TE Vwgh Erkenntnis 1975/12/12 0399/75

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Veröffentlicht am 12.12.1975
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103;
KFG 1967 §64 Abs1;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Dolp und die Hofräte Dr. Schmid, Dr. Schmelz, Dr. Reichel und Großmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Mag. Dr. Kail, über die Beschwerde des E S in Sch, vertreten durch Dr. M. S, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. Dezember 1974, Zl. IIb-3328/2-1974, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Landeck sprach mit Strafverfügung vom 2. Juli 1973 aus, der Beschwerdeführer habe am 8. Apri1 1973 nachmittags auf der "Alten Bundesstraße" zwischen den Ortschaften Sch und F an der S P. die Lenkung seines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws überlassen, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass diese keine Lenkerberechtigung besessen habe. Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 begangen. Gemäß § 134 dieses Gesetzes werde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 400,-- (Ersatzarreststrafe zwei Tage) verhängt. Gegen diese Strafverfügung erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Einspruch. Die Bezirkshauptmannschaft Landeck erließ nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das Straferkenntnis vom 9. August 1974, in welchem der Beschwerdeführer derselben Tat schuldig gesprochen und gegen ihn dieselbe Geldstrafe bzw. Ersatzarreststrafe, wie sie in der Strafverfügung ausgesprochen worden war, verhängt wurde.

Der Beschwerdeführer erhob gegen dieses Straferkenntnis die Berufung, welche mit dem Bescheid vom 10. Dezember 1974 als unbegründet abgewiesen, jedoch gleichzeitig der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wie folgt abgeändert wurde: Der Beschwerdeführer habe am 8. April 1973 nachmittags auf der Alten Bundesstraße zwischen den Ortschaften Sch und F der S P. den von ihm gelenkten Pkw T ... zur Lenkung überlassen, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass die Genannte keine Lenkerberechtigung besitze. Er habe dadurch vorsätzlich einer anderen Person die Begehung der Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 KFG erleichtert bzw. überhaupt erst ermöglicht und dadurch eine Übertretung nach der angeführten Gesetzesstelle in Verbindung mit § 7 VStG 1953 begangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei im Verwaltungsstrafverfahren nie wegen einer Übertretung der Vorschrift des § 64 Abs. 1 KFG verfolgt worden. Auch sei er nie beschuldigt worden, einen fremden Pkw, zu dessen Lenkung er berechtigt gewesen sei, an einen Nichtführerscheinbesitzer weitergeliehen zu haben, sondern ihm sei vorgeworfen worden, seinen eigenen Pkw an Frau S P. weitergeliehen zu haben. Nach seiner Ansicht sei Verjährung eingetreten, weil er innerhalb der Verjährungsfrist nicht verfolgt worden sei. Dies mache aber den angefochtenen Bescheid rechtswidrig.

Die von der belangten Behörde angenommene Tatzeit war der 8. April 1973.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG 1950 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle beträgt die Verjährungsfrist drei Monate. Da im vorliegenden Fall die Tatzeit 8. April 1973 war, endete die Verjährungsfrist am 8. Juli 1973. Gemäß § 32 Abs. 2 VStG 1950 ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.).

Die Strafverfügung vom 2.Juli 1973 ist laut dem im Akt befindlichen Rückschein am 4. Juli 1973 zur Post gegeben worden und daher an diesem Tag nach außen in Erscheinung getreten. Da die Tat am 8. April 1973 stattfand und die Strafverfügung am 4. Juli 1973 nach außen in Erscheinung trat, fand noch innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist eine Verfolgungshandlung statt, sodass die Verjährungsfrist unterbrochen und sohin die weitere Verfolgung des Beschwerdeführers zulässig war. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Tat sei verjährt, trifft nicht zu. Der Beschwerdeführer meint nun, er sei nie unter Angabe der Vorschrift des § 64 Abs. 1 KFG rechtzeitig verfolgt worden, und er vermeint, daraus schließen zu dürfen, dass er nur dann wegen Übertretung dieser Vorschrift hätte bestraft werden können, wenn die Verfolgungshandlung (Strafverfügung) sowohl die ihm zur Last gelegte Tat als auch die Gesetzesstelle, unter welche sie subsumiert wurde, angeführt worden wäre.

Demgegenüber ist festzuhalten, dass für die weitere Verfolgung des Beschwerdeführers der Vorhalt des Tuns oder Unterlassens innerhalb der Verjährungsfrist, nicht aber die rechtliche Qualifikation der Tat maßgebend war. So sieht § 44 Abs. 1 VStG 1950 bei der Abfassung der Niederschrift über dem Gang der mündlichen Verhandlung unter Z. 3 die deutliche Bezeichnung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat vor, nicht aber die Angabe jener Gesetzesstelle, der der Beschuldigte zuwidergehandelt habe. Wohl heißt es in § 42 Abs. 1 lit. a VStG 1950, dass die Aufforderung nach § 40 Abs. 2 VStG 1950 die deutliche Bezeichnung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat sowie die in Betracht kommende Verwaltungsvorschrift zu enthalten hat, während § 44a VStG 1950 vorsieht, dass der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten hat a) die als erwiesen angenommene Tat, b) die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist. Schon aus dem Unterschied der Fassungen des § 42 Abs. 1 lit. a und des § 44a lit a und b VStG 1950 zeigt sich, dass im Strafbescheid selbst die Verwaltungsvorschrift zu benennen ist, die durch die Tat tatsächlich verletzt wurde, in der Verfolgungshandlung aber außer der Tat lediglich die in Betracht kommende Verwaltungsvorschrift anzuführen ist. Daraus folgt, dass durch eine anders lautende rechtliche Qualifikation der Tat im Straferkenntnis als in der Verfolgungshandlung, wenn dieses nach mehr als drei Monaten nach der Tat erlassen werden sollte, die Tat deshalb nicht verjährt ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in seinem Erkenntnis vom 24. März 1969, Zl. 713/68, auch ausgesprochen, dass für die Verjährung ohne Belang ist, wenn die Behörde zweiter Instanz den gleichen Tatbestand einer anderen gesetzlichen Bestimmung unterstellt.

Im Beschwerdefall hatte die Behörde innerhalb der Verjährungsfrist dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe ein bestimmtes Kraftfahrzeug einer anderen Person überlassen, obwohl dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, dass diese keine Lenkerberechtigung besitze. Im Straferkenntnis vom 9. August 1974 hatte die Erstbehörde den Beschwerdeführer abermals die Überlassung eines bestimmten Kraftfahrzeuges an eine andere Person zur Last gelegt, obwohl ihm bekannt war, dass diese keine Lenkerberechtigung besitze. In beiden Fällen war dieses Verhalten der Vorschrift des § 103 Abs. 2 KFG unterstellt worden. Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer dasselbe Verhalten angelastet, aber hinzugefügt, dass er dadurch vorsätzlich einer anderen Person die Begehung einer Verwaltungsübertretung, nämlich nach § 64 Abs. 1 KFG erleichtert bzw. überhaupt erst ermöglicht und dadurch eine Übertretung nach der angeführten Gesetzesstelle in Verbindung mit § 7 VStG begangen habe. Die belangte Behörde hatte davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, da er nicht Zulassungsbesitzer des in Betracht kommenden Kraftfahrzeuges ist, nicht nach § 103 Abs. 2 KFG bestraft werden könne. Sie hat die Tat daher dem § 7 VStG 1950 in Verbindung mit § 64 Abs. 1 KFG unterstellt. Auch die Berufungsbehörde war berechtigt, die Tat des Beschwerdeführers einer anderen Norm zu unterstellen, als dies die Behörde erster Instanz getan hat. Das Fahrzeug selbst war durch die Anführung des Kennzeichens identifiziert. Der Verwaltungsgerichtshof konnte daher nicht finden, dass die Behörde rechtswidrig vorgegangen wäre.

Sohin erwies sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die Vorschriften der §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am 12. Dezember 1975

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1975:1975000399.X00

Im RIS seit

12.12.1975

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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