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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art144 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Loebenstein und die Hofräte Dr. Zach, Dr. Jurasek, Dr. Draxler und Großmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkominissär Dr. Schwärzler, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde des XY in W, vertreten durch Dr. Karl Albrecht Majer, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 15, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Vereinssache, wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen hat der Beschwerdeführer als Proponent des Vereines "XY" die Bildung dieses Vereines am 29. Jänner 1974 der Sicherheitsdirektion Wien als Vereinsbehörde angezeigt. Die Sicherheitsdirektion Wien hat mit Bescheid vom 8. März 1974, Zl. MA 62-II/163/74, die Bildung des Vereines "XY" mit dem Sitz in Wien gemäß § 6 Abs. 1 des Vereinsgesetzes 1951, BGBl. Nr. 233 in der Fassung des Bundesgesetzblattes Nr. 102/62, untersagt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 15. März 1974 Berufung an den Bundesminister für Inneres. Da die angerufene Behörde innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung traf, erhob der Beschwerdeführer die vorliegende auf Art 132 B-VG gestützte Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht.
Die Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Gründen als unzulässig:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach, so u.a. in seinen Beschlüssen vom 28. November 1950, Slg. N. F 1787/A, 9. November 1953, Slg. N. F. Nr. 3182/A, und vom 10. Oktober 1967, 1471/67, Slg. Nr. F. Nr. 7194/A auf deren Begründung im übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ausgesprochen hat, geht die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes übereinstimmend dahin, dass sowohl Beschwerden, in denen ein materieller Verstoß gegen die die freie Vereinsbildung oder - Betätigung regelnden gesetzlichen Vorschriften behauptete als auch solche, bei denen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und der Eingriff in das durch Art. 12 StGG 1867 gewährleistete Recht besteht oder behauptet wird, gemäß Art. 144. AM 1 B-VG in die Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes gehören und damit gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind.
Die vorliegende Beschwerde zählt zu dieser Kategorie. Mit ihr wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Bescheid, mit dem die Bildung des obgenannten Vereines von der Vereinsbehörde untersagt worden ist. Die Behauptungen des Beschwerdeführers sind ausschließlich darauf gerichtet, dass die Untersagung der Bildung des Vereines durch die Bestimmungen des Vereinsgesetzes 1951 nicht gedeckt und daher in materiellrechtlicher Hinsicht rechtswidrig sei. Es werden demnach materielle Verstöße gegen das Vereinsgesetz 1951 ins Treffen geführt. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich die Verletzung verfassungsmäßig gewährleisteter Rechte behauptet, ist ohne Belang, weil dem Art 12 StGG zu entnehmen ist, dass jeder Verwaltungsbescheid, der einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Vereinsrecht darstellt, auch dann, wenn nur eine einfache Gesetzwidrigkeit vorliegt, eine Verletzung des durch die genannte Bestimmung des Staatsgrundgesetzes verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes bedeutet (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes Slg. N. F Nr. 1458, 1532 und 4490). Die Zuständigkeitsvorschrift des Art. 133 Z. 1 B-VG gilt auch für den Fall der Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG, da die erwähnte Bestimmung die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in den bestimmten Fällen schlechthin ausschließt (vergleiche die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1952, 2261, 2262/52, Slg. Nr. 2636/A, und vom 9. März 1971, Zl. 309/71). Die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erstreckt sich daher in diesen Fällen sowohl auf Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden, als auch auf Beschwerden, womit Verletzung der Entscheidungspflicht der Verwaltungsbehörden behauptet wird,
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.
Wien, am 29. Oktober 1975
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten in welchen die Anrufung des VwGH ausgeschlossen istVerletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungAnspruch auf Sachentscheidung AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1974:1974001739.X00Im RIS seit
14.03.2003Zuletzt aktualisiert am
01.04.2009