, wie etwa die durch die Heimarbeiter erfolgte Bereitstellung der Arbeitsstätte, deren Instandhaltung, Reinigung, Beleuchtung, Beheizung usw., sowie auch jene Argumente berücksichtigt, die die bel. Beh. vorgetragen hat (vgl. oben Punkt II.2.c), so bleibt sie nach Ansicht des VfGH innerhalb des ihr vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraums.

Im vorliegenden Fall, in dem die Heimarbeitskommission den Stundenlohn für Heimarbeiter, die eine qualifizierte Arbeit bei der Herstellung oder Bearbeitung von Korb- und Bastwaren verrichten, in Anlehnung an den Stundenlohn eines Hilfsarbeiters nach dem Kollektivvertrag für das holzverarbeitende Gewerbe, der auch das Korbflechtergewerbe erfaßt, festgesetzt hat, hat sie nach Auffassung des VfGH diesen ihr eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten.

An dieser Beurteilung vermag auch der Hinweis auf andere Heimarbeitstarife nichts zu ändern, in denen niedrigere Stundenlöhne festgesetzt sind. Obwohl diese Methode - angesichts der Schwierigkeit des Vergleichs verschiedener Arbeitsleistungen und angesichts der Tatsache, daß ein Auseinanderfallen von verschiedenen Lohnfestsetzungen für sich noch nicht erweist, daß die höhere der beiden Festsetzungen unangemessen ist - nur bedingt zur Überprüfung der Angemessenheit festgesetzter Entlohnungen geeignet ist, vermag ein solcher Vergleich in Kombination mit anderen Faktoren als Indiz für die Angemessenheit oder Unangemessenheit zu dienen. Eine solche Gesamtbetrachtung zeigt nun tatsächlich, daß der Stundenlohn durch den hier in Rede stehenden Heimarbeitstarif relativ hoch festgelegt wird. Doch ist der VfGH angesichts der absoluten Höhe des festgelegten Stundenlohns, seinem eben dargelegten Verhältnis zu den Kollektivvertragslöhnen und der nur knapp 10% betragenden Differenz zum Stundenlohn nach dem Heimarbeitstarif für die qualifizierte Herstellung oder Bearbeitung von kunstgewerblichen Artikeln (der wohl die nächstliegende Vergleichsbasis bietet) der Auffassung, daß der in Rede stehende Heimarbeitstarif noch als angemessen qualifiziert werden kann.

Da der VfGH auch sonst keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angewendeten Verordnung hat - insbesondere scheint es ihm unbedenklich, daß der Heimarbeitstarif lediglich auf die Art der durch den Heimarbeiter verrichteten Tätigkeit, nicht aber auf branchenspezifische Rahmenbedingungen abstellt -, sah er sich nicht veranlaßt, das von der bf. Gesellschaft angeregte Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten.

3. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sieht die bf. Gesellschaft darin verletzt, daß für die Sitzung der Berufungskommission für Heimarbeit beim Bundesministerium für soziale Verwaltung nicht die erforderliche Anzahl der Beisitzer geladen worden sein soll, weshalb die Berufungskommission nicht in gesetzmäßiger Zusammensetzung entschieden habe.

Gemäß §40 HeimarbeitsG verhandelt und entscheidet die Berufungskommission in Senaten, denen der Vorsitzende der Kommission oder einer seiner Stellvertreter als Vorsitzender, zwei Beisitzer aus der Gruppe der Auftraggeber und zwei Beisitzer aus der in Betracht kommenden Gruppe der Heimarbeiter, Zwischenmeister oder Mittelspersonen angehören. Gemäß §40 Abs3 leg. cit. sind die Senate beschlußfähig, wenn außer dem Vorsitzenden wenigstens je ein Beisitzer aus den in Betracht kommenden Gruppen anwesend ist. Sind die Mitglieder einer stimmberechtigten Gruppe in der Überzahl, so hat das jüngere der beiden Mitglieder dieser Gruppe kein Stimmrecht.

Aus den von der bel. Beh. vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß vom Vorsitzenden des Senats je zwei Mitglieder der Gruppe der Auftraggeber und der Gruppe der Heimarbeiter geladen waren, wobei sich aus diesen beiden Gruppen je ein Beisitzer entschuldigt hat.

Der Senat war daher ordnungsgemäß einberufen und zusammengesetzt, weshalb der Vorwurf der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ins Leere geht.

4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die bf. Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Arbeitsrecht, Heimarbeit, Kollegialbehörde, Behördenzusammensetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:B787.1984

Dokumentnummer

JFT_10138794_84B00787_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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