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27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;Norm
GJGebG 1962 §19 Anm1;Beachte
Fortgesetztes Verfahren: 0837/77 E 15. November 1977 VwSlg 5189 F/1977; 0127/77 E 28. Juni 1977;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Eichler und die Hofräte Dr. Kadecka, Kobzina, Dr. Straßmann und Dr. Salcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzkommissär Dr. Heinrich, über die Beschwerde des R D Inhaber der prot. Firma D & S, in W, vertreten durch Dr. Walter Böhm, Rechtsanwalt in Wien IV, Margaretenstraße 2, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 17. Juni 1974, Zl. Jv 4851-33a/73, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Zur Geschäftszahl 35 C 1472/56 (später 27 C 97/57) brachte die Firma D & S Handelsgesellschaft - in Wien beim Bezirksgericht Innere Stadt, Wien eine Klage gegen die Stadt Wien auf Leistung von Schadenersatz im Betrag von (ursprünglich S 302.830,--, nach späterer Klagsausdehnung) S 356.690,37 ein. Nach den Klagebehauptungen waren durch eine von der beklagten Partei zu vertretende Überschwemmung eines von der klagenden Partei als Magazin für Därme verwendeten Kellerraumes größere Warenvorräte vernichtet worden und darüber hinaus ein beträchtlicher Gewinnentgang eingetreten. Im Verlaufe des über 18 Jahre dauernden Prozesses schieden außer R D die übrigen Mitglieder aus der klagenden OHG aus, sodaß diese als Einzelfirme registriert und durch den Genannten allein repräsentiert wurde. Dem R D bewilligte sodann das Prozeßgericht mit Beschluß vom 24. September 1969 (ONr. 122 des Aktes 35 C 3459/62) das Armenrecht. Mit dem im Instanzenzug bestätigten Zwischenurteil vom 5. Februar 1960 (ONr. 59 des Aktes 27 C 97/57) entschied das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, daß der Schadenersatzanspruch der klagenden Partei (im folgenden kurz als Beschwerdeführer bezeichnet) dem Grunde nach zu Recht bestehe. Mit Endurteil desselben Gerichtes vom 27. April 1962 (ONr. 97 des Aktes 27 C 97/57) wurde die Stadt Wien schuldig erkannt, dem Beschwerdeführer S 95.427,33 samt Zinsen zu bezahlen, während das Mehrbegehren des Beschwerdeführers auf Zahlung von weiteren S 261.263,04 abgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer wurde ferner verpflichtet, der beklagten Partei 3/7 ihrer Prozeßkosten zu ersetzen. Gegen dieses Urteil wurde von beiden Parteien berufen. Das Rechtsmittelverfahren wurde jedoch mit Beschluß des Prozeßgerichtes vom 27. September 1962 bis zur Entscheidung über zwei von der Stadt Wien zu den Geschäftszahlen 35 C 3459/62 und 32 C 3140/63 eingebrachte Wiederaufnahmsklagen, die im weiteren Verlauf zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden, unterbrochen.
Das erste im Rahmen des mit vertauschten Parteirollen durchgeführten Wiederaufnahmsprozesses vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien gefällte Urteil (ONr. 49 des Aktes 35 C 3459/62) verfiel im Berufungsverfahren der Aufhebung durch das Landesgericht für ZRS Wien (ONr. 53). Im neu durchgeführten erstinstanzlichen Verfahren verkündete der unmittelbar darauf wegen Befangenheit abgelehnte Richter am Schluß der Verhandlung vom 16. November 1965 (ONr. 57) das Urteil, womit die Wiederaufnahme des zur Zl. 27 C 97/57 anhängigen und im Berufungsstadium unterbrochenen Verfahrens bewilligt und das dort ergangene Urteil vom 27. April 1962 (ONr. 97) insoweit beseitigt wurde, als durch dieses dem Beschwerdeführer ein Schadenersatzbetrag von S 95.427,33 samt Zinsen und der Stadt Wien nur 3/7 der Prozeßkosten zugesprochen worden waren. Es wurde ferner der Beschluß verkündet, vor Ausfertigung dieses Urteils in der Hauptsache weiter zu verhandeln. Dieses am 16. November 1965 verkündete Urteil wurde erst am 29. März 1968 (ONr. 107 des Aktes 32 C 3459/62) durch einen neuen Richter ausgefertigt; dieser traf in demselben schriftlichen Urteil auch die meritorische Entscheidung in der Hauptsache, und zwar dahingehend, daß die Stadt Wien dem Beschwerdeführer denselben Betrag, der schon in dem beseitigten Urteil genannt war, nämlich S 95.427,33 samt Zinsen, als Schadenersatz zu leisten habe. Die Kosten wurden gegenseitig aufgehoben.
Gegen dieses Urteil erhob die Stadt Wien insoweit Berufung, als sie zur Zahlung von S 95.427,33 verpflichtet und auf gegenseitige Kostenaufhebung erkannt worden war, während der Beschwerdeführer in seiner Berufung die Abänderung des Urteils in der Weise begehrte, daß die beiden Wiederaufnahmsklagen kostenpflichtig abzuweisen wären. Das Landesgericht für ZRS Wien beschränkte sich in seinem ersten Berufungsurteil vom 27. September 1968 (ONr. 115) auf die Entscheidung über die Zulässigkeit der Wiederaufnahme. Es gab der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge. Auch seiner Revision gegen dieses Urteil blieb ein Erfolg versagt (Urteil des OGH vom 12. März 1969, ONr. 120).
Mit einem zweiten Berufungsurteil vom 27. Juni 1969 (ONr. 121) entschied das Landesgericht für ZRS Wien einerseits in Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens über die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 27. April 1962 (ONr. 97 des Aktes 27 C 97/57) und andererseits über die Berufung der Stadt Wien gegen das Urteil desselben Gerichtes vom 29. März 1968 (ONr. 107 des Aktes 32 C 3459/62). Es gab der Berufung des Beschwerdeführers, die sich gegen die Teilabweisung seines Schadenersatzbegehrens im ersten Endurteil gerichtet hatte, nicht Folge, hob aber in Stattgebung der von der Stadt Wien erhobenen Berufung das Urteil vom 29. März 1968 (ONr. 107) in seinem dem Beschwerdeführer S 95.427,33 zusprechenden Teil sowie im Kostenpunkt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Revision des Beschwerdeführers gegen dieses Urteil gab der OGH mit Urteil vom 5. November 1969, ONr. 125, nicht Folge.
Im fortgesetzten erstinstanzlichen Verfahren erkannte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit Urteil vom 24. Februar 1972, ONr. 157, die Stadt Wien schuldig, dem Beschwerdeführer einen Betrag von S 1.136,-- samt Zinsen als Schadenersatz zu bezahlen, wies das darüber hinausgehende Begehren des Beschwerdeführers, weitere S 94.291,33 samt Zinsen zu bezahlen, ab und verurteilte den Beschwerdeführer zum Ersatz der gesamten Prozeßkosten der klagenden Partei im Betrag von S 213.703,55. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Urteil wurde vom Landesgericht für ZRS Wien mit Urteil vom 26. März 1973, ONr. 173, kostenpflichtig abgewiesen. Ebensowenig Erfolg hatte seine Revision (Urteil des OGH vom 28. Juni 1973, ONr. 176).
Die im Zuge des gesamten Prozesses aufgelaufenen Gerichtsgebühren wurden etappenweise mittels Zahlungsaufträgen eingebracht. Einer dieser Zahlungsaufträge bildet den Anlaß des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Es handelt sich um den an den Beschwerdeführer als zahlungspflichtige Partei gerichteten Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 1. August 1973, der die Entscheidungsgebühren für die Urteile ONr. 107,115, 120 und 121 umfaßt und diese wie folgt festsetzt:
ONr.
107
Entscheidungsgebühr
nach TP 3 a
(Streitwert
S
95.427,--)
im Betrag von
S 2.385,--
OONr.
115
Entscheidungsgebühr
nach TP 3 c
(Streitwert
S
95.427,--)
im Betrag von
S 1.908,--
OONr.
120
Entscheidungsgebühr
nach TP 3 c
(Streitwert
S
95.427,--
im Betrag von
S 1.908,--
OONr.
121
Entscheidungsgebühr
nach TP 3 c
(Streitwert
S
341.579,--
im Betrag von
S 6.832,--
Somit betrug die vom Beschwerdeführer auf Grund dieses Zahlungsauftrages zu leistende Gesamtsumme einschließlich der Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG 1962 S 13.043,--.
In seinem Berichtigungsantrag machte der Beschwerdeführer geltend, daß er im Verfahren über den Grund des Anspruches vollständig obsiegt habe. Im Zuge des fortgesetzten Verfahrens über die Höhe des Schadenersatzbetrages hätten beide Parteien zum Teil obsiegt. Die dem Beschwerdeführer mit dem bekämpften Zahlungsauftrag vorgeschriebenen Entscheidungsgebühren seien daher von beiden Teilen je zur Hälfte zu tragen.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien wurde diesem Antrag nicht stattgegeben. In der Begründung wird nach Darstellung des Prozeßverlaufes ausgeführt, es seien bei der Kostenberechnung drei Verfahren zu berücksichtigen, und zwar zunächst das Verfahren über den Grund des Anspruches (erledigt mit Zwischenurteil ONr. 59 in 27 C 97/57), das Verfahren über die Wiederaufnahmsklage der Stadt Wien (erledigt mit dem Urteil ONr. 107 in 35 C 3459/62) und schließlich über die Höhe des Anspruches (entschieden mit dem Endurteil ONr. 97 in 27 C 97/57 und ONr. 157 in 35 C 3459/62). Im Verfahren über den Grund des Anspruches sei die Stadt Wien unterlegen, weshalb sie mit den Gebühren belastet worden sei. Im Verfahren über die Wiederaufnahmsklage sei im zweiten Rechtsgang die Wiederaufnahme hinsichtlich des Betrages von S 95.427,33 mit Urteil ONr. 107 bewilligt und das Endurteil ONr. 97 in diesem Umfang aufgehoben worden. Diese Entscheidung sei von der zweiten Instanz (ONr. 115) und von der dritten Instanz (ONr. 120) bestätigt worden, sodaß im Verfahren über die Wiederaufnahmsklage der Beschwerdeführer in allen Instanzen unterlegen sei. Die Gebühren für die Urteile ONr: 107, 115 und 120 seien ihm daher zu Recht zur Gänze vorgeschrieben worden. Nun sei zwar nach Z. 2 lit. d der Anmerkung zu TP 3 des Gerichtsgebührentarifes unter anderem die Gebühr für das Urteil über eine Wiederaufnahmsklage in die Gebühr für das infolge der bewilligten Wiederaufnahme in der Hauptsache neu gefällte Urteil einzurechnen, was aber im vorliegenden Fall nicht möglich sei, weil für das Urteil in der Hauptsache (ONr. 157), das im Zusammenhang mit dem Urteil ONr. 97 in 27 C 97/57 als Endurteil zu betrachten sei, zufolge der Anmerkung 1 zu TP 3 keine Gebühr zu entrichten sei. Die Gebühr für das Urteil über die Wiederaufnahmsklage gehe aber nicht dadurch unter, daß sie in die Gebühr für das in der Hauptsache gefällte Urteil nur zum Teil oder überhaupt nicht eingerechnet werden könne (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1955, Zl. 1905/54, Slg. Nr. 1334/F). In der Hauptsache sei das von beiden Teilen angefochtene Urteil ONr. 107 hinsichtlich der Abweisung des Klagebegehrens im Teilbetrag von S 261.263,04 durch das Urteil ONr. 121 bestätigt und damit die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen worden, während es hinsichtlich des stattgebenden Teiles auf Grund der Berufung der Stadt Wien aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden sei. Somit sei der Beschwerdeführer auch in diesem Berufungsverfahren unterlegen, zumal seine Revision keinen Erfolg gehabt habe (ONr. 122). Für die Entscheidungsgebühr des Urteils ONr. 121 sei somit der Beschwerdeführer allein zahlungspflichtig. Darauf habe die im zweiten Rechtsgang erfolgte teilweise Klagsstattgebung hinsichtlich eines Betrages von S 1.136,-- (ONr. 157) keinen Einfluß. Der Streitwert für das Berufungsurteil ONr. 121 habe S 95.427,33 und S 246.152,02, zusammen S 341.580,--, betragen. Ab der ONr. 122 genieße der Beschwerdeführer das Armenrecht, sodaß er mit weiteren Gebühren nicht mehr zu belasten gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der einerseits das Vorbringen des Berichtigungsantrages wiederholt und andererseits vorgebracht wird, die belangte Behörde habe dem Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 25. Mai 1965, Zl. 11.117-8/65, über die Gebührenlöschung nicht entsprochen. Die Beschwerde wendet sich ausdrücklich nur dagegen, daß der Beschwerdeführer mit den Entscheidungsgebühren für die Urteile ONr. 107, 115, 120 und 121 zur Gänze belastet wurde, und läßt die Berechnung dieser Gebühren und ihre Höhe unbekämpft.
Über die Beschwerde und über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Zahlungspflichtig für die Urteilsgebühr sind nach § 19 Abs. 1 Z. 4 des Bundesgesetzes über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, BGBl. Nr. 289/1962 in der geltenden Fassung (GJGebGes), die vollständig unterlegene Partei, bzw. wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt, die Parteien je zur Hälfte. Ob eine Partei im Sinne dieser Bestimmung vollständig unterlegen ist, richtet sich gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen lediglich nach dem Wortlaut des Spruches der Entscheidung; auf die Entscheidungsgründe und auf die Kostenentscheidung ist kein Bedacht zu nehmen. Der in einer aufgehobenen Entscheidung enthaltene Spruch bleibt im Sinne des Abs. 4 für die Anwendung der vorhergehenden Bestimmungen bis zur Fällung einer neuen Entscheidung maßgebend, doch ist im Falle der Abänderung des Spruches durch eine höhere Instanz ihr Spruch auch für die Zahlungspflicht bezüglich der Gebühren von der Entscheidung der unteren Instanz bestimmend (Abs. 5). Nach Anmerkung 1 zu TP 3 ist ein Teil- oder Zwischenurteil für die Entscheidungsgebühr wie ein Endurteil zu behandeln; hiebei ist der Gesamtstreitwert zugrunde zu legen. Für das Endurteil ist keine weitere Gebühr einzuheben. Gemäß Anmerkung 2 zu dieser Tarifpost wird die Gebührenpflicht einer Entscheidung dadurch nicht berührt, daß sie aufgehoben oder außer Kraft gesetzt wird. Wird jedoch nach Aufhebung einer Entscheidung im Instanzenzug die Sache zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen, so ist die Gebühr für die aufgehobene Entscheidung in die für die neue Entscheidung oder einen abgeschlossenen Vergleich einzurechnen. Unter Zugrundelegung dieser Bestimmungen ist nun die Zahlungspflicht des Beschwerdeführers hinsichtlich der einzelnen im Zahlungsauftrag angeführten Urteile zu prüfen.
Das schriftlich ausgefertigte Urteil ONr. 107 entschied einerseits über die Wiederaufnahmsklagen der Stadt Wien und andererseits über das Meritum des wiederaufgenommenen Schadenersatzprozesses. Im ersten Punkt drang die Wiederaufnahmsklägerin (Stadt Wien) zur Gänze durch, da die Wiederaufnahme des Verfahrens in dem von ihr begehrten Umfang bewilligt und das zu 27 C 97/57 gefällte Urteil ONr. 97 insoweit beseitigt wurde, als dem Beschwerdeführer der Teilbetrag von S 95.427,33 und der Stadt Wien nur ein teilweiser Kostenersatz zugesprochen worden war. Im zweiten Punkt des Urteils hatte der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Schadenersatzforderung den gleichen Teilerfolg zu verzeichnen wie im ersten Endurteil, das in diesem Punkt außer Kraft gesetzt war. Die seinerzeit ausgesprochene Abweisung des Mehrbegehrens des Beschwerdeführers blieb, da von der Wiederaufnahme nicht erfaßt, weiter in vorläufiger (durch die dagegen erhobene Berufung schwebender) Geltung. Somit hatten in Ansehung des Urteils ONr. 107 beide Parteien teils obsiegt, teils waren sie unterlegen. An dieser Beurteilung vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß dieses Urteil in Ansehung seines Punktes 2 als (zweites) Endurteil anzusehen ist, für das nach der erwähnten Anmerkung 1 zu TP 3 ebensowenig eine Gebühr einzuheben war wie für das früher erlassene Endurteil ONr. 97. Dieser Umstand hat nämlich in Ansehung der Zahlungspflicht außer Betracht zu bleiben, weil, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat (vgl. die Erkenntnisse vom 25. April 1956, S1g. Nr. 1413/F und Slg. Nr. 1415/F), eine einheitliche Entscheidung nicht nach ihren prozessualen Bestandteilen in gebührenpflichtige und gebührenfreie Teile zerlegt werden darf. Bei dem Urteil ONr. 107 handelte es sich nämlich trotz des Umstandes, daß der erste Teil bereits in der Verhandlung vom 16. November 1965 verkündet worden war, während der zweite Teil erst am 29. März 1968 schriftlich erlassen wurde, um eine einheitliche Entscheidung; denn nach § 416 Abs. 1 ZPO ("Das Urteil wird den Parteien gegenüber erst mit der Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung wirksam.") kommt es auf die schriftliche Abfassung des Urteils an und diese erfolgte auch hinsichtlich des ersten Teils des Urteils ONr. 107 erst gleichzeitig mit dem zweiten Teil am 29. März 1968. Wäre dieses Urteil in Rechtskraft erwachsen, so hätte demgemäß die Entscheidungsgebühr von beiden Parteien je zur Hälfte getragen werden müssen.
Es ist daher zu prüfen, ob der weitere Verlauf des Rechtsmittelverfahrens zu einer Änderung der diesbezüglichen Rechtslage geführt hat.
Über die vom Beschwerdeführer erhobenen Rechtsmittel der Berufung und der Revision, in denen er sich gegen die Bewilligung der Wiederaufnahme gewendet hatte, wurden mit den Urteilen des Landesgerichtes für ZRS Wien ONr. 115 und des OGH ONr. 120 abschlägig entschieden. Daraus ergibt sich zunächst die alleinige Zahlungspflicht des Beschwerdeführers hinsichtlich der Entscheidungsgebühr für diese beiden Urteile. Darüber hinaus aber erwuchs damit auch der Spruch des erstinstanzlichen Urteils ONr. 107 in Ansehung seines ersten Punktes (Stattgebung der Wiederaufnahmsklagen) in Rechtskraft. Dies bedeutet, daß dadurch am teilweisen Prozeßerfolg der Stadt Wien im erstinstanzlichen Urteil ONr. 107 keine Änderung eingetreten ist.
Es ist weiter zu untersuchen, ob und welche Rückwirkung das Urteil ONr. 121 auf den Spruch des Urteils ONr. 107 ausgeübt hat. Mit diesem Urteil hat das Landesgericht für ZRS Wien - abgesehen von dem in diesem Zusammenhang unerheblichen Abspruch über die Berufung des Beschwerdeführers gegen das im Verfahren 27 C 97/57 gefällte Urteil ONr. 97 - der Berufung der Stadt Wien gegen den zweiten Punkt des Urteils ONr. 107 Folge gegeben, dieses hinsichtlich des Zuspruches von S 95.427,33 an den Beschwerdeführer sowie im Kostenpunkt aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen. Somit ist dadurch der vom Beschwerdeführer im zweiten Punkt des Urteils ONr. 107 erzielte Teilerfolg vorläufig bis zur neuen Entscheidung über die Höhe des Schadenersatzanspruches in Frage gestellt worden. Da jedoch gemäß der zitierten Bestimmung des § 19 Abs. 4 GJGebGes der in einer aufgehobenen Entscheidung enthaltene Spruch bis zur Fällung einer neuen Entscheidung maßgebend bleibt, änderte auch dieses Urteil nichts daran, daß gemäß dem Urteil ONr. 107 beide Parteien teils obsiegt hatten und teils unterlegen waren. Dasselbe gilt aber auch für das nachfolgende Urteil des Prozeßgerichtes erster Instanz ONr. 157 (drittes Endurteil), da dieses dem Beschwerdeführer wiederum einen, wenn auch nur geringeren Schadenersatzbetrag (S 1.136,--) zuerkannte und zufolge der Abweisung der dagegen erhobenen Rechtsmittel der Berufung und der Revision durch das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien ONr. 173 und dasjenige des OGH ONr. 176 in Rechtskraft erwuchs.
Die Zahlungspflicht hinsichtlich der Urteilsgebühr für das Urteil ONr. 107 traf somit auch bei Berücksichtigung des weiteren Prozeßverlaufes und dessen Rückwirkungen auf den Spruch dieses Urteils beide Parteien je zur Hälfte. Insoweit ist die Beschwerde im Recht. Dagegen ist ihr Rechtsstandpunkt hinsichtlich der anderen drei Urteile nicht begründet. Denn das Berufungsurteil ONr. 115 sowie das Revisionsurteil ONr. 120 hatten lediglich die vom Beschwerdeführer erhobenen Rechtsmittel gegen die Stattgebung der Wiederaufnahmsklagen zum Gegenstand und gaben diesen Rechtsmitteln nicht Folge. In beiden Urteilen ist somit der Beschwerdeführer zur Gänze unterlegen. Was nun die Gebührenzahlungspflicht für das Berufungsurteil ONr. 121 anlangt, so wurde mit diesem Urteil einerseits die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Urteil ONr. 97 in 27 C 97/57 abgewiesen, andererseits aber der Berufung der Stadt Wien gegen das Urteil ONr. 107 in 32 C 3459/62 durch Aufhebung des angefochtenen Teiles und Zurückweisung Folge gegeben. Auch in diesem Urteil ist der Beschwerdeführer somit zur Gänze unterlegen, weshalb ihn die Gebührenpflicht allein trifft.
Soweit in der Beschwerde die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides damit begründet wird, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung den Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 25. Mai 1965, Zl. 11.117-8/65, nicht berücksichtigt habe, kommt ihr schon deshalb Berechtigung nicht zu, weil dieser Erlaß - gleichgültig, welchen Inhalt er haben mag - mangels Verlautbarung im Bundesgesetzblatt kein Gesetz im materiellen Sinn darstellt und daher bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen. Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof außer Betracht zu bleiben hat.
Im Hinblick darauf, daß, wie die vorausgehenden Darlegungen zeigen, eine der im Zahlungsauftrag vom 1. August 1973 enthaltenen Entscheidungsgebühren dem Beschwerdeführer fälschlich zur Gänze, statt nur zur Hälfte vorgeschrieben worden ist, wäre dem Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers insoweit stattzugeben gewesen. Der abweisende angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 21. November 1974
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1974:1974001221.X00Im RIS seit
21.11.1974Zuletzt aktualisiert am
26.09.2008