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yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
B-VG Art103 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache des JL in G, gegen den Landeshauptmann von Steiermark wegen unterlassener Erledigung einer Berufung gegen den Bescheid des Stadtmagistrates Graz, betreffend Inanspruchnahme eines Geschäftslokales nach dem Reichsleistungsgesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist, wie dem Gerichtshof aus dem zur Zl. 800/47 durchgeführten Beschwerdeverfahren bekannt ist, Untermieter eines Geschäftslokales im Hause Graz, L-strasse. Er hatte dieses Lokal im Februar 1941 von der Mieterin AG auf 10 Jahre gemietet. Mit dem Bescheid vom 12. April 1946, Zl. A 8-239/I-46, verfügte der Stadtmagistrat Graz gemäß § 5 des Reichsleistungsgesetzes die Beschlagnahme des untervermieteten Raumes und wies ihn dem Kaufmann AM für Zwecke seines Gewerbebetriebes zu. Der Bescheid enthält eine negative Rechtsmittelbelehrung. Gegen diese Verfügung des Stadtmagistrates erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer am 25. April 1947 "Beschwerde" zwecks Herbeiführung einer Entscheidung der steiermärkischen Landesregierung. In dieser Eingabe bezeichnete er den auf das Reichsleistungsgesetz gestützten Bescheid als ungesetzlich und mit einer falschen Rechtsmittelbelehrung versehen. Diese Beschwerde verband er auch gleich mit einer solchen gegen die von ihm als Bescheide bezeichneten Erledigungen des Stadtmagistrates vom 10. Februar 1947 des Inhaltes, dass der Bescheid vom 12. April 1946 am 14. Mai 1946 aufgehoben wurde, nachdem der Leistungsempfänger auf die Zuweisung des Lokale verzichtet hätte, und vom 22. April 1947, worin dem Beschwerdeführer das Außerkrafttreten des Bescheides vom 12. April 1946 neuerlich bestätigt und überdies mitgeteilt wurde, dass von einer Außerkraftsetzung wegen rechtswidriger Beschlagnahme nicht die Rede sein könne, weil die Außerkraftsetzung bereits vor der eingebrachten Beschwerde - gemeint war die Eingabe vom 18. April 1947 - erfolgt sei. Der Stadtmagistrat Graz hatte inzwischen am 14. Mai 1946 an den Eigentümer des gegenständlichen Hauses, an die Mieterin AG und an den Leistungsempfänger M ein Schreiben des Inhaltes gerichtet, dass M auf Beschlagnahme und Zuweisung des Lokals verzichtet hätte, weshalb der Bescheid vom 12. April 1946 als "hinfällig" betrachtet werden wolle. In der Folge kam es nicht zu einer Rückgabe des Geschäftslokales an den Beschwerdeführer, dieses wurde vielmehr im Einverständnis mit der Mieterin G und dem Magistrat Graz von einem anderen Benützer (A bzw. HH) in Benützung genommen. Als der Beschwerdeführer daraufhin vom Stadtmagistrat den Widerruf des Einweisungsbescheides und die Räumung des Geschäftslokals begehrte, ergingen die bereits erwähnten Schreiben vom 10. Februar und 22. April 1947. Der schon angeführten Beschwerde gab der Landeshauptmann mit Bescheid vom 3. Juli 1947, Zl. 11-15 Mu 79/2-1947, keine Folge. Die dagegen eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 31. Jänner 1949, Zl. 800/47, in der Erwägung zurückgewiesen, dass der angefochtene Bescheid nicht im Rechtsmittelzug ergangen wäre, sondern in Handhabung des Aufsichtsrechtes der Oberbehörde. Da es die Oberbehörde abgelehnt hätte, in Handhabung des Aufsichtsrechtes eine Verfügung zu treffen, könnte der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt sein.
Die Säumnisbeschwerde, die der Beschwerdeführer auf Grund des gleichen Sachverhaltes nunmehr einbrachte, stützte er auf die Behauptung, er hätte die Dienstaufsichtspflicht und das Dienstaufsichtsrecht der belangten Behörde gar nicht angerufen; es hätte vielmehr die belangte Behörde über eine Aufsichtsbeschwerde entschieden, die gar nicht erhoben worden war und nicht vorgelegen hatte. Seine Eingabe vom 25. April 1947 sei eine Berufung gewesen, die bis heute unerledigt geblieben sei. Der Beschwerdeführer begehrte daher im Wege der Säumnisbeschwerde die Erlassung der ausständigen Berufungsentscheidung im Sinne einer Behebung des Bescheides vom 12. April 1946 und einer Abänderung der Bescheide vom 10. Februar und 22. April 1947. Der weitere Inhalt der Säumnisbeschwerde zielt auf den Nachweis der Anfechtbarkeit der genannten Bescheide im ordentlichen Rechtsweg und der Rechtzeitigkeit der seinerzeit ergriffenen Berufung ab.
Die Säumnisbeschwerde ist unzulässig.
Es fehlt vor allem die Säumnis, weil der Landeshauptmann zu einer Sachentscheidung nicht zuständig war. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht ist mit der Rezeption des Reichsleistungsgesetzes die in ihm getroffene Ordnung des Instanzenzuges in die österreichische Rechtsordnung übernommen worden. Das Reichsleistungsgesetz räumt nur in der Frage der Entschädigung und der Vergütung ein Rechtsmittel ein, in allen anderen erwähnt es die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht. Dieses Schweigen des Gesetzgebers haben Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof (Beschluss des verstärkten Senates vom 14. Oktober 1946, Slg. Anhang Nr. 1) einer im Sinne des Artikels 103, Abs. 4, B-VG ausdrücklich verfügten Abkürzung des Instanzenzuges gleichgestellt. Das Reichsleistungsgesetz ist daher innerhalb der österreichischen Rechtsordnung einem Bundesgesetz gleichzustellen, das hinsichtlich des administrativen Instanzenzuges innerhalb der mittelbaren Bundesverwaltung ausdrücklich andres bestimmt. Bei dieser Rechtslage wäre dem Landeshauptmann, selbst wenn der Beschwerdeführer keine Aufsichtsbeschwerde, sondern eine, wenn auch unzulässige Berufung eingebracht hätte, nur die Zurückweisung der Berufung offen gestanden. Der Landeshauptmann hätte sohin eine Entscheidung in der Sache selbst nicht treffen können. Nun setzt eine Säumnisbeschwerde voraus, dass die Entscheidung in der Sache über sechs Monate ausständig ist. Sie kann daher nur eingebracht werden, wenn der Beschwerdeführer von der Behörde, der er die Säumigkeit zur Last legt, eine Entscheidung in der Sache verlangen konnte, mit anderen Worten, wenn der Bechwerdeführer einen Rechtsanspruch auf eine Entscheidung in der Sache selbst hatte. Eine Zurückweisung einer Berufung wegen deren Unzulässigkeit ist aber keine Sachentscheidung. Eine solche Erledigung kann daher nicht im Wege einer Säumnisbeschwerde herbeigeführt werden. Daraus folgt die Unzulässigkeit der Säumnisbeschwerde, weil die Prozessvoraussetzung der Säumnis nicht gegeben ist (vgl. hiezu den im gleichen Sinne ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 103 A).
Übrigens wäre selbst dann, wenn der Landeshauptmann in der Erlassung einer Sachentscheidung säumig gewesen wäre, die vorliegende Beschwerde doch aus folgendem Grunde unzulässig. Die Säumnisbeschwerde kann nicht wegen einer Säumigkeit irgendeiner zu einer Sachentscheidung berufenen Behörde jeder beliebigen Organisationsstufe ergriffen werden, sondern nur wegen der Säumnis der obersten Instanz, die der Beschwerdeführer anzurufen rechtlich in der Lage war. Es muss also die Behörde, die nach dem organisatorischen Aufbau der Verwaltung an höchster Stufe steht und von der Partei noch angerufen werden kann, durch mehr als sechs Monate untätig gewesen sein. Diese oberste Instanz aber wäre das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, dessen Zuständigkeit der Beschwerdeführer völlig unabhängig von dem in der Verwaltungsvorschrift eingeräumten Rechtszug, durch Devolutionsantrag nach § 73 Abs. 2 AVG bei Säumigkeit des Landeshauptmannes herbeiführen könnte.
Erst dann, wenn auch der Bundesminister durch mehr als sechs Monate säumig geworden wäre, hätte der Beschwerdeführer die Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einbringen können. Der Gerichtshof verweist in dieser Hinsicht auf die ständige Rechtsprechung (vgl. z. b. Beschluss des Bundesgerichtshofes Slg. 99 A, Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1947, Zl. 632/47, und vom 15. April 1948, Zl. 1116/47).
Sind die Prozessvoraussetzungen nicht erfüllt, dann steht der Einbringung der Säumnisbschwerde der in der Person des Beschwerdeführers gelegene Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegen.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen (§ 34 Abs 1 VwGG). Wien, am 3. April 1950
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1950:1949001621.X00Im RIS seit
13.06.2008Zuletzt aktualisiert am
08.08.2014