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yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
BAO §148 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Schima, Dr. Reichel und Dr. Simon als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde der A-Aktiengesellschaft in X, vertreten durch Dr. Heinz Napetsohnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Sterneckstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 23. März 1970, Zl. 10/2- IV-1970, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Kärnten) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine am 16. November 1928 gegründete Aktiengesellschaft, die im Bundesland Kärnten mehrere Seilschwebebahnen, Berg- und Schilifte betreibt, darüber hinaus aber auch Konzessionen zum Betrieb des Gast- und Schankgewerbes besitzt. Am Grundkapital der Gesellschaft waren zum 1. Jänner 1963 verschiedene Gebietskörperschaften mit insgesamt 97,51 v.H., zum 1. Jänner 1964 mit 98,99 v.H., zum 1. Jänner 1965 mit 99,40 v.H., zum 1. Jänner 1966 mit 99,58 v.H. und zum 1. Jänner 1967 sowie zum
1. Jämer 1968 mit je 99,63 v.H. beteiligt.
Anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin im Dezember 1968 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung, die den Zeitraum vom 1. Jänner 1963 bis 31. Dezember 1967 umfasste, stellte der Prüfer unter anderem fest, dass die Gesellschaft "im Prüfungszeitraum" mehrere Investitionsdarlehen mit einem Nominale von insgesamt S 40,800.000,-- aufgenommen hatte, die "durch Bürge und Zahler-Haftungen, Übernahme der Ausfallhaftungen" seitens eines Hauptaktionärs - des Bundeslandes Kärnten - besichert worden waren. Der Prüfer vertrat, wie seinem über das Prüfungsergebnis verfassten Bericht vom 20. Dezember 1968 zu entnehmen ist, die Meinung, die in Rede stehenden Investitionsdarlehen ersetzten eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (vom 16. Oktober 1934, DRGBl. I S. 1058, in der Fassung der Verkehrsteuernovelle 1948, BGBl. Nr. 57 = KVG); dieser Auffassung schloss sich auch das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt an und setzte mit Abgabenbescheid vom 18. April 1969 unter Hinweis auf den Prüfungsbericht vom Nennwert der Investitionsdarlehen Gesellschaftsteuer von 2 v.H., somit einen Abgabenbetrag von S 816.000,--, ferner unter Hinweis auf § 135 der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), einen Verspätungszuschlag von 10 v.H. des Abgabenbetrages, somit in Höhe von S 81.600,-- fest.
Gegen diesen Bescheid erhob der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin Berufung, in der er zunächst die Meinung vertrat, die Beschwerdeführerin sei gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 KVG überhaupt von der Besteuerung ausgenommen. Zum 1. Jänner 1965 seien nämlich nur 0,60 v.H. des Grundkapitals, zum 1. Jänner 1968 gar nur 0,37 v.H. als Folge der Ausgabe von Inhaberaktien in Händen unbekannter Besitzer gewesen. Diesem minimalen Streubesitz käme aber keinerlei Bedeutung zu, da der im Kapitalverkehrsteuergesetz verwendete Begriff "ausschließlich" nur im Sinn einer ausschließlichen Herrschafts- und Verfügungsgewalt verstanden werden könne. Außerdem sei es wahrscheinlich, dass im Zuge der Kriegswirren der überwiegende Anteil des Streubesitzes ohnedies in die Hände von anderen Gebietskörperschaften gelangt oder überhaupt verschollen sei, zumal bei den Hauptversammlungen der Beschwerdeführerin stets nur Vertreter von Gebietskörperschaften erschienen seien. Somit sei erwiesen, dass die Herrschafts- und Verfügungsgewalt über die Beschwerdeführerin "rechtlich und auch faktisch" ausschließlich Gebietskörperschaften zustehe. Im übrigen dürfe Lehre und Rechtsprechung zum Grunderwerbsteuergesetz nicht außer Betracht gelassen werden, wonach verschollene oder Zwerganteile die Erfüllung eines abgabenrechtlichen Tatbestandes nicht ausschließen könnten.
Sollte sich aber die Rechtsmittelbehörde, so führte die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung weiter aus, diesem Standpunkt nicht anschließen können, so sei zu bedenken, dass das Bundesland Kärnten die Haftung für die von der Beschwerdeführerin aufgenommenen Investitionsdarlehen nicht in seiner Eigenschaft als Gesellschafter, sondern in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben im Rahmen eines wirtschaftlichen Nachholprogrammes für zurückgebliebene Landesteile übernommen habe, wie aus einem Schreiben des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 17. Juni 1969 (von dem sich eine Ablichtung in den Verwaltungsakten befindet) hervorgehe. Somit sei der Tatbestand des § 3 Abs. 2 KVG nicht erfüllt, denn nur wenn eine Gebietskörperschaft im Gesellschafterinteresse tätig werde, könne von einem die Steuerpflicht auslösenden Kapitelersatz gesprochen werden.
Abgesehen davon werde gegen die Steuerpflicht eines Betrages von S 12,000.000,-- Verjährung eingewendet. Dabei handle es sich um ein ERP-Darlehen, das der Beschwerdeführerin schon am 27. Dezember 1962 zugezählt worden sei. Das Recht, hievon Gesellschaftsteuer festzusetzen, sei gemäß § 207 BAO nach fünf Jahren, also mit Ablauf des 31. Dezember 1967, verjährt gewesen, entstehe doch die Steuerschuld mit der Zuzählung des Darlehens und nicht, wie der Prüfer offensichtlich angenommen habe, erst mit dem Tilgungsbeginn. Was aber das der Beschwerdeführerin zwischen 1. Jänner und 11. November 1963 zugezählte ERP-Darlehen im Nominale von S 4,800.000,-- anlange, müsse beachtet werden, dass eine vorangegangene Kapitalverkehrsteuerprüfung für den Zeitraum vom 24. Jänner 1957 bis 11. November 1963 hinsichtlich der Gesellschaftsteuer zu dem Ergebnis geführt habe, sämtliche steuerpflichtigen Vorgänge seien dem Finanzamt laufend und fristgerecht gemeldet und vom Finanzamt auch steuerlich erfasst worden. Es gehe daher keineswegs an, ein durch einen "rechtsgültig gezeichneten" Prüfungsbericht abgeschlossenes Verfahren wieder aufzunehmen, könne doch von einem Hervorkommen neuer Tatsachen schon deswegen nicht gesprochen werden, weil von der Beschwerdeführerin damals den Prüfungsorganen sämtliche Unterlagen, insbesondere über die ERP-Darlehen im Nominale von S 4,800.000,-- vorgelegt worden seien, ohne dass das Finanzamt daraus Konsequenzen gezogen habe. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sei auch darin zu erblicken, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme des mit Prüfungsbericht vom 11. November 1963 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nicht förmlich durch Erlassung eines eigenen Wiederaufnahmebescheides verfügt habe.
Schließlich wendete sich die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlages von S 81.600,-- und dehnte das Berufungsbegehren in einem ergänzenden Schriftsatz noch dahin gehend aus, dass im Hinblick auf die Aufhebung des § 3 Abs. 1 KVG durch den Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 27. Juni 1969, G 17/68) dem angefochtenen Abgabenbescheid vom 18. April 1969 überhaupt die gesetzliche Grundlage entzogen worden sei.
Die Finanzlandesdirektion für Kärnten, der das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin sodann zur Entscheidung vorgelegt worden ist, hat der Berufung mit Bescheid vom 23. März 1970 dahin stattgegeben, dass sie die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Gänze behob. Im übrigen hat die Finanzlandesdirektion die Berufung jedoch abgewiesen und ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Bedingung für die Steuerfreiheit gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 KVG sei, dass die Anteile an der Gesellschaft ausschließlich Gebietskörperschaften gehörten und dass die Erträge der Gesellschaft ausschließlich diesen Körperschaften zufließen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 28. September 1959, Slg. Nr. 2073/F und vom 6. Mai 1963, Slg. Nr. 2861/F, dargetan habe, könne die in der genannten Gesetzesvorschrift enthaltene Befreiung von der Gesellschaftsteuer dann nicht zum Zuge kommen, wenn Anteile an einer sachlich begünstigten Gesellschaft außer den dort genannten Gebietskörperschaften auch anderen, von diesen verschiedenen Personen gehörten. Im Zuge der Prüfung sei nun festgestellt worden, dass zum 1. Jänner 1965 0,60 v.H., zum 1. Jänner 1967 0,37 v. H. der Aktien in privatem Besitz gewesen und die auf diesen Streubesitz entfallenden Dividenden auf ein eigenes Konto gebucht worden seien. Damit sei aber erwiesen, dass im Falle der Beschwerdeführerin nicht ausschließlich Länder und Gemeinden, sondern auch Privatpersonen über Anteile verfügt hätten, denen auch Erträge aus der Gesellschaft zugeflossen seien. Auch dem weiteren Einwand der Beschwerdeführerin, dass in sinngemäßer Anwendung der zu § 1 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes entwickelten Lehre und Rechtsprechung Zwerganteile die Erfüllung eines abgabenrechtlichen Tatbestandes nicht ausschließen könnten, komme keine rechtliche Bedeutung zu, da Ausnahmebestimmungen wie die des § 7 Abs. 1 Z. 2 KVG eng auszulegen seien.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin wäre aber auch zu prüfen, ob das Bundesland Kärnten die Haftung für die Darlehen in seiner Eigenschaft als Gesellschafter oder in Erfüllung öffentlichrechtlicher Verpflichtungen übernommen habe. Wie jedoch im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1963, Zl. 408/63, dargelegt werde, sei in jenen Fällen, in denen die Darlehensgewährung wirtschaftlich einer Kapitalzuführung gleichkomme, zugleich auch die Steuerpflicht nach der genannten Rechtsvorschrift gegeben. Daraus ergebe sich folgerichtig, dass es bei der Anwendung des § 3 KVG nicht der Prüfung bedürfe, in welcher Eigenschaft und in welcher Absicht ein Gesellschafter ein Darlehen gewährt habe. Wenn sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhange auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes beziehe, nach welcher zu unterscheiden sei, ob eine Gebietskörperschaft im Gesellschafterinteresse oder in Erfüllung hoheitsrechtlicher Aufgaben tätig werde, müsse ihr entgegengehalten werden, dass im deutschen Kapitalverkehrsteuergesetz die Gewährung von Darlehen von der Gesellschaftsteuerpflicht ausdrücklich ausgenommen sei, wenn ihre Hingabe oder Sicherstellung in öffentlichen Kredit- oder Bürgschaftsprogrammen vorgesehen sei. Schon aus der Notwendigkeit der Aufnahme einer dem Kapitalverkehrsteuergesetz fremden Befreiungsbestimmung gehe hervor, dass durch § 3 Abs. 1 und 2 KVG auch nach der früheren deutschen Lehre und Rechtsprechung die Kapitalverkehrsteuerpflicht bei Hingabe oder Besicherung von Darlehen durch Gebietskörperschaften angenommen wurde, wenn diese aus öffentlich-rechtlichen Rücksichten erfolge.
Soweit aber die Beschwerdeführerin die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 und 2 KVG unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1969, G 17/68, in Frage stelle, sei auf das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 23. Oktober 1969, Zl. 853/68, zu verweisen, in welchem der Gerichtshof ausdrücklich erklärt habe, dass der Aufhebung des ersten Satzes des § 3 Abs. 1 KVG durch den Verfassungsgerichtshof für die Beurteilung eines Sachverhaltes, auf den eine Abgabenforderung gestützt werde, insofern keine Bedeutung zugemessen werden könne, als der Abgabenanspruch vor Wirksamwerden der Aufhebung dieser Gesetzesstelle durch den Verfassungsgerichtshof entstanden sei. Im Falle der Beschwerdeführerin sei der abgabenrechtliche Tatbestand unbestrittenermaßen bereits vor Kundmachung der Aufhebung des § 3 Abs. 1 KVG entstanden. Dass aber nach den bis zur Aufhebung dieser Gesetzesstelle durch den Verfassungsgerichtshof geltenden Bestimmungen die Voraussetzungen für die Gebotenheit einer Kapitalerhöhung bei zu Investitionszwecken hingegebenen langfristigen Darlehen, für die ein Gesellschafter die Haftung übernommen habe, bei einer von der Betriebsprüfung festgestellten Kapitalunterdeckung von durchschnittlich 50 Millionen Schilling nicht vorgelegen seien, könne auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet werden. Soweit die Beschwerdeführerin hinsichtlich des am 27. Dezember 1962 zugezählten ERP-Darlehens in Höhe von S 12,000.000,-- Bemessungsverjährung nach § 207 BAO geltend mache, müsse auf die Bestimmung des § 209 Abs. 1 leg, cit. hingewiesen werden, nach welcher die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen werde. Gemäß dem Prüfungsauftrag vom 25. Oktober 1963 habe das Finanzamt am 11. November 1963 bei der Beschwerdeführerin eine Nachschau durchgeführt. Die Durchführung dieser Nachschau stelle aber eine zur Geltendmachung des abgabenrechtlichen Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung dar, welche die Verjährungsfrist bezüglich jener Abgaben, die Gegenstand der Prüfung gewesen seien somit bezüglich der Kapitalverkehrsteuer - unterbrochen habe. Die fünfjährige Verjährungsfrist habe daher am 31. Dezember 1963 neu zu laufen begonnen. Noch vor ihrem Ablauf am 31. Dezember 1968 sei sie durch die Prüfung vom Dezember des gleichen Jahres neuerlich unterbrochen worden. Der Abgabenbescheid des Finanzamtes vom 18. April 1969 sei somit innerhalb der Bemessungsverjährungsfrist ergangen, sodass dem Berufungsbegehren auch in diesem Belange nicht Folge gegeben werden habe können.
Wenn die Beschwerdeführerin weiters rüge, dass der angefochtene Gesellschaftsteuerbescheid vom 18. April 1969 nicht formell als Wiederaufnahmebescheid gekennzeichnet worden und auch keine Wiederaufnahmsgründe vorgelegen seien, müsse ihr entgegengehalten werden, dass auf Grund der Ergebnisse der Nachschau vom 11. November 1963 gar keine Bescheide erlassen worden seien. Infolgedessen hätten auch die Feststellungen der Prüfung vom Dezember 1968 zu keiner Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 303 BAO führen können; die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin gingen daher ins Leere.
Soweit die Beschwerdeführerin aber eine Verletzung des im § 148 Abs. 3 BAO für abgabenbehördliche Prüfungen normierten Wiederholungsverbotes rüge, übersehe sie, dass im Jahre 1963 keine Buch- und Betriebsprüfung im Sinne des § 147 leg. cit., sondern lediglich eine Nachschau im Sinne des § 144 durchgeführt worden sei. Das für abgabenbehördliche Prüfungen geltende Wiederholungsverbot bestehe jedoch nicht für Nachschauen.
Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 23. März 1970 richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
1. zur Frage der Ausnahme von der Besteuerung nach dem KVG:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 KVG sind unter anderem die im § 3 des Gesetzes bezeichneten Rechtsvorgänge bei jenen inländischen Kapitalgesellschaften von der Besteuerung ausgenommen, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen (Versorgungsbetriebe), wenn die Anteile an der Gesellschaft ausschließlich dem Bund, einem Land, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder offenem Zweckverband gehören und die Erträge der Gesellschaft ausschließlich dieser Körperschaften zufließen.
Nun steht die Beschwerdeführerin im Einklang mit ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren auf dem Standpunkt, die minimalen Anteile von 0,60 und 0,37 v.H. am Grundkapital, die aller Wahrscheinlichkeit nach entweder überhaupt verschollen oder gleichfalls in Händen von Gebietskörperschaften seien, stünden einer Anwendung der in Rede stehenden Befreiungsvorschrift schon deshalb nicht entgegen, weil es "de facto" an jeglicher Einflussnahme auf das Geschick der Gesellschaft von privater Seite fehle, mithin jedenfalls nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise von einer ausschließlichen Herrschafts- und Verfügungsgewalt von Gebietskörperschaften gesprochen werden könne.
Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass der vom Gesetzgeber gebrauchte Begriff "ausschließlich" einer Auslegung im Sinne des § 21 der Bundesabgabenordnung nur beschränkt zugänglich ist. Denn abgesehen davon, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise auf dem Gebiete der Kapitalverkehrsteuern schon deswegen in den Hintergrund tritt, weil die Abgabepflicht an Rechtsvorgänge anknüpft (vgl. hiezu Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, S 111), darf nicht übersehen werden, dass der Streit im vorliegenden Falle um die Anwendung einer Ausnahmebestimmung geht. Eine vom Wortlaut des Gesetzes abweichende Auslegung wäre somit nur dann gerechtfertigt, wenn aus dem Kapitalverkehrsteuergesetz die Absicht des Gesetzgebers hervorleuchten würde, in den Grenzfällen einer bloß geringfügigen Beteiligung Dritter von der im Vordergrund stehenden Regelung der Ausschließlichkeit abgehen zu wollen. Dies ist aber nicht der Fall. Der vom Gesetzgeber mit Vorbedacht gewählte Ausdruck "ausschließlich" ist dagegen eindeutig: er besagt nichts anderes als ohne jede, also auch nur die geringste Ausnahme. Unter diesen Umständen kann aber § 21 BAO zur Stützung der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin ebenso wenig herangezogen werden, wie etwa § 1 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140. Der Gesetzgeber spricht dort wohl von der Vereinigung aller Anteile an einer Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein, vermeidet aber einen so eindeutigen Begriff wie das Wort "ausschließlich". Zudem hat schon der ehemalige Reichsfinanzhof auf dem Gebiete der Körperschaftsteuer - somit einem Rechtsgebiet, auf dem der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ganz maßgebliche Bedeutung zukommt - in seinem Beschluss vom 2. Januar 1925, IB 64/24 (verlautbart im fünfzehnten Band, Nr. 53 der Sammlung der Entscheidungen dieses Gerichtshofes), die Meinung vertreten, dass "schon eine ganz geringfügige Ausnahme den Begriff der Ausschließlichkeit aufhebt". In seinem die Gesellschaftsteuer betreffenden Urteil vom 20. September 1932, DRStBl. S 1030, hat der Reichsfinanzhof ferner dargetan, dass dies auch dann der Fall ist, wenn Privatpersonen an einer Gesellschaft zu bloß formalen oder repräsentativen Zwecken beteiligt sind. Von dieser Rechtsprechung abzugehen findet sich der Verwaltungsgerichtshof um so weniger veranlasst, als sie auch in der Lehre einhellige Zustimmung findet (vgl. hiezu Boruttau-Schadek, Kapitalverkehrsteuer, 2. Aufl., S 126; Egly, Gesellschaftsteuerkommentar, 2. Aufl., S 193; Veiel, Kapitalverkehrsteuergesetz, S 142 f.; Strodthoff, Kapitalverkehrsteuer, S 45).
2. Zur Frage der Abgabepflicht nach dem § 3 Abs. 1 und 2 KVG:
Die Abgabenbehörden sind davon ausgegangen, dass mit der Übernahme der Landeshaftung für die von der Beschwerdeführerin aufgenommenen Investitionskredite im Nominale von S 40,800.000,-- der die Gesellschaftsteuerpflicht auslösende (Ersatz)Tatbestand des § 3 Abs. 1 und 2 KVG verwirklicht worden sei. Diese Gesetzesstelle hatte bis zur Kundmachung der Aufhebung des ersten Satzes im § 3 Abs. 1 KVG durch den Verfassungsgerichtshof folgenden Wortlaut:
"Der Gesellschaftsteuer unterliegt auch die Gewährung von Darlehen an eine inländische Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafter, wenn die Darlehensgewährung eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung (Beispiele Kapitalerhöhung, weitere Einzahlungen, Zubußen), ersetzt. Ausgenommen ist die Gewährung von Darlehen; wenn sie in Schuldverschreibungen verbrieft sind, die unter die Wertpapiersteuer fallen. Als Darlehen eines Gesellschafters gilt auch des Darlehen eines Dritten, wenn ein Gesellschafter dafür Sicherheit leistet. ..."
Laut Kundmachung des Bundeskanzlers vom 21. Juli 1969, BGBl. Nr. 282, verlautbart in dem am 5. August 1969 ausgegebenen 71. Stück des Bundesgesetzblattes, Jahrgang 1969, hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Juni 1969, G 17/68, den ersten Satz des § 3 Abs. 1 KVG als verfassungswidrig aufgehoben. Diese Aufhebung trat am Tage ihrer Kundmachung in Kraft.
Die Beschwerdeführerin behauptet, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Falle die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Rechtsvorschrift nicht mehr hätte anwenden dürfen, weil das Verfahren über ihre Berufung in jenem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war, zudem § 3 Abs. 1 erster Satz KVG nicht mehr dem Rechtsbestand angehört habe. Die gegenteilige Ansicht der Abgabenbehörde widerspreche dem im Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerten rechtsstaatlichen Prinzip, weil im Zeitpunkt der Erlassung der Rechtsmittelentscheidung das Erfordernis einer entsprechenden Regelung durch das materielle Recht gefehlt habe.
Diese Ansicht der Beschwerdeführerin steht aber schon mit den Grundsätzen des zeitlichen Geltungsbereiches von Gesetzen in Widerspruch. Dass sie verfehlt ist, beweist der mit Art. 18 B-VG durchaus im Einklang stehende § 5 ABGB, demzufolge Gesetze nicht zurückwirken und daher auf vorhergegangene Bandlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss haben. Nach diesem allgemeinen Grundsatz können daher - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - Gerichte und Verwaltungsbehörden sehr wohl in die Lage versetzt sein, die durch eine spätere Rechtsnorm bereits aufgehobene Rechtsvorschrift auf solche Tatbestände anzuwenden, die noch unter dem zeitlichen Geltungsbereich der früheren Rechtsnorm verwirklicht worden sind. Davon abgesehen genügt es, in diesem Beschwerdepunkt unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, etwa auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1969, Zl. 853/68, vom 29. Jänner 1970, Zl. 1845/69, 180/70 und vom 25. März 1971, Zl. 352, 817/70 zu verweisen, in denen der Gerichtshof die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Rechtsfrage dahingehend beantwortet hat, dass die Aufhebung des § 3 Abs. 1 erster Satz KVG durch das Verfassungsgerichtshoferkenntnis vom 27. Juni 1969 für die Beurteilung von Tatbeständen, die - wie im Beschwerdefalle - vor dem 5. August 1969 verwirklicht worden sind - ohne Bedeutung ist.
Die Beschwerdeführerin erblickt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aber auch darin, dass die Abgabenbehörden nicht unterschieden hätten, ob das Bundesland Kärnten die Landeshaftung für die in Rede stehenden Investitionskredite in seiner Eigenschaft als Gesellschafter oder in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben "gegenüber jedermann" übernommen habe. Es komme nämlich, sinnwidrig und entgegen dem Willen des Gesetzgebers - so meint die Beschwerdeführerin - zu einer einseitigen Benachteiligung, wenn einerseits Gesellschaften die Zufuhr von Fremdkapital mit Landesbesicherung steuerfrei in Anspruch nehmen könnten, während aus dem gleichen Sachverhalt bei der Beschwerdeführerin ein Steueranspruch konstruiert werde, bloß deswegen, weil das Bundesland Kärnten zufällig auch Gesellschaftereigenschaft besitze. Die belangte Behörde hat sich demgegenüber im angefochtenen Bescheid auf das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1963, Zl. 408/63, gestützt, in dem der Gerichtshof dargetan hat, das es bei der Anwendung des § 3 KVG, dem Zweck dieser Vorschrift entsprechend, nicht von rechtlicher Bedeutung sein kann, ob eine Gebietskörperschaft als Gesellschafter die Ausfallhaftung für einen Betriebskredit in Erfüllung volkswirtschaftlicher oder hoheitlicher Aufgaben oder aus anderen Beweggründen übernimmt. Dagegen vermag die Beschwerdeführerin aber nichts Entscheidendes vorzubringen; sie übersieht ferner, dass dem Kapitalverkehrsteuergesetz die ihr als sinnvoll scheinende Differenzierung fremd ist. Hätte nämlich der Gesetzgeber die bisherige Regelung als unbefriedigend erkannt, dann wäre es ihm oblegen, eine Neuregelung zu treffen, wie dies in der Bundesrepublik Deutschland schon durch das Gesetz zur Änderung des Kapitalverkehrsteuergesetzes vom 19. August 1955, DBGBl. I S 530, durch Schaffung einer entsprechenden Ausnahmebestimmung geschehen ist. Da er dies aber nicht getan hat, muss davon ausgegangen werden, dass die derzeit bestehende Regelung weitergelten soll. Es geht daher auch nicht an, den Kreis der bisherigen Ausnahmebestimmungen im Weg einer extensiven teleologischen Interpretation zu erweitern, zumal Ausnahmebestimmungen wie die belangte Behörde zutreffend hervorhebt, nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen eng auszulegen sind.
3. Zur Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin:
"Verfahrensrechtlich" erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt, weil die Abgabenbehörde erster Instanz eine "faktische" Wiederaufnahme des Verfahrens für Zeiträume vor dem 11. November 1963 vorgenommen habe, obschon weder neue Tatsachen, geschweige denn Beweismittel hervorgekommen seien. Nun lassen die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten in der Tat erkennen, dass der Prüfer anlässlich der Prüfung vom Dezember 1968 auf einen Zeitraum zurückgegriffen hat, der bereits Gegenstand der vorangegangenen Prüfung (Zeitraum 24. Jänner 1957 bis 11. November 1963) gewesen ist. Allerdings hat die vorangegangene Prüfung - zumindest nach Auffassung der damaligen Prüfer - keinen Anlass geboten, einen Gesellschaftsteueranspruch gegen die Beschwerdeführerin geltend zu machen. Auch die Beschwerdeführerin kommt nicht darüber hinweg, dass ein Gesellschaftsteuerbescheid, der etwa das der Beschwerdeführerin am 27. Dezember 1962 zugezählte ERP-Darlehen oder die von ihr zwischen 1. Jänner und 11. November 1963 in Anspruch genommenen Investitionskredite zum Gegenstand gehabt hätte, als Ergebnis eben der vorangegangenen Prüfung nicht erlassen worden ist. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO setzt jedoch unter anderem voraus, dass Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, die geeignet erscheinen, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Ein Bescheid, der demgemäß der Änderung im wieder aufgenommenen Verfahren zugänglich wäre, ist im vorliegenden Falle aber nicht ergangen, zumal der Niederschrift über das Ergebnis der vorangegangenen Prüfung gemäß § 88 BAO keine weitere Bedeutung zukommt, als über den Gegenstand und den Verlauf der betreffenden Amtshandlung Beweis zu liefern. Die Rüge der Beschwerdeführerin geht daher ins Leere, wenn sie nicht dahin verstanden werden soll, dass die Beschwerdeführerin damit einen Verstoß der Abgabenbehörde gegen die Vorschrift des § 148 Abs. 3 BAO in den Kreis ihrer Erwägungen zieht. Nach dieser Gesetzesstelle darf für einen Zeitraum, für den eine Buch- und Betriebsprüfung bereits vorgenommen worden ist, ein neuerlicher Prüfungsauftrag ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen nur unter bestimmten, im Beschwerdefall jedoch nicht erfüllten Voraussetzungen erteilt werden. Dabei handelt es sich aber um eine sanktionslos gebliebene und im übrigen nur an die Abgabenbehörde adressierte Vorschrift, ähnlich der des § 147 Abs. 2 BAO, wonach Großbetriebe mindestens alle drei Jahre einmal einer Buch- und Betriebsprüfung zu unterziehen sind. Infolgedessen vermag die Beschwerdeführerin daraus für sich auch keine Rechte abzuleiten (unter abermaliger Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes sei in diesem Punkte auf die hg. Erkenntnisse vom 26. Februar 1965, Zl. 1559/64 und vom 12. März 1965, Zl. 205-207/64, verwiesen; vgl. ferner Reeger-Stoll a. a.O., S. 520 f.).
Der Verwaltungsgerichtshof vermochte daher nicht zu finden, dass die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt hätte, bei deren Beachtung sie zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit in keinem Punkte als begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, BGBl. Nr. 4.
Wien, am 13. Mai 1971
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1971:1970000941.X00Im RIS seit
11.06.2001Zuletzt aktualisiert am
07.05.2014