TE Vfgh Beschluss 1987/3/2 WI-1/87

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Veröffentlicht am 02.03.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/04 Wahlen

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
VfGG §68 Abs1
NRWO 1971 §103
NRWO 1971 §105

Leitsatz

Anfechtung der Wahl zum Nationalrat 1986; die NRWO iVm. dem VerfGG sehen zwei völlig verschieden gestaltete Anfechtungswege vor: (Wahl-)Anfechtung mit administrativem Einspruch und anschließender Anrufung des VfGH (nur hinsichtlich "ziffernmäßifer Ermittlungen") und die unmittelbare Anrufung des VfGH nach Kundmachung des Wahlergebnisses (hinsichtlich "sonstiger Rechtswidrigkeiten" des Wahlverfahrens); Zustellung des Bescheides bzw. Verlautbarung der Entscheidung über einen Einspruch kann nicht die zu unmittelbaren Anfechtung der Wahl verlängern oder neu in Gang setzen; Verspätung der Wahlanfechtung, insoweit sie nicht ziffernmäßige Ermittlungen rügt; insoweit die Wahlanfechtung "ziffernmäßige Ermittlungen" rügt, ist - trotz Erhebung eines (jedoch nicht die nunmehr bekämpfte Wahlkartenzählung betreffenden) administrativen Einspruchs nach §105 NRWO - der zwingend vorgesehene Instanzenzug hinsichtlich des hier entscheidenden Punktes nicht erschöpft; Zuückweisung der Wahlanfechtung

Spruch

Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Am 23. November 1986 fand die mit V der Bundesregierung vom 26. September 1986, BGBl. 517/1986, ausgeschriebene Wahl zum Nationalrat statt.

Der Wahl lagen

a) in den Wahlkreisen 1 (Burgenland) und 3 (Niederösterreich) die von den Wählergruppen

Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ)

Österreichische Volkspartei (ÖVP)

Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ)

Die Grüne Alternative Liste Freda Meissner-Blau (GRÜNE)

b) im Wahlkreis 9 (Wien) - zusätzlich - auch die von den Wählergruppen

Die Grünalternativen Demokratische Liste (GAL) Aktionsliste "Mir reicht's!" (MIR)

eingebrachten und gemäß §52 Nationalrats-Wahlordnung 1971, BGBl. 391/1970 idF BGBl. 232/1984, (NRWO 1971) kundgemachten Kreiswahlvorschläge zugrunde.

1.2. Von den Kreiswahlbehörden für die Wahlkreise 1, 3 und 9 sowie von der Verbandswahlbehörde für den Wahlkreisverband I (Ost) wurden nachstehende Wahlergebnisse kundgemacht:

1.2.1. Wahlkreis 1 (erstes Ermittlungsverfahren)

         Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen

         Stimmen                        188.069

         Ungültige Stimmen                2.572

         Gültige Stimmen                185.497

         SPÖ    90.862 Stimmen          (3 Mandate)

         ÖVP    79.418 Stimmen          (2 Mandate)

         FPÖ     9.985 Stimmen          (0 Mandate)

         KPÖ       626 Stimmen          (0 Mandate)

         GRÜNE   4.606 Stimmen          (0 Mandate)

         (2 Restmandate)

(Kundmachung vom 27. November 1986)

1.2.2. Wahlkreis 3 (erstes Ermittlungsverfahren)

         Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen

         Stimmen                        964.359

         Ungültige Stimmen               14.219

         Gültige Stimmen                950.140

         SPÖ   402.735 Stimmen          (14 Mandate)

         ÖVP   449.651 Stimmen          (16 Mandate)

         FPÖ    57.828 Stimmen          ( 2 Mandate)

         KPÖ     5.834 Stimmen          ( 0 Mandate)

         GRÜNE  34.092 Stimmen          ( 1 Mandat)

         ( 2 Restmandate)

(Kundmachung vom 27. November 1986)

1.2.3. Wahlkreis 9 (erstes Ermittlungsverfahren)

         Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen

         Stimmen                        921.979

         Ungültige Stimmen                9.767

         Gültige Stimmen                912.212

         SPÖ       477.557 Stimmen      (18 Mandate)

         ÖVP       303.109 Stimmen      (11 Mandate)

         FPÖ        52.525 Stimmen      ( 2 Mandate)

         KPÖ         9.345 Stimmen      ( 0 Mandate)

         GRÜNE      55.571 Stimmen      ( 2 Mandate)

         GAL         6.005 Stimmen      ( 0 Mandate)

         MIR         8.100 Stimmen      ( 0 Mandate)

         ( 3 Restmandate)

(Kundmachung vom 28. November 1986)

1.2.4. Wahlkreisverband I (zweites Ermittlungsverfahren)

         SPÖ        55.476 Reststimmen  ( 3 Restmandate)

         ÖVP        66.086 Reststimmen  ( 4 Restmandate)

(Kundmachung vom 1. Dezember 1986).

1.3.1. Mit Schreiben vom 28. November 1986 erhob die Wahlpartei "Die Grüne Alternative Liste Freda Meissner-Blau" durch ihren Zustellungsbevollmächtigten P S einen - der Sache nach auf §105 Abs1 NRWO 1971 gestützten - "Einspruch gegen das Wahlergebnis des Wahlkreisverbandes Ost und der Wahlkreisergebnisse Niederösterreich und Burgenland" an die Hauptwahlbehörde beim Bundesministerium für Inneres.

1.3.2. Die Hauptwahlbehörde stellte in Stattgebung dieses von der Wahlpartei "Die Grüne Alternative Liste Freda Meissner-Blau" eingebrachten Einspruches mit Beschlüssen vom 4. Dezember 1986 - gemäß §105 Abs3 NRWO 1971 - die Ergebnisse des ersten Ermittlungsverfahrens im Wahlkreis 3 sowie des zweiten

Ermittlungsverfahrens im Wahlkreisverband I wie folgt richtig:

Wahlkreis 3:

         Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen

         Stimmen             964.345  (964.359 - 14)

         Ungültige Stimmen    14.219

         Gültige Stimmen     950.126  (950.140 - 14)

         SPÖ       402.735 Stimmen                 (14 Mandate)

         ÖVP       449.637 Stimmen (449.651 - 14)  (16 Mandate)

         FPÖ        57.828 Stimmen                 ( 2 Mandate)

         KPÖ         5.815 Stimmen (  5.834 - 19)  ( 0 Mandate)

         GRÜNE      34.111 Stimmen ( 34.092 + 19)  ( 1 Mandat)

Wahlzahl: 27.147 (2 Restmandate)

Wahlkreisverband I:

         SPÖ   55.476 Reststimmen                 (3 Restmandate)

         ÖVP   66.072 Reststimmen  (66.086 - 14)  (4 Restmandate)

         FPÖ   15.364 Reststimmen                 (0 Restmandate)

         KPÖ   15.786 Reststimmen  (15.805 - 19)  (0 Restmandate)

         GRÜNE 16.461 Reststimmen  (16.442 + 19)  (0 Restmandate)

         GAL    6.005 Reststimmen                 (0 Restmandate)

         MIR    8.100 Reststimmen                 (0 Restmandate)

Wahlzahl: 16.518

(Verlautbarungen der Hauptwahlbehörde vom 4. Dezember 1986).

1.4.1. Mit ihrer am 31. Dezember 1986 zur Post gegebenen und auf Art141 B-VG gegründeten Wahlanfechtungsschrift begehrte die Wählergruppe "Die Grüne Alternative Liste Freda Meissner-Blau", der VfGH möge gemäß Artikel 141 B-VG in Verbindung mit §70 VerfGG 1953 der Wahlanfechtung stattgeben und erkennen, daß

1) das "gesamte Verfahren der Wahl zum Nationalrat vom 23. November 1986 im Wahlkreis 9 (Wien) aufgehoben wird und zu wiederholen ist";

              2)              "die Wahl zum Nationalrat vom 23. November 1986 im Bereich des Wahlkreisverbands I (Ost) hinsichtlich des ersten und des zweiten Ermittlungsverfahrens aufgehoben wird und das erste und das zweite Ermittlungsverfahren erneut durchzuführen sind."

1.4.2. Begründend wurde - kurz sinngemäß zusammengefaßt - vorgebracht, daß das Wahlverfahren an mehreren - auf das Wahlergebnis Einfluß übenden - Rechtswidrigkeiten leide und den Wahlbehörden bei ziffernmäßigen Ermittlungen Fehler unterlaufen seien:

Zum einen sei durch Rückreihung des in der Wählerliste der SPÖ (im Wahlkreis 9) an vierter und somit aussichtsreicher Stelle kandidierenden Erwin Lanc auf einen aussichtslosen Platz nach vollzogener Wahl eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Wählern, die ihre Stimme - statt für die GRÜNEN - für die SPÖ, und zwar ausschließlich wegen des sicheren Listenplatzes dieses Wahlbewerbers, abgegeben hätten, getäuscht worden. Infolge solcher das Wahlergebnis beeinflussender Wählertäuschung sei der Grundsatz der Freiheit politischer Willensbildung und das Postulat der Reinheit der Wahlen verletzt worden.

Zum anderen wiesen die der Anfechtungswerberin mit Datum vom 17. Dezember 1986 zur Verfügung gestellten EDV-Ausdrucke über das amtliche Endergebnis der Nationalratswahl 119.388 Wahlkartenstimmen aus, obwohl in einem vorläufigen Endergebnis vom 23. November 1986 von 119.642 Wahlkartenstimmen (also ein Plus von 254) und in einem weiteren vorläufigen Endergebnis vom 25. November 1986 von 119.596 Wahlkartenstimmen (also ein Plus von 208) die Rede gewesen sei. Dies deute auf Fehler bei der Ergebnisermittlung hin:

Im Hinblick darauf, daß der (die Stimmenzählung der Gemeindewahlbehörde St. Valentin betreffende) Einspruch an die Hauptwahlbehörde zu einer Stimmenverschiebung zu Gunsten der GRÜNEN geführt habe und für ein weiteres Restmandat bloß 57 Stimmen gefehlt hätten, sei - angesichts der Ungereimtheiten bei der Wahlkartenauswertung - eine neuerliche Auszählung der Wahlkartenstimmen geboten.

Weiters brachte die Anfechtungswerberin vor, daß es in einigen Sprengeln des Wahlkreises 9 einen überdurchschnittlich hohen Anteil an ungültigen Stimmen gebe, der nur mit einer rechtswidrigen Beurteilung der abgegebenen Stimmzettel bzw. mit einer fehlerhaften Auszählung erklärbar sei. So sei der Anteil der gültigen Stimmen für die Anfechtungswerberin gerade in jenen Sprengeln unterdurchschnittlich niedrig, in denen die Ungültigkeitsrate weit über dem Durchschnitt liege. Infolge Nichtgewährung der Akteneinsicht durch die Hauptwahlbehörde sei eine Substantiierung der Behauptungen sowohl über Rechtswidrigkeiten im Wahlverfahren als auch über fehlerhafte ziffernmäßige Ermittlungen unmöglich.

1.5. Die Hauptwahlbehörde beim Bundesministerium für Inneres erstattete - unter Vorlage der Administrativakten - eine Gegenschrift, in der sie für die Abweisung der Wahlanfechtung eintrat.

2.1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der VfGH ua. über Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch zum Nationalrat. Nach Art141 Abs1 Satz 2 B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.

2.1.2. Nach §68 Abs1 VerfGG 1953 muß die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.

Nun sieht zwar §105 Abs1 NRWO 1971 administrative Einsprüche an die Hauptwahlbehörde - iS eines Instanzenzuges nach §68 Abs1 VerfGG 1953 - vor, doch nur gegen die ziffernmäßigen Ermittlungen der Kreis- und Verbandswahlbehörden.

Zur Geltendmachung aller anderen (das sind alle nicht ziffernmäßige Ermittlungen betreffenden) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht - weil insoweit ein zunächst zu durchlaufender Instanzenzug iS des §68 Abs1 VerfGG 1953 nicht eingerichtet ist - die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim VfGH binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (erster Teilsatz des §68 Abs1 VerfGG 1953) offen (VfSlg. 9940/1984).

2.1.3. Vorliegend strebt die Anfechtungswerberin in ihrer Anfechtungsschrift (s. Punkte 1.4.1. und 1.4.2.) a) die nach dem Gesagten dem Einspruchsverfahren nach §105 NRWO 1971 vorbehaltene - Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde und b) die Feststellung von Unregelmäßigkeiten des Wahlverfahrens, die in den Bereich "sonstiger Rechtswidrigkeiten" fallen, und in diesem Zusammenhang auch die Anerkennung ungültig erklärter Stimmzettel an, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eingeräumt ist (vgl. dazu zB VfGH 6.12.1986 WI-2/86).

2.2.1.1. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Anfechtungsfrist iS des ersten Teilsatzes des §68 Abs1 VerfGG 1953 ist die Beendigung des Wahlverfahrens (s. VfSlg. 9085/1981, 9940/1984), das ist hier bei der Wahl zum Nationalrat - insofern es nicht um die Anfechtung ziffernmäßiger Ermittlungen geht - die der jeweiligen Verbandswahlbehörde obliegende Kundmachung (Verlautbarung) des Ergebnisses des zweiten Ermittlungsverfahrens durch Anschlag an der Amtstafel jenes Amtes, dem der Vorsitzende der betreffenden (Verbands-)Wahlbehörde angehört (§103 NRWO 1971; VfSlg. 9940/1984).

Aus den vorgelegten Wahlakten ergibt sich, daß die Verbandswahlbehörde des Wahlkreisverbandes I (für die Wahlkreise Burgenland, Niederösterreich und Wien) das (Wahl-)Ergebnis iS des §103 NRWO 1971 am 1. Dezember 1986 an der Amtstafel des Magistrats der Stadt Wien anschlagen ließ (s. dazu: Punkt 1.2.).

2.2.1.2. Die am 31. Dezember 1986 zur Post beförderte Wahlanfechtung ist daher - soweit sie nicht dem Bereich der ziffernmäßigen Ermittlungen zuzuzählende Rechtswidrigkeiten rügt (s. Punkt 2.1.3. litb) - verspätet.

Daran vermag es nichts zu ändern, daß die Anfechtungswerberin inzwischen (auch) einen administrativen Einspruch gegen ziffernmäßige Ermittlungen der Wahlbehörden nach §105 NRWO 1971 ergriffen hatte (s. Abschnitt 1.3.1.), weil die NRWO 1971 iVm dem VerfGG 1953 zwei völlig verschieden gestaltete Anfechtungswege vorsieht, nämlich die (Wahl-)Anfechtung mit administrativem Einspruch und anschließender Bekämpfung eines (ablehnenden) Administrativbescheides vor dem VfGH, wenn es nur um ziffernmäßige Ermittlungen geht, und die unmittelbare Anrufung des Gerichtshofs nach Kundmachung des Wahlergebnisses, wenn "sonstige Rechtswidrigkeiten" des Wahlverfahrens bekämpft werden:

Da die Anfechtungsgründe in jedem der beiden Anfechtungsverfahren voneinander unabhängig umschrieben (und geltend zu machen) sind, kann die Zustellung des Bescheides bzw. die Verlautbarung der Entscheidung über einen Einspruch gegen ziffernmäßige Ermittlungen (§105 NRWO 1971) keinesfalls die bereits ab Kundmachung des Wahlergebnisses iS des §103 NRWO 1971 laufende Frist zur unmittelbaren Anfechtung der Wahl vor dem VfGH, soweit "sonstige Rechtswidrigkeiten" behauptet werden, verlängern oder neu in Gang setzen. (Wie weit die Rechtspositionen der wahlwerbenden Parteien ändernde nachträgliche - Maßnahmen der Hauptwahlbehörde nach §12 Abs4 NRWO 1971 den Beginn des Laufs der Anfechtungsfrist vor dem VfGH iS des ersten Teilsatzes des §68 Abs1 VerfGG 1953 berühren, bedurfte hier keiner näheren Untersuchung, weil derartige administrative Verfügungen gar nicht getroffen wurden.)

2.2.2.1. Was den "ziffernmäßige Ermittlungen" erfassenden Teil der Anfechtungsschrift anlangt, so folgt aus der Bestimmung des §68 Abs1 VerfGG 1953 im Zusammenhalt mit §67 Abs1 und Abs2 Satz 2 VerfGG 1953 - wie der VfGH bereits mehrfach ausgesprochen hat - zwingend, daß ein wahlgesetzlich eingerichteter (administrativer) Instanzenzug durchlaufen sein muß, ehe der VfGH ("binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides") angerufen werden darf: Wer also die ihm eingeräumte Befugnis, administrative Rechtsmittel (gegen ziffernmäßige Ermittlungen) zu ergreifen, ungenützt läßt, ist zur - nachträglichen - Wahlanfechtung beim VfGH nicht berechtigt, es sei denn, daß das zunächst unangefochten gelassene (ursprüngliche) Wahlergebnis infolge eines von anderer Seite angestrengten (administrativen) Rechtsmittelverfahrens - durch Behebung ziffernmäßiger Ermittlungen der Wahlbehörden niederer Stufe - verändert wird (s. dazu: VfGH 6.3.1986 WI-10/85, WI-11/85).

2.2.2.2. Im vorliegenden Fall hatte die Anfechtungswerberin zwar einen administrativen Einspruch nach §105 NRWO 1971 ergriffen - der dazu führte, daß die Hauptwahlbehörde beim Bundesministerium für Inneres die Wahlergebnisse der Kreiswahlbehörde 3 und der Verbandswahlbehörde I richtigstellte (s. Punkt 1.3.2.) - , jedoch (behauptete Rechtswidrigkeiten im Bereich der damals allein relevanten ziffernmäßigen Ermittlungen hinlänglich und wirksam substantiierend - §105 Abs2 NRWO 1971) im wesentlichen nur mit der Begründung, die Gemeindewahlbehörde St. Valentin (Land Niederösterreich) habe eine Anzahl von Stimmen, die für die GRÜNEN abgegeben worden seien, zu Unrecht der KPÖ zugezählt.

Mit den übrigen ziffernmäßigen Ermittlungen der Wahlbehörden, namentlich mit den (bundesweiten) Ergebnissen der Zählung der Wahlkartenstimmen aber hatte sich die Einschreiterin damals abgefunden, obwohl ihr auch zur Geltendmachung aller die Wahlkartenzählung betreffenden Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens (in substantiierter Form) die - nach dem schon Gesagten eine unmittelbare Anrufung des VfGH ausschließende Befugnis zur Ergreifung des administrativen Rechtsmittels des Einspruchs (§105 NRWO 1971) zukam, sodaß sie nunmehr vor dem VfGH zur (erstmaligen) Geltendmachung von Rechtswidrigkeiten im Verlauf der Wahlkartenzählung - mangels Erschöpfung des (administrativen) Instanzenzuges in diesem Punkt - nicht (mehr) berechtigt ist.

2.3. Die Wahlanfechtung war daher, soweit sie nicht bei ziffernmäßigen Ermittlungen der Wahlbehörden unterlaufene Rechtswidrigkeiten rügt, als verspätet, ansonsten jedoch wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges - als unzulässig zurückzuweisen.

2.4. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita und b VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, Wahlanfechtung administrative

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:WI1.1987

Dokumentnummer

JFT_10129698_87W00I01_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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