TE Vwgh Erkenntnis 1971/4/21 1139/70

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Veröffentlicht am 21.04.1971
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §39 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strau und die Hofräte Dr. Striebl, Dr. Skorjanec, Kobzina und Dr. Hrdlicka als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dohnal über die Beschwerde des HS in B, vertreten durch Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in Graz, Kaiserfeldgasse 15, gegen den namens des Landeshauptmannes erlassenen Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. April 1970, Zl. V/1-847/1-1870, betreffend die Beschlagnahme eines Getränkeautomaten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 1090,-- binnen zwei Wochen bei sosntiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit im administrativen Instanzenzug ergangenen, namens des Landeshauptmannes erlassenen Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. April 1970 wurde ausgesprochen, der Beschwerdeführer sei verdächtig, am 16. Jänner 1970 mittels eines in seinem Gast- und Schankgewerbebetrieb in B, B-straße 10-11, aufgestellten Automaten, ohne die erforderliche rechtskräftige Konzession das Gewerbe der Sodawassererzeugung selbstständig betrieben und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach dem § 132 lit. a der Gewerbeordnung begangen zu haben. Für diese Verwaltungsübertretung sei gemäß dem § 131 Abs. 1 lit. c dieses Gesetzes der Verfall von Waren, Werkzeugen und sonstigen Arbeitsbehelfen als Strafe vorgesehen. Es werde daher gemäß § 39 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme des genannten Sodawasserautomaten angeordnet. Zur Begründung ihres Bescheides führte die Behörde aus, die Bezirkshauptmannschaft Baden habe den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 9. Jänner 1970 wegen Betreibens des genannten Sodawasserautomaten ohne Konzession bestraft. Dieser habe das Straferkenntnis in der Folge lediglich der Höhe nach (richtig: wegen der Höhe des Strafausmaßes) angefochten. Mit Schreiben vom 21. Jänner 1970 habe der Verein zur Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Erzeuger kohlensaurer Getränke der Bezirkshauptmannschaft Baden eine Anzeige des AE übermittelt, worin dieser mitteilte, dass er am 16. Jänner 1970 den Gast- und Schankgewerbebetrieb des Beschwerdeführers besuchte, und zwei Glas Weinbrand mit Soda und eine Orangeade bestellt habe, wobei das Sodawasser und die Orangeade aus einem so genannten Post-Mix-Gerät (Selbsterzeugung von Sodawasser und Limonade) entnommen worden seien. Gemäß dem § 132 lit. a zweiter Halbsatz GewO sei als selbstständiger Betrieb eines Gewerbes im Sinne des ersten Halbsatzes, das Zutreffen der übrigen Merkmale der Gewerbsmäßigkeit vorausgesetzt, schon jede auch nur einmalige Handlung anzusehen, die den Gegenstand einer unters dieses Gesetz fallenden Beschäftigung bilde, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden könne. Somit stehe unbestreitbar fest, dass die Anzeige des AE den Beschwerdeführer in den Verdacht gebracht habe, neuerlich - durch das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 9. Jänner 1970 noch nicht erfasst - den Tatbestand des § 132 lit. a der Gewerbeordnung verwirklicht zu haben. Da für die Anwendung des § 39 Abs. 1 VStG aber nicht mehr als das Vorliegen eines Verdachtes gefordert sei, bestehe für die Berufungsbehörde kein Anlass, die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Demgegenüber sei das Vorbringen des Beschwerdeführers, demzufolge er die Sodawassererzeugung nach Erlassung des Bescheides vom 9. Jänner 1970 eingestellt, sowie ein Ansuchen um Nachsicht vom Befähigungsnachweis und ein Ansuchen um Erteilung der Konzession für die Sodawassererzeugung eingebracht habe, unbeachtlich. Auch der Vorwurf, die Behörde habe sich von den wahren Tatsachen nicht überzeugt, sei nicht stichhältig. Denn einerseits enthalte die Anzeige den Zeitpunkt der strafbaren Handlung, der sich der Beschwerdeführer verdächtig gemacht habe, und welche daher durch das Straferkenntnis vom 9. Jänner 1970 nicht erfasst sein könne, und anderseits sei es Sache eines neuerlichen Strafverfahrens, festzustellen, ob der Beschwerdeführer diese strafbare Handlung wirklich begangen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bestreitet unter den angeführten Gesichtspunkten die Zulässigkeit der Beschlagnahme des streitgegenständlichen Schankautomaten der Marke "Schankomat 2000 E".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem § 39 Abs. 1 VStG 1950 kann die Behörde in Fällen, in denen der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen. Die belangte Behörde erblickte die Verwaltungsübertretung, die sie dem Beschwerdeführer anlastete, in der unbefugten Ausübung des konzessionierten Gewerbes der Sodawassererzeugung im Sinne des § 132 lit. a GewO, welche gemäß dem § 131 Abs. 1 lit. c leg. cit. mit dem Verfall der Tatgegenstände bestraft werden kann. Wie sich aus dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 VStG 1950 ergibt, setzt die Beschlagnahme nach der bezogenen Gesetzesstelle neben den beiden Tatbestandsmerkmalen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung und des für dieses Delikt als Strafe angedrohten Verfalls als weiteres rechtserhebliches Merkmal voraus, dass eine Sicherung des Verfalles geboten ist. Die Behörde ist daher nach der zitierten Bestimmung nur insoweit zur Beschlagnahme befugt, als sie diese zum Zwecke der Sicherung des Verfalls für erforderlich hält.

Aus diesem Grunde hätte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jene Gründe darlegen müssen, aus welchen sie sich bestimmt sah, für die Sicherung des Verfalles vorzusorgen. Dies umsomehr als nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens dem im Streitfall erlassenen erstinstanzlichen Bescheid lediglich die Anzeige eines Vereins zur Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Erzeuger kohlensaurer Getränke zugrundelag, dem durch einen Konfidenten die Verwendung des so genannten Post-Mix-Gerätes im Betrieb des Beschwerdeführers zur Kenntnis gebracht worden war, und in welcher der "Antrag" gestellt wurde, das Post-Mix-Gerät zu beschlagnahmen, weil der Beschwerdeführer schon zweimal einschlägig bestraft worden sei. Die belangte Behörde unterließt es zwar, ihren Bescheid mit dieser die Rechtslage verkennenden Auffassung zu begründen. Dessen ungeachtet ermangelt der angefochtene Bescheid jedoch einer Begründung dafür, dass die Beschlagnahme aus dem nach dem § 39 Abs. 1 VStG rechtserheblichen Grund der Sicherung des Verfalles geboten war. Indem die belangte Behörde dies verkannte und es unterließt, die Gründe hiezu darzulegen, war es dem Gerichtshof verwehrt, den angefochtenen bescheid in Ansehung seiner Rechtmäßigkeit zu prüfen. Dieser war daher gemäß dem § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von einer Verhandlung konnte gemäß dem § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 abgesehen werden.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965. Das Mehrbegehren (Schriftsatzaufwand insgesamt S 2.000,--) war abzuweisen, weil der Schriftsatzaufwand nach der obzitierten Verordnung mit S 1.000,-- pauschaliert ist.

Wien, am 21. April 1971

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1971:1970001139.X00

Im RIS seit

25.06.2002

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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