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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelbLeitsatz
Mitteilung des BMJ, daß Gnadenmaßnahmen im Falle der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gem. §21 Abs2 StGB nicht möglich sind - weder Bescheid noch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- oder Zwangsgewalt; Abweisung des Verfahrenshilfeantrages wegen AussichtslosigkeitSpruch
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Antrag vom 1. September 1986 beantragt der Einschreiter - er befindet sich im Maßnahmenvollzug gemäß §21 StGB - unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses, ihm zur Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde die Verfahrenshilfe zu bewilligen. In derselben Angelegenheit wurde dem VfGH des weiteren vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien ein bei diesem Gericht aufgenommenes Tonbandprotokoll mit folgendem Wortlaut vorgelegt:
"... Es ist so, dass ich ein Gnadengesuch an den Bundespräsidenten verfasst habe. Es wurde dann in Erledigung dieses Gesuches vom Justizministerium mitgeteilt, dass ich nicht mich in Strafhaft befinde, sondern einer vorbeugenden Massnahme unterzogen werde, deshalb will ich jetzt eine Beschwerde an den VfGH machen.
...
Ich ersuche daher um Beigebung eines Verfahrenshelfers."
2. Aus den vom VfGH zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Verfahrenshilfeantrages beigeschafften Verwaltungsakten ergibt sich, daß das Bundesministerium für Justiz mit Datum vom 20. August 1986 folgendes Schreiben an den Einschreiter richtete:
"Das Bundesministerium für Justiz teilt Ihnen zu Ihrer Eingabe vom 5.8.1986 mit, daß dem Bundespräsidenten gemäß Art65 Abs2 litc B-VG u.a. die Milderung und Umwandlung der von den Gerichten ausgesprochenen Strafen zusteht.
Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß §21 Abs2 StGB ist k e i n e Strafe, sondern eine vorbeugende Maßnahme. Aus diesem Grund sind Gnadenmaßnahmen nicht möglich."
3.1. Nach Art144 Abs1 B-VG erkennt der VfGH über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden (Art144 Abs1 Satz 1 B-VG) und gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person (Art144 Abs1 Satz 2 B-VG).
3.2. Ein diese Voraussetzungen erfüllender Verwaltungsakt liegt nicht vor. Bei der Erledigung des Bundesministeriums für Justiz vom 20. August 1986 handelt es sich nämlich weder um einen - Verwaltungsangelegenheiten in einer der Rechtskraft fähigen Weise regelnden - Bescheid, noch um einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sodaß es hier an einem tauglichen Beschwerdegegenstand im Sinne des Art144 Abs1 B-VG fehlt.
Denn nach dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des zitierten Schreibens kann kein Zweifel daran bestehen, daß das Bundesministerium für Justiz den Bf. lediglich über die gegebene Rechtslage informierte: Eine solche - schon objektiv betrachtet - den Charakter einer schlichten Mitteilung tragende Rechtsbelehrung entbehrt aber des individuell-normativen Inhalts, den Art144 Abs1 B-VG zwingend verlangt (s. zB VfGH 7.6.1985 B475/83).
4. Damit erweist sich die vom Einschreiter angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war daher gemäß §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VerfGG) in nichtöffentlicher Sitzung (§72 Abs1 ZPO, §35 Abs1 VerfGG) abzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Bescheid, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B927.1986Dokumentnummer
JFT_10129772_86B00927_00