TE Vwgh Erkenntnis 1972/11/20 0789/72

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Veröffentlicht am 20.11.1972
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;
L82259 Garagen Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Wr §113;
BauO Wr §4;
BauO Wr §5;
BauO Wr §6;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §63;
BauO Wr §64 Abs2 litb;
BauO Wr §75;
BauO Wr §77 Abs3;
BauO Wr §80 Abs1;
BauO Wr §80 Abs2;
BauO Wr §80 Abs3;
BauO Wr §83;
BauO Wr §84 Abs6;
BauO Wr §84;
BauO Wr §87 Abs2;
GaragenG Wr 1957 §6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Rath, Dr. Leibrecht, Dr. Hrdlicka und Dr. Straßmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Lengheimer, über die Beschwerde des Dr. B, der J und des Dr. HK, alle in W, alle vertreten durch Dr. Kurt Schneider Rechtsanwalt in Wien I, Biberstraße 9, gegen die Bauoberbehörde für Wien, Bescheid des Wiener Magistrates vom 17. März 1972, Zl. MDR-B-XIX-62/71, betreffend die Erteilung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Dipl.-Ing. LS, W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 390,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind gemeinsam Eigentümer der in Wien an der F-Straße gelegenen Liegenschaft EZ nn1 des Grundbuches der Katastralgemeinde W mit dem Hause F-Straße Nr. nn. Der Mitbeteiligte hat nach Ausweis der Verwaltungsakten die benachbarte Liegenschaft EZ nn2 desselben Grundbuches käuflich erworben und im Mai 1971 beim Wiener Magistrat mit Zustimmung der Eigentümerin um die baubehördliche Bewilligung angesucht, dort ein viergeschossiges Wohnhaus errichten zu dürfen. Der diese Bewilligung im Grunde des § 87 Abs. 2 der Bauordnung für Wien - der Magistrat hatte eine gröbliche Störung des Stadtbildes durch das Bauvorhaben des Mitbeteiligten als erwiesen angesehen - versagende Magistratsbescheid vom 27. Oktober 1971 wurde sowohl vom Mitbeteiligten als auch von den Beschwerdeführern - von letzteren wegen des negativen Abspruches über ihre Einwendungen - mittels Berufung angefochten. In Erledigung dieser Berufungen erging der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Magistratsbescheid vom 17. März 1972, mit welchem der Beschluss der Bauoberbehörde für Wien vom selben Tage ausgefertigt wurde, den erstinstanzlichen Bescheid dahin abzuändern, dass er wie folgt zu lauten habe:

Gemäß § 70 der Bauordnung für Wien sowie nach den Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes wird nach dem mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plan die Bewilligung erteilt, auf der Liegenschaft .... EZ nn2 des Grundbuches der KG W .... nach den vorgelegten Plänen unter Einhaltung der mit Magistratsbescheid vom 15. März 1971 ... bekannt gegebenen Fluchtlinien in der endgültigen Höhenlage ein Wohnhaus errichten zu lassen. Das Wohnhaus soll zur Gänze unterkellert werden, drei Hauptgeschosse und ein ausgebautes Dachgeschoß (Flächenanteil der Aufenthaltsräume 30,7 m2) enthalten.

Im Anschluss an eine detaillierte und hier nicht wiederzugebende Baubeschreibung sowie an eine Reihe für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gleichfalls nicht bedeutsame Vorschreibungen wurde im Spruch des Bescheides über die Einwendungen der Beschwerdeführer wie folgt abgesprochen:

Der Einwand, dass durch das Bauvorhaben das Stadtbild und die Landschaft schwer geschädigt und gröblich gestört würden und der Fachbeirat für Stadtplanung und die Magistratsabteilung 18 zu befassen wären, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Einwendung, dass die zulässig Gebäudehöhe überschritten werde und sich diese Überschreitung infolge Mangelhaftigkeit der Pläne nicht ermitteln lasse, wird als im Gesetz nicht begründet abgewiesen.

Der Einwand, dass durch die Überhöhung der Nord-West-Wind abgehalten werde und dadurch eine Beeinträchtigung der Funktion der Rauchfänge der Anrainer hervorgerufen werde, wird als im Gesetz nicht begründet abgewiesen.

Die Einwendungen, dass das Dachgeschoß und der Keller unzulässig ausgebaut würden und somit die zulässige Geschoßzahl überschritten werde und das Projekt mehr als drei Hauptgeschosse aufweise, wird als im Gesetz nicht begründet abgewiesen.

Der Einwand, dass keine Waschküche und keine Trockenräume vorhanden seien, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Einwand, dass durch das Bauvorhaben den eigenen Hauptfenstern der gesetzliche Lichteinfall genommen werde, wird als im Gesetz nicht begründet abgewiesen.

Der Einwand, dass gegenüber der Liegenschaft der Einspruchswerber keine Dachneigung, sondern eine senkrechte Giebelfeuermauer vorgesehen sei, wird als im Gesetze nicht begründet abgewiesen.

Der Einwand, dass ebenso Luft und Sonnenlicht entzogen würden, wird als privatrechtlich erklärt und es werden die Streitteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der Einwand, dass drei Garageneinfahrten über den Vorgarten unzulässig seien, wird als im Gesetze nicht begründet abgewiesen.

Der Einwand, dass eine Stellungnahme der Magistratsabteilung 18 über die Verkehrssicherheit und hinsichtlich des Entzuges von Parkraum am Straßenrand durch die Garage einzuholen wäre, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Einwand, dass durch die Garage ein Einfluss auf die gesundheitlichen Verhältnisse der Nachbarn ausgeübt werde, wird als im Gesetze nicht begründet abgewiesen.

Der Einwand, dass die Garage die Feuersicherheit der Nachbarn beeinträchtige, wird als unbegründet abgewiesen.

Die Einwendungen, dass der Baugrund für das Bauvorhaben nicht oder nur unter Sicherheitsmaßnahmen, wie Errichtung einer Schlitzwand, geeignet sei und ein geologisches Gutachten einzuholen wäre, werden als unzulässig zurückgewiesen.

Der Einwand, dass statt einer eventuellen (Vorschreibung einer) Schlitzmauer bei Gericht eine Sicherstellung zur Schadensbehebung zu hinterlegen wäre, wird als privatrechtlich erklärt und es werden die Streitteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der Einwand, dass das Grundstück bisher nicht zum Bauplatz erklärt worden sei und eine Abteilungsbewilligung hiezu nicht vorliege und deshalb die Verhandlung und das Ansuchen zurückzuweisen wäre, wird als im Gesetze nicht begründet abgewiesen.

Der Einwand, dass keine Grundeigentümerzustimmung vorliege und ebenso keine Klarheit über die Person des Bauwerbers herrsche, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Einwand, dass durch das Bauvorhaben ihre - der Beschwerdeführer - Grundstücke entwertet würden und das Wohnen im Grünen unterbunden werde, wird als privatrechtlich erklärt und es werden die Streitteile auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Zur Begründung des Bescheides wurde folgendes ausgeführt:

Eine nähere Erörterung der Berufung des Mitbeteiligten sowie der Grundeigentümerin sei entbehrlich, da im Zuge des Berufungsverfahrens eine Projektsänderung erfolgt sei, die, wie ein von der Berufungsbehörde eingeholtes Ergänzungsgutachten der Magistratsabteilung 19 ergeben habe, bewirkt habe, dass das Bauvorhaben nun nicht mehr als das Stadtbild gröblich beeinträchtigend anzusehen sei. Da auch, wie noch auszuführen sein werde, subjektive öffentliche Rechte der Anrainer nicht verletzt würden, sei mit Erteilung der Baubewilligung vorzugehen gewesen. Die mangelnde Berechtigung dieser Einwendungen ergebe sich aus folgenden Erwägungen: Dem gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zufolge sei die zur Verbauung vorgesehene Liegenschaft in der Bauklasse II in offener oder gekuppelter Bauweise verbaubar. Es sei die Errichtung eines Gebäudes in offener Bauweise vorgesehen. Gemäß § 75 Abs. 1 der Bauordnung für Wien in seiner geltenden Fassung dürften in der Bauklasse II Gebäude höchstens 12 m hoch sein. Diese zulässige Gebäudehöhe werde den vorliegenden Bauplänen nach nicht überschritten. Zur Einwendung einer Überschreitung der zulässigen Geschoßzahl sei darauf hinzuweisen, dass den Nachbarn nur aus den Bestimmungen über die Gebäudehöhe ein subjektives öffentliches Recht erwachse, während aus Beschränkungen der Geschoßanzahl ein solches Recht dann nicht abzuleiten sei, wenn, wie dies nach den Bestimmungen der Bauordnung für Wien der Fall sei, der Umriss des Gebäudes und damit die zulässige Beeinträchtigung der Nachbarn durch Entzug von Licht und Luft in Form der Gebäudehöhe bereits festgelegt sei. Die Einhaltung dieser zulässigen Gebäudehöhe durch das Projekt des Mitbeteiligten aber lasse sich entgegen dem Berufungsvorbringen aus den vorgelegten Bauplänen in eindeutiger Weise erkennen, da dort auch das anschließende Gebäude ausreichend kotiert sei. Die Angabe von Höhenkoten des Geländes auf den Nachbarliegenschaften sehe die Bauordnung für Wien nicht vor. Im übrigen treffe es auch nicht zu, dass das Bauvorhaben mehr als drei zählbare Geschoße vorsehe und demgemäß gegen die Bestimmung des § 77 Abs. 3 der Bauordnung für Wien verstoße. Kellergeschosse blieben nämlich bei der Zählung der Geschosse dann außer Betracht, wenn der Fußboden des darüber liegenden Geschosses das anschließende Gelände an keiner Stelle um mehr als 2 m überrage; zum Zwecke der Herstellung von Einfahrten dürfe dieses Maß an höchstens einer Front auf 3 m erhöht werden. Mit dieser Regelung stimme das Bauvorhaben überein. Die angeführte Gesetzesstelle bestimme ferner, dass in Gebieten der Bauklasse II ein Dachgeschoß dann angerechnet werde, wenn in ihm Aufenthaltsräume im Umfange von mehr als einem Drittel der darunter liegenden Geschoßfläche eingebaut würden. Die im Dachgeschoß untergebrachten Aufenthaltsräume überschritten dieses Maß jedoch nicht. Aber auch wenn dies nicht zuträfe, und die Höchstanzahl von Geschossen überschritten würde, könnten aus den schon dargelegten Gründen subjektive öffentliche Nachbarrechte der Beschwerdeführer dadurch nicht verletzt werden. Das Projekt des Mitbeteiligten widerspreche aber auch nicht den Bestimmungen des § 80 Abs. 3 und 4 der Bauordnung für Wien. Die vorgeschriebene Gebäudehöhe und Dachneigung werde nicht überschritten und Hauptfenster der gegenüber liegenden Häuser würden im Lichteinfall unter einem Winkel von 45 Grad nicht verletzt. Auf durch Seitenabstände getrennte nebeneinander liegende Häuser hingegen finde diese Bestimmung keine Anwendung. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Wort "gegenüberliegenden" im § 80 Abs. 3 der Bauordnung für Wien, sondern auch aus der Vorschrift des Abs. 2 desselben Paragraphen, nach welcher Nebenfronten gegen Seitenabstände eine der Dachform entsprechende Höhe erhalten könnten. Ein Projekt, das den in der offenen Bauweise geltenden Bebauungsbestimmungen entspreche, könne dem Widmungszweck des Grundstückes auch dann nicht widersprechen, wenn es für einzelne gegen den Seitenabstand gerichtete Fenster bestehender Gebäude eine faktische Verschlechterung des Lichteinfalles bringe. Eine Gefährdung der Standsicherheit des zu errichtenden Gebäudes sowie der Nachbargebäude sei bei der gegebenen Situation nicht anzunehmen. Im übrigen bestehe in dieser Hinsicht kein subjektives öffentliches Nachbarrecht. Eine Verletzung von Nachbarrechten werde auch durch die vorgesehene Errichtung von drei Garagen nicht bewirkt. Dies deshalb nicht, weil ein subjektives öffentliches Recht des Nachbarn auf gärtnerische Ausgestaltung des Vorgartens nicht gewährleistet sei. Die durch die Garagen verursachten Belästigungen aber seien jedenfalls geringer als jene, die durch im Freien abgestellte Kraftfahrzeuge verursacht würden. Da die Garagen nahe an der Verkehrsfläche lägen, werde das Ausmaß der von ihnen allenfalls ausgehenden Immissionen die durch den Verkehrslärm auf der Straße auftretenden Belästigungen und daher das ortsübliche Ausmaß derartiger Einwirkungen nicht übersteigen. Auch eine Beeinträchtigung der Rauchfänge der Nachbargebäude bzw. eine Beeinträchtigung der Nachbarn durch die Rauchfänge des geplanten Gebäudes sei mit Rücksicht auf die Errichtung aller Gebäude in der offenen Bauweise auszuschließen. Eine Rauchbelästigung der Nachbarn werde gleichfalls nicht eintreten, da das zu errichtende Gebäude nicht niedriger als die Nachbargebäude aufgeführt werden solle. Die Auseinandersetzung mit den von ihr als zulässig, aber unbegründet angesehenen Einwendungen schloss die belangte Behörde mit dem Hinweis darauf ab, dass ein Recht auf Zurückweisung eines etwa mangelhaft belegten Ansuchens dem Nachbarn vom Gesetz nicht eingeräumt sei. Er besitze vielmehr nur ein Recht darauf, dass nicht auf eine seine subjektiv öffentlichen Rechte beeinträchtigende Weise gebaut werde, nicht aber darauf, dass eine Verbauung der Nachbarliegenschaft überhaupt unterbleibe. Im Anschluss daran wurde in der Bescheidbegründung dargelegt, dass und warum die übrigen Einwendungen der Beschwerdeführer als privatrechtlich (behauptete Entwertung ihrer Liegenschaft, Entzug von Luft und Sonnenlicht sowie die Forderung einer Sicherstellung zur Schadensbehebung) bzw. als unzulässig (Einwendungen gegen den Aufbauplan, behauptete Störung des Stadt- und Landschaftsbildes, Fehlen von Trockenräumen sowie einer Waschküche und das Vorbringen, es fehle an einer Genehmigung des Bauplatzes) qualifiziert worden waren.

Gegen diesen Bescheid ist die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde gerichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als den Beschwerdepunkt, als jene Rechte also, in denen sie sich verletzt erachten, haben die Beschwerdeführer die ihnen aus den §§ 4 bis 6, 60 Abs. 1 lit. f, 75 bis 80, 83, 84, 113 und 122 der Bauordnung für Wien sowie aus § 6 des Wiener Garagengesetzes erfließenden Rechte auf gesetzmäßige und widmungskonforme Verbauung, auf Einhaltung der Bestimmungen über die Bauklasse, Bauweise, Gebäudehöhe und Umriss und die damit zusammenhängenden Bestimmungen über die Belichtung und Belüftung, Veränderung der Geländehöhe, Freihaltung des Vorgartens, Beschränkung des Gebäudeumrisses mit Rücksicht auf das Stadtbild, auf wirksame Rauchfänge und Freiheit von ortsunüblichen Belästigungen durch Garagen bei Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Gebäudes auf einer an ihr Grundstück unmittelbar angrenzenden Liegenschaft sowie auf ein gesetzmäßiges Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit diesen materiellen Verwaltungsvorschriften bezeichnet. An Hand dieser Umschreibung der Beschwerdepunkte sollen im folgenden die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Aufhebungsgründe erörtert werden.

Die §§ 4 und 5 der Bauordnung für Wien enthalten die bei Festsetzung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne zu beachtenden gesetzlichen Grundlagen; Adressaten dieser Bestimmungen sind daher nur die mit der Erstellung dieser Pläne betrauten Gemeindeorgane (§ 1 Abs. 1 der Bauordnung für Wien). Hingegen kommt § 6 der Bauordnung für Wien als eine subjektive, öffentliche Nachbarrechte gewährleistende Norm insoweit in Betracht, als die dort enthaltenen Beschränkungen der Baufreiheit nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass das vom Mitbeteiligten geplante Gebäude deshalb nicht errichtet werden dürfe, weil es mit der - in den Verwaltungsakten nicht ausdrücklich beurkundeten, jedoch offenbar "Wohngebiet" lautenden -

maßgeblichen Flächenwidmung nicht übereinstimme. Sie versuchen vielmehr aus den vorangeführten gesetzlichen Bestimmungen ein ganz allgemeines Nachbarrecht auf die Beachtung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes, insbesondere aber des Aufbauplanes (als Teil des Bebauungsplanes) abzuleiten. Eine Verletzung dieses Rechtes erblicken sie in der Nichtübereinstimmung der äußeren Gestalt des vom Mitbeteiligten geplanten Gebäudes mit jenen Grundsätzen, die gemäß § 5 Abs. 4 der Bauordnung für Wien für die Erstellung von Aufbauplänen maßgebend zu sein haben. Auf diese Weise versuchen die Beschwerdeführer, ihre schon während des gesamten Verwaltungsverfahrens am äußeren Ansehen des geplanten Gebäudes sowie im Zusammenhang damit an jenem Amtssachverständigengutachten, auf das sich die belangte Behörde in dieser Frage gestützt hat, geübte Kritik auf eine neue Basis zu stellen, indem sie ihr vermeintliches Mitspracherecht in Fragen der Stadtbildpflege nunmehr auf "Richtlinien" des Aufbauplanes gründen. Sie müssen allerdings einräumen, dass diese "Richtlinien aus Flächenwidmung und Aufbauplan .... entsprechend der seit Jahrzehnten kontinuierlichen und einheitlichen Verbauung durch überwiegend kleinere Einfamilienhäuser die offene Bauweise teils in Bauklasse I, teils in Bauklasse II" vorsehen. Den Beschwerdeführern ist also durchaus bewusst, dass die bisherige bauliche Entwicklung des in Rede stehenden Gebietes, manifestiert in den bestehenden "kleineren Einfamilienhäusern", im Aufbauplan nur insoweit einen rechtlich verbindlichen Niederschlag gefunden hat, als dort die offene Bauweise festgesetzt und in Form der Bauklassenfestlegung entsprechend niedrigere Gebäudehöhen vorgesehen worden sind. Ein über diese Beschränkungen hinausgehendes Nachbarrecht kann daher nicht aus dem Aufbauplan und schon gar nicht aus der gesetzlichen Grundlage dieses auf der Stufe einer Verordnung stehenden Planungsinstrumentes abgeleitet werden. Insbesondere steht den Beschwerdeführern kein Recht darauf zur Seite, dass die vom Mitbeteiligten begehrte Baubewilligung unter Hinweis auf eine gröbliche Störung oder Verunstaltung des örtlichen Stadt- oder Landschaftsbildes versagt werde (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1954, Slg. N.F. Nr. 3600/A, und vom 12. Jänner 1960, Slg. N.F. Nr. 6246/A). Dies entzieht auch dem weiteren Beschwerdevorbringen den Boden, das darauf abzielt, aus § 87 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (jener Norm, die die Baubehörde zur Versagung der Baubewilligung ermächtigt, wenn durch das geplante Gebäude das gegebene oder das mit dem Aufbauplan beabsichtigte örtliche Stadt- oder Landschaftsbild gröblich gestört oder verunstaltet würde) eine dem Nachbarn zugute kommende Beschränkung der Gebäudehöhe abzuleiten.

Eine Beeinträchtigung der ihnen aus § 60 Abs. 1 lit. f im Zusammenhalt mit § 122 Abs. 1 der Bauordnung für Wien erwachsenden Rechte sehen die Beschwerdeführer deshalb für gegeben an, weil die mit der geplanten Bauführung verbundenen Veränderungen der Höhenlage des Bauplatzes unter dem Gesichtspunkt der Standfestigkeit zu einer ernsten Gefährdung ihres benachbarten Wohnhauses führen müssten, weshalb die dafür erforderliche Bewilligung nur unter entsprechenden Auflagen erteilt werden dürfe. Abgesehen davon, dass die mit der Errichtung eines Neubaues verbundenen Niveauveränderungen nicht Gegenstand eines abgesonderten Baubewilligungsverfahrens gemäß den beiden von den Beschwerdeführern bezogenen Gesetzesstellen, sondern von der gemäß § 60 Abs. 1 lit. a erteilten Baubewilligung erfasst sind, übersehen die Beschwerdeführer bei diesem Vorbringen auch, dass kein subjektives öffentliches Nachbarrecht auf Einhaltung jener Vorschriften der Bauordnung für Wien besteht, die sich mit Fragen der Festigkeit (Statik) befassen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 2. Oktober 1959, Zl. 3174/58, und vom 28. Jänner 1963, Zl. 2027/61). Mangels eines solchen Rechtes ist eine Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides in einem vermeintlich oder tatsächlich in diesem Bereiche der belangten Behörde unterlaufenen Mangel nicht zu erkennen.

Aus den §§ 75 bis 80 der Bauordnung für Wien erfließende Rechte der Beschwerdeführer sollen nach dem in dieser Hinsicht wenig systematischen Beschwerdevorbringen dadurch verletzt worden sein, dass einerseits das geplante Gebäude eine das zulässige Ausmaß übersteigende Gebäudehöhe erhalten solle, andererseits die in der Bauklasse II höchst zulässige Anzahl von (drei) Hauptgeschossen überschreite. Kern des die Gebäudehöhe betreffenden Beschwerdevorbringens ist der Vorwurf einer Verletzung der Bestimmungen des § 80 Abs. 3 und 4 der Bauordnung für Wien, gelegen in der Nichteinhaltung der dort nach Auffassung der Beschwerdeführer vorgeschriebenen Dachneigung von 45 Grad bzw. 60 Grad. Auch an der gegen den Seitenabstand gerichteten Nebenfront dürfe, so meinen die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang unter Berufung auf Abs. 4 des angeführten Paragraphen, der aus zulässiger Gebäudehöhe und "zulässiger" Dachneigung gebildete Umriss nicht überschritten werden. Das geplante Gebäude halte sich an diese Beschränkung insofern nicht, als an der gegen die Nachbargrenze mit den Beschwerdeführern gerichteten Nebenfront zwar die Dachhaut bis zum Abschluss der Nebenfront (Gesimse) herabgezogen sei, die Dachneigung an dieser Nebenfront jedoch 90 Grad betrage. Dieses Vorbringen enthält zwar eine zutreffende Schilderung des geplanten Gebäudes im Bereiche seines Dachgeschosses, geht indes in der rechtlichen Beurteilung fehl. Wohl erwächst aus gesetzlichen Beschränkungen der Gebäudehöhe, die ihrem Wesen nach Beschränkungen der Ausnützbarkeit des Bauplatzes in lotrechter Richtung darstellen, dem Nachbarn ein subjektives öffentliches Recht auf deren Beachtung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1958, Slg. N. F. Nr. 4683/A); die belangte Behörde hat jedoch richtig erkannt, dass die im § 80 Abs. 3 der Bauordnung für Wien enthaltene Regelung dem Nachbarn (nur) das Recht darauf einräumt, dass keine Dachneigung zugelassen werde, durch welche der 45gradige Lichteinfall auf die Hauptfenster seines gegenüber liegenden Hauses beeinträchtigt würde (so auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1957, Slg. N. F. Nr. 4428/A). Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der in Rede stehenden Bestimmungen (arg.: "... für alle Hauptfenster der gegenüber liegenden Häuser ..."), als auch aus deren Zusammenhalt mit dem Absatz 2 des vorangeführten Paragraphen, der in seinem zweiten Satz besagt, dass Nebenfronten gegen Seitenabstände eine der Dachform entsprechende Höhe erhalten dürfen. Die Dachform des vom Mitbeteiligten geplanten Gebäudes ist so gestaltet, dass sie an der gegen die Straße gerichtete Hauptfront (§ 81 Abs. 3 der Bauordnung für Wien) der eben erörterten höhenbeschränkenden Regelung des § 80 Abs. 3 und 4 der Bauordnung für Wien voll entspricht; die Höhe der Nebenfront gegen die Nachbargrenze der Beschwerdeführer hin wiederum hält, und dies ungeachtet ihrer teilweisen Verkleidung mit einer Dachhaut, die zuletzt zitierte und für sie allein maßgebende höhenmäßige Beschränkung ein. In ihrem Recht auf Einhaltung der vorgeschriebenen - das heißt der sich aus § 75 Abs. 1 der Bauordnung für Wien für Gebiete der Bauklasse II ergebenden zulässigen - Gebäudehöhe sind demnach die Beschwerdeführer nicht verletzt worden. In Erwiderung auf den im gegebenen Zusammenhang noch zu behandelnden weiteren Vorwurf, das Vorhaben des Mitbeteiligten überschreite auch die zulässige Anzahl der Geschoße, genügt es, auf das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1963, Slg. N. F. Nr. 6033/A, hinzuweisen, in dem ausgesprochen worden ist, dass ein Anspruch des Nachbarn auf Einhaltung der zulässigen Anzahl von Geschossen dann nicht besteht, wenn der erlaubte Umriss eines zu errichtenden Gebäudes durch Bestimmungen über die höchstzulässige Gebäudehöhe fixiert ist. Auch in dieser Hinsicht ist daher eine Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides nicht zu erkennen.

Ihre Behauptung, in den ihnen aus den §§ 83 und 84 der Bauordnung für Wien erfließenden Rechten verletzt worden zu sein, haben die Beschwerdeführer nur andeutungsweise, und zwar im Sinne eines Vorwurfes der Nichtbeachtung des für Hauptfenster vorgeschriebenen Lichteinfalles, ausgeführt. Auch in dieser Hinsicht verweist der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführer auf seine bisherige Rechtsprechung, von der abzugehen kein Anlass besteht. In seinem Erkenntnis vom 12. September 1966, Zl. 314/66, auf dessen Entscheidungsgründe der Verwaltungsgerichtshof unter Erinnerung an Art 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, Bezug nimmt, hat der Gerichtshof ausgesprochen und begründet, dass die in den §§ 83 und 84 der Bauordnung für Wien enthaltenen Bestimmungen über den Lichteinfall keine subjektiven öffentlichen Nachbarrechte gewährleisten, weil sie nur der Sicherung einer ausreichenden Belichtung und Belüftung der neu zu schaffenden Räume dienen. Dieselbe Erwägung trifft auch hinsichtlich der in § 84 Abs. 6 der Bauordnung für Wien statuierten Verpflichtung des Bauwerbers zur gärtnerischen Ausgestaltung des Vorgartens zu: Hier liegt ebenfalls eine Norm vor, die nur dem öffentlichen Interesse und nicht auch den Interessen der Beteiligten dient (§ 134 Abs. 3 zweiter Satz des angeführten Gesetzes) und aus der daher keine subjektiven öffentlichen Nachbarrechte erfließen.

In Beziehung auf die vorgesehenen Garagen machen die Beschwerdeführer eine Verletzung der ihnen aus den §§ 4 und 6 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes erwachsenden Rechte geltend. Die erstangeführte Gesetzesstelle besagt, dass Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen im Bauland grundsätzlich zulässig sind, soweit durch sie nicht die Verwirklichung des Bebauungsplanes vereitelt wird. Da die Beschwerdeführer eine Vereitelung der Verwirklichung des Bebauungsplanes durch die geplanten Garagen nicht behauptet haben und auch keinerlei Anhaltspunkt für eine solche Annahme vorhanden ist, können sie mit Hilfe des Hinweises auf die zitierte Gesetzesstelle eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dartun. Gemäß § 6 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes muss jede Anlage zum Einstellen von Kraftfahrzeugen so beschaffen sein, dass eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung der Nachbarn durch Lärm, üblen Geruch oder Erschütterung nicht zu erwarten ist. Diese gesetzliche Bestimmung begründet zwar ein subjektives öffentliches Nachbarrecht, dass die Beschwerdeführer zutreffenderweise als das Recht auf "Freiheit von ortsunüblichen Belästigungen" umschrieben haben; der Verwaltungsgerichtshof hält jedoch den Gedankengang der belangten Behörde, wie er aus dem hierher gehörigen Abschnitt der weiter oben wiedergegebenen Bescheidbegründung hervorgeht und durch das Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht widerlegt worden ist, in Beziehung auf Garagen für zutreffend, die - wie hier - nur dem unmittelbaren Bedarf der Bewohner des Wohngebäudes dienen sollen.

Schließlich haben die Beschwerdeführer geltend gemacht, in den ihnen aus § 113 der Bauordnung für Wien erfließenden Rechten verletzt worden zu sein. Auch in dieser Hinsicht ist den Beschwerdeführern zwar einzuräumen, dass die im angeführten Paragraphen getroffene gesetzliche Regelung auch subjektive öffentliche Nachbarrechte gewährleistet (vgl etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 1968, Zl. 1301/67); indessen ist in der Beschwerde nicht aufgezeigt worden, inwiefern das vom Mitbeteiligten geplante Gebäude nicht in Übereinstimmung mit dieser Regelung gestaltet sein soll. Auch an Hand der Konsenspläne ist keinerlei Widerspruch des Vorhabens zu den Bestimmungen des § 113 der Bauordnung für Wien feststellbar. Durch die bloße, ganz allgemein gehaltene Behauptung, es werde voraussichtlich zu Rauchbelästigungen kommen, kann aber die Verletzung eines subjektiven öffentlichen Nachbarrechtes durch den in Beschwerde gezogenen Bescheid nicht erwiesen werden.

Obwohl das noch zu erörternde Beschwerdevorbringen zur eingangs wiedergegebenen Umschreibung der Beschwerdepunkte in keinerlei Beziehung steht, soll abschließend auch noch auf die Rüge eingegangen werden, es fehle dem Mitbeteiligten an der Legitimation, als Bauwerber aufzutreten. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem zur damals in Kraft stehenden Salzburger Landbauordnung ergangenen Erkenntnis vom 19. September 1956, Zl. 1516/54, ausgesprochen hat, erwachsen aus jenen baurechtlichen Normen, die die Frage der Berechtigung zur Einbringung bzw. des Anspruches auf meritorische Erledigung eines Baugesuches betreffen, dem Nachbarn keine subjektiven öffentlichen Rechte. Auch das hier erörterte Beschwerdevorbringen konnte daher der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem der geltend gemachten Beschwerdepunkte in ihren Rechten verletzt worden sind. Dies lässt ihre Beschwerde zur Gänze als unbegründet erkennen und hatte gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 deren Abweisung nach sich zu ziehen.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom 4. Jänner 1965, BGBl Nr. 4.

Wien, am 20. November 1972

Schlagworte

Baurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1972:1972000789.X00

Im RIS seit

20.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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