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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 lita;Beachte
Abgegangen hievon mit verstärktem Senat (demonstrative Auflistung): 0265/75 B VS 25. März 1976 VwSlg 9024 A/1976 RS 2; 0265/75 B VS 25. März 1976 VwSlg 9024 A/1976 RS 1; (RIS: abwh)Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Mahnig und die Räte Dr. Donner, Dr. Strau, Dr. Koprivnikar und Dr. Schimetschek als Richter, im Beisein des Sektionsrates Dr. Lehne als Schriftführer, über die Beschwerde der AL in W gegen den Bescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 22. April 1953, Zl. II-55857-6/2/53, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheide wurde dem Antrage der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 16. Dezember 1952, Zl. M.Abt.14-L 32/52, keine Folge gegeben. Über die dagegen eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 71 Abs. 1 lit. a AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten.
Im Beschwerdefalle hat der Gatte der Beschwerdeführerin die Berufungsschrift vom Rechtsfreunde der Beschwerdeführerin mit dem ausdrücklichen Auftrag übernommen, sie beim Magistrat der Stadt Wien, an den sie auch adressiert war, zu überreichen. Er übergab sie jedoch unmittelbar dem Bundesministerium für soziale Verwaltung als Berufungsbehörde. Bei der Einlaufstelle des Bundesministeriums für soziale Verwaltung sei ihm die Auskunft gegeben worden, dass das Ministerium die richtige Einbringungsstelle sei. Die Berufungsschrift sei auch tatsächlich am 2. Jänner 1953, dem letzten Tage der zweiwöchigen Berufungsfrist, von dieser Stelle übernommen worden.
Unter "Ereignis" ist immer ein Geschehen in der Außenwelt zu verstehen. Dieses Ereignis, das unvorhergesehen bzw. unabwendbar zu sein hat, muss die Partei gehindert haben, die Beschwerde rechtzeitig einzubringen. Ein solches Ereignis ist im Beschwerdefalle nicht eingetreten. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin hatte infolge eines ihm unterlaufenen Irrtums die Berufungsschrift nicht beim Magistrat der Stadt Wien, sondern bei der Berufungsbehörde überreicht. Solche, in der Sphäre der Partei sich vollziehende, dem Innenleben angehörige Vorgänge können nicht dem Begriff "Ereignis" unterstellt werden. Die Behinderung kam nicht von außen, sondern lag in der Person des Beschwerdeführers bzw. seines Vertreters. Subjektive Hindernisse aber vermögen die Versäumung der Berufungsfrist nicht zu rechtfertigen (vgl. hg. Beschluss vom 9. Mai 1949, Slg. Nr. 810/A/49). Auch die angebliche Auskunft des die Berufung übernehmenden Beamten der Einlaufstelle der betreffenden Behörde, auf die sich die Beschwerdeführerin stützt, kann nicht hinreichen, den Irrtum zu entschuldigen; denn einer solchen Auskunft kann weder für die Behörde noch für die am Verfahren beteiligten Personen bindende Wirkung zukommen (siehe hg. Beschluss vom 4. Februar 1948, Slg. Nr. 307/A/48).
Aus den angeführten Gründen musste die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Wien, am 29. September 1954
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1954:1953001342.X00Im RIS seit
18.09.2008Zuletzt aktualisiert am
24.09.2008