TE Vwgh Erkenntnis 1964/2/6 0066/63

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Veröffentlicht am 06.02.1964
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/02 Sonstiges Wasserrecht;

Norm

AVG §10 Abs4;
BundesstrombauamtV 1929 §2;
B-VG Art23;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Guggenbichler, sowie die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Krzizek, Penzinger und Dr. Knoll, als Richter, im Beisein des Schriftführers, Landesregierungskommissärs Dr. Roth, über die Beschwerde des Jagdausschusses F gegen den Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. November 1962, Zl. L. A. VI/4-517/1-1962, betreffend Feststellung eines Eigenjagdgebietes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung hat mit dem Jagdgebietsfeststellungsbescheide vom 11. September 1962 dem namens der Republik Österreich eingebrachten Antrage der Forstverwaltung M der Österreichischen Bundesforste auf Anerkennung der Befugnis zur Eigenjagd auf den beim Bezirksgerichte Schwechat im Verzeichnis II, Abschnitt öffentliches Gut, eingetragenen Grundstücken Nr. 1117/1, 1117/4, 1117/5, 1122/1, 1122/3, 1122/4, 1123, 1124/1, 1124/2, 1124/3 und 1124/4 nicht stattgegeben. In der Begründung hiezu wurde ausgeführt, dass nach den hinsichtlich des öffentlichen Gutes bestehenden Vorschriften den Österreichischen Bundesforsten bezüglich der oben angeführten, zum "Öffentlichen Gut" gehörigen Grundstücke keinerlei Verfügungsrechte zustünden, sodass die Österreichischen Bundesforste zur Beanspruchung der Eigendjagdbefugnis für diese Grundstücke nicht berechtigt seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Forstverwaltung M der Österreichischen Bundesforste rechtzeitig Berufung, wobei sie den Antrag stellte, diese Parzellen, welche im Grundbuch öffentliches Gut verzeichnet sind, als Eigenjagdgebiet der Republik Österreich (Forstverwaltung M der Österreichischen Bundesforste) anzuerkennen. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die Parzellen 1122/1, 1123 und 1124/1 (mit der Bezeichnung Donaustrom) und 1117/1 (mit der Bezeichnung Donauarm) öffentliches Wassergut darstellen, während die Parzellen 1117/4, 1117/5, 1122/4, 1124/3 und 1124/4 (mit der Bezeichnung Treppelwege) als Schifffahrtsanlagen anzusehen sind und die Parzellen 1122/3 und 1124/2 Teile des Inundationsdammes bilden. Sowohl die zuerst genannten vier Parzellen des Donaustromes als auch die Treppelwege und der Inundationsdamm stehen nach den Angaben des Berufungswerbers im Eigentum der Republik Österreich und in Verwaltung des Bundesstrombauamtes. Abgesehen davon, dass das Bundesstrombauamt mit Schreiben vom 18. Juni 1962, Zl. 12.657-A-III/62, die Forstverwaltung M ausdrücklich ermächtigt habe, die Anmeldung für die Befugnis zur Eigenjagd für die Jagdperiode vom 1. Jänner 1963 bis 31. Dezember 1968 vorzunehmen, sei eine solche Ermächtigung gar nicht erforderlich gewesen, da die Bundesforstverwaltung M ebenso wie das Bundesstrombauamt als Organ der Republik Österreich berechtigt seien, Handlungen zur Wahrung der Rechte des Bundes rechtsgültig zu setzen. Der Jagdausschuss F, zur Stellungnahme zu diesem Berufungsvorbringen aufgefordert, bestritt das Eigentumsrecht des Bundes und den Eigenjagdrechtsanspruch der Österreichischen Bundesforste nur hinsichtlich der Donauparzellen Nr. 1117/1, 1122/1, 1123 und 1124/1 während er bezüglich der Anerkennung der übrigen Parzellen als Eigenjagdgebiet der Österreichischen Bundesforste keine Einwendung erhob.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheide gab die belangte Behörde der Berufung der Österreichischen Bundesforste dahin Folge, dass sie der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste, Forstverwaltung M) in Abänderung des vorinstanzlichen Bescheides antragsgemäß die Befugnis zur Eigenjagd zuerkannte. Nach der dem Berufungsbescheide beigegebenen Begründung lasse sich die Frage, wer Eigentümer der Parzellen Nr. 1117/1, 1122/1, 1123 und 1124/1 sei, aus § 4 des Wasserrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 215/1959 (WRG 1959), beantworten. Danach, gelten wasserführende und verlassene Bette öffentlicher Gewässer, wenn der Bundesschatz als Eigentümer eingetragen ist, als öffentliches Wassergut. Sie gelten aber bis zum Beweise des Gegenteiles auch dann als, öffentliches Wassergut, wenn sie wegen ihrer Eigenschaft als öffentliches Gut in kein öffentliches Buch aufgenommen sind, oder wenn in den öffentlichen Büchern ihre Eigenschaft als öffentliches Gut zwar ersichtlich gemacht, aber kein Eigentümer eingetragen ist. Da nun diese Grundstücke zwar im Grundstücksverzeichnis über öffentliches Gut der Katastralgemeinde Dorf F verzeichnet seien, aber kein Eigentümer eingetragen ist, sei nach § 4 WRG 1959 der Bundesschatz, im weiteren Sinn also die Republik Österreich, Eigentümerin der eingangs näher bezeichneten Grundstücke. Sowohl, das Bundesstrombauamt als auch die Österreichischen Bundesforste seien Dienststellen des Bundes, deren sich der Bund in Durchführung der Agenden seiner Wirtschaftsverwaltung bediene. Es könnten daher von diesen Dienststellen auch Handlungen zur Wahrung der Rechte des Bundes rechtsgültig gesetzt werden. Inwieweit die Verwaltungsagenden des Bundes auf ihre einzelnen Dienststellen aufgeteilt sind, sei hiebei ohne Belang.

Der gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde des Jagdausschusses F konnte aus folgenden Erwägungen ein Erfolg nicht versagt bleiben:

Gemäß § 6 Abs. 1 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes vom 30. Jänner 1947, LGBl. Nr. 13 (kurz: Jagdgesetz), steht die Befugnis zur Eigenjagd in der Regel dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha zu, welche eine für die zweckmäßige Ausübung der Jagd geeignete Gestaltung und insbesondere Breite besitzt (Eigenjagdgebiet). Nach Ausweis der Verwaltungsakten hat der beschwerdeführende Jagdausschuss (kurz als "Beschwerdeführer" bezeichnet) im Verwaltungsverfahren nur hinsichtlich der im Grundstücksverzeichnisse II, Abschnitt öffentliches Gut der Katastralgemeinde F, eingetragenen Parzellen Nr. 1117/1, 1122/1, 1123 und 1124/1 je Donaustrom, das Eigentumsrecht der Republik Österreich bestritten, da es sich hier um ein öffentliches Gewässer handle. Hingegen hat er gegen die Anerkennung des Eigenjagdrechtes auf den sonstigen, die nicht regulierte Strombett bildenden Parzellen keinen Einwand erhoben. Bei der Donau handelt es sich unbestrittenermaßen um ein öffentliches Gewässer. Die öffentlichen Gewässer stehen aber als öffentliches Wassergut im Eigentum des Staates. Das gleiche gilt vom Bette, mag es Wasser führen oder vom Wasser verlassen sein. Dies gilt unbedingt dann, wenn der Bundesschatz als Eigentümer in den öffentlichen Büchern eingetragen ist. Sie gelten aber bis zum Beweise des Gegenteils auch dann als öffentliches Wassergut und damit als Eigentum des Bundes, wenn sie wegen ihrer Eigenschaft als öffentliches Gut in keinem öffentlichen Buch aufgenommen sind oder wenn in den öffentlichen Büchern ihre Eigenschaft als öffentliches Gut zwar ersichtlich gemacht (§ 12 des Allgemeinen Grundbuchanlegungsgesetzes, BGBl. Nr. 2/1930), aber kein Eigentümer eingetragen ist (vgl. hiezu insbesondere § 4 WRG 1959, Klang Kommentar zu § 288 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, Krzizek Wasserrecht, Manz 1962, S. 32 ff.; Adamovich Handbuch des Österreichischen Verwaltungsrechtes, 2. Band, S. 98). Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Republik Österreich als Eigentümerin dieser Parzellen angesehen hat. Damit wurde, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, noch nicht ausgesprochen, dass jedes öffentliche Gut im Eigentume des Bundes bzw. der Republik Österreich stehe.

Dem Beschwerdeführer kann aber auch nicht beigepflichtet werden, wenn er die Finanzprokuratur als alleinige Vertreterin der Republik Österreich "auf dem zivilen Sektor" ansieht. Nach § 1 Abs. 2 des Prokuraturgesetzes, StGBl. Nr. 172/1945, ist die Befugnis der Finanzprokuratur zur Vertretung im allgemeinen nur vor den ordentlichen Gerichten eine ausschließliche. Die Vertretung, vor den Verwaltungsbehörden und vor dem Verwaltungsgerichtshof findet nur auf Verlangen statt. Ebenso wenig berechtigt ist die Einwendung des Beschwerdeführers, dass der angefochtene Bescheid im Widerspruch zu § 6 und § 9 Abs. 3 des Jagdgesetzes stehe. Voraussetzung für die Anerkennung einer Grundfläche als Eigenjagdgebiet nach § 6 Abs. 1 des Jagdgesetzes ist eine zusammenhängende Grundfläche von mindestens 115 ha, welche eine für die zweckmäßige Ausübung der Jagd geeignete Gestaltung und insbesondere Breite besitzt. Die Bestimmung des § 9 Abs. 3 des Jagdgesetzes, wonach u.a. natürliche und künstliche Wasserläufe und ähnlich gestaltete stehende Gewässer, welche die Grundfläche durchschneiden, keine Unterbrechung des Zusammenhanges bilden, spricht nach ihrem Inhalt, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht gegen die Feststellung eines Eigenjagdgebietes auf zusammenhängenden Strom- und Uferparzellen der Donau. Aus dem Erfordernis einer für die zweckmäßige Ausübung der Jagd geeigneten Gestaltung der Grundfläche kann weiters nicht abgeleitet werden, dass sich Wasserflächen nicht als Eigenjagdgebiete eignen. Damit ist vor allem an die räumliche Ausdehnung der Grundflächen gedacht, wie sich an der beispielsweisen Anführung der Breite zeigt. Mängel der räumlichen Gestaltung wurden aber von der Beschwerde nicht geltend gemacht. Die in diesem Zusammenhange geäußerte Ansicht des Beschwerdeführers, dass Wasser- und Uferflächen, auf denen lediglich eine Bejagung von Wasserwild in Frage komme, von vornherein keine zweckmäßige Ausübung der Jagd ermöglichen, kann ebenfalls nicht geteilt werden.

Die Österreichischen Bundesforste haben im Verwaltungsverfahren darauf verwiesen, dass sie mit Schreiben vom 18. Juli 1962 vom Bundesstrombauamt ausdrücklich ermächtigt wurden, die Eigenjagdbefugnis für die Republik Österreich zu beantragen.

Dem Bundesstrombauamte kommt gemäß § 2 der auf Grund des § 4 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1927, BGBl. Nr. 371, erlassenen Verordnung, BGBl. Nr. 166/1928, auch die Verwaltung der den Aufgaben des Bundesstrombauamtes (Durchführung der Regulierungs- und Instandhaltungsarbeiten an der Donau) oder den Interessen der Schifffahrt dienenden Liegenschaften des Bundes zu. Nach 1938 wurde die Wasserstraßenverwaltung in Österreich durch die Verordnung über die Reichswasserstraßenverwaltung in der Ostmark vom 14. Juli 1939 (DRGB1. I S. 1250) in die Reichswasserstraßenverwaltung eingegliedert. Gemäß § 4 dieser Verordnung wurde dem Reichsstatthalter in Niederdonau für die Reichswasserstraßen die Verwaltung, die nach der Verordnung über die Errichtung eines Bundesstrombauamtes in Wien vom 28. Juni 1928, BGBl. Nr. 166, dem Strombauamte Wien zugewiesen war, übertragen. Der Reichsstatthalter hatte zur Verwaltung der Reichswasserstraßen als öffentliches Wassergut die Zuständigkeiten des Ministers für Landwirtschaft in Wien und trat nach der Verordnung vom Jahre 1939 in die Zuständigkeiten des Strombauamtes Wien ein. Diese Verordnung wurde in der Folge durch die Verordnung vom 12. September 1941, DRGBl. I S. 609, mit der Maßgabe ersetzt, dass gemäß § 4 Abs. 2 dieser letzteren Verordnung, die auf Grund der Verordnung BGBl. Nr. 166/1928 seinerzeit dem Strombauamte Wien zugewiesenen Aufgaben dem Reichsstatthalter in Wien übertragen wurden. Nach § 7 der gleichen Verordnung nahm der Reichsstatthalter in Wien die ihm u. a. gemäß § 4 der Verordnung zugewiesenen Aufgaben durch die Wasserstraßendirektion wahr. Schließlich wurde durch § 64 des Behörden-Überleitungsgesetzes, StGBl. Nr. 94/1945, die Wasserstraßendirektion Wien aufgelöst. Ihre Geschäfte gingen mit Ausnahme der auf die Schifffahrt Bezug habenden Aufgaben an das staatliche Strombauamt in Wien über. Daraus folgt, dass die Bestimmungen der Verordnung vom 28. Juni 1928, BGBl. Nr. 166, womit bestimmte Aufgaben dem Bundesstrombauamte zugewiesen wurden, nie außer Kraft gesetzt waren und auch heute noch gelten.

Die belangte Behörde steht in diesem Zusammenhang auf dem Standpunkte, dass der Bund in Angelegenheiten der Wirtschaftsverwaltung durch jede Dienststelle Handlungen zur Wahrung seiner Rechte ohne Beschränkung rechtsgültig setzen kann. Dieser Ansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltung können die Rechtsträger (Art. 23 B-VG), denen die öffentliche Verwaltung nach den Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes und der in seiner Durchführung ergehenden Bundes- und Landesgesetze obliegt, ihre Aufgaben nur durch Personen führen, die auf Grund der Gesetze ermächtigt sind, innerhalb des ihnen zugewiesenen Aufgabenkreises namens des Rechtsträgers als dessen Organ handelnd aufzutreten (vgl. Adamovich, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsrechtes, l. Band, S. 49).

Im vorliegenden Falle steht auf Grund gesetzlicher Anordnung die Verwaltung der gegenständlichen Strom- und Uferparzellen des Bundes dem Bundesstrombauamte zu, das diese ihm gesetzlich eingeräumte Kompetenz nicht ohne besondere gesetzliche Ermächtigung selbst auf andere Organe des Bundes übertragen kann. Die Heranziehung der Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches über den Bevollmächtigungsvertrag auf das öffentlichrechtliche Verhältnis zwischen den einzelnen Dienststellen des Bundes erscheint durchaus verfehlt.

Es ergibt sich somit, dass den Österreichischen Bundesforsten in der heute zur Entscheidung gestandenen Rechtssache, betreffend die Anerkennung und Ausübung des Eigenjagdrechtes auf den eingangs näher beschriebenen Strom- und Uferparzellen, die Berechtigung zum Einschreiten namens des Bundes mangelte.

Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Österreichischen Bundesforste berechtigt waren, die Anmeldung des Eigenjagdrechtsanspruches des Bundes gemäß § 6 des Jagdgesetzes hinsichtlich der in Verwaltung des Bundesstrombauamtes befindlichen Grundstücke vorzunehmen, erweist sich daher seinem Inhalte nach als rechtswidrig.

Der mit einer solchen Rechtswidrigkeit belastete angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 aufzuheben. Wien, am 6. Februar 1964

Schlagworte

Amtsbekannte Funktionäre

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1964:1963000066.X00

Im RIS seit

26.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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