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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §58 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 1455/68Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strau und die Hofräte Dr. Striebl, Dr. Schmelz, Dr. Rath und Dr. Hrdlicka als Richter, im Beisein des Schriftführers Administrationsrat Dohnal über die Beschwerde der Gemeinde X, des JR, des AE, der ME, des. Dr. HT, des RB, der TB, des JD, des FH, des HZ, des SG und der XY-gemeinschaft, alle in X, alle vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen I) den Bescheid des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 25. Juli 1968, Zl. 316.069-V (OB), 35/67, und II) den Bescheid des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 14. August 1968, Zl. 316.068-V (OB), 35/67 (mitbeteiligte Partei: AB AG. in R, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Heinrich Foglar-Deinhardstein, Dr. Harald Foglar-Deinhardstein und Dr. Karl Preslmayr in Wien I, Plankengasse 7), betreffend, Erteilung einer bergbehördlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide I und II werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.384,80 (S 1.169,40 und S 1.215,40) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der Beschwerdeführer wird abgewiesen.
Begründung
I) Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte mit der Eingabe vom 10. April 1957 bei der Berghauptmannachaft Innsbruck die Erteilung der Herstellungsbewilligung für eine Sinterverladeanlage - einer Werksanlage im Sinne des § 79 des Berggesetzes, BGBl. Nr. 73/1954 -
im Rahmen des Werkes H beantragt. Mit dem Bescheid der Berghauptmannschaft Innsbruck vom 25. Juli 1957 wurde nur über den bautechnischen Teil dieser Anlage abgesprochen. Mit der Eingabe vom 27. Juli 1964 stellte die mitbeteiligte Partei unter Berufung auf § 73 AVG 1950 das Verlangen auf Übergang der Entscheidungspflicht auf das - damals bestandene - Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau als die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Gleichzeitig beantragte sie die Bewilligung von Änderungen und Ergänzungen der Sinterverladeanlage. Dem in der Folge vom Bundesministerium durchgeführten Ermittlungsverfahren wurden die Beschwerdeführer zunächst nicht beigezogen. Im April 1966 überreichten die Beschwerdeführer dem Bundesministerium einen Schriftsatz, in dem sie die Rechtsstellung von Parteien mit der Begründung für sich in Anspruch nahmen, dass von der Anlage, auf die sich das Verfahren bezog, Immissionen in Form von Rauch, Staub und Geruch ausgingen. Die Beschwerdeführer wurden in der Folge dem Verfahren beigezogen; sie erhoben insbesondere bei den vom Bundesministerium am 22. Juni 1966 und am 2. August 1967 durchgeführten mündlichen Verhandlungen gegen den Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei Einwendungen.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 25. Juli 1968 erteilte das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie der mitbeteiligten Partei unter Berufung auf § 73 Abs. 2 AVG 1950 und § 81 Abs. 1 im Zusammenhalt mit § 130 Abs. 1 lit. b des Berggesetzes, soweit über den Bewilligungsantrag nicht schon mit dem Bescheid der Berghauptmannschaft Innsbruck vom 25. Juli 1957 entschieden worden war, nachträglich die Bewilligung zur Herstellung der Sinterverladeanlage des Werkes H auf den Grundstücken Nr. nn/4, nn/5, nn/3, nn/2, nn/6 und nnn in der Katastralgemeinde H. Im Punkt II des Bescheidspruches heißt es, dass einer Reihe von Gemeinden und physischen Personen, darunter den Beschwerdeführern, in dem gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zuerkannt werde.
II) Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte mit der Eingabe vom 18. März 1960 bei der Berghauptmannschaft Innsbruck die Erteilung der Herstellungsbewilligung für eine Brikettierungsanlage - einer Werksanlage im Sinne des § 79 des Berggesetzes, BGBl. Nr. 73/1954 -
im Rahmen des Werkes H beantragt. Mit der Eingabe vom 17. Juli 1964 stellte die mitbeteiligte Partei unter Berufung auf § 73 AVG 1950 das Verlangen auf Übergang der Entscheidungspflicht auf das - damals bestandene - Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau als die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Gleichzeitig beantragte sie die Bewilligung von Änderungen und Ergänzungen der Brikettierungsanlage. Dem in der Folge vom Bundesministerium durchgeführten Ermittlungsversfahren wurden die Beschwerdeführer zunächst nicht beigezogen. Im April 1966 überreichten die Beschwerdeführer dem Bundesministerium einen Schriftsatz, in dem sie die Rechtsstellung von Parteien mit der Begründung für sich in Anspruch nahmen, dass von der Anlage, auf die sich das Verfahren bezog, Immissionen in Form von Rauch, Staub und Geruch ausgingen. Die Beschwerdeführer wurden in der Folge dem Verfahren beigezogen; sie erhoben, insbesondere bei den vom Bundesministerium am 21. Juli 1966 und 2. August 1967 durchgeführten mündlichen Verhandlungen gegen den Bewilligungsantrag der mitbeteiligten Partei Einwendungen.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. August 1968 erteilte das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie der mitbeteiligten Partei unter Berufung auf § 73 Abs. 2 AVG 1950 und § 81 Abs. 1 im Zusammenhalt mit § 130 Abs. 1 lit. b des Berggesetzes nachträglich die Bewilligung zur Herstellung die Brikettierungsanlage des Werkes H auf dem Grundstück Nr. nnn in der Katastralgemeinde H. Im Punkt II des Bescheidspruches heißt es, dass einer Reihe von Gemeinden und physischen Personen, darunter den Beschwerdeführern, in dem gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zukomme. III) Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden gegen die unter I) und II) angeführten Bescheide zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung zu verbinden. Die folgenden Ausführungen beziehen sich, soweit keine Unterscheidung getroffen wird, auf beide Beschwerden.
Die Beschwerdeführer behaupten, durch die angefochtenen Bescheide in ihren Rechten auf Grund des § 81 des Berggesetzes und in ihrem Recht auf Abwicklung eines den Verwaltungsverfahrensvorschriften entsprechenden Verfahrensganges, insbesondere im Sinne der Bestimmung des § 73 AVG 1950 verletzt worden zu sein. Sie bringen hiezu vor, die Behörde habe zu Unrecht ihre Parteistellung verneint.
Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren Einwendungen erhoben und Anträge gestellt. Die Behörde ist verpflichtet, sich mit Einwendungen und Anträgen von Parteien des Verfahrens im Bescheid, mit dem über den Gegenstand des Verfahrens abgesprochen wird, auseinander zu setzen. Die Behörde hat dies nicht getan. In der Begründung der angefochtenen Bescheide heißt es hiezu, dass sich mit Rücksicht auf die fehlende Parteistellung der Beschwerdeführer ein Eingehen auf die von diesen gestellten Anträge erübrige. Die Beschwerdeführer wären daher durch den Ausspruch der Behörde, es werde ihnen keine Parteistellung zuerkannt, in ihren Rechten verletzt worden, wenn dieser Ausspruch zu Unrecht erfolgte. Es ist daher zu prüfen, ob die Behörde zu Recht die Parteistellung der Beschwerdeführer verneinte. Die belangte Behörde kam zu dieser Feststellung auf Grund der Erwägung, dass nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens eine Gefährdung der Beschwerdeführer und der in ihrem Eigentum befindlichen Grundstücke durch die in Rede stehenden Werksanlagen nicht anzunehmen sei.
In den Beschwerden wird diesbezüglich vorgebracht, durch die Bestimmung des § 81 Abs. 2 des Berggesetzes - in der Fassung im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide - werde "das gesamte Betriebsanlagenrecht" sinngemäß für die Bewilligung von Werksanlagen rezipiert. Es unterliege keinem Zweifel, dass der gegenständliche gesamte Betrieb der mitbeteiligten Partei außerhalb des Bergrechtes einer Betriebsanlagengenehmigung nach den Bestimmungen der §§ 25 ff. der Gewerbeordnung unterliegen würde. Daraus ergäbe sich, dass es - wie es in den Beschwerden unter Berufung auf die Rechtsliteratur geltend gemacht wird - unzulässig gewesen sei, die Bewilligung bloß auf einen Teil der Betriebsanlage zu beschränken. Auswirkungen einer Anlage könnten immer nur in ihrer Gesamtheit beurteilt werden. Auch die Parteistellung der Anrainer beziehe sich auf die Anlagen als Gesamtes, sodass sich bei der "Ausklammerung" einzelner Anlagenteile keine Veränderung oder gar Vernichtung der Parteistellung ergeben könne.
Die Beschwerdeführer berufen sich daher zur Begründung ihrer Rechtsansicht auf die frühere Fassung des § 81 Abs. 2 des Berggesetzes, derzufolge die Bergbehörde bei ihren Verfügungen gemäß Abs. 1 (des § 81) die bergpolizeilichen sowie sinngemäß die nach der Art der Anlage sonst in Betracht kommenden Vorschriften anzuwenden hatte. Mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1968, G 25/67, wurden auf Antrag des Verwaltungsgerichtshofes - aus Anlass eines anderen Beschwerdefalles - die in der angeführten Bestimmung enthaltenen Worte "sowie sinngemäß die nach der Art der Anlage sonst in Betracht kommenden" als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung wurde in dem am 7. Juni 1968 ausgegebenen 46. Stück des Bundesgesetzblattes (Nr. 185/1968) kundgemacht. Gemäß Art. 140 Abs 3 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmung eine Frist bis 28. Februar 1969 bestimmt. Dies hat im Sinne der vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 5. März 1966, S1g. Nr. 5220/1966, vom 27. Februar 1967, Slg. Nr. 5466/1967, und vom 28. November 1969, Zl. B 172/69) aufgestellten Grundsätzen folgende Rechtswirkung: Das aufhebende Erkenntnis wirkt lediglich auf den Rechtsfall zurück, der den Anlass für das Gesetzesprüfungsverfahren gebildet hat; im übrigen wirkt es lediglich vom Tag des Wirksamkeitsbeginnes der Aufhebung pro futuro. Im Falle einer Fristsetzung gemäß Art. 140 Abs. 3 B-VG ist die Verfassungswidrigkeit des aufgehobenen Gesetzes im Zeitraum zwischen der Kundmachung der Aufhebung im Gesetzblatt und dem Inkrafttreten der Aufhebung nicht wirksam. Das Gesetz gilt für Rechtsfälle, deren Sachverhalt sich bis zum Inkrafttreten der Aufhebung konkretisiert, weiter. Bis zum Ablauf der Frist ist das Gesetz unanfechtbar geworden.
Die Beschwerdefälle waren nicht Anlass der Gesetzesprüfung. Die angefochtenen Bescheide sind vor dem Inkrafttreten der Aufhebung erlassen worden. Daraus folgt, dass die belangte Behörde die als verfassungswidrig aufgehobene Norm in den Beschwerdefällen anzuwenden hatte. Auch der Verwaltungsgerichtshof ist an diese Rechtslage gebunden.
Auf dieser Grundlage war zunächst zu erwägen, ob die Rechtsansicht der Beschwerdeführer, ihre Parteistellung sei aus den durch § 81 Abs. 2 des Berggesetzes für das Bergrecht rezipierten Bestimmungen der §§ 25 ff. der Gewerbeordnung abzuleiten gewesen, zutrifft.
Das III. Hauptstück der Gewerbeordnung, mit dem eine Regelung über die Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen getroffen wird, ist auf bergrechtliche Werksanlagen nicht anzuwenden. Gemäß Art. V lit. b des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung sind nämlich der Bergbau und die nach dem Berggesetz von bergämtlicher Konzession abhängigen Werksvorrichtungen von der Gewerbeordnung ausgenommen.
Nach dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt handelt es sich bei den durch die angefochtenen Bescheide bewilligten Anlagen um Werksanlagen im Sinne des § 79 des Berggesetzes. Sie dienen - dies ist den Akten des Verwaltungsverfahrens zu entnehmen und wird auch in den Gegenschriften der belangten Behörde hervorgehoben - der "Zugutebringung" der Mineralien (vgl. § 79 lit. b des Berggesetzes). Nach den Erläuternden Bemerkungen zu § 79 der Regierungsvorlage eines Berggesetzes, 65 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, VII. GP., ist unter "Zugutebringung" nach bergmännischem Sprachgebrauch die Veredlung des geförderten oder aufbereiteten Gutes zu einem verkäuflichen Rohprodukt zu verstehen. Zufolge der in der Begründung der angefochtenen Bescheide wiedergegebenen Beschreibung der gegenständlichen Werksanlagen sind diese mit Maschinen - vor allem zum Transport und zur Bearbeitung des gewonnenen Materials - ausgestattet. Beide Anlagen - die Sinterverladeanlage und die Brikettierungsanlage - würden daher, käme nicht die Ausnahmebestimmung des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung zur Geltung, nach § 25 der Gewerbeordnung der Genehmigungspflicht unterliegen. Die belangte Behörde führt zwar in den Gegenschriften aus, der Anwendung des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes stehe der Umstand entgegen, dass die Anlagen ihrem Zweck nach dem Bergbau zuzurechnen seien, weshalb die Beschwerdeführer keine vergleichbaren Anlagen aus dem gewerblichen Bereich anführen konnten. Außerdem handle es sich, wie auch die Überschrift des IV. Abschnittes des zweiten Hauptstückes des Berggesetzes ("Mit der Bergwerksberechtigung verbundene besondere Rechte") zeige, nicht um selbstständige, auf den behördlichen Konsens gegründete Objekte, sondern kraft Gesetzes um ein Akzessorium eines Bergwerkes, das mit diesem bestehe und erlösche. Die belangte Behörde übersieht aber hiebei, dass der Gesetzgeber die sinngemäße Anwendung der nach der Art der Anlage sonst in Betracht kommenden Vorschriften anordnete. Damit wurde, wenn dieser zweifellos unklaren Norm überhaupt ein Sinn beizumessen war, jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass gerade der besondere Zweck, der die Anlage als eine solche des Bergrechtes qualifiziert, bei der Subsumtion unter die "sonst in Betracht kommenden Vorschriften", hier des III. Hauptstückes der Gewerbeordnung, außer Betracht zu bleiben hatte. Der Verwaltungsgerichtshof folgt aus diesen Gründen der Beschwerde insofern, als durch die besondere Rechtslage in den vorliegenden Beschwerdefällen wohl die sinngemäße Anwendung des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes geboten war.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 21. Dezember 1959, Slg. N. F. Nr. 5154/A, und vom 18. Oktober 1967, Slg. N. F. Nr. 7197/A) ist Nachbar im Sinne des § 25 der Gewerbeordnung jeder, auf dessen Person oder Eigentum die geplante Betriebsanlage schädlichen Einfluss auszuüben geeignet ist. Für die Rechtsstellung als Nachbar ist daher entscheidend, ob dieser zur geplanten Betriebsanlage in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, dass mit schädlichen Auswirkungen gerechnet werden muss. Bereits diese Möglichkeit verschafft dem Nachbarn die Parteistellung im Verfahren. Um den Kreis der Nachbarschaft zu ermitteln, hat daher die Behörde vorerst diese - zunächst prozessrechtlich bedeutsame - Frage zu prüfen. Erst der Sachentscheidung ist es vorbehalten, die Frage zu lösen, ob nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die Annahme, es könne eine schädliche Einwirkung auf den als Nachbarn in Betracht kommenden Personenkreis stattfinden, begründet war. Nur bei dieser Unterscheidung ist die Ausübung der den Nachbarn im Genehmigungsverfahren zukommenden Parteienrechte auch tatsächlich gewährleistet (vgl. hiezu auch das zwar in einer Angelegenheit des Baurechtes ergangene, jedoch von denselben Grundgedanken getragene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 1968, Zl. 89/68).
Was die Frage betrifft, in welchem Umfang Auswirkungen der Anlagen nachbarrechtliche Bedeutung zukam, mussten aber außerdem in den vorliegenden Beschwerdefällen die besonderen Vorschriften des Bergrechtes beachtet werden, deren primäre Anwendung schon durch den Wortlaut des § 81 Abs. 2 des Berggesetzes geboten war. Der Verwaltungsgerichtshof folgt der in der Begründung der angefochtenen Bescheide zum Ausdruck kommenden Rechtsmeinung, wonach für die Beurteilung der Parteistellung die Bestimmungen des § 84 des Berggesetzes mitheranzuziehen gewesen seien. Darnach habe der Bergbauberechtigte Personen und bestimmte Sachen gegen jede Gefährdung durch den Bergbau möglichst zu sichern. Es konnte, so schließt mit Recht die Behörde, angenommen werden, dass entsprechend dem Sinn dieser Vorschrift auch im Bewilligungsverfahren nach § 81 des Berggesetzes jenen Personen Parteistellung zukam, die selbst oder deren Liegenschaften in der im § 84 angegebenen Weise durch den Bergbau gefährdet gewesen sein konnten.
Im Zusammenhang mit dem oben Gesagten ergibt sich, dass die Behörde die Frage, ob den Beschwerdeführern, die im Bewilligungsverfahren Einwendungen erhoben und Beweisanträge gestellt hatten, Parteistellung zukam, nur dann verneinen durfte, wenn festgestellt worden wäre, dass die Möglichkeit einer solchen Gefährdung auszuschließen war.
Ob eine solche Gefährdung besteht, hat aber die Behörde - um den schon erörterten verfahrensrechtlichen Nachbarschutz sicherzustellen - anhand des Projektes der Anlage, und zwar unter besonderer Bedachtnahme auf die Art der baulichen Teile, der Ausstattung mit Maschinen und anderen Betriebsmitteln und der Betriebsweise zu prüfen. Dass in den vorliegenden Beschwerdefällen die Werksanlagen im Zeitpunkt der Bewilligung durch die belangte Behörde schon hergestellt waren und - mit Schutzvorrichtungen im Interesse der Nachbarn ausgestattet - betrieben wurden, konnte die Frage der Parteistellung nicht beeinflussen. Es kann nicht angenommen werden, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Umfang der Parteistellung davon abhängig ist, ob das zur Bewilligung beantragte Vorhaben schon Maßnahmen zum Schutze der Anrainer vorsieht oder schon verwirklicht ist.
In dieser Hinsicht zeigen die Akten des Verwaltungsverfahrens und die Begründung der angefochtenen Bescheide, dass die belangte Behörde selbst die Möglichkeit einer Gefährdung der Beschwerdeführer im oben angeführten Sinn für nicht ausgeschlossen hielt.
Wohl konnte - entgegen der Meinung der Beschwerdeführer - die Parteistellung nicht schlechthin auf den Umstand gegründet werden, dass die Beschwerdeführer Eigentümer von Liegenschaften seien, die an die "Anlage als Gesamtes" gemeint ist offenbar das Werk H als solches, in dessen Rahmen die gegenständlichen Anlagen betrieben werden - angrenzten. (Ob dies der Fall ist, kann im übrigen weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch den Akten des Verwaltungsverfahrens mit Sicherheit entnommen werden.) Denn es konnte, wie schon ausgeführt wurde, für die Frage der Parteistellung nur entscheidend sein, ob das räumliche Naheverhältnis zur Anlage so beschaffen war, dass mit einer Gefährdung der Beschwerdeführer oder deren Eigentum durch die gegenständlichen Werksanlagen zu rechnen war. Abzulehnen ist auch die in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführern vertretene Rechtsmeinung, auch die bergbehördliche Bewilligung könne sich nur auf die "als Einheit zu betrachtende" gesamte Anlage - und nicht auf die gegenständlichen Werksanlagen allein - beziehen. Rechtsvorschriften, die diese Auffassung deckten, sind weder im Berggesetz noch in der Gewerbeordnung enthalten.
Nach den Akten des Verwaltungsverfahrens hat die belangte Behörde im Ermittlungsverfahren betreffend die in Rede stehenden Werksanlagen mehrere mündliche Verhandlungen durchgeführt. Die am 2. August 1967 vorgenommene Verhandlung diente, wie die hierüber aufgenommenen Niederschriften zeigen, vornehmlich der Erörterung von Immissionsfragen. Hiebei haben die der Verhandlung zugezogenen - zwei - Sachverständigen für Immissionsfragen Stellungnahmen abgegeben. In der Begründung der angefochtenen Bescheide gelangt die belangte Behörde zur Feststellung, es sei keine Gefährdung von Personen und Sachen durch den Betrieb der Werksanlagen zu erwarten. Die Behörde führt aber aus, dass diese Annahme "bei Durchführung der von den Sachverständigen empfohlenen und von der Behörde für notwendig erachteten Maßnahmen sowie bei Einhaltung der Betriebsvorschriften" gegeben sei. Den angefochtenen Bescheiden kann nicht entnommen werden, durch welche von den Sachverständigen empfohlenen und von der Behörde für notwendig erachteten Maßnahmen die Behörde zu diesem Ergebnis gelangt war. Den Niederschriften über die mündliche Verhandlung vom 2. August 1967 kann entnommen werden, dass der Vertreter der Beschwerdeführer bei der Verhandlung weitere - im Hinblick auf eine Erklärung des Verhandlungsleiters, es werde nach Vorliegen der Bescheide über die Devolutionsanträge eine weitere Verhandlung stattfinden, zunächst nur als vorläufig gedachte - Anträge stellte, die auf eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens abzielten.
Hierüber hat die belangte Behörde nie abgesprochen, obwohl sie die Beschwerdeführer im Ermittlungsverfahren bis zuletzt als Parteien behandelte. Wohl wurde durch die Behandlung der Beschwerdeführer als Parteien nicht deren Parteistellung begründet. Doch findet auch die schließliche Feststellung, den Beschwerdeführern komme keine Parteistellung zu, im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens keine hinreichende Deckung. Hiefür war, wie oben ausgeführt wurde, die Frage entscheidend, ob die Werksanlagen schon nach der Art ihrer baulichen Teile, ihrer Ausstattung mit Maschinen und anderen Betriebsmitteln und ihrer Betriebsweise die Möglichkeit einer Gefährdung im bezeichneten Sinne begründeten; der Umfang der Immissionen, die von den fertig gestellten, den Empfehlungen der Sachverständigen entsprechenden Anlagen ausgehen, kann, wie ebenfalls schon gesagt wurde, nicht der für die Rechtsstellung als Nachbar bestimmende Beurteilungsmaßstab sein. Ob aber bei dieser Betrachtungsweise die Parteistellung der Beschwerdeführer zu Recht zu verneinen, war, kann anhand der Begründung der angefochtenen Bescheide, aber auch anhand der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens vom Verwaltungsgerichtshof nicht beurteilt werden. Die angefochtenen Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit, infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben.
In der Beschwerde wird auch vorgebracht, die angefochtenen Bescheide seien insofern fehlerhaft, als sich die behördliche Bewilligung nicht an die ursprünglichen, bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Anträge der mitbeteiligten Partei hielten, sondern auch Änderungen dieser Anträge mitumfassten. Die belangte Behörde hat diese Frage geprüft und ihren Entscheidungen die Rechtsansicht zu Grunde gelegt, die durch einen Devolutionsantrag angerufene Behörde habe Änderungen und Ergänzungen, wenn diese das Gesamtvorhaben nicht als ein anderes erscheinen lassen, unter Bedachtnahme auf den im § 39 Abs. 2 AVG 1950 normierten Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu berücksichtigen. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hiezu folgende Rechtsmeinung: Wohl darf auch im Devolutionsverfahren der Grundsatz, wonach sich die Behörde bei allen Verfügungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen habe, nicht außer Betracht bleiben. Doch darf diese Bedachtnahme nicht die Verletzung von Parteienrechten zur Folge haben. Im Zwei- und Mehrparteienverfahren - um ein solches handelt es sich auch in den vorliegenden Fällen - steht dem Interesse des Anrainers, keine Instanz zu verlieren, - unter diesen Gesichtspunkt wurde auch das diesbezügliche Beschwerdevorbringen gestellt - das Interesse des Antragstellers, dass über seinen Antrag alsbald entschieden werde, gegenüber. Der Gesetzgeber hat dieses Interesse des Antragstellers durch die Einrichtung des Revolutionsbegehrens nach § 73 AVG 1950 ausdrücklich anerkannt und damit nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch zum Ausdruck gebracht, dass nicht jede Änderung des bei der säumigen Behörde gestellten Antrages ausgeschlossen ist. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist aber für die Frage, in welchem Umfang Änderungen des ursprünglichen Antrages auch im Verfahren der Oberbehörde Berücksichtigung zu finden haben, nicht die objektive Rechtslage schlechthin maßgebend. Die Beschwerdeführer haben nämlich im Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung von Anrainern für sich in Anspruch genommen. Das hier in Rede stehende Beschwerdevorbringen könnte daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur dann bedeutsam sein, wenn festgestellt werden würde, dass es sich in den vorliegenden Beschwerdefällen um solche Änderungen des ursprünglichen Antrages handelte, durch die die subjektivöffentlichen Nachbarrechte der Beschwerdeführer beeinträchtigt worden wären. Dies wäre dann der Fall, wenn die Möglichkeit einer Gefährdung der Beschwerdeführer im oben bezeichneten Sinne durch die Änderungen in einem größeren Umfang gegeben wäre, als durch das ursprüngliche Vorhaben. Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren auch diese von ihr bisher nicht erörterte Frage zu prüfen haben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff. VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl. Nr. 4/1965. Das auf Ersatz eines Streitgenossenzuschlages gerichtete Mehrbegehren der Beschwerdeführer war als in diesen Bestimmungen nicht vorgesehen abzuweisen.
Wien, am 24. Juni 1970
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1970:1968001319.X00Im RIS seit
22.04.2002Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008