TE Vwgh Erkenntnis 1967/1/17 1088/66

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Veröffentlicht am 17.01.1967
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §62 Abs4;
AVG §68 Abs2;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Donnar, und die Hofräte Dr. Lehne, Dr. Hinterauer, Dr. Knoll und Dr. Zach als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Eckbrecht, über die Beschwerde des A U in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wstraße 3, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom 23. Mai 1966, Zl. 404.395-21/66, betreffend Verbesserung der dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung gemäß 14. Gehaltsgesetz-Novelle, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Finanzen) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1082,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Finanzrevident in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund (Finanzverwaltung) und ist bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland beschäftigt. Am 3. September 1965 stellte er an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland das Ansuchen um Verbesserung seiner dienstrechtlichen Stellung im Sinne des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1965 BGBl. Nr. 190 (14. Gehaltsgesetz-Novelle). Am 26. Mai 1966 teilte die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland dem Beschwerdeführer folgendes mit. "Auf Ihr Ansuchen vom 3. September 1965 hat das Bundesministerium für Finanzen mit Erlass vom 23. Mai 1966, Zl. 404.395-21/66, festgestellt, dass eine Verbesserung Ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung nach den Bestimmungen der 14. Gehaltsgesetznovelle nicht möglich ist, weil Ihr Überstellungsverlust weniger als zwei Jahre beträgt."

Gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom 23. Mai 1966 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf volle und richtige Anwendung des Art. II der 14. Gehaltsgesetz-Novelle und in seinem Recht auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften §§ 1 Abs. 1, 8 und 10 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes und §§ 58 und 60 AVG 1950) verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

Mit Eingabe vom 24. Oktober 1966 teilte das Bundesministerium für Finanzen mit, dass es den beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 23. Mai 1966 in seiner Begründung abgeändert habe. Gleichzeitig wurde eine Durchschrift des Abänderungsbescheides angeschlossen. Nach dem Spruch dieses Bescheides vom 24. Oktober 1966 wird der Bescheid vom 23. Mai 1966, mitgeteilt durch Intimationsbescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Mai 1966, gemäß § 68 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz dahin abgeändert, dass die Begründung wie folgt zu lauten hat: Es folgt nun eine ausführliche Begründung für die Abweisung des Ansuchens des Beschwerdeführers um Verbesserung der dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung, die von der bisherigen Begründung abweicht.

Damit ergibt sich für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob durch den Bescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 1966 eine Klaglosstellung des Beschwerdeführers erfolgte. Diese muss aus folgenden Erwägungen verneint werden: Bei der Bescheidbeschwerde bewirkt die Beseitigung des angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer sie Klaglosstellung des Beschwerdeführers. Der angefochtene Bescheid vom 23. Mai 1966, wurde aber durch den Bescheid vom 24. Oktober 1966 nur in der Begründung abgeändert, im Spruch aber überhaupt nicht berührt, eine Klaglosstellung ist also nicht eingetreten.

Der Gerichtshof hat noch zu untersuchen, ob er gehalten ist, den angefochtenen Bescheid als eine Einheit mit der späteren behördlichen Äußerung zu werten, ob er also - dies war offenbar von der belangten Behörde beabsichtigt -, die in der behördlichen Äußerung vom 24. Oktober 1966 nachgetragene Begründung bei der Prüfung des ursprünglichen Bescheides zugrunde zu legen hat. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, dass § 68 Abs. 2 AVG 1950 nicht dem Zwecke dient, eine unterlassene Begründung nachzuholen. Der Sinn der Vorschrift ist vielmehr eine Änderung hinsichtlich der Entscheidung oder Verfügung selbst, nicht eine solche hinsichtlich ihrer Begründung. Damit ist allerdings nur gesagt, dass die spätere behördliche Äußerung durch das angeführte Gesetz nicht gedeckt ist. Über ihre Wirkungen ist damit noch nichts festgestellt. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Anschauung, dass die behördliche Äußerung, die sich auf § 68 Abs. 2 AVG 1950 stützt, ungeachtet der gewählten Bescheidform und der Absicht, in einer verbindlichen Weise eine Begründung nachzutragen, wirkungslos bleiben musste. Zum Wesen eines Bescheides gehört nämlich, dass es sich um eine obrigkeitliche Willensäußerung handelt, die für einen einzelnen Fall Rechte oder Rechtsverhältnisse feststellt oder gestaltet (vgl. etwa den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1949, Slg. Nr. 172/F). Auch die Berichtigung einer Begründung gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 wertet der Verwaltungsgerichtshof als Bescheid; er vertritt jedoch die Anschauung, dass eine Berichtigung, durch die ein Begründungsmangel behoben werden soll, unzulässig sei, wenn auch unter Umständen dadurch eine Verletzung von Rechten nicht stattfindet. (vgl. Erkenntnis vom 29. September 1966, Zl. 425/66). Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde es vermieden, § 62 Abs. 4 AVG 1950 über die Berichtigung anzuwenden, dies offenbar deswegen, weil sie sich über die Unzulässigkeit einer solchen Vorgangsweise im klaren war; Voraussetzungen für eine Berichtigung waren ja tatsächlich nicht gegeben. Sie hat versucht, unter Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG 1950 den erwünschten Erfolg zu erreichen. Der bloße Austausch der Begründung kann aber, jedenfalls außerhalb des Berichtigungsverfahrens, keinesfalls als Bescheid gewertet werden. Demnach konnte es nicht in Betracht kommen, dass der Verwaltungsgerichtshof die neue Begründung seiner Prüfung zugrunde lege.

Der angefochtene Bescheid vom 23. Mai 1966 enthält aber ohne weitere Sachverhaltsfeststellung nur die Begründung, dass der Überstellungsverlust des Beschwerdeführers weniger als zwei Jahre beträgt. Ob und in welchem Ausmaß sich eine günstigere besoldungsrechtliche Stellung im Sinne des Art. II Z. 2 der 14. Gehaltsgesetz-Novelle ergibt, ist nach Z. 3 derselben Gesetzesstelle im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt durch einen Vergleich der tatsächlichen Laufbahn und der Laufbahn der Beamten mit gleicher anrechenbarer Dienstzeit, dienstlicher Beurteilung und dienstlicher Stellung festzustellen, die sich ergeben hätte, wenn die Bestimmungen über die Überstellung in eine höhere Verwendungsgruppe und die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 bis 5 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung des Art. I der 14. Gehaltsgesetz-Novelle im Zeitraum der seinerzeitigen Überstellung oder der seinerzeitigen Aufnahme gegolten hätten. Da jedoch der angefochtene Bescheid jede weitere Sachverhaltsfeststellung, Beweiswürdigung und Beurteilung der Rechtsfrage, insbesondere aber auch jegliche Feststellung über die Laufbahn von Beamten mit gleicher anrechenbarer Dienstzeit, dienstlicher Beurteilung und dienstlicher Stellung vermissen lässt, ist der Beschwerdeführer nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in diesen Dienstrechtssachen (vgl. die Erkenntnisse vom 6. April 1966, Zl. 66 und 68/66, vom 21. September 1966, Zl. 1009/66, u. a.) durch den angefochtenen Bescheid an der Verfolgung seiner Rechte, der Verwaltungsgerichtshof jedoch an der Ausübung seiner Kontrollbefugnis, gehindert.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Gemäß §§ 47 Abs. 1 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 und Art. I A Z. 1 der Verordnung, BGBl. Nr. 4/1965, war der Bund zu verhalten, dem Beschwerdeführer an Stempelgebühren S 82,60 und an Schriftsatzaufwand S 1.000,--zusammen S 1.082,60, zu ersetzen.

Wien, am 17. Jänner 1967

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Angelegenheiten des PrivatrechtsZulässigkeit und Voraussetzungen der Handhabung des AVG §68 Bindung an diese Voraussetzungen Umfang der Befugnisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1967:1966001088.X00

Im RIS seit

04.03.2002

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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