Index
L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Bgld. KanalabgabenG; BeitragsV der Marktgemeinde Hornstein vom 28. Juni 1985; keine Gleichheitsbedenken gegen die Regelung des Nachtragsbeitrages im KanalabgabenG, kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip, keine unzulässige Doppelbesteuerung; zum Begriff der Interessentenbeiträge iS des §14 Abs1 Z14 FAG 1985; Ausschreibung von Benützungsgebühren auch für Einrichtungen, die nicht im Eigentum der Gemeinde stehen, zulässig; keine Bedenken gegen die BeitragsV - kein Widerspruch zu §15 Abs4 Bgld. KanalabgabenG, kein gesetzwidriges Vorgehen bei Erlassen der Verordnung; keine denkunmögliche oder willkürliche Vorschreibung eines vorläufigen Nachtragsbeitrages nach §§2 und 9 Bgld. KanalabgabenG iVm. der BeitragsVSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid vom 1. August 1985 schrieb der Bürgermeister der Marktgemeinde Hornstein dem Bf. gemäß §§2 und 9 des (Burgenländischen) Kanalabgabengesetzes (KAbG), LGBl. 41/1984, iVm. der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Hornstein vom 28. Juni 1985 über die Erhebung eines vorläufigen Nachtragsbeitrages, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 1. Juli bis zum 16. Juli 1985 (im folgenden kurz "Beitragsverordnung" bezeichnet), einen vorläufigen Nachtragsbeitrag in der Höhe von 9510,60 S zur Leistung vor.
Die nach Ausschöpfung des Instanzenzuges in der Gemeinde erhobene Vorstellung wies die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung mit Bescheid vom 22. Mai 1986 ab.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Bf. in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich einzelner Bestimmungen des KAbG) und einer gesetzwidrigen Verordnung (nämlich der erwähnten Beitragsverordnung) in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
3. Die bel. Beh. und die Marktgemeinde Hornstein haben die Verwaltungs- und Verordnungsakten vorgelegt und in Gegenschriften die Verfassungsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides verteidigt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. a) §2 Abs1 KAbG ermächtigt die Gemeinden, durch Verordnung des Gemeinderates Kanalisationsbeiträge (Erschließungsbeitrag, vorläufiger Anschlußbeitrag, Anschlußbeitrag, Ergänzungsbeitrag, vorläufiger Nachtragsbeitrag, Nachtragsbeitrag) zur Deckung der Errichtungskosten der Kanalisationsanlage nach den näheren Bestimmungen des Gesetzes zu erheben. An Kanalisationsbeiträgen darf jedoch jeweils insgesamt nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen für die Kanalisationsanlage entspricht.
Nach §3 Abs1 ist der Beitragssatz vom Gemeinderat durch Verordnung festzusetzen. Er darf jenen Betrag nicht überschreiten, der sich aus der Teilung der abgerechneten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage durch die um 10 vH erhöhte Summe aller Berechnungsflächen gemäß §5 Abs2 - dies sind die für die Berechnung herangezogenen Flächen mit einem Bewertungsfaktor vervielfacht - ergibt. Nach Abs2 des §3 kann der Beitragssatz neu festgesetzt werden, wenn sich aufgrund einer Änderung der Kanalisationsanlage die der letzten Festsetzung des Beitragssatzes zugrundeliegenden Baukosten um mindestens 2 vH erhöht haben.
§5 KAbG regelt die Berechnung des Anschlußbeitrages, der für jene Grundstücke zu erheben ist, für die eine Anschlußverpflichtung oder eine Anschlußbewilligung rechtskräftig ausgesprochen wurde (Abs1); insbesondere werden in Abs2 die Bewertungsfaktoren für die einzelnen bebauten Flächen zur Ermittlung der Berechnungsfläche iS des §3 Abs2 bestimmt. §6 ermöglicht die Vorschreibung eines vorläufigen Anschlußbeitrages, der ab Rechtskraft des Bescheides über die wasserrechtliche Bewilligung der Errichtung oder Änderung der Kanalisationsanlage vorgeschrieben werden kann, seine Höhe ist mit 30% des - unter Zugrundelegung der veranschlagten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage berechneten - Beitragssatzes begrenzt (Abs2). Der vorläufige Anschlußbeitrag ist in der Höhe des tatsächlich geleisteten Betrages auf den Anschlußbeitrag anzurechnen (§5 Abs4).
Nach §8 Abs1 KAbG ist ein Nachtragsbeitrag zum Anschlußbeitrag zu erheben, wenn der Beitragssatz gemäß §3 Abs2 (also dann, wenn sich aufgrund einer Änderung der Kanalisationsanlage die der letzten Festsetzung des Beitragssatzes zugrundeliegenden Baukosten um mindestens 2% erhöht haben) neu festgesetzt wird. Die Höhe des Nachtragsbeitrages ist nach den für den Anschlußbeitrag geltenden Bestimmungen (§§3 und 5) unter Zugrundelegung des Ausmaßes der Erhöhung des Beitragssatzes zu bemessen. Ein vorläufiger Nachtragsbeitrag ist nach §9 für jene Grundstücke zu erheben, für die im Falle der Fertigstellung des wasserrechtlich bewilligten Projektes über die Änderung der Kanalisationsanlage die Voraussetzungen zur Erhebung eines Nachtragsbeitrages gegeben wären. Die Höhe des vorläufigen Nachtragsbeitrages ist wie der Nachtragsbeitrag selbst zu berechnen, wobei zur Festsetzung des Beitragssatzes die veranschlagten Errichtungskosten der Änderung der Kanalisationsanlage heranzuziehen sind (Abs2). Der Abgabenanspruch entsteht mit der Rechtskraft des Bescheides über die wasserrechtliche Bewilligung der Änderung der Kanalisationsanlage (Abs3). Soferne ein vorläufiger Nachtragsbeitrag erhoben wurde, hat die Gemeinde nach Vorliegen der Endabrechnung über die Kosten der Änderung der Kanalisationsanlage unverzüglich den endgültigen Nachtragsbeitrag zu erheben (Abs4).
Auf die Übergangsbestimmung des §15 Abs4 KAbG wird in der Folge noch eingegangen.
b) Gestützt auf die Bestimmungen des KAbG hat der Gemeinderat der Marktgemeinde Hornstein mit Beschl. vom 28. Juni 1985 über die Erhebung eines vorläufigen Nachtragsbeitrages folgende - durch Anschlag an der Amtstafel vom 1. bis 16. Juli 1985 kundgemachte - Verordnung erlassen:
"Aufgrund der §§2, 3 und 9 des Kanalabgabengesetzes, LGBl. 41/1984, wird verordnet:
§1
Für jene Grundstücke, für die eine rechtskräftige Anschlußverpflichtung oder Anschlußbewilligung vorliegt, wird aufgrund der wasserrechtlichen Bewilligung der Erweiterungen und Änderungen der Kanalisationsanlage ein vorläufiger Nachtragsbeitrag erhoben.
§2
1) Die Baukosten für die Erweiterungen und Änderungen der Kanalisationsanlage betragen S 28,369.717,01. Die um 10 v.H. erhöhte Summe aller Berechnungsflächen beträgt 394.117 m.
2) Der Beitragssatz wird mit S 33,- festgesetzt. Die gesetzliche Umsatzsteuer ist gesondert hinzuzurechnen.
§3
Diese Verordnung tritt mit Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft."
2. a) Der Bf. bringt - auf das wesentliche zusammengefaßt - zunächst vor, die vorhin dargestellte Regelung des Nachtragsbeitrages (§3 Abs2, §8 Abs2, §9, §15 Abs4 KAbG) verstoße gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz. Sie bewirke, daß nach früheren Gesetzen geleistete Anschlußbeiträge bzw. bei späteren Erweiterungen frühere nach dem KAbG geleistete Beiträge lediglich mit dem seinerzeit vorgeschriebenen nominellen Beitragssatz von dem neu vorgeschriebenen Beitragssatz, der sich aufgrund der Erhöhung der Baukosten ergebe, abzusetzen wären. Aus §8 Abs2 KAbG sei abzuleiten, daß die seinerzeitigen, durch Beiträge aufgrund der früheren Errichtung der Kanalanlage gedeckten Errichtungskosten, nicht zu ihren realen Werten in die Beitragsberechnung eingingen, sondern nur zu den Werten, die sie nominell im Zeitpunkt der Errichtung hätten, während die Erweiterung der Anlage zu den nominellen Werten eines viel späteren Zeitpunktes in diese Rechnung einginge. Eben dieselben Grundsätze gälten für den vorläufigen Nachtragsbeitrag nach §9 Abs1 und 2 KAbG, auch bei diesem würden die tatsächlich geleisteten Beiträge nur nominell angerechnet, obwohl die Leistung, die seinerzeit (1971) erbracht worden sei, nach dem Baukostenindex um 446%, nach dem VPI 1966 um 222% "wertvoller" sei. Leistungen, die aufgrund des Äquivalenzprinzipes zu berechnen seien, dürften nicht unter der "Fiktion Zeitgleichheit" berechnet werden, während in Wahrheit eine recht beachtliche, den "inneren Wert einer Leistung vollkommen aushöhlende" Preisveränderung eingetreten sei.
In diesem Zusammenhang führt der Bf. weiters aus, nach dem Äquivalenzprinzip wäre für jede Gemeindeeinrichtung gesondert zu kalkulieren (Hinweis auf VfSlg. 8847/1980). Es sei daher nicht zulässig, "für die hier gegenständliche Kanalisationsanlage alt und für die Kanalisationsanlage neu den Anschlußpflichtigen und -werbern eine einheitliche Gebühr vorzuschreiben".
An anderer Stelle der Beschwerde bezieht der Bf. §15 Abs4 in die Argumentation mit ein. Auch diese Übergangsbestimmung sei gleichheitswidrig, weil sie die Vorschreibung eines Nachtragsbeitrages auch dann ermöglichte, wenn die Finanzierung der ursprünglichen Kanalanlage Jahrzehnte zurückläge und die damals geleisteten Beiträge nur nominell anzurechnen wären.
b) Mit diesem Vorbringen ist der Bf. nicht im Recht. Ein Nachtragsbeitrag nach §8 und damit auch ein vorläufiger Nachtragsbeitrag nach §9 KAbG ist nur dann vorzuschreiben, wenn die Kanalisationsanlage geändert wurde und sich hiedurch die Baukosten um zumindest 2% erhöhen. Der Berechnung des Nachtragsbeitrages sind nur die Kosten der Änderung der Kanalisationsanlage zugrundezulegen, wobei sich diese in der Erhöhung des Beitragssatzes ausdrücken (§8 Abs2 iVm. §3 Abs2 KAbG). Es werden also lediglich neu entstandene Kosten für neue Anlagenteile umgelegt, während die Kosten der alten Anlagenteile über den ursprünglichen Anschlußbeitrag gedeckt wurden (und neu hinzukommenden Anschlußwerbern gemeinsam mit den Kosten für die Änderung der Kanalanlage vorgeschrieben werden). Insofern ist eine Anrechnung früher geleisteter Beiträge auf die neu vorzuschreibenden überhaupt nicht vorzunehmen. Die Frage, ob eine Anrechnung mit nominellen oder wertgesicherten Beträgen zu erfolgen hat, stellt sich daher nicht.
Die gegenständliche Nachtragsbeitragsregelung verstößt aber auch nicht gegen das - für derartige Kanalisationsbeiträge geltende (vgl. zB VfSlg. 6192/1970, S 304, 8188/1977, S 362) - Äquivalenzprinzip. Dieses fordert zunächst, daß die Höhe der Beiträge nicht die Aufwendungen übersteigt, die für die öffentliche Anlage oder Einrichtung erforderlich sind. Innerhalb dieses Ausmaßes sind die Lasten nach einem sachgerechten Maßstab auf die Beitragspflichtigen zu verteilen, hiefür stehen dem Gesetzgeber im Einzelfall verschiedene Wege offen (vgl. VfSlg. 8188/1977, S 361, VfSlg. 10947/1986, S 835). Allen diesen Lösungen gemeinsam ist, daß alle Grundstückseigentümer, die für einen Anschluß an eine Anlage in Betracht kommen, gemeinsam zu dieser Anlage beizutragen haben ungeachtet dessen, woher die einzelnen Kostenteile der Anlage rühren. Unter diesem Blickwinkel hatte der VfGH schon gegen eine vergleichbare Regelung des Burgenländischen Kanalanschlußgebührengesetzes 1957, LGBl. 1, keine Bedenken (VfSlg. 5945/1969, S 235), er sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die vom Bf. bekämpfte Regelung führt dazu, daß die gesamten Kosten einer Kanalisationsanlage auf alle für den Anschluß in Betracht kommende Grundstückseigentümer sachgerecht aufgeteilt werden, und zwar unabhängig davon, wann die einzelnen Anlagenteile entstehen bzw. zu welchem Zeitpunkt sich die Notwendigkeit einer Änderung der Kanalisationsanlage ergibt, und weiters unabhängig von dem Zeitpunkt, wann eine Liegenschaft für den Anschluß in Betracht kommt (den später hinzukommenden Anschlußwerbern werden im Anschlußbeitrag die Kosten der ursprünglichen Anlagenteile und die Kosten der neuen Anlagenteile gemeinsam vorgeschrieben). Hiebei handelt es sich keineswegs, wie der Bf. meint, um eine - nach VfSlg. 8847/1980 unzulässige - gegenseitige Deckung von Gemeindeeinrichtungen, die dem Typus nach unterschiedliche Leistungen erbringen.
Vor diesem Hintergrund bestehen (vgl. weiters VfSlg. 9483/1982) auch keine Bedenken gegen die Übergangsbestimmung des §15 Abs4 KAbG, nach welcher der Nachtragsbeitrag auch für Änderungen der Kanalisationsanlage vorgeschrieben werden kann, die vor Inkrafttreten des Gesetzes wasserrechtlich bewilligt worden sind, sofern noch kein vergleichbarer Beitrag entrichtet wurde.
3. Mit diesen Darlegungen erledigt sich auch das weitere Vorbringen des Bf., die Nachtragsbeitragsregelung des KAbG verstoße deswegen gegen den Gleichheitssatz, weil "gegen den Grundsatz von Treue und Glauben im Abgabenrecht verstoßen" werde und dadurch eine doppelte Abgabenpflicht einträte. Die Vorschreibung von Nachtragsbeiträgen erfolgt nur zur Deckung der Kosten der Änderung der Kanalisationsanlage, für diese wurden bisher keine Beiträge vorgeschrieben. Eine unzulässige Doppelbesteuerung, wie sie der VfGH etwa in seinem Erk. VfSlg. 10612/1985, für einen Erschließungsbeitrag nach der Tir. Bauordnung festgestellt hat, tritt daher nicht ein.
4. Der Bf. bringt weiters vor, die Kanalisationsbeiträge seien als Interessentenbeiträge Gemeindeabgaben iS des §14 FAG und dürften daher nur für Anlagen vorgeschrieben werden, die im Eigentum der Gemeinde stünden. §1 zweiter Satz KAbG ermögliche nun aber auch die Einhebung von Beiträgen für Anlagen eines anderen Rechtsträgers, an denen die Gemeinde lediglich beteiligt sei.
§14 Abs1 Z14 FAG 1985 ermächtigt die Landesgesetzgebung, Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern einzuheben. Unter Interessentenbeiträgen sind Beitragsleistungen zu einem finanziellen Aufwand für öffentliche Anlagen und Einrichtungen, die den Interessenten von Nutzen sind, zu verstehen (vgl. zB VfSlg. 6192/1970, S 304). Keine Verfassungsbestimmung verlangt, daß die betreffende öffentliche Anlage oder Einrichtung im Eigentum der Gemeinde stehen muß. Der VfGH hat auch die Ausschreibung von Benützungsgebühren für Einrichtungen, die nicht im Eigentum der Gemeinde stehen, als zulässig erachtet (vgl. VfSlg. 8847/1980, S 488, 7583/1975, S 480).
5. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Beitragsverordnung bringt der Bf. zunächst vor, die Beitragsverordnung stütze sich zu Unrecht auf das KAbG, weil die Erweiterung der Kanalisationsanlage überhaupt keine Anlage iS des §1 KAbG sei. Nach §1 KAbG müßten Kanalisationsanlagen, auf die das KAbG anzuwenden ist, zumindest im Miteigentum der Gemeinde stehen. Die neu errichteten Teile der Anlage seien aber vom Abwasserverband Neufeld (Neufeldersee) geschaffen worden und stünden ausschließlich im Eigentum dieses Verbandes.
Dieses Vorbringen trifft schon vom Ansatz her nicht zu. §1 KAbG hat folgenden Wortlaut:
"Unter einer Kanalisationsanlage ist die Gesamtheit aller Einrichtungen einer Gemeinde zu verstehen, durch welche die in der Gemeinde anfallenden Abwässer und Niederschlagswasser gesammelt, abgeleitet und gereinigt werden. Diesem Zweck dienende Einrichtungen eines anderen Rechtsträgers, an denen die Gemeinde beteiligt ist, sind wie Teile der Kanalisationsanlage zu behandeln."
Die Marktgemeinde Hornstein führt in ihrer Äußerung hiezu aus, sie sei Mitglied des Abwasserverbandes Neufelderseen, der die Abwasserreinigungsanlage betreibe, in die die Gemeinde ihre Abwässer leite. Offenkundig ist damit die Abwasserreinigungsanlage eine Einrichtung eines anderen Rechtsträgers, an der die Gemeinde beteiligt ist; Miteigentum an der betreffenden Einrichtung verlangt §1 zweiter Satz KAbG nicht.
6. In der Folge behauptet der Bf. weiter, die Nachtragsbeitragsverordnung beruhe auf einer gesetzwidrigen Auslegung des §15 Abs4 KAbG. Zusammengefaßt ausgedrückt entsteht nach Meinung des Bf. der Abgabenanspruch nach dieser Bestimmung nur dann mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, wenn bereits nach den Bestimmungen des alten Gesetzes die Voraussetzungen zur Erhebung eines Nachtragsbeitrages gegeben gewesen wären. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, weil nach der alten Gesetzeslage ein solcher Beitrag nicht existiert hätte; daher hätte vor Inkrafttreten des KAbG auch kein Beitragssatz festgesetzt werden können, was aber die Voraussetzung für das Entstehen eines Abgabenanspruches mit Inkrafttreten des (neuen) Gesetzes gewesen wäre.
Dieser Auslegung des Bf. kann nicht gefolgt werden. §15 Abs4 KAbG hat folgenden Wortlaut:
"Wenn der Abgabenanspruch hinsichtlich des Ergänzungsbeitrages, des Nachtragsbeitrages oder des vorläufigen Nachtragsbeitrages vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden ist und keine jeweils vergleichbare Kanalanschlußgebühr erhoben wurde, entsteht der Abgabenanspruch mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes."
Bei der Auslegung des Bf. hätte diese Bestimmung keinen Anwendungsbereich, weil sie den vom Bf. angeführten Fall, daß nämlich bereits nach dem alten Gesetz eine vergleichbare Kanalanschlußgebühr erhoben wurde, ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Hingegen meint das Gesetz offenkundig, daß dann, wenn der Abgabentatbestand des Nachtragsbeitrages oder des vorläufigen Nachtragsbeitrages vor Inkrafttreten dieses Gesetzes verwirklicht worden ist und keine jeweils vergleichbare Kanalanschlußgebühr erhoben wurde, der Abgabenanspruch mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entsteht. Der Verordnungsgeber hat daher auch für Änderungen der Kanalisationsanlage, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes wasserrechtlich bewilligt wurden, zu Recht von der Ermächtigung zur Vorschreibung eines vorläufigen bzw. endgültigen Nachtragsbeitrages Gebrauch gemacht.
7. a) Im übrigen wirft der Bf. dem Verordnungsgeber vor, daß die Kanalisationsanlage überdimensioniert und insbesondere der Anschluß an die Abwasserreinigungsanlage des Abwasserverbandes Neufeldersee überflüssig sei. Weiters habe der Gemeinderat das Gutachten der Gewässeraufsicht zur Festlegung des Berechnungsfaktors für Sonderbetriebe iS des §5 Abs2 Z2 litk nicht erörtert und "kritiklos" übernommen, überdies sei dieses Gutachten allen Verfahrensparteien unbekannt. Im übrigen wäre auch die Flächenaufnahme zur Bestimmung der Berechnungsflächen nach §5 Abs2 unrichtig, weil von der ursprünglichen Flächenaufnahme für das Gesetz LGBl. 1966/9 ausgegangen worden und Nachmessungen zT nicht im Beisein der Liegenschaftseigentümer, sondern von anderen Haushaltsangehörigen erfolgt seien.
b) Die Marktgemeinde Hornstein führt hiezu folgendes aus:
"Die Abwasserreinigungsanlage der Marktgemeinde Hornstein wurde ursprünglich für 3.600 EGw (Einwohnergleichwerte) ausgelegt. Ein Einwohnergleichwert entsprach im Jahre 1970 einer Abwassermenge von 150 l in einem Zeitraum von 12 Stunden. Die Kläranlage, welche im Jahre 1970 in Betrieb ging, funktionierte nach dem Verfahren der vollbiologischen Reinigung mit aerober Schlammstabilisierung.
In Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde Hornstein und dem Amt der Bgld. Landesregierung, Abt. XIII/3 (Gewässeraufsicht), wurden in der Zeit vom 11. bis 17. 12. 1980 und in der Zeit vom 11. bis 28. 2. 1981, Untersuchungen zur Leistungsfeststellung der Kläranlage durchgeführt. Die Kläranlage verfügte über eine Wassermengenmessung im Ablauf, wodurch die Festlegung der Tagesabwassermengen ermöglicht wurde. Im Zulauf der Kläranlage wurde durch die Gewässeraufsicht ein Dauerprobeentnahmegerät installiert, mit dessen Hilfe Tagesmischproben gezogen werden konnten. Aus den Belastungsuntersuchungen konnte ersehen werden, daß die Kläranlage hydraulisch mit etwa 500 bis 1.000 Kubikmeter/d belastet war. War bei der ursprünglichen Auslegung der Kläranlage ein Einwohnergleichwert mit einer hydraulischen Belastung von 150 l/d angesetzt, so war festzuhalten, daß die Anlage zum Zeitpunkt der Messungen bereits hydraulisch wesentlich überlastet war. Die Bemessungsmenge der Kläranlage lag nämlich bei 540 Kubikmeter/d. Hingegen war die organische Belastung der Kläranlage zum Zeitpunkt der Messungen innerhalb der Auslegungsgrenzen der Klärlage. Hiebei war jedoch zu berücksichtigen, daß bei der Bemessung einer Kläranlage gewisse Sicherheiten für Überlastungsfälle gewährleistet werden müssen. Mit Hilfe der statistischen Auswertung errechneter Bemessungsgrundwerte war daher ersichtlich, daß die Kläranlage zum damaligen Zeitpunkt zu etwa 15% überlastet war.
Bei einem Anschluß weiterer Abwassereinleiter wäre daher in absehbarer Zeit eine Erweiterung der Kläranlage erforderlich gewesen. In diesem Zusammenhang wäre festzuhalten, daß die Altanlage zum damaligen Zeitpunkt seit 11 Jahren in Betrieb war und in nächster Zeit erhebliche Reparaturarbeiten an den maschinellen Ausrüstungsteilen zu erwarten waren. Vergleichsweise darf erwähnt werden, daß die Lebensdauer der maschinellen Einrichtungen je nach Aggregatteil zwischen 5 und 15 Jahren anzusetzen ist.
Unter Berücksichtigung von ständigen Baulanderweiterungen und den damit verbundenden Erweiterungskosten für die Kanalisationsanlage sowie durch die Schaffung eines Industriegebietes wäre die bestehende Kläranlage zusätzlich überlastet und die Funktionsfähigkeit in Frage gestellt.
Als Lösungsmöglichkeit bot sich der Anschluß an den Abwasserverband Neufelder-Seen an. In diesem Falle konnte die bestehende Kläranlage als Regenrückhaltebecken umgebaut werden und damit den Erfordernissen des Gewässerschutzes hinsichtlich der Regenwasserableitung entsprochen werden. Im weiteren mußte im Falle eines Anschlusses im Transportkanal die doppelte Trockenwettermenge dem Klärwerk des Abwasserverbandes Neufelder Seengebiet zugeführt werden.
Nach eingehender Beratung im Gemeinderat und aufgrund der Empfehlungen des Amtes der Bgld. Landesregierung im Hinblick auf zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten für die Marktgemeinde Hornstein wurde der Beitritt der Gemeinde zum Abwasserverband Neufelder Seen ab 1. 1. 1982 beschlossen, wodurch eine zukunftsorientierte Lösung, auch in Hinblick auf die Finanzierung, gefunden wurde.
...
Zu der auf Seite 13 der Beschwerde gemachten Äußerung, daß die Flächenaufnahme unrichtig ist, ist entgegenzuhalten:
Sämtliche Flächen wurden an Ort und Stelle in Anwesenheit des Hauseigentümers oder des Miteigentümers aufgenommen und die Richtigkeit der Vermessung vom Anwesenden mit dessen Unterschrift bestätigt. Das Parteiengehör wurde in jedem Fall gewahrt, Stellungnahmen nur geringfügig, in den gegenständlichen Fällen überhaupt nicht, abgegeben."
c) Diese Ausführungen der Gemeinde stehen mit dem Inhalt der Verordnungsakten im Einklang. Aus diesen geht weiters hervor, daß der Berechnung des vorläufigen Nachtragsbeitrages unmittelbar die Kosten der Änderung der Kanalisationsanlage (Bauabschnitte 02, 03, 05, anteilige Kosten der Gemeinde für zentrale Abwasserreinigungsanlage und Transportleitung) abzüglich der nicht rückzahlbaren Beihilfen des Landes zugrundegelegt wurden. Der VfGH kann daher in dieser Hinsicht keine Rechtswidrigkeit der Verordnung finden.
8. Abschließend behauptet der Bf., der angefochtene Bescheid verletze ihn im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und damit auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, weil die Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt habe. Sie habe lediglich aufgrund der Aktenlage entschieden, statt das tatsächliche Ausmaß der Berechnungsflächen neu festzustellen bzw. den Bf. mit den Ergebnissen irgendwelcher Beweisaufnahmen zu konfrontieren; der Bf. sei daher im Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Darüberhinaus könne die angefochtene Verordnung auch so verstanden werden, daß damit nicht zwingend allen bisher Anschlußberechtigten oder zum Anschluß Verpflichteten entsprechend dem Flächenausmaß ein Beitragssatz von 33 S pro Quadratmeter vorzuschreiben wäre, sondern daß im einzelnen aufgrund des Gesetzes zu prüfen sei, ob diese Beitragspflicht bestehe. Die Behörde habe insofern nicht nur jegliches Ermittlungsverfahren unterlassen, sondern auch infolge gehäufter Verkennung der Rechtslage ihren Bescheid mit Gleichheitswidrigkeit belastet.
Zwar liegt nach der Judikatur des VfGH ein willkürliches, das Gleichheitsrecht verletzendes Verhalten der Behörde ua. auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere iVm. einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung, 9600/1983). Schon nach dem Vorbringen des Bf. können aber der bel. Beh. solche in die Verfassungssphäre reichenden Fehler nicht vorgeworfen werden. Ebensowenig ist ihr ein gehäuftes Verkennen der Rechtslage vorzuwerfen, wenn sie nicht der vom Bf. gewählten Auslegung der Nachtragsbeitragsverordnung folgt.
Der Bf. ist daher weder im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz noch auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
III. Da auch sonst nicht hervorgekommen ist, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde, ist die Beschwerde abzuweisen.
Schlagworte
Kanalisation, Abgaben Kanalisation, Doppelbesteuerung, Finanzverfassung, FinanzausgleichEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1986:B561.1986Dokumentnummer
JFT_10138791_86B00561_00