TE Vfgh Erkenntnis 1987/2/26 B521/86

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Veröffentlicht am 26.02.1987
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
AVG §7
Nö GVG 1973 §13 Abs1
Nö GVG 1973 §13 Abs3
Nö GVG 1973 §16 lita

Leitsatz

Bejahung der Voraussetzungen für die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden gem. §13 Abs1 Nö GVG 1973; Zurückweisung der dagegen von den Verpflichteten erhobenen Berufung; Berufungsrecht kommt der verpflichteten Partei nach §16 lita nur im Falle der grundverkehrsbehördlichen Versagung der Eigentumsübertragung an den Meistbietenden zu - rechtmäßige Zurückweisung der Berufung; Mitwirkung eines befangenen Organwalters an der Entscheidung der ersten Instanz verletzt das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Bf. sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.       1. Das Bezirksgericht Tulln hat im Zuge eines

Exekutionsverfahrens neben anderen den Beschwerdeführern (als

verpflichteten Parteien) gehörenden Liegenschaften auch deren

Liegenschaft EZ ... KG Trasdorf um das Meistbot von

S 14,800.000,-- versteigert.

Mit Bescheid vom 4. März 1986 hat die Grundverkehrs-Bezirkskommission Atzenbrugg am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Tulln gemäß §13 Abs1 NÖ Grundverkehrsgesetz 1973 (NÖ GVG), LGBl. 6800-3, festgestellt, daß die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden den Bestimmungen des NÖ GVG entspricht.

2. Mit Bescheid vom 18. April 1986 hat die Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung die von den Verpflichteten erhobene Berufung gemäß §66 Abs4 AVG 1950 iVm §63 Abs1 AVG 1950 und §16 lita NÖ GVG als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, daß den Berufungswerbern gemäß §16 lita NÖ GVG kein Berufungsrecht zukomme.

3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde, in der sich die Bf. in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt erachten und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragen.

Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid ist die Berufung der Bf. gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen worden. Darin liegt die Verweigerung einer Sachentscheidung, durch die die Bf., wenn die bel. Beh. die Berufung zu Unrecht zurückgewiesen hätte, nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden wären.

2. Nach §16 lita NÖ GVG kommt dem Meistbieter und der verpflichteten Partei ein Berufungsrecht nur dann zu, wenn die Grundverkehrskommission gemäß §13 Abs3 entscheidet, daß die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden dem Grundverkehrsgesetz widerspricht. Im vorliegenden Fall hat die Grundverkehrskommission mit Bescheid vom 4. März 1986 festgestellt, daß die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden dem NÖ GVG entspricht. Demnach kommt den Beschwerdeführern ein Berufungsrecht gegen den Bescheid der Grundverkehrsbehörde erster Instanz nicht zu. Die bel. Beh. hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen.

3. Die Bf. erblicken die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter darin, daß das von der Bezirksbauernkammer Atzenbrugg entsandte und an der gegenständlichen Beschlußfassung beteiligte Mitglied der Grundverkehrs-Bezirkskommission für den Wirkungsbereich der Bezirksbauernkammer Atzenbrugg (Dipl.Ing. J A) auch gleichzeitig Mitglied des Gläubigerausschusses in dem sowohl über das Vermögen des Erstbeschwerdeführers als auch über das Vermögen der Zweitbeschwerdeführerin eröffneten Konkursverfahren sei. Dieses Mitglied der Grundverkehrs-Bezirkskommission wäre sohin gemäß §7 Abs1 Z1 AVG ausgeschlossen gewesen.

Zu diesem Vorbringen verweist der VfGH auf seine ständige Rechtsprechung, wonach durch die Mitwirkung eines befangenen Organwalters an der Entscheidung das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt wird (vgl. VfSlg. 10205/1984 und die dort zitierte Vorjudikatur). Der VfGH sieht im vorliegenden Fall keinen Anlaß, von dieser Judikatur abzugehen. Daß die Zusammensetzung der Berufungsbehörde den gesetzlichen Erfordernissen nicht entsprochen hätte, wurde in der Beschwerde nicht behauptet und ist im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.

4. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter hat sohin nicht stattgefunden.

Da die Berufung der Bf. gegen den erstinstanzlichen Bescheid zu Recht zurückgewiesen wurde, ist es ausgeschlossen, daß sie durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder - da Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides weder vorgebracht wurden noch im Verfahren vor dem VfGH hervorgekommen sind - wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sind (vgl. zB VfSlg. 9326/1982).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z 2 VerfGG idF BGBl. 297/1984 ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Versteigerung exekutive, Verwaltungsverfahren, Befangenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B521.1986

Dokumentnummer

JFT_10129774_86B00521_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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