TE Vfgh Beschluss 1986/12/10 V69/86

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Veröffentlicht am 10.12.1986
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag

Leitsatz

Art139 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Angern/March vom 23. September 1985, betreffend die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution im Bereiche der Bahnstraße und der Zwerndorferstraße in der KG Angern; keine Legitimation der Antragsteller als Eigentümer bzw. Pächterin eines Hauses mit einem Barbetrieb; lediglich wirtschaftliche Auswirkungen der Norm - kein Eingriff in die Rechtssphäre

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der vorliegende, der Sache nach auf Art139 B-VG gestützte Antrag richtet sich gegen die Verordnung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Angern/March vom 23. September 1985.

Die Verordnung hat nach den Angaben im Antrag folgenden Wortlaut:

"§1: Die Anbahnung und/oder Ausübung der Prostitution sowie die Kennzeichnung von Gebäuden, in denen die Prostitution angebahnt oder ausgeübt wird, ist im Bereiche der Bahnstraße und der Zwerndorferstraße in der KG Angern wegen Belästigung der Nachbarschaft und besonders wegen sittlicher Gefährdung Jugendlicher verboten.

§2: Wer die Prostitution entgegen §1 anbahnt oder ausübt begeht eine Verwaltungsübertretung und wird nach §6 des nö. Prostitutionsgesetzes bestraft.

§3: Diese Verordnung tritt am 8. 10. 1985 in Kraft."

2. Die Einschreiter begehren, der VfGH möge die Verordnung ihrem gesamten Inhalte nach wegen Gesetzwidrigkeit aufheben.

II. Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Ein Antrag nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG auf Aufhebung einer Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit ist nur zulässig, wenn die Verordnung für die Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

2. a) Die Antragsteller bringen zur Begründung der Legitimation vor:

"... Der Erstantragsteller als Eigentümer eines Barbetriebes in dem verfahrensgegenständlich inkriminierten Objekt erblickt den unmittelbaren Eingriff in seine Rechtssphäre darin, als ihm durch die oben angeführte Prostitutionsverordnung ein wirtschaftlicher Nachteil erwächst, da er als Eigentümer dieses Objektes aus dessen Vermietung naturgemäß eine höhere Rendite bzw. mehr Bestandzins erzielen kann, wenn in dem Objekt die Prostitution behördlich legal ausgeübt werden kann. Der Zweitantragstellerin als Pächterin des gegenständlichen Objektes erwächst ein finanzieller Nachteil insofern, als ihr die Möglichkeit der Vermietung der Teile des Objektes an Prostituierte versagt wäre und keine Mietzinseinnahmen mehr hätte.

Diese behaupteten Eingriffe in die Rechtssphäre der Antragsteller liegen tatsächlich vor und bedarf es insbesondere zu deren Eintritt keiner weiteren rechtskonkretisierenden Akte, vielmehr sind die Eingriffe ohne, daß es eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung bedürfte ohne weiters zu erkennen und beeinträchtigt die rechtlich geschützten Interessen der Antragsteller aktuell. Die Antragslegitimation der Antragsteller beruht nicht zuletzt auch auf der vom VfGH gepflogenen Rechtsansicht, als daß nach den Umständen des vorliegenden Falles den Antragstellern kein anderer zumutbarer Weg, die durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Verordnung bewirkte Rechtsverletzung abzuwehren, zugemutet werden kann. So ist es ihnen insbesondere nicht zumutbar durch Verstoß gegen §1 der verfahrensgegenständlichen Verordnung ein Strafverfahren gemäß §2 zu provozieren, um auf diese Art einen der Anfechtung zugänglichen Bescheid zu erwirken (VfSlg. 8396/1978)."

b) Bei Entscheidung der Frage, ob der Antrag zulässig ist, war nur auf die von den Antragstellern ins Treffen geführten Auswirkungen der Verordnung einzugehen und zu untersuchen, ob sie solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG vorsieht (vgl. zB VfSlg. 9254/1981, 10474/1985).

Diese Frage ist zu verneinen: Den Antragstellern wird durch die bekämpfte Verordnung nicht verboten, ihr Haus überhaupt oder an eine bestimmte Person zu vermieten. Ebensowenig wird durch die Verordnung ein bestehender Vertrag geändert. Wenn die Antragsteller allein wegen des Verbotes der Ausübung der Prostitution geringere oder gar keine Bestandzinse mehr erzielen, handelt es sich um wirtschaftliche Auswirkungen der Norm (nicht aber um einen Eingriff in das Recht der Antragsteller, das Haus nach ihrem Belieben verpachten bzw. vermieten zu können).

Den Antragstellern fehlt sohin die Legitimation zur Anfechtung der Verordnung. Ihr Antrag war daher zurückzuweisen (vgl. die ähnliche Fälle betreffenden hg. Beschl. VfSlg. 9042/1981 und 9254/1981, 10747/1985).

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Prostitution

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:V69.1986

Dokumentnummer

JFT_10138790_86V00069_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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