TE Vwgh Erkenntnis 1968/5/29 0363/67

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Veröffentlicht am 29.05.1968
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

GebG 1957 §18 Abs1;
GebG 1957 §18 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):0364/67

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Ondraczek, und die Hofräte Dkfm. DDr. Dorazil, Dr. Frühwald, Dr. Riedel und Dr. Schima als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Finanzkommissärs Dr. G1öckel, über die Beschwerden 1.) des KH in V, vertreten durch Dr. Hans Jürgens, Rechtsanwalt in Graz, Schlögelgasse 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 13. Jänner 1967, Zl. B 38/12-V/66, 2.) des Dr. KH in K, vertreten durch denselben Rechtsanwalt, gegen den Bescheid derselben Finanzlandesdirektion vom 17. Jänner 1967, Zl. B 42/11-V/66, jeweils in Sachen einer Gebühr von einem Darlehensvertrage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Finanzlandesdirektion für Steiermark) hat den beiden Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 116,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die belangte Behörde hat mit den angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheiden den Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des Finanzamtes, für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz vom 27. Juli 1964, BAP 27.230/64/18 a, und vom 27. Juli 1964, BAP 27.231/64/18 b, teilweise Folge gegeben, beide Rechtsmittel aber in der Frage, ob über ein mündlich abgeschlossenes Rechtsgeschäft (Darlehensvertrag) eine gebührenpflichtige Urkunde (Gedenkprotokoll) errichtet wurde, abgewiesen. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung, soweit das für den Streit vor dem Verwaltungsgerichtshofe von Belang ist, auf die folgenden Gründe gestützt: Die Beschwerdeführer hätten auf Grund mündlicher Vereinbarungen unbestrittenermaßen den Gesellschaftern der bürgerlichen Erwerbsgesellschaft Josef P., Glasraffinerie in V., Herbert und Hermann P. in Anwesenheit von Traute H. und Maria P. je ein Darlehen gewährt und über jedes der beiden Darlehen ein nicht unterschriebenes "Gedächtnisprotokoll" errichtet. Diese Schriften unterlägen aber entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer der Rechtsgeschäftsgebühr, weil die als Zeuginnen anwesenden beiden Personen zwar nicht ihre eigenen Namen als "Unterschrift" unter die Gedächtnisprotokolle gesetzt, wohl aber jeweils den Namen - und die Anschrift - der anderen Zeugin niedergeschrieben hätten. Wenn somit Maria P. den Namen der Traute H. und diese wieder den Namen der Maria P. den Gedächtnisprotokollen handschriftlich beifügten, so entbehrten die Gedächtnisprotokolle wohl der im § 18 Abs. 3 des Gebührengesetzes (BGBl. Nr. 267/1957 GebG) vorgesehenen "Unterschrift", nicht aber der einer "handschriftlichen Unterzeichnung" gleichzusetzenden "Unterfertigung der als Gedächtnisprotokoll bezeichneten Schrift durch jede der beiden Zeuginnen mit dem Namen der anderen Zeugin". Der von den Zeuginnen gehandhabte Vorgang begründe aber die Gebührenpflicht gemäß § 18 Abs. 1 GebG, weil nach dieser Vorschrift der handschriftlichen Unterzeichnung durch den Aussteller die Unterschrift gleichstehe, die von ihm oder in seinem Auftrag oder mit seinem Einverständnisse mechanisch hergestellt oder mit Namenszeichnung vollzogen wird. Keine der beiden Zeuginnen könne jedoch "ohne Wissen und gegen den Willen der anderen" den Namen der anderen "Vertragszeugin" unter das Gedächtnisprotokoll gesetzt haben, weshalb dieser Vorgang "als Unterschrift des Ausstellers" gelte.

Gegen diese beiden Entscheidungen richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerden. Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung zu verbinden. Er hat über sie erwogen:

Gemäß § 1 GebG in der für den Streitfall geltenden Fassung unterliegen den Gebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes Schriften und Amtshandlungen nach Maßgabe der Bestimmungen im II. Abschnitte, sowie Rechtsgeschäfte nach Maßgabe der Bestimmungen im III. Abschnitte. Nach § 15 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist. Im vorliegenden Fall ist nur streitig, ob die über ein mündliches Darlehensgeschäft aufgenommenen Niederschriften gebührenpflichtig sind, wenn sie, "nicht unterschrieben", sondern, wie die Beschwerde ausführt, durch zwei Zeuginnen in der Weise "ergänzt" wurden, dass u.a. "Frau Maria P. handschriftlich die Worte 'Traute H., G., K - straße 194' und Frau Traute H. die Worte 'Maria P., V., S - straße 1', unter die Niederschrift gesetzt haben".

Gemäß § 18 Abs. 3 GebG sind Gedenkprotokolle Niederschriften, in denen von einer oder mehreren Personen durch Beisetzung ihrer Unterschrift bekundet wird, dass andere Personen in ihrer Gegenwart ein Rechtsgeschäft geschlossen oder ihnen über den erfolgten Abschluss eines Rechtsgeschäftes Mitteilung gemacht haben; sie unterliegen der Gebühr für das Rechtsgeschäft, auf das sich das Gedenkprotokoll bezieht. Somit ist aber die Beisetzung der Unterschrift des oder der Zeugen ein wesentliches Erfordernis, sodass der Tatbestand des § 18 Abs. 3 GebG nicht erfüllt ist, wenn den Niederschriften Unterschriften der Zeugen nicht beigesetzt worden sind. Wenn aber ein "Gedenkprotokoll" im Sinne des Gebührengesetzes nicht gegeben ist, so kann auch die Vorschrift des § 18 Abs. 1 GebG nicht angewendet werden. Diese gesetzliche Bestimmung, besagt nämlich nur, dass der "handschriftlichen Unterzeichnung durch den Aussteller" unter den in dieser Gesetzesstelle näher ausgeführten Voraussetzungen eine mechanisch hergestellte oder mit Namenszeichnung vollzogene Unterschrift gleichsteht. Im vorliegenden Falle fehlen aber den streitigen Niederschriften die Unterschriften der Zeugen, weshalb sie, wie bereits dargelegt, nicht, als Gedenkprotokolle anzusehen sind. Ein Ersatz für die handschriftliche Unterzeichnung ist jedoch im § 18 Abs. 3 GebG nicht vorgesehen. Es erübrigt sich demnach, auf die Frage näher einzugehen, in welcher Weise die handschriftliche Unterzeichnung nach § 18 Abs. 1 GebG vollzogen werden kann. Im übrigen regelt § 18 Abs. 1 GebG die handschriftliche Unterzeichnung durch den Aussteller, nicht aber durch "Zeugen", weshalb die genannte Vorschrift, da, wie die Beschwerde zutreffend einwendet, Traute H. und Maria P. nicht "Aussteller" sind, schon deshalb nicht anwendbar ist.

Die Beschwerden erweisen sich somit als begründet, sodass die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben waren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG 1965. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführer, ihnen den Aufwand für die Anfertigung von je zwölf Ablichtungen des Bescheides und das Briefporto zu ersetzen, musste abgewiesen werden, weil diese Kosten mit dem in der Verordnung des Bundeskanzleramtes, BGBl. Nr. 4/1965, vorgesehenen Schriftsatzaufwand abgegolten sind. Ein Schriftsatzaufwand konnte aber mangels eines entsprechenden Antrages nicht zugesprochen werden.

Wien, am 29. Mai 1968

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1968:1967000363.X00

Im RIS seit

17.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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