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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Individualantrag auf Aufhebung der 22. Änderung des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Salzburg für die Stadteile Lehen und Liefering Süd vom 21.10.1983 betreffend die Umwidmung von Grundstücken; Zumutbarkeit eines Ansuchens um Bauplatzerklärung nach §13 Abs1 Sbg. BebauungsgrundlagenG - Beurteilung, ob eine beabsichtigte Bebauung der Grundstücke dem Flächenwidmungsplan widersprechen würde, ist aufgrund der nach §13 Abs1 leg. cit. vorzulegenden Unterlagen ohne Ergänzung nach §13 Abs2 leg. cit. möglich; mangelnde AntragslegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die je zur Hälfte im Eigentum der Antragsteller
stehenden Grundstücke ... Garten, ... Baufläche und ... Sonstige
(Straße) - im folgenden sind unter dem Begriff "Grundstücke" die
angeführten Grundstücke zu verstehen - in EZ ... Grundbuch Lehen (KG
56537 Salzburg) waren in der Stammfassung des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Salzburg (vom Gemeinderat am 29. April 1960 beschlossen, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Salzburg Nr. 6-11/1965, Seite 12) als erweitertes Wohnbaugebiet (§14 Abs1 litb des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1968) und in Anwendung der Übergangsbestimmung des §24 Abs5 lita des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 - ROG 1977, LGBl. 26/1977, als erweitertes Wohngebiet (§12 Abs1 Z2 ROG 1977) ausgewiesen.
Mit der vom Gemeinderat am 21. Oktober 1983 beschlossenen 22. Änderung des Flächenwidmungsplanes (sogenannter "Teilflächenwidmungsplan Lehen/Liefering-Süd"), genehmigt mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 2. April 1984, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Salzburg vom 1. Mai 1984, Folge 8/1984, Seite 5, in Kraft getreten mit 2. Mai 1984, wurde für die Grundstücke die Widmung "Grünland/Erholungsgebiete (§14 Z3 ROG 1977)" festgelegt.
2. Mit einem beim VfGH am 29. November 1985 eingelangten Schriftsatz stellen die Eigentümer der Grundstücke den Antrag, die 22. Änderung des Flächenwidmungsplanes insoweit als gesetzwidrig aufzuheben, als sie "die Umwidmung der Grundstücke . . . von Bauland in Grünland betrifft".
Im Antrag wird zu den prozessualen Voraussetzungen ausgeführt, daß die Antragsteller unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit der genannten V in ihren Rechten verletzt würden, "wobei die V ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für die Antragsteller wirksam geworden" sei. Ein Baubewilligungsansuchen der Antragsteller für diese Grundstücke sei seit dem Jahre 1981 nicht anhängig gewesen. Es sei den Antragstellern nicht zumutbar, ein formales Bauplatzerkärungsverfahren oder Baubewilligungsansuchen mit den hiefür erforderlichen Planungsunterlagen in Angriff zu nehmen, nur um die behauptete Rechtswidrigkeit eines Teilflächenwidmungsplanes bezüglich der ihnen gehörigen Liegenschaften geltend machen zu können. Ein anderer Weg, wie etwa ein Vorprüfungsverfahren sei im Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz und im Salzburger Baupolizeigesetz nicht vorgesehen (Hinweis auf VfSlg. 8463/1978, 8697/1979).
Schließlich enthält der Antrag "materielle Rechtsausführungen über die Gesetzwidrigkeit der V".
II. Der VfGH hat zur Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Gemäß Art139 B-VG idF BGBl. 302/1975 erkennt der VfGH über die Gesetzmäßigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die V ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Wie der VfGH in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene V - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, andererseits, daß die V für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die V in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß der Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar durch die V selbst tatsächlich erfolgt ist. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die V selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt (vgl. zB VfSlg. 10005/1984) und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 9724/1983).
2. Entgegen ihren Behauptungen steht den Antragstellern im vorliegenden Fall ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes zur Verfügung.
Nach §12 Abs1 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes - BGG, LGBl. 69/1968 (letzte Nov. des Gesetzes LGBl. 79/1985) dürfen Bauführungen nach den baurechtlichen Vorschriften nur auf Grundflächen bewilligt werden, die in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchgeführten Verfahren für die Bebauung geeignet erklärt worden sind (Bauplatzerklärung). Um die Bauplatzerklärung ist nach §13 Abs1 BGG "bei der Baubehörde unter Beischluß folgender Unterlagen anzusuchen:
a)
amtlich beglaubigter vollständiger Grundbuchsauszug, der nicht älter als drei Monate sein darf;
b)
gegebenenfalls der Nachweis eines Rechtstitels, der für die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes am Grundstück geeignet ist;
c)
planliche Darstellung (Maßstab 1 : 500) der zu schaffenden Bauplätze mit Einzeichnung der für ihre Aufschließung erforderlichen Verkehrsflächen;
d)
Nachweis der Möglichkeit der Herstellung einer entsprechenden Wasser- und Energieversorgung sowie Abwasserbeseitigung und Angaben über die Bodenbeschaffenheit der Grundfläche."
Nach §13 Abs2 BGG hat der Grundeigentümer, soweit es wegen einer besonderen Lage der Grundstücke erforderlich erscheint, auf Verlangen der Baubehörde das Ansuchen durch Vorlage weiterer, in der Bestimmung angeführter Unterlagen zu ergänzen.
Die Bauplatzerklärung ist nach §14 Abs1 BGG zu versagen, wenn die Grundfläche vom Standpunkt des öffentlichen Interesses für die Bebauung ungeeignet erscheint. Dies ist der Fall, wenn die Bebauung der Grundfläche ua. dem Flächenwidmungsplan widersprechen würde (lita).
Die Beurteilung, ob eine von den Antragstellern beabsichtigte Bebauung ihrer Grundstücke dem Flächenwidmungsplan widersprechen würde, ist jedenfalls auf Grund der nach §13 Abs1 BGG vorzulegenden Unterlagen möglich. Hiezu bedarf es keiner Ergänzung nach §13 Abs2 BGG.
Demnach ist es den Antragstellern unter den gegebenen Voraussetzungen zumutbar, nach §13 Abs1 BGG ein Ansuchen um Bauplatzerklärung für die Bebauung ihrer Grundstücke einzubringen (vgl. VfSlg. 10004/1984).
Es steht ihnen frei, gegen einen Bescheid, mit dem eine Bauplatzbewilligung - aus welchen Gründen immer - verweigert wird, nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes geltend gemacht werden, da dieser gemäß §14 Abs1 lita BGG präjudiziell ist. Auf diese Weise kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Flächenwidmungsplanes auf seine Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden.
Daraus ergibt sich, daß den Antragstellern ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gegen die auf der Grundlage der angefochtenen V erlassenen Bescheide die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihnen bekämpften V zu erreichen (vgl. VfSlg. 10004/1984, 9773/1983, 9135/1981).
Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.
3. Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG abgesehen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:V71.1985Dokumentnummer
JFT_10129681_85V00071_00