TE Vwgh Erkenntnis 1973/10/4 0622/73

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.10.1973
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
77 Kunst Kultur;

Norm

AVG §52 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z13;
DSchG 1923 §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Knoll, Dr. Zach und Dr. Karlik als Richter, im Beisein des Schriftführers Universitätsassistentin Dr. Stadler über die Beschwerde der Ärztekammer für Wien, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien 1, Stock im Eisenplatz 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 28. Februar 1973, Zl. 353.306-III/3/72, betreffend Denkmalschutz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 2.075,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist Eigentümerin des Hauses Wien I, Kleeblattgasse 5. Mit Schreiben vom 21. September 1971 ersuchte sie das Bundesdenkmalamt, in Bescheidform mitzuteilen, dass das genannte Haus nicht als Denkmal im Sinne der Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes, insbesondere des § 2, gelte.

Diesem Antrag gab das Bundesdenkmalamt mit Bescheid vom 4. November 1971 keine Folge. In der Begründung führte es aus, das gegerständliche Haus, "Zum kleinen Ofenloch", entstamme dem 17. Jahrhundert und sei 1794 von Franz Wipplinger für den Sattlermeister JH teilweise umgebaut und aufgestockt worden. Aus dieser Zeit stamme auch die schlichte Fassade mit geraden Fensterverdachungen. In dem als Durchhaus ausgebildeten Hausflur fänden sich noch die alten Gewölbe, auch die beiden Spindelstiegen entstammten der Erbauungszeit. Insgesamt handle es sich um das älteste Haus in der ehemals "Ofenloch" genannten Kleeblattgasse, die trotz verschiedener Hauserneuerungen im 18. und 19. Jahrhundert noch ihren altstädtischen Charakter bewahrt habe. Auf Grund dieses Ergebnisses sei das Bundesdenkmalamt zu der Feststellung gelangt, dass es sich im vorliegenden Fall um ein Baudenkmal handle, dessen künstlerische und kulturelle Bedeutung so groß sei, dass seine Erhaltung unbedingt im öffentlichen Interesse gelegen sei. Durch seine Lage in der historischen Altstadtzone gewinne das Objekt noch zusätzlich an Bedeutung.

In der Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor allem vor, das Haus Kleeblattgasse 5 befinde sich direkt hinter dem um vieles größeren Haus Tuchlauben 11 und sei derart versteckt, dass es von den umliegenden Häusern keineswegs hervorgehoben sei. Die Fassade sei völlig schlicht und schmucklos. Lediglich über den Fenstern befänden sich so genannte Verdachungen in Form von einfachen Mauervorsprüngen, die infolge ihres desolaten Zustandes kaum noch erhaltungswürdig seien und überdies keinerlei künstlerischen Wert aufwiesen. Durch die zahllosen Umbauten und Erhaltungsarbeiten habe das Haus viel von seinem ursprünglichen Charakter verloren. Das kleine enge Gewölbe im Hausflur sowie die schmalen Spindeltreppen fänden sich in dieser Form in jedem älteren Haus und stellten keine erhaltungswürdigen Besonderheiten im Sinne des Denkmalschutzgesetzes dar. Franz Wipplinger sei ein unbekannter Baumeister aus dem 18. bzw. 19. Jahrhundert; seine Tätigkeit sei weder von historischer noch von kultureller Bedeutung. Mit dem Haus selbst könnten ebenfalls keinerlei geschichtliche oder kulturelle Denkwürdigkeiten in Verbindung gebracht werden. Bekannt sei es erst dadurch geworden, dass es während des Zweiten Weltkrieges bis 1947 als Bordell gedient habe. Der historische Wert dieser Gegebenheit sei äußerst fragwürdig. Die Lage des Hauses in der Altstadtzone allein rechtfertige nicht dessen Erhaltungswürdigkeiten, wenn man berücksichtige, dass es mit den umliegenden Häusern keine Einheit bilde und ganz im Gegenteil von diesen unangenehm absteche. Das Ermittlungsverfahren des Bundesdenkmalamtes sei in diesen Punkten mangelhaft geblieben.

Die belangte Behörde ordnete für 6. Juni 1972 einen Lokalaugenschein an, an dem auch ein Vertreter der beschwerdeführenden Partei teilnahm. Nach dem hierüber aufgenommenen Protokoll sei das gegenständliche Haus außen und innen besichtigt worden. Hinsichtlich der Lage des Hauses in der Kleeblattgasse sei festgestellt worden, dass die Häuser Kleeblattgasse 2, 4, 3, 7 und 9 ebenso wie das gegenständliche Haus zur jahrhundertealten "Altverbauung" gehörten. Das gegenständliche Haus besitze einen Durchgang zur Kurrentgasse 6. Die Beschreibung im angefochtenen Bescheid sei richtig. Zu ergänzen sei, dass die Gangfenster zur Kleeblattgasse noch so genannte zurückgesetzte Fenster seien. Als ergänzendes Gutachten des Bundesdenkmalamtes zum angefochtenen Bescheid sei aus dem Vorlagebericht des Bundesdenkmalamtes folgendes verlesen worden:

"Der Baumeister Franz Wipplinger wurde 1762 in Wien geboren und starb 1812 als k. k. Cameralbaumeister. Wenn behauptet wird, dass seine Tätigkeit weder von historischer oder kultureller Bedeutung ist, so ist dem entgegenzuhalten, dass von Wipplinger 1803 die Kirche der nicht uniierten Griechen in der Griechengasse, um 1806 für die Erzherzogin Maria Beatrix das Palais Modena in der Beatrixgasse erbaut wurde (1917 demoliert), ferner eine große Zahl von Bürgerhäusern, unter anderem das (unter Denkmalschutz stehende) Haus 3., Ungargasse 5, das (gleichfalls unter Denkmalschutz stehende) Haus 4., Neumanngasse 2, das in der Literatur als "sehr gutes Beispiel des klassizistischen Wohnhausbaues" bezeichnet wird (vergleiche Renate Wagner-Rieger,

Das Wiener Bürgerhaus des Barock und Klassizismus, Wien 1957, S. 151), die Häuser Wien 4., Wiedner Hauptstraße 12 (Hotel Stadt Triest, mehrfach verändert), 1., Neuer Markt 13, 1., Schulerstraße 15, 1., Fleischmarkt 16, das (unter Denkmalschutz stehende) Haus 3., Landstraßer Hauptstraße 74, als Palais des Marquis Catano della Raverra errichtet. Außerdem geht auf Wipplinger der Umbau mehrerer Wiener Häuser zurück, z.B. des (unter Denkmalschutz stehenden) Hauses 4., Rechte Wienzeile 15. Diese Tatsachen sind durch zahlreiche Erwähnungen in der Literatur zu belegen, z.B. Thieme Becker, Künstlerlexikon XXXVI., S. 94, Dehio Wien, Renate Wagner-Rieger, a.a.O. S. 325f, usw. ...... Das Haus selbst, wird unter seinem jüngeren Namen 'Zum kleinen Ofenloch' oder auch unter den älteren Namen 'Zum Röhrenbad' oder 'Zu den Röhren' häufig in der Literatur über Alt-Wien erwähnt. Wenn das Haus während des 2. Weltkrieges als Bordell gedient hat, so ist dies eine Tatsache, die seine kulturelle Bedeutung weder vermehrt noch vermindern kann und daher unbeachtlich ist. Für eine historisch - anekdotische Betrachtung mag es allerdings nicht eines gewissen Reizes entbehren, dass sich an derselben Stelle, an der sich bereits im 14. Jahrhundert eine Badstube befand, im 20. Jahrhundert neuerlich ein Bordell aufgetan hat. Im Gegensatz zu der Behauptung der Berufungspartei bildet das Haus mit den benachbarten Häusern eine Einheit und sticht nur von den etwas entfernter liegenden Häusern ab; ob die alten Häuser von den neueren oder die neueren von den älteren unangenehm abstechen, bleibe als Geschmackssache dahingestellt."

Dr. P vom Bundesdenkmalamt habe das Gutachten an Ort und Stelle dahin gehend ergänzt, dass die Bautätigkeit Wipplingers am gegenständlichen Haus so zu verstehen sei, dass dieses in seinem jetzigen Zustand von Wipplinger stamme. Der Genannte habe ein älteres Haus umgebaut. Der jetzige Zustand entspreche fast mit Sicherheit noch sehr genau diesem von Wipplinger geplanten Umbau. Die betonte Einfachheit der Fassade sei typisch für den Stil der damaligen Zeit. Die Baubeschreibung im Bescheid des Bundesdenkmalamtes sei noch insofern zu ergänzen, dass es sich bei den darin genannten Gewölben um gratartige Kreuzgewölbe handle. Dr. P habe erklärt, es handle sich möglicherweise noch um Originalgewölbe aus der Zeit der ursprünglichen Erbauung des Hauses, jedenfalls um frühneuzeitliche Gewölbe. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt worden, dass das Haus wohl teilweise renovierungsbedürftig sei (Schäden an Fenstern und Dachstuhl), sich jedoch offensichtlich nicht in schlechtem Zustand befinde. Die Dachhaut dürfte etwa erst vor einigen Jahren renoviert worden sein, ebenso die Hoffassade.

Dieses Protokoll wurde der beschwerdeführenden Partei mit dem Zusatz zur Kenntnis gebracht, dass die Häuser Kleeblattgasse 1, 2 und 7 sowie Kurrentgasse 1, 2, 3, 4, 6, 8 und 12 bereits unter Denkmalschutz stünden.

In einer Stellungnahme zu diesem Protokoll brachte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, das gegenständliche Haus sei kein Denkmal im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis Slg. Nr. 1240/1929). Weiters wurde ausgeführt, es möge zutreffen, dass das gegenständliche Haus seinem Ursprunge nach zur so genannten jahrhundertealten Altverbauung gehöre, doch rechtfertige dieser Umstand allein nicht die Erhaltungswürdigkeit, weil Derartiges im Denkmalschutzgesetz nicht vorgesehen sei. Das Bundesdenkmalamt habe selbst zugegeben, dass das Haus in der Folge mehrmals umgebaut worden sei, darunter auch von Franz Wipplinger. Da das Denkmalamt angebe, dass die Treppen und die Gänge noch aus der Zeit der ursprünglichen Erbauung stammten, könne der Umbau durch Franz Wipplinger keinesfalls derart sein, dass das Haus - wie es das Denkmalamt nunmehr behaupte - in seinem jetzigen Zustand von Wipplinger stamme. Wipplinger habe bestenfalls die Fassade renoviert. Die gassenseitig gelegene Fassade unterscheide sich, sehe man von einzelnen noch vorhandenen Mauervorsprüngen unter den Fenstern ab, kaum von einer Fassade aus der Bauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Beim Lokalaugenschein sei festgestellt worden, dass die gassenseitige Fassade im Bereich des Parterres keinesfalls von Wipplinger stammen könne, da die Räumlichkeiten gewerblich genutzt werden und dieser Teil des Hauses daher für gewerbliche Zwecke umgestaltet und nach dem Zweiten Weltkrieg neu gestaltet worden sei. Dadurch, dass die Fassade im Parterre ebenfalls einfach und schlicht (glatt) sei, unterscheide sie sich nicht wesentlich von der übrigen Fassade des Hauses. Eine Feststellung dieses Umstandes im Protokoll über den Lokalaugenschein sei unterblieben. Zur Hoffassade habe das Protokoll über den Lokalaugenschein richtig festgestellt, dass diese erst vor einigen Jahren renoviert worden sei. Sie unterscheide sich ebenfalls durch nichts von all jenen Fassaden, die in der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut worden seien. Wipplinger habe hier keinesfalls mitgewirkt. Aus all diesen Gründen könne den Fassaden des gegenständlichen Hauses kein künstlerischer Wert beigemessen werden. Das Vorhandensein von Gewölben im Hausflur und von zwei Spindeltreppen könne ebenfalls kein Grund sein, dem Haus eine künstlerische Bedeutung zu verleihen, da derartige Treppen und Gewölbe an sich keine Besonderheiten aufweisen, diese vielmehr dem gängigen Hausbaustil früherer Zeit entspreche. Eine Erhaltungswürdigkeit derartiger Bauteile könne schon aus dem Grunde nicht gegeben sein, da diese in keiner Hinsicht den Auffassungen von Sicherheit und Hygiene entsprechen. Abgesehen davon habe das Haus außer baufälligen, dumpfen und muffigen Wohnungen nichts zu bieten.

Die beschwerdeführende Partei brachte neuerlich vor, dass das gegenständliche Haus nicht von Wipplinger stamme, der bestenfalls bei einer Renovierung des Hauses mit Hand angelegt habe. Abschließend erklärte sie, in der Kleeblattgasse seien nur die Häuser Nr. 1 und 2, deren Fassade Richtung Tuchlauben weisen und deren künstlerischer Wert augenfällig sei, sowie das Haus Nr. 7, dessen klassizistische Form erhalten geblieben sei unter Denkmalschutz gestellt. Die Lage des gegenständlichen Hauses an der Rückseite eines denkmalgeschützten Hauses in der Kurrentgasse könne jedenfalls eine Unterschutzstellung nicht rechtfertigen.

Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufung der beschwerdeführenden Partei keine Folge und bestätigte den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 4. November 1971 vollinhaltlich. In der Begründung beschäftigt sich die belangte Behörde zunächst mit der - in der Beschwerde nunmehr nicht mehr in Zweifel gezogenen - Zuständigkeit des Bundesdenkmalamtes und führt in der Sache aus, auf Grund der sachverständigen Ausführungen des Bundesdenkmalamtes im Bescheid des Bundesdenkmalamtes, des ergänzenden Gutachtens und des Ergebnisses, des Lokalaugenscheines bestehe kein Zweifel, dass die Einhaltung der uralten Bausubstanz des Hauses samt seiner auch schon wieder eindeutig kunsthistorisch wertvollen Gassenfassade unbedingt im öffentlichen Interesse gelegen sei. Dazu komme noch die besondere Lage des Hauses als Teil der in dieser sowie in einigen anschließenden Gassen noch vorhandenen altstädtischen Verbauung Wiens, wobei konkret in der Kleeblattgasse auch einige andere Häuser bereits unter Denkmalschutz stünden. Ob die Gliederung der Fassade schlicht oder reich dekoriert sei, spiele im vorliegenden Fall keine Rolle, da die Schlichtheit für die Zeit der Durchführung der Fassadengestaltung typisch sei. Die Umbauten in den gassenseitigen Erdgeschossen, die in jüngerer Zeit erfolgt seien, könnten nur dann von ausschlaggebender Bedeutung sein, wenn hiedurch das Denkmal seines Denkmalcharakters überhaupt beraubt worden wäre. Hievon könne aber im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Der Umbau sei - verglichen etwa an zahlreichen Geschäftsumbauten der Ringstraße - geradezu als behutsam zu bezeichnen. Richtig sei, dass die hofseitige Fassade offenbar nach 1945 renoviert worden sei und einiges an Gliederung verloren haben dürfte. Es sei aber kein Anhaltspunkt dafür, gefunden worden, dass die Grundstruktur (etwa Verhältnisse der Fensteröffnungen zueinander) in irgendeiner Weise geändert worden wäre. Zusammenfassend sei die belangte Behörde der Ansicht, dass es sich im vorliegenden Fall um ein Denkmal handle, dessen Erhaltung aus künstlerischen, kunsthistorischen und nicht zuletzt (wegen der außerordentlich alten, noch erhaltenen Bausubstanz) auch aus kulturellen Gründen im öffentlichen Interesse gelegen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, erwogen:

Was zunächst den Beschwerdeeinwand betrifft, der angefochtene Bescheid stehe im Gegensatz zur Begriffsbestimmung des Denkmales, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Slg. Nr. 1240/1929 gegeben hat, so ist - was auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid hervorgehoben hat - darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung (Erkenntnis vom 19. März 1964, K II-4/63, und nicht, wie die belangte Behörde irrtümlich angibt, vom 19. Mai 1964, K III-4/63, Kundmachung des Bundeskanzleramtes vom 28. Mai 1965, BGBl. Nr. 140) von seiner ursprünglichen Rechtsauffassung abgegangen ist und nachstehenden Rechtssatz formuliert hat:

"Denkmal im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 13 B-VG sind bewegliche oder unbewegliche, von Menschen geschaffene Gegenstände von historischer, künstlerischer oder sonst kultureller Bedeutung, nach Art der in den §§ 1 und 2 des Gesetzes vom 5. Dezember 1918, StGBl. Nr. 90, aufgezählten Gegenstände."

Der Hinweis der beschwerdeführenden Partei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 1240/1929 geht demnach fehl.

Die beschwerdeführende Partei bemängelt weiter, die belangte Behörde habe nicht die Wahrheit objektiv erforscht, weil sie sich auf Angaben gestützt hat, die von der Behörde erster Instanz gemacht wurden. Demgegenüber ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (Erkenntnis vom 10. Mai 1973, Zl. 39/73), derzufolge der fachmännischen Meinung des Bundesdenkmalamtes und der Meinung des Landeskonservators der Charakter von Gutachten von Amtssachverständigen im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG 1950 zukommt. Durch die Berücksichtigung der sachverständigen Äußerung des Bundesdenkmalamtes und der ergänzenden Ausführungen des Landeskonservators Dr. P anlässlich des Lokalaugenscheines vom 6. Juni 1972 hat demnach die belangte Behörde ihre Verpflichtung, die Wahrheit objektiv zu erforschen, nicht verletzt.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich auch dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die belangte Behörde auf die behauptete Renovierungsbedürftigkeit des gegenständlichen Objektes nicht Bedacht genommen hat.

Die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen, die mit dem gegenwärtigen Bauzustand des Hauses, den technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten von Erhaltungsmaßnahmen und den Kosten dieser Maßnahmen zusammenhängen, sind nicht ausschlaggebend, weil die belangte Behörde, ihre Entscheidung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der nach dem Denkmalschutzgesetz wesentlichen geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung zu treffen hatte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Mai 1973, Zl. 39/73, und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Der beschwerdeführenden Partei ist einzuräumen, dass den derzeit geltenden Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes ein bloßer Ensembleschutz fremd ist. Sie übersieht aber, dass der Ensembleschutz nicht das Wesentliche der Begründung des angefochtenen Bescheides ist, sondern in zulässiger Weise als zusätzliches Element (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 1972, Zl. 370/72) verwendet wurde, wie dem Wortlaut der Begründung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann ("Dazu aber kommt zweifellos noch .......").

Die Beschwerde ist allerdings insofern im Recht, als sie einen Feststellungs- und Begründungsmangel geltend macht. Die beschwerdeführende Partei hat im Verwaltungsverfahren wiederholt vorgebracht, dass beide Fassaden des gegenständlichen Hauses bei Renovierungsarbeiten Veränderungen erfahren haben. Sie hat auch eingewendet, dass nur ein geringer Teil des Erscheinungsbildes des Hauses auf die Bautätigkeit des Franz Wipplinger zurückzuführen sei. Ausreichende Feststellungen hierüber, ob den Einwendungen der beschwerdeführenden Partei Berechtigung zukommt, fehlen im angefochtenen Bescheid. Die belangte Behörde hat sich darauf beschränkt auszusprechen, "dass die Erhaltung der uralten Bausubstanz des Hauses samt seiner auch schon wieder eindeutig kunsthistorisch wertvollen Gassenfassade unbedingt im öffentlichen Interesse gelegen ist", dass die Schlichtheit der Fassade für die Zeit der Durchführung der Fassadengestaltung typisch war, dass "in den gassenseitigen Erdgeschossen in jüngerer Zeit 'gewisse Umbauten' erfolgt seien", dass der Umbau als "geradezu behutsam" zu bezeichnen sei und dass die hofseitige Fassade offenbar nach 1945 renoviert und "einiges" an Gliederung verloren haben dürfte. Damit wurde aber zu den konkreten Einwendungen der beschwerdeführenden Partei nicht in ausreichender Weise Stellung genommen, wobei als nicht unwesentlich hinzukommt, dass der, angefochtene Bescheid nicht erkennen lässt, inwieweit die belangte Behörde das Vorliegen einer geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Bedeutung des Hauses als gegeben annimmt. Sie hat auch nicht dargetan, ob sie die Denkmaleigenschaft im Hinblick auf die Bautätigkeit des Franz Wipplinger oder wegen der Bautätigkeit früherer Baumeister bejaht.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf § 47 Abs. 1 und § 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 14. November 1972, BGBl. Nr. 427. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil hiefür nur ein Pauschalbetrag von S 2.000,-- (geltend gemacht S 2.300,--) vorgesehen ist, neben dem überdies der Zuspruch eines Ersatzes der Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.

Wien, am 4. Oktober 1973

Schlagworte

Amtssachverständiger Person Bejahung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1973:1973000622.X00

Im RIS seit

14.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten