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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Hinterauer, Dr. Zach, Dr. Karlik und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Mag. Dr. Kail, den Beschluss gefasst:
Spruch
Das Verfahren über die Beschwerde der 1. röm.-kath. Pfarrkirche N und 2. röm.-kath. Pfarrpfründe N, beide vertreten durch Dr. Ignaz Brandstetter, Rechtsanwalt in Wien I, Herrengasse 5, gegen den Bundesminister für Unterricht und Kunst betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht, wird eingestellt.
Das Kostenersatzbegehren der beschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.
Begründung
In Ihrer gemäß Art. 132 B-VG erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof brachten die Beschwerdeführer vor, der Landeshauptmann von Niederösterreich habe mit Bescheid vom 19. Oktober 1973, GZ. II-4-360/40-1973, die Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) zur Bezahlung eines Betrages von S 478.517,24 an die Beschwerdeführer auf Grund eines bestehenden privaten Realpatronats verhalten. Gegen diesen Bescheid habe die Republik Österreich Berufung an die belangte Behörde erhoben, bei der diese Berufung am 19. November 1973 eingelangt sei. Bis zum Tage der Erhebung der am 29. Juli 1975 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde habe die belangte Behörde über diese Berufung nicht entschieden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde mit den Parteien am 3. September 1975 zugestellter Verfügung vom 1. September 1975 das Vorverfahren gemäß §§ 35, 36 Abs. 1 VwGG 1965 eingeleitet und die in § 36 Abs. 1 leg cit. vorgesehene Frist mit acht Wochen bestimmt, so daß diese Frist am 29. Oktober 1975 endete. Mit Datum vom 29. Oktober 1975 erließ die belangte Behörde unter der Zl. 14.253/3-9a/75 einen Bescheid, mit dem sie das im vorstehenden Absatz näher bezeichnete Berufungsverfahren unter sinngemäßer Anwendung des § 38 AVG 1950 auf die Zeit von drei Monaten aussetzte.
Die Beschwerdeführer wurden zu einer Stellungnahme zur Frage einer durch diesen Vorgang allenfalls bewirkten Klaglosstellung aufgefordert und äußerten sich dazu fristgerecht dahin, sie seien durch den Bescheid vom 29. Oktober 1975 nicht klaglos gestellt. Sie hätten sich zwar im Hinblick auf anhängige Vergleichsverhandlungen nicht gegen die Aussetzung des Verfahrens auf die Dauer von drei Monaten ausgesprochen, aber auch ihren Rechtsstandpunkt betont, die ergangene Entscheidung der Heiligen Kongregation über das Bestehen des Patronates biete keinen Anlass dafür. Durch die Aussetzung des Verfahrens habe die belangte Behörde ihrer Entscheidungspflicht nicht entsprochen, weil es sich um keine Sachentscheidung, sondern lediglich um eine Verfahrensanordnung gehandelt habe. Im Hinblick auf die kurze Zeit der Verfahrensunterbrechung (zwei Jahre nach der Berufungseinbringung) hätten die Beschwerdeführer nur keinen verfahrensrechtlichen Einwand gegen diese Verfahrensaussetzung, insbesondere weil ja tatsächlich Gespräche im Gange seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwar war die belangte Behörde nach Erhebung der Säumnisbeschwerde nur noch zuständig, innerhalb der ihr hiefür gemäß § 36 Abs. 2 VwGG 1965 gesetzten Frist den "versäumten Bescheid", das war im gegebenen Fall die Sachentscheidung über die von der Republik Österreich gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich erhobene Berufung zu erlassen. Zur Erlassung eines bloß das Verfahren betreffenden Bescheides, wie ihn der Bescheid vom 29. Oktober 1973 über die Aussetzung des Verfahrens unter sinngemäßer Anwendung des § 38 AVG 1950 darstellt, war sie nicht mehr zuständig (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juli 1953, Zl. 701/52, Slg. N.F. 3076/A). Die Beschwerdeführer haben indessen diesen an sich von einer unzuständigen Behörde erlassenen Bescheid nicht angefochten. Daraus folgt, dass der Bescheid dem Rechtsbestand angehört und seine rechtlichen Auswirkungen, solange dies der Fall ist, auch vom Verwaltungsgerichtshof beachtet werden müssen. Diese Auswirkungen bestehen aber, soweit die hier vorliegende Säumnisbeschwerde in Betracht kommt, insbesondere darin, dass mit Erlassung des Aussetzungsbescheides für den Zeitraum der Aussetzung in der Sache keine Entscheidungspflicht der belangten Behörde besteht. Damit aber ist der Beschwerdeführer in jenem Punkt, der den einzigen Beschwerdepunkt seiner Beschwerde nach Art. 132 B-VG bildet und bilden kann, nämlich der von ihm behaupteten Verletzung jener Entscheidungspflicht, klaglos gestellt, was die Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 zur Folge haben musste (vgl. auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 1960, Zl. 1343/56).
Der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuspruch von Aufwandersatz war abzuweisen, weil für den Fall der Einstellung des Verfahrens über eine Säumnisbeschwerde im Gesetz ein Anspruch auf Aufwandersatz nicht vorgesehen ist (Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1967, Zlen. 1600 bis 1602/66).
Wien, am 4. Dezember 1975
Schlagworte
SäumnisbeschwerdeVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1975:1975001254.X00Im RIS seit
18.02.2003Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009