TE Vfgh Beschluss 1987/2/28 B517/86, V67/86

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Veröffentlicht am 28.02.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
NotstandshilfeV des BMsV §4 Abs1 litb
VfGG §19 Abs3 Z2 litc

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde wegen Nichtbehebung des Mangels eines formellen Erfordernisses (Beschwerde wurde nicht vom bestellten Verfahrenshelfer eingebracht) Individualantrag auf Aufhebung des §4 Abs1 litb NotstandshilfeV; über die Notstandshilfe absprechender Bescheid des Landesarbeitsamtes wurde erlassen, jedoch nicht vor dem VfGH bekämpft - Zumutbarkeit dieses Weges; Mangel der Antragslegitimation

Spruch

Die Beschwerde und der Verordnungsprüfungsantrag werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Dr. K K brachte am 10. Juni 1986 beim VfGH Beschwerde gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien ein, mit dem seiner Berufung gegen die Abweisung seines Antrages auf Gewährung der Notstandshilfe durch das Arbeitsamt Versicherungsdienste keine Folge gegeben worden war und stellte einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Mit Beschluß vom 16. Juni 1986, B517/86-2, gab der VfGH dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe statt. In der Folge bestellte der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland einen Rechtsanwalt zum Vertreter des Antragstellers. Mit Schriftsatz vom 4. Juli 1986, B517/86-5, zugestellt durch Hinterlegung am 11. Juli 1986, wurde dem Verfahrenshelfer - unter Hinweis auf die gemäß §19 Abs3 VerfGG eintretenden Säumnisfolgen - aufgetragen, die Beschwerde gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes innerhalb von sechs Wochen beim VfGH einzubringen. Eine vom Anwalt unterfertigte Beschwerde ist beim VfGH nicht eingelangt, weshalb die Beschwerde des Dr. K wegen der Nichtbehebung des Mangels eines ihrer formellen Erfordernisse als unzulässig zurückzuweisen war.

II. Stattdessen wurde ein Individualantrag auf Aufhebung des §4 Abs1 litb der NotstandshilfeVO gestellt, der sich jedoch als unzulässig erweist:

1. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der VfGH über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die V ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG setzt nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 8009/1977, 9062/1981 uva.) voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden, da der durch Art139 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht.

2. Der Bundesminister für soziale Verwaltung hat gemäß §36 Abs1 AlVG mittels der gegenständlichen V die Richtlinien über das Ausmaß der Notstandshilfe erlassen. Diese Richtlinien entfalten ihre Wirkung in Verbindung mit dem ArbeitslosenversicherungsG erst auf Grund eines über die Notstandshilfe absprechenden Bescheides. So hat auch im vorliegenden Fall (nach einer Berufung gegen die Entscheidung des Arbeitsamtes Versicherungsdienste) das Landesarbeitsamt Wien einen über die Notstandshilfe absprechenden Bescheid erlassen, wobei §4 Abs1 litb NotstandshilfeVO angewendet wurde. Gegen diesen Bescheid des Landesarbeitsamtes konnte der Antragsteller Beschwerde an den VfGH erheben und bei dieser Gelegenheit auch die gegen die Gesetzmäßigkeit der angeführten Bestimmung bestehenden Bedenken vorbringen.

Bei dieser Rechtslage kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der dem Antragsteller zur Verfügung stehende Weg zur Geltendmachung der gegen die angeführte Bestimmung bestehenden gesetzlichen Bedenken zumutbar ist. (Daß der dem Antragsteller beigegebene Verfahrenshelfer von der Möglichkeit der Ausführung der Beschwerde keinen Gebrauch gemacht und statt dessen einen Individualantrag erhoben hat, vermag an der Zumutbarkeit des dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Wegs zur Rechtsverfolgung nichts zu ändern.)

Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. etwa VfSlg. 8890/1980) ist damit die Legitimation zur Stellung eines Antrages im Sinne des Art139 Abs1 letzter Satz B-VG nicht gegeben, weshalb der Antrag auf Aufhebung des §4 Abs1 litb NotstandshilfeVO wegen fehlender Antragslegitimation zurückzuweisen war.

III. Die Entscheidungen konnten gemäß §19 Abs3 Z1 und Z2 lite VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Arbeitslosenversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B517.1986

Dokumentnummer

JFT_10129772_86B00517_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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