TE Vwgh ErkenntnisVS 1970/4/30 1274/68

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Veröffentlicht am 30.04.1970
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Index

63/09 Allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht Nachkriegsrecht
Übergangsrecht;

Norm

GÜG §23 Abs3;
GÜG §23 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Naderer und die Hofräte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Lehne, Dr. Eichler, Dr. Härtel, Dr. Kadecka, Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Zach und Dr. Karlik als Richter, im Beisein der Schriftführer Ministerialkommissär Dr. Bily und Bezirksrichter Dr. Gerhard, über die Beschwerde des L P in X, vertreten durch Dr. W R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 12. Juli 1968, Zl. 9.970-WPol/WW/68, betreffend Räumung einer Naturalwohnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Landesverteidigung) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundesgebäudeverwaltung II Klagenfurt vom 28. August 1961 wurde dem Beschwerdeführer, der zu dieser Zeit als Hauptmann des österreichischen Bundesheeres in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stand, mit Wirkung vom 15. September 1961 die Wohnung in X, Estraße 38/EG, bestehend aus vier Zimmern, einem Kabinett und Nebenräumen, auf die Dauer seiner Verwendung als Bediensteter im Bereiche des Bundesministeriums für Landesverteidigung als Naturalwohnung zugewiesen. Am 3. Juli 1967 erklärte der Beschwerdeführer gemäß § 84 Abs. 2 DP seinen Dienstaustritt; die Austrittserklärung wurde vom Bundesministerium für Landesverteidigung mit Bescheid vom 27. Juli 1967 angenommen und als Tag, mit dem das Dienstverhältnis endet, der 31. Juli 1967 bestimmt. Mit Bescheid des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 12. Juli 1968 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 23 Abs. 3 GÜG aufgefordert, die zugewiesene Naturalwohnung in X binnen drei Monaten, d. i. spätestens bis 31. Oktober 1968, zu räumen, weil mit 31. Juli 1967 die Voraussetzungen, unter denen die Naturalwohnung zugewiesen worden sei, weggefallen seien. Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am 24. Juli 1968.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend. Er erachtet sich in seinem "Recht auf Unterbleiben einer bescheidmäßigen Rückforderung der Naturalwohnung durch unrichtige Anwendung des § 23 Abs. 3 GÜG, durch Nichteinhaltung der Verfahrensvorschriften über die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) und über das Parteiengehör (§ 8 DVG)" verletzt. Beantragt wird, den Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde den Ersatz der Verfahrenskosten aufzuerlegen. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit Gegenanträgen erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vermeint, dass die (seinerzeitige) Dienstbehörde ihm die Räumung der ihm mit Bescheid vom 28. August 1961 zugewiesenen Naturalwohnung nicht mit Bescheid hätte auftragen dürfen und der angefochtene Bescheid daher infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde rechtswidrig sei. Er verweist zur Stützung dieser Rechtsmeinung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1966, Zl. 604/66. Dieses Erkenntnis erging über Beschwerde der Witwe und eines Sohnes eines verstorbenen Beamten gegen einen Bescheid, mit dem die "Benützungsberechtigung" für die seinerzeit dem Beamten zugewiesene und nach seinem Tode der Witwe "gemäß § 23 Abs. 4 GÜG überlassene" und vom Sohn benützte Naturalwohnung "zurückgezogen" worden war. In den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses heißt es: "Der Beamte hat auf Verlangen der Dienstbehörde die Dienstoder. Naturalwohnung unter den im § 23 Abs. 3 GÜG angeführten Voraussetzungen innerhalb der ortsüblichen Frist zu räumen, worüber nach Durchführung eines Dienstrechtsverfahrens durch Bescheid abzusprechen ist. Anders verhält es sich aber in den im § 23 Abs. 4 2. Satz GÜG angeführten Fällen, wenn ein Beamter nach ...... Auflösung des Dienstverhältnisses oder wenn seine Hinterbliebenen oder dritte Personen nach Ableben des Beamten im Genusse der ihm zur Verfügung gestellten Dienst- oder Naturalwohnung belassen werden. In diesen Fällen gelten nach dem Wortlaute des § 23 Abs. 4 nur die Vorschriften des Abs. 2, nicht aber die des Abs. 3 des § 23 GÜG, d. h. der Inhaber hat die Wohnung auf jederzeitiges Verlangen zu räumen. Für den Fall der Weigerung, die Wohnung zu räumen, kann in diesen Fällen mangels Zuständigkeit der Dienstbehörde und Zulässigkeit eines Dienstrechtsverfahrens darüber im Verwaltungsverfahren durch Bescheid nicht abgesprochen werden. Vielmehr obliegt die Entscheidung über das Räumungsbegehren diesfalls gemäß Art. §3 B-VG 1929 im Zusammenhalt mit § 1 JN ausschließlich den ordentlichen Gerichten."

Diese Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht aufrechtzuerhalten. Er ist vielmehr nach eingehender Prüfung durch einen gemäß § 13 Z. 1 VwGG 1965 verstärkten Senat zu folgender Rechtsmeinung gelangt:

Wurde das Dienstverhältnis des Beamten, dem von der Dienstbehörde für die Dauer einer bestimmten Dienstverwendung eine Wohnung als Dienst- oder Naturalwohnung zugewiesen wurde, durch Austritt aus dem Dienstverhältnis, Kündigung des (provisorischen) Dienstverhältnisses, Verlust der Staatsbürgerschaft oder Entlassung aus dem Dienstverhältnis aufgelöst, dann ist die Dienstbehörde jederzeit berechtigt, dem Beamten mit Bescheid aufzutragen, die Dienst- oder Naturalwohnung innerhalb der orstüblichen Frist zu räumen. Diese Rechtsmeinung gründet sich auf nachstehende Überlegungen:

Dienst- oder Naturalwohnungen sind Naturalbezüge eines Beamten (§ 23 GÜG, § 24 Gehaltsgesetz 1956). § 23 Abs. 1 GÜG bestimmte in seiner ursprünglichen Fassung: "Für die den Beamten auf Grund ihres dienstlichen Verhältnisses zur Verfügung gestellten Wohnungen (Dienstwohnungen, die des Dienstes wegen bezogen werden müssen, oder Naturalwohnungen) ist eine angemessene Vergütung zu leisten, bei deren Festsetzung die örtlichen Verhältnisse sowie die dem Bund erwachsenden Gestehungskosten zu berücksichtigen sind." Diese Bestimmung ist gemäß Artikel IX Abs. 2 der Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1956, BGBl. Nr. 55, auf Bezugsansprüche, die nach dem 31. Jänner 1956 liegende Zeiträume betreffen, nicht mehr anzuwenden. An deren Stelle trat ab 1. Februar 1956 die Bestimmung des § 24 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, welche lautet: "Werden einem Beamten neben seinem Monatsbezug Sachbezüge gewährt, so ist der Monatsbezug entsprechend zu kürzen. Hiebei ist auf die örtlichen Verhältnisse sowie auf die dem Bund erwachsenden Gestehungskosten Bedacht zu nehmen. Das Ausmaß der Kürzung wird vom zuständigen Bundesministerium im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen allgemein durch Verordnung oder im Einzelfall festgesetzt." Obwohl der Beamte für die ihm zur Verfügung gestellte Dienst- oder Naturalwohnung eine Vergütung zu leisten hat, die Benützung sohin gegen Entgelt erfolgt, liegt kein dem Privatrecht zugehörendes Bestandsverhältnis vor, bestimmt doch § 23 Abs. 2 GÜG: "Durch die Überlassung einer Dienst- oder Naturalwohnung an einen Beamten wird ein Bestandverhältnis nicht begründet." Der Benützungstitel ist der hoheitliche Akt der "Überlassung", die zuweilen auch mit "Zuweisung" bezeichnet zu werden pflegt. Dieser Titel erlischt spätestens mit der Auflösung des Dienstverhältnisses, auf Grund dessen die Dienst- oder Naturalwohnung zur Verfügung gestellt wurde. Gemäß § 23 Abs. 3 GÜG hat daher der Beamte, dessen Dienstverhältnis aufgelöst wird, auf Verlangen der Dienstbehörde die Dienst- oder Naturalwohnung zu räumen. Erfahrungsgemäß räumt aber der aus dem Dienstverhältnis, ausgeschiedene Beamte die Dienst- oder Naturalwohnung meist ebenso wenig unmittelbar nach Wegfall des Benützungstitels wie der gekündigte Mieter den Bestandgegenstand nach Rechtskraft der Kündigung. Da einerseits die (titellose) Weiterbenützung der Dienst- oder Naturalwohnung nicht unentgeltlich erfolgen, andererseits aus der Entgegnnahme eines Entgeltes nicht auf die Begründung eines Bestandverhältnisses geschlossen werden soll, bestimmt § 23 Abs. 4 GÜG, dass die Vorschriften der Abs. 1 und 2 auch dann gelten, wenn ein Beamter nach der Versetzung in den Ruhestand oder nach Auflösung des Dienstverhältnisses ...... im Genusse der Dienst- oder Naturalwohnung belassen wird. Durch das im "Genusse-belassen-werden"' entsteht kein neuer Benützungstitel. Diesen rein faktischen Zustand kann die Dienstbehörde jederzeit dadurch beenden, dass sie gemäß § 23 Abs. 3 GÜG die Räumung der Dienst- oder Naturalwohnung verlangt. Das Verlangen im Sinne des § 23 Abs. 3 GÜG ist nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes ein pflichtenbegründender und der Vollstreckung fähiger Verwaltungsakt und hat demnach als Bescheid zu ergehen, in dem die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Räumungsfrist zu bestimmen ist.

Da das öffentlich-rechtliche Bundesdienstverhältnis des Beschwerdeführers mit 31. Juli 1967 durch Austritt aufgelöst wurde, erfolgte die mit dem angefochtenen Bescheid an den Beschwerdeführer gerichtete Aufforderung, die ihm mit Bescheid vom 28. August 1961 zugewiesene Naturalwohnung binnen drei Monaten zu räumen, im Grunde des § 23 Abs. 3 GÜG zu Recht. Die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt somit nicht vor.

Auch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nicht unterlaufen, weil, wie die belangte Behörde richtig ausführt, ein Ermittlungsverfahren, die Aufnahme von Beweisen und damit auch die Verpflichtung, der Partei Gelegenheit zu geben, ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen (§ 37 AVG) und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen (§ 45 Abs. 3 AVG), zu entfallen hatten, weil der allein maßgebende Sachverhalt, nämlich die Auflösung des Dienstverhältnisses, unbestrittenermaßen feststand. Die Verpflichtung zur Räumung einer Naturalwohnung ist aber nach § 23 Abs. 3 GÜG die Folge der Auflösung des Dienstverhältnisses des Beamten. Auch dass über das Ausmaß der ortsüblichen Räumungsfrist ein besonderes Ermittlungsverfahren nicht durchgeführt wurde, bedingt keine Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil der Beschwerdeführer selbst in seiner Beschwerde nicht einmal zu behaupten vermag, in X wäre eine längere als die gewährte dreimonatige Frist für die Räumung von Wohnungen ortsüblich, für deren Benützung jeder Rechtstitel weggefallen ist, und auch keinen Umstand vorgebracht hat, der die Einräumung einer längeren als der ortsüblichen Frist rechtfertigen würde. Damit aber mangelt es an der Behauptung, zu welchem anderen Ergebnis als dem, das im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck kommt, die belangte Behörde hätte kommen können, wenn sie über die Frage der ortsüblichen Räumungsfrist ein Ermittlungsverfahren durchgeführt hätte.

Die Ausführungen der Beschwerde zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit entsprechen nicht dem Gesetz, weil, sie sich in einem bloßen Hinweis auf das zu den beiden anderen Aufhebungsgründen Vorgebrachte erschöpfen. Da diese nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes an den Bund als den Rechtsträger, in dessen Namen die belangte Behörde in dieser Beschwerdesache gehandelt hat, beruht auf den §§ 47 Abs. 1, Abs. 2 lit. b und Abs. 5, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 und auf Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, BGBl. Nr. 4/1965.

Wien, am 30. April 1970

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1970:1968001274.X00

Im RIS seit

19.04.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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