TE Vwgh Erkenntnis 1969/9/17 0197/69

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Veröffentlicht am 17.09.1969
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §17 Abs2 impl;
BAO §236 Abs1;
BAO §90 Abs2 impl;
VwGG §25 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp, Hofstätter und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde des H S in W, vertreten durch Dr. Peter Klein, Rechtsanwalt in Wien III; Fasangasse 49, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Juni 1968, Zl. GA VII-1041/68, betreffend Abgabennachsicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der Inhaber einer Münzwäscherei ist, beantragte die Nachsicht von rückständiger Vermögensteuer und Gewerbesteuer (vom Gewerbekapital), wobei er darauf hinwies, dass sein Gewerbebetrieb schon seit mehreren Jahren hohe Verluste aufweise, dass er bei Bestellung einer Maschine infolge der Veruntreuung eines Lieferanten einen Verlust von S 99.000,-- erlitten habe, dass er mit Exekutionen verfolgt werde und sich vergeblich bemühe, seinen Betrieb zu verkaufen, sodass seine Existenz bereits ernstlich gefährdet und er genötigt sei, seinen Lebensunterhalt durch eine zusätzliche Vertretertätigkeit zu bestreiten.

Das Finanzamt wies das Nachsichtsansuchen mit der Begründung ab, dass die Abstattung der Steuerschuld nicht unbillig sei, "weil die Gewinn bringende Verwendung des Vermögens nicht Voraussetzung für die Erhebung der Vermögensteuer" sei.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. Juni 1968 keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, dass die Vermögensteuer und Gewerbesteuer auf Grund der dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen veranlagt würden. Soweit der Gesetzgeber selbst dabei nicht darauf Bedacht nehme, ob ein Gewinn oder ein Verlust aus den Vermögenswerten resultiere, sei auch eine Billigkeitsmaßnahme nicht der Weg, diese gesetzliche Regelung auszuschalten. Eine Billigkeitsmaßnahme diene nämlich auf Grund ihrer Stellung in der Rechtsordnung nicht dazu, eine durch das Gesetz geschaffene Regelung an sich zu ändern. Wenn sich aber der Beschwerdeführer auf die Ertragslosigkeit seines Vermögens berufe und deshalb die Durchführung von Billigkeitsmaßnahmen beantrage, ergäbe eine Stattgebung dieses Antrages praktisch eine Änderung des Gesetzes. Eine Unbilligkeit könnte daher im vorliegenden Fall höchstens auf Grund der finanziellen Lage des Beschwerdeführers als gegeben erachtet werden. Dazu werde dem Beschwerdeführer eingeräumt, dass tatsächlich Schulden vorhanden seien. Diese Tatsache wirke sich aber vor allem ohnedies bei der Erstellung der Bemessungsgrundlage, der gegenständlichen Abgaben aus. Bei der Höhe des, wenn auch nach den Angaben des Beschwerdeführers ertraglosen Vermögens, sei ihm die Abstattung in einem Tilgungsplan durchaus zumutbar. Durch die Bewilligung eines längerfristigen Tilgungsplanes könne der Situation des Beschwerdeführers ohne Härten Rechnung getragen und eine Unbilligkeit gemäß § 236 BAO dadurch vermieden werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 236 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflcihtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einbringung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Im vorliegenden Fall begründet der Beschwerdeführer die Unbilligkeit der Einbringung der rückständigen Steuerschuldigkeit an Vermögensteuer und Gewerbesteuer (vom Gewerbekapital) mit dem Hinweis auf seine finanzielle Lage. Er führt in diesem Zusammenhang erlittene Geschäftsverluste und hohe Betriebsschulden an. Diese Umstände sind aber - wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat - grundsätzlich nicht geeignet, die Nachsicht einer Vermögensteuer bzw. einer Gewerbekapitalsteuer zu rechtfertigen, weil sie schon in dem völligen Entfall der Ertragsteuern und in einer entsprechenden Minderung der Bemessungegrundlage für die Steuern vom Vermögen bzw. vom Gewerbekapital ihre im allgemeinen hinreichende steuerliche Berücksichtigung gefunden haben. Damit bleibt aber, wie die Abgabenbehörden richtig erkannt haben, von den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Unbilligkeitsgründen im wesentlichen nur mehr der Umstand übrig, dass die Vermögensteuer bzw. Gewerbekapitalsteuer derzeit von einem ertraglosen Vermögen gezahlt werden muss, worin aber keine Unbilligkeit gesehen werden kann, weil diese Steuern einen Ertrag nicht zur Voraussetzung haben.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde auch zu Unrecht als Verfahrensmangel vor, dass sie seine Angaben nicht überprüft habe. Da die wesentlichen Tatsachen, insbesondere die Geschäftsverluste und Betriebsschulden ohnedies aktenkundig waren und auch die übrigen Angaben des Beschwerdeführers, soweit sie von rechtlicher Relevanz waren, von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wurden, bedurfte es keiner weiteren Erhebungen. Auch ist der Vorwurf, dass die belangte Behörde sich mit der Frage der Nachsicht der Gewerbesteuerschuld nicht befasst habe, unbegründet, weil der angefochtene Bescheid, die Gewerbesteuer an mehreren Stellen ausdrücklich erwähnt; da es sich dabei lediglich um die Gewerbekapitalsteuer handelte, unterlag sie übrigens im vorliegenden Fall hinsichtlich des Nachsichtsbegehrens der gleichen rechtlichen Beurteilung wie die Vermögensteuer.

Wenn daher die belangte Behörde bei einem vom Beschwerdeführer selbst noch mit S 312.000,-- angegebenen Vermögen zu dem Ergebnis gelangte, dass den augenblicklichen finanziellen Schwierigkeiten des Beschwerdeführers durch die Gewährung der Möglichkeit einer ratenweisen Abstattung der Vermögen- und Gewerbesteuerschuld von zusammen S 5.720,-- hinreichend Rechnung getragen und dadurch eine Unbilligkeit in der Einbringung der Abgabenschuldigkeiten vermieden worden sei, so vermag der Gerichtshof hierin weder eine inhaltliche noch auch eine verfahrensmäßige Rechtswidrigkeit zu erkennen. Daran vermögen auch die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Eingabe vom 13. September 1969 nichts zu ändern, weil auch durch sie die wesentliche Grundlage der angefochtenen Entscheidung nicht erschüttert wird.

Wenn schließlich der Beschwerdeführer noch rügt, dass die belangte Behörde einen Aktenteil von der Einsichtnahme ausgeschlossen hat, der - abgesehen von eigenen Eingaben des Beschwerdeführers - lediglich Bescheidentwürfe und den von der Einsichtnahme stets ausgeschlossenen Schriftverkehr zwischen erster und zweiter Instanz enthält, so wurde hiedurch der Beschwerdeführer in der Geltendmachung seines Rechtsstandpunktes vor dem Verwaltungsgerichtshof in keiner Weise beeinträchtigt.

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsgerichtshofverfahrens gründet sich auf § 48 Abs. 2 VwGG 1965.

Wien, am 17. September 1969

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1969:1969000197.X00

Im RIS seit

17.09.1969

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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